Gemeinderatsprotokoll vom 13. Dezember 1919

ber die für dieselben historisch gewordenen Bezeichnungen Bruderhaus 2c.) beizubehalten. Auf Antrag des Herrn G.=R. Prof. Brand wird der Name von Versorgungshaus auf „Versorgungsheim“ umgeändert und sodann der Sektionsantrag einhellig angenommen. Verpflegsgebühren im Armen¬ 20. Regelung der erpflegshause Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat beschließe, die Erhöhung der Verpflegskosten im Verpflegsheim von täglich 2 K 50 k auf täglich 3 K 50 k ab 1. November 1919 zu be¬ willigen. Der Sektionsantrag wird einhellig angenommen. Zl. 39.124. 21 Ankauf von Strohschuhen für die hierortigen Schulkinder 90153 Referent Herr G.=R. Lebeda. der Gemeinderat beschließe den Ankauf von 2000 Paar Strohschuhen als Wechselschuhe für Schulkinder zum Preise von 3 K 20 k bis höchstens 4 K 50 h per Paar Herr G.=R. Prof. Brand wünscht, daß Kinder begüterter Eltern die Schuhkosten selbst zu tragen haben, welchem Wunsche zugestimmt wird, während Herr G.=R. Neuhold die Güte und den Wert der Schuhe zu dem festgesetzten Preise bezweifelt. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral erklärt, daß ie Vergebung der Schuhe durch die Sektion erfolgen werde, welche sich auch mit den angeregten Fragen befassen werde. Der Sektionsantrag wird hierauf angenommen 22. Errichtung der Beratungsstelle für Tuberkulosen¬ fürsorge und Geschlechtskranke. Referent Herr G.=R. Lebeda. der Gemeinderat hat sich seinerzeit mit dem vom Herrn G.=R. Dr. Furrer gestellten Antrage eingehend befaßt Di Durchführung dieses Antrages stieß bisher nur durch den Mangel on geeigneten Lokalen auf Schwierigkeiten. Die Sektion hat nun eine Lösung zur Errichtung dieser sanitären Hilfsstellen gefunden und stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe: Für Zwecke der Tuberkulosenfürsorgestelle in Steyr die schwarze Baracke beim Armenverpflegshause zur Verfügung zu stellen; 2. für Zwecke der Beratungsstelle für Geschlechtskranke den Infektionspavillon beim neuen Krankenhause zur Verfügung zu stellen; 3. die hiesigen Herren Aerzte sind im schriftlichen Wege einzuladen, sich zur Sache zu äußern und sie zu fragen, wer von ihnen bereit ist, die Arbeiten zu übernehmen. Herr G.=R. Tribrunner verweist auf die seiner zeitigen Ausführungen des Herrn G.=R. Dr. Furrer wonad derselbe mitteilte, daß die Landesstelle vom „Roten Kreuz“ sich bereit erklärt habe, Steyr entgegenzukommen und ihr gegebenen¬ alls eine Baracke zu überlassen. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral erwidert, daß der Herr Präsident der Landesstelle vom „Roten Kreuz“ erklärt habe, leider aus den Beständen nichts abgeben zu können. Frau G.=R. Zachhuber berichtet, daß Herr Dr. Ehren¬ berger ich bereit erklärt habe, in der Fürsorgestelle für Ge¬ schlechtskranke zu wirken Herr G.=R. Prof. Brand ersucht, die Angelegenheit derrn G.=R. Furrer, welcher am besten unterrichtet sei, zu übergeben. Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate an¬ genommen. 23. Anschaffung von Büchern für die Schulbibliothek Referent Herr G.=R. Lebeda. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat beschließe den Ankauf von 726 Bändchen Jugendschriften zum Preise von 3 K 50 h bis 5 K per Stück Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate an¬ genommen Nachdem somit die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung erschöpft ist, stellt der Herr Vorsitzende Umfrage, ob im öffentlichen Teile der Sitzung noch das Wort gewünscht werde Herr G.=R. Frühwald nimmt auf die am Eingange der Sitzung vom Herrn Bürgermeister gemachten Ausführunger Bezug und erklärt, mit denselben einverstanden zu sein; es sollen aber auch die Gewerbetreibenden den Kampf gemeinsam mit den Arbeitern aufnehmen, damit die Sabotage der Bauern¬ schaft endlich aufhöre. Diese sei die Ursache der Ausschreitungen. Es gibt aber leider noch viele Gewerbetreibende, die sich täglich den Magen füllen können, weil sie im Schleichhandel genug Lebensmittel erhalten. Diesem Schleichhandel, wie er gegenwärtig im ganzen Lande betrieben wird, muß ein Ende bereitet werden. Die Lebensmittel müssen auf gerechtem Wege erhältlich werden und dürfen die Arbeiter durch das Treiben der Wiener Geschäftsleute und Wiener Gewerbetreibenden nicht 5 mehr in ihren Lebensmitteln beschränkt werden. Redner zitiert in Beispiel, wie es beim Schleichhandel auch auf dem Postwege jemacht werde, und verweist darauf, daß, wenn die Sabotage licht aufhört, Zustände eintreten könnten, die diejenigen von Rußland noch übertreffen dürften. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral erwidert, daß vir in Oberösterreich die gegenwärtigen schwierigen Lebens¬ verhältnisse nicht zu ändern vermögen. Ich möchte an alle Mit¬ lieder des Gemeinderates und an alle Personen, die heute auf Grund des gleichen Wahlrechtes in öffentlichen Vertretungen ge¬ vählt erscheinen, den Appell richten, gemeinsam dahin zu wirken daß Ausschreitungen vermieden werden. Es muß aber auch fest¬ gestellt werden, daß sich unser Wirtschaftsrat stets bemüht hat und sich immer bemüht, ohne Ansehung der Person und der artei, eifrigst und ehrlich für die Versorgung der Stadt zu ar¬ beiten. Wenn der Erfolg nicht immer ein voller ist, so sind ben die Verhältnisse stärker als der Wille und die Kraft, die vir für die Versorgung aufbringen konnten. Es muß auch be¬ onders betont werden, daß sich einzelne Mitglieder des Gemeinde¬ rates in geradezu bewunderungswürdiger Weise betätigt haben aß sie sehr korrekt gegenüber der Demonstration vorgegangen ind und sich mit soviel Verständnis in den Dienst des Interesses der Allgemeinheit stellten; hiefür gebührt ihnen der Dank. Es ehört sicherlich nicht zu den dankbaren Aufgaben, sich bei solchen lnlässen in den Mittelpunkt zu stellen; es muß also festgestellt verden, daß von Seite des Magistrats=Präsidiums überhaupt alles etan wurde, was möglich war. Der Wirtschaftsrat hat sich in fleißigster Arbeit bemüht, der herrschenden Verpflegsschwierigkeiten Herr zu werden. Bedauerlich ist das eine, daß immer wieder Forderungen gestellt werden, die im Wirtschaftsrate fünf= oder echsmal oder noch öfter schon behandelt wurden, wobei sich aber längst deren Unmöglichkeit in der Durchführung erwies. Es kann daher nur wiederholt werden, das vom Magistrats¬ Präsidium und dem Wirtschaftsrate nichts unterlassen wurde, um die Versorgung der Stadt zu sichern. Wenn dies von ge¬ wissen Seiten nicht begriffen werden will, so bliebe nichts anderes übrig, als die Sache anderen Leuten, die sie besser verstehen als vir, zu übertragen. Ich bitte, mit meinen Ausführungen die Angelegenheit zu schließen. (Zustimmung Herr G.=R Aigner führt aus: Der Gemeinderat hat in letzter Zeit mehrfach die Geneigtheit gezeigt, sich modernen lusgestaltungen von städt. Einrichtungen zuzuwenden. Dies gibt mir die Gelegenheit, auf meine seinerzeitige Anregung zurückzu¬ kommen. Wie erinnerlich, erschien im Jahre 1916 eine ministerielle Sanitätskommission in Steyr, welche eine ganze Reihe von anitären Maßnahmen beauftragte, so unter anderem die Durch¬ ührung der allgemeinen Wasserleitung und Kanalisation, der Kehrrichtabfuhr usw. Von diesen Anforderungen wurde auch die Kehrrichtabfuhr bereits in die Tat umgesetzt. Aber eines der wichtigsten sanitären Erfordernissen harrt noch immer der Modernisierung. Es ist dies die Leichenhalle am Friedhofe. Meine Herren! Es ist schade, daß man die Sanitätskommission damals licht auf den Friedhof führte und ihnen die Mißstände bei der Leichenhalle zeigte. Diese spotten heute noch jeder Beschreibung und sind einer Stadt wie Steyr unwürdig; ja, sie widersprechen auch jeder Pietät. Ich möchte ersuchen, daß endlich diesem für ie Gesundheit der Stadtbewohner sehr gefährlichen Uebelstand in den Leib gerückt wird Herr Vorsitzender erwidert, daß er gewiß bestrebt ein werde, die nötige Veranlassung zur Behebung dieses Uebel¬ tandes zu treffen; bisher mußte jedoch jede Aktion an dem Umstande scheitern, als der Friedhof nicht Eigentum der Stadt¬ gemeinde ist Herr Vizebürgermeister Nothhaft ersucht namens der Gastwirtegenossenschaft, auf die Staatsbahndirektion einzuwirken, daß die Zufuhr des Bieres regelmäßiger erfolge. Wenn auch das Bier nicht zu den unentbehrlichsten Lebensmitteln gehöre, so be¬ sitzt es doch immer einen nennenswerten Nährwert, den die chwer arbeitende Bevölkerung nicht entbehren vermag. Most sei leider nicht erhältlich, weshalb man auf Bier angewiesen ei. Der Wein besitzt einen so hohen Preis, daß sich der Großteil der Bevölkerung diesen nicht kaufen kann Herr Vorsitzender entgegnet, daß diesbezüglich schon eine Eingabe an die Staatsbahndirektion abgegangen sei, dieselbe werde urgiert werden. Herr G.=R. Klement macht auf die Bewegung in den Handlungsgehilfenkreisen aufmerksam, von welcher Seite ein Beschluß vorliege, falls keine Einigung erzielt werde, am Montag er Ausstand zu gewärtigen sei. Es möge daher auf eine Einigung hingewirkt werden, damit die Stadt nicht vor neuer Lebensmittelschwierigkeiten gestellt werde, welche zu Demon¬ trationen Anlaß geben könnten derr Vorsitzender erwidert, daß gegenwärtig Ver¬ handlungen im Zuge sind, welche in der Bürgermeisterkanzle von Herrn Vizebürgermeister Dedie geleitet werden und Aussicht auf Erfolg haben. Herr G.=R. Eisterlehner ersucht, in der Zieglergasse eine elektrische Lampe anzubringen; ebenso wolle in der Preven¬ hubergasse die Anbringung einer Lampe veranlaßt werden. Herr Bürgermeister erwidert, daß der Auftrag an das Bauamt ergehen werde.

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