Gemeinderatsprotokoll vom 19. Juni 1920

Die präliminierten Summe sind infolge der enormen nicht vorherzusehenden Steigerungen des Holzpreises zu nieder geworden. Das weiche Schnittmaterial kann sich die Stadt gemeinde aus den selbst geschlägerten Holz im Ochsenwalde her¬ tellen lassen. Das harte Schnittmaterial wird für Brücken¬ streu, Gehsteigpfosten, Gehsteigschwellen 2c. benötigt Das Ausmaß hat sich im Laufe der Jahre feststellen lassen Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat genehmige das Offert der Firma Brandstetter auf Lieferung von harten Hölzern Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen 24. Beschlußfassung über den Erweiterungsbau des Schererhauses. Vom Bauamte liegt folgender Bericht vor: Am 20 Februar l. J. wurde zufolge Gemeinderatsbeschluß auf Ausbau des Schererhauses ein Bericht vorgelegt und die voraus¬ sichtlichen Baukosten mit 80.000 K veranschlagt. Am 20 Mai wurde mit der Demolierung begonnen. Während derselben stellte es sich heraus, daß die im schlechten Bauzustande befindliche und insbesondere durch höchst mangel¬ haft fundierte hofseitige Mauer abzutragen ist und neu auf¬ geführt werden muß. Daraus ergibt sich eine Abänderung des Bauplanes, die sich umso zweckmäßiger erweisen wird, als die nach dem früheren Projekte vorgesehenen Räumlichkeiten ziemlich beschränkt ausgefallen wären. Das Bestreben, die vorhandene Grundfläche kunlichst auszunützen, führte zu einer weiteren Aenderung des Projektes dahingehend, daß die Ausführung eines zweiten Stockwerkes geplant wurde, weil gerade im Mai letzten Jahres der Ausschuß für Erleichterungen im Hochhau 30 cm starke Mauern für die Verwendung in zwei Geschossen estlegte und eine rationellere Ausnützung des Objektes möglich würde. Weiters wurde die Unterkellerung des ganzen Hauses beantragt, weil damit eine wesentliche Verbesserung des Hauses in hygienischer Beziehung erzielt wird. Dadurch wird auch der Nietwert des Hauses erhöht. Die dargelegten Aenderungen des Bauplanes hätten die im Dezember veranschlagten Baukosten von 80.000 K auf twi 140.000 K erhöht. Nun haben aber mittlerweile die Kosten der Baustoffe eine sehr bedeutende Erhöhung er¬ fahren. Infolgedessen seien nur die Preiserhöhungen einiger Hauptbaustoffe im besonderen angeführt Die Ziegelpreise stiegen von 900 K auf 2000 K pro 1000 Stück, die Zementpreise von 70 K auf 170 K pro 100 kg, der Kalkpreis von 80 K auf 170 K pro 100 kg, die Eisenpreise von 15 K auf 22 K pro kg, die Preise für Eternit von 309 K auf 390 K pro 100 Stück Steine Es müssen daher die Bauführungen auf 260 000 K ver¬ anschlagt werden Da die Erbauung eines zweistöckigen Wohnhauses bei der heutigen Wohnungsnot ein gewiß gemeinnütziges Unter¬ lehmen ist, dürfte wohl eine staatliche und eine Landesunter¬ tützung zur Erlangung einer besseren Verzinsung für den ver¬ orenen Bauauswand zu erhoffen sein Die Sektion hat sich zu folgendem Antrag entschlossen: Der Gemeinderat genehmige die aus dem vorstehenden Berichte sich als zweckmäßig erweisende Erhöhung des ur¬ prünglich nur zweigeschossig geplanten Umbaues auf ein drittes Wohngeschoß und beauftrage den Bürgermeister, die er forderlichen Schritte wegen Erlangung von Zuschüssen zum ver orenen Bauauswand beim Staate und Land zu veranlassen. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen 25. Bewilligung der Mittel für eine Hausschwamm vertilgung. Referent Herr G.=R. Dr. Furrer. Gelegentlich der Rückstellung der Artilleriewerkstätte wurde in einem Lokale der Tischlerei der echte Hausschwamm kon¬ statiert. Das Auftreten dieses äußerst gefährlichen Schwammes rfordert rasch Gegenmaßnahmen, um eine Weiterverbreitung desselben wirksam zu begegnen. Fremdes Verschulden für das Entstehen desselben ist ausgeschlossen, weil dessen Wachstum meist auf die Infektion des Holzes zurückzuführen ist. Am zweckmäßigsten erscheint es, die Sanierung nach der Richtung vorzunehmen, daß alle Holzteile des infizierten Raumes (Fu߬ böden, Polsterhölzer 2c) beseitigt und durch massive holzfreie Konstruktion ersetzt werden, weil das beste Mittel, das „Anti¬ olypin“, dermalen nicht erhältlich ist. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat genehmige die Mittel zur Behebung des Baugebrechens. Ungenommen. 70% 26. Beschaffung eines Personenautos für die Stadt gemeinde /8574 Referent Herr G.=R. Vogl. Der Gemeinderat hat sich bereits früher einmal wegen der bestehenden Verkehrsschwierigkeiten mit der Anschassung eines Personenautos befaßt. Der Gemeinde wurde nun ein Wagen um den Preis von 262.000 K angeboten und vom Bauoberkommissär Herrn Ing. Treml besichtigt. Der Wagen rscheint jedoch mit seinen 22 PS zu schwach, so daß die Sektion olgenden Antrag stellt: Der Gemeinderat wolle den Ankauf des in Rede stehenden Lastkraftwagens ablehnen. Angenommen 11 27. Einschränkende Bestimmungen für den Lastkraft¬ wagenverkehr. Referent Herr GR. Vogl. Das Amt schlägt die Erlassung nachstehender Be¬ chränkungen vor: 1. Vom 1. Juli 1920 an darf kein Lastkraftwagen oder Anhängewagen im Gebiete des Magistrates Steyr verkehren dessen Radkränze mit Stollen, Lamellen oder sonstigen Er¬ höhungen 2. Ab 1. Juli 1920 dürfen im Stadtgebiete Steyr nur mehr Lastkraftwagen verkehren, deren Eigengewicht fünf Tonnen ind deren Gesamtgewicht 10 Tonnen nicht übersteigt. 3 Die gesamte Nutzlast eines Transportes mit Anhänge¬ vagen darf vom genannten Zeitpunkte an nicht größer als 10 Tonnen sein 4. Mehr als ein Anhängewagen darf nicht verwendet werden Ausnahmen von den Punkten 2 bis 4 können vom Ma¬ gistrate Steyr fallweise über wohl begründetes Ansuchen zu¬ gelassen werder 5. Vom 1. April 1921 an ist der Verkehr von Lastkraft¬ vagen und Anhängewagen ohne Gummibereifung vom Stadt¬ gebiete Steyr untersagt. Außerdem wäre dem städt. Polizei=Inspektorate nahezu¬ legen, die Bestimmungen des § 46 der österreichischen Automobil¬ verordnung vom 28. April 1910, R.=G.=Bl. Nr. 81, betreffend ie zulässige Fahrgeschwindigkeit der Autos, strenge zu über¬ wachen. Der Einhaltung der vorgeschriebenen maximalen Fahr geschwindigkeit innerhalb des Stadtgebietes wäre insbesonder auch bei Personenautos (Waffenfabrikschauffeure) besondere Augenmerk zuzuwenden, da die saugende und schleudernde Wirkung der Gummibereifung schnell fahrender Autos bei jeder Witterung schädigend auf die Schotterstraßen einwirkt. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat genehmige den vorliegenden Antrag des Stadtbauamtes. err GR. Dr. Furrer beantragt nachstehende Er¬ gänzung: Die Fahrgeschwindigkeit ist unter allen Umständen so zu wählen, daß der Führer Herr seiner Geschwindigkeit ist und die Sicherheit der Person und des Eigentums nicht gefährdet. Im Stadtgebiete darf die Geschwindigkeit nicht größer als 5 km per Stunde (Geschwindigkeit eines im leichten Schritt ahrenden Fuhrwerkes) sein. Keinesfalls schneller als mit 6 km ro Stunde (Tempo eines Pferdes im Schritt) darf gefahren verden, wenn starker Nebel die Fernsicht behindert, sowie an solchen Stellen, wo die Straße nicht überblickt werden kann, vie es besonders bei Straßenkrümmungen, beim Ein= und lusfahren aus Häusern, allen Brücken, in schmalen Gassen, wo zwei Wagen nicht nebeneinander vorbeifahren können, bei außergewöhnlich starkem Verkehr und bei großen Menschen¬ ansammlungen. Ueber die Nichteinhaltung der Vorschriften über die Fahr¬ eschwindigkeit entwickelt sich eine Wechselrede, nach welcher Herr R. Dr. Peyrer den Zusatzantrag stellt: Die Fahr¬ geschwindigkeit für Personen= und Lastauto wird in allen Straßen, wo zwei Lastautos nicht ausweichen können, mit 6 km pro Stunde festgelegt. Der Sektionsantrag und der Zusatzantrag werden sodann vom Gemeinderate angenommen. IV. Sektion 28. Verleihung der Jahresinteressen aus der Emil Sscheiderschen Schulstiftung. Referent Herr G.=R. Lebeda Die Sektion stellt den Antrag: Den Bewerbern der Schüler der Staatsrealschule und zwar Buchta, Cermak, Eigruber, Entinger 55 K und Franz Raidl 70 K, sowie den Fachschütern Brandlmayr, Hehen¬ berger, Holzapfel, Hufnagel, Schmidinger, Streif, Zehetner und Hladik je 30 K aus der Stiftung zu verleihen. Angenommen. 29 Eingabe des Städt. Iugendamtes um Anschaffung von Behelfen für den Jugendamtsarzt. Das Jugendamt beantrag', dem Schularzte Instrumente und Wagen zur Vornahme von Kinderuntersuchungen anzu¬ chaffer 6118 Angenommen. 30. Zustimmung zur Uebernahme einer Bücherei für die Stadtbücherei Referent Herr GR. Krottenau. Mit den Vertretern des Deutschen Bundes wurde ein Vertrag auf Uebergabe der Bücherei geschlossen und wird den Mitgliedern des Deutschen Volksbundes der Dank für das Ent¬ gegenkommen ausgedrückt Die Sektion stellt den Antrag: Der Vertragsvereinbarung väre zuzustimmen, jedoch mit der Abänderung des Punktes 5, daß bei Neuanschaffungen und Ergänzungen der Bücherei, sei e¬ durch Einnahmen durch den Büchereibetrieb, oder aus öffent¬ 47 2

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