XIX. Sitzung. Rats=Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der auton. Stadt Steyr am 28. November 1919 um 3 Uhr nachmittags. Tages=Ordnung: Mitteilungen. I. Sektion. (Sektionssitzung am Dienstag den 25. No¬ vember um 3 Uhr nachm.) 1. (Vertraulich.) Personalien. 2. (Vertraulich.) Ansuchen um Aufnahme in den Ge¬ meindeverband. 3. (Vertraulich.) Ansuchen um Uebernahme der h. o. Pfand¬ leihanstalt in städtische Verwaltung. 4. (Vertraulich.) Ausgestaltung der Polizei 5. Beschlußfassung über das Ansuchen um Bewilligung der Erhöhung der elektrischen Strompreise. 6. Rekurs gegen eine Entscheidung des Armenrates. II. Sektion. (Sektionssitzung am Dienstag den 25. No¬ vember 1919 um 2 Uhr nachmittags.) 7. Beschlußfassung wegen Tragung der Kosten von Ver¬ pflegsartikeln für das Krankenhaus. 8. Unterstützungsansuchen. III. Sektion. (Sektionssitzung am Montag den 24. No¬ vember 1919 um 3 Uhr nachmittags.) 9. Verkauf von städt. Grund; Ermäßigung des Kaufpreises. 10. Ansuchen um Grundverpachtung. IV. Sektion Sektionssitzung am Montag den 24. No¬ vember 1919 um 2 Uhr nachmittags. 11. Ansuchen um Quartiergeldgewährung für Hilfslehrer an den h. o. Volks= und Bürgerschulen. Anwesende: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Josef Wokral. Die Herren Vizebürgermeister Johann Mayrhofer und Karl Dedic. Die Herren Gemeinderäte: Michael Neuhold Franz Aigner Dr. Peyrer=Angermann Heinrich Bachmayr Alfred Rudda rof. W. Brand Markus Ruckerbauer Anton Chalupka Alois Saiber Josef Eisterlehner r. Ulrich Furrer Friedrich Schickl Anna Grömmer Michael Schörkhuber Rudolf Hitzelhammer Anton Schwandtner Leopold Steinbrecher Karl Klement Franz Tribrunner Berta Kisely Adalbert Vogl Fritz Krottenau Marie Zachhuber Alois Lebeda Gangolf Zeilinger. Vom Magistrate: Magistratsdirektor Dr. Franz Habl. Als Schriftführer: Protokollführer Karl Ridler. Entschuldigt abwesend: Herr Vizebürgermeister Franz Nothhaft und die Herren Gemeinderäte: Hans Witzany, Ludwig Reisinger und Hermann Kletzmahr. Der Herr Vorsitzende Bürgermeister Josef Wokral begrüßt die erschienenen Frauen und Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates fest und erklärt um 3 Uhr 15 Min. die Sitzung für eröffnet. Als Beglaubiger dieses Protokolles werden die Herren G.=R. Markus Ruckerbauer und Alois Saiber gewählt. Der Herr Vorsitzende bringt sodann das Dankschreiben der Fachschuldirektion für die Schülerladespende der Gemeinde per 1000 K zur Kenntnis. Weiters liegt ein Beschluß der Kontrollkommission des städt. Wirtschaftsrates vor, welcher lautet: „Die Kontrollkommission des Wirtschaftsrates hat bei dem Umstande, daß die Landesregierung erklärte, zur Beschaffung von verbilligten Brennmaterialien weitere Kredite nicht mehr gewähren zu können, den Beschluß gefaßt, dem Gemeinderate der Stadt Steyr nachstehenden Antrag zu unterbreiten. Der Gemeinderat wolle in Anbetracht der enorm hohen Holzpreise zur Beschaffung von verbilligten Brennmaterialien für die Mindestbemittelten einen Betrag im Höchstausmaße von K 50.000 — bewilligen.“ Der Vorsitzende der Kontrollkommission: Für das Wirtschaftsamt: Prof. W. Brand m. p. Eder m. p. Leopold Steinbrecher m. p. Der Antrag wird der II. Sektion zur dringlichen Antrag¬ stellung zugewiesen. Ferner liegt folgender Dringlichkeitsantrag der Finanzsektion vor: Einem allgemeinen Wunsche der Bevölkerung Steyrs nach¬ kommend, stellt die Finanzsektion folgenden Dringlichkeits¬ antrag: „Der löbliche Gemeinderat beschließt im Anhange zu seinem Beschlusse über die Ausgabe von Gutscheinen zu 10 und 20 h auch die Ausgabe von 100.000 Stück Gutscheinen zu 50 h im Gesamtbetrage von 50.000 K. Die Anfertigung derselben ist der Firma Prietzl sogleich zu übertragen.“ L. Steinbrecher m. p. Alois Lebeda m. p. Alois Saiber m. p. M. Ruckerbauer m. p. Hans Baumgartner m. p. A. Grömmer m. p. Fritz Krottenau m. p. Josef Eisterlehner m p. Der Antrag ist durch Unterschriften genügend gestützt. Zur Begründung der Dringlichkeit wird Herrn G.=R. Saiber das Wort erteilt: Herr G.=R. Saiber führt aus, daß wie bekannt bereits die Ausgabe von 10 und 20 Hellerscheinen erfolgt sei und sich nach dem Wunsche der Bevölkerung auch die Notwendigkeit der Ausgabe von 50 Hellerscheinen ergibt. Da durch die Behandlung des Antrages als bloßen einer Sektion zuzuweisenden Antrag zu viel Zeit verloren ginge, wird ersucht, dem Antrage die Dringlichkeit zuzuerkennen. Der Gemeinderat stimmt der dringlichen Behandlung des Antrages zu Zum Antrage selbst bemerkt Herr G.=R. Saiber, daß sich Herr Vizebürgermeister Nothhaft mit der Firma Prietzl ins Einvernehmen gesetzt und diese auch ein Muster zugesendet hat. Die Anfertigung würde bei einer Anzahl von 50.000 Stück 1990 K und bei einer solchen von 100.000 Stück 2960 K kosten; nachdem der Preisunterschied bei doppelt so hoher Auflage nur 700 K beträgt, empfiehlt die Sektion, 100000 Stück anfertigen zu lassen. Der Gemeinderat beschließt sodann die Anfertigung von 100.000 Stück 50 Hellerscheinen zum Preise von 2960 K zu beauftragen. Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, daß es notwendig werde die Frage zu prüfen, ob durch die Ueberschreitung eines Verbindlichkeitsbetrages von 100.000 K, welche durch die Auf¬ lage der 10 Heller= 20 Heller= und nunmehr auch 50 Heller¬ scheine erfolgen würde, nicht vorerst die Genehmigung des Landesrates einzuholen ist. Für die Genehmigung des Antrages liegt der Beschluß von mehr als zwei Drittel der anwesenden Gemeinderatsmitglieder vor. Der Gemeinderat tritt sohin in die Verhondlung der Tagesordnung ein Die Punkte 1, 2, 3 und 4 werden der vertraulichen Sitzung vorbehalten. I. Sektion. 5. Beschlußfassung über das Ausuchen um Bewilligung der Erhöhung der elektrischen Strompreise. Referent Herr G.=R Rudda. Vom Elektrizitätswerke in Steyr ist folgende Zuschrift anhergelangt: Elektrizitätswerke in Steyr G. m. b. H. M 1824/L. Steyr, am 31. Oktober 1919. An die verehrliche Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr. Zu der am 10. Oktober M 1610/L überreichten Eingabe und mit Bezug auf die Unterredung, die unser Herr Verwalter Franz Linnemayr mit Ihrem sehr geehrten Herrn Bürgermeister heute vormittags zu führen die Ehre hatte, erlauben wir uns zur Aufklärung folgendes mitzuteilen.
2 Das in vorerwähnter Zuschrift angegebene ungedeckte Mehrerfordernis für das Jahr 1919 per K 179000·— setzt sich aus Gehalts= und Lohnerhöhungen, Teuerungszulagen und An¬ schaffungsbeiträgen zusammen, die teilweise rückwirkend aus¬ bezahlt wurden und daher für eine entsprechende Deckung nicht vorgesorgt werden konnte. Von diesem Mehrerfordernis entfallen zirka K 70.000 — auf den Betrieb, während der Rest zum größten Teile auf Installationen, bezw. Netzumbau oder sonstige Anlagewerte entfällt Im allgemeinen bleibt es sich gleich, ob derartige Abgänge auf den Strom= und Installationsbetrieb ge¬ bucht werden, weil sich der Gewinn bisher aus beiden Betrieben zusammensetzte und eine strenge Trennung schwer durchzuführen st. Besonders die Trennung der Verwaltungsunkosten ist eine sehr schwierige. Die Beamtenschaft leistet je nach dem Erfordernis die Arbeit für die Stromverteilung oder für den Installations¬ betrieb. Es wäre daher die Aufteilung dieser Aufwendungen nur nach einem Schlüssel möglich. Bei den sich jeden Monat erändernden Verhältnissen wird ein richtiger Schlüssel wohl chwer errechnet werden können. In vielen Unternehmungen steht man übrigens auf den Standpunkt, daß besondere Zulagen, die den dermaligen ungeklärten Zeitverhältnissen entspringen nicht auf die Anlagewerte aufgeteilt, sondern in laufender Be¬ triebsrechnung gedeckt werden sollen, da sonst der Betrieb au Jahre hinaus durch Tilgung und Verzinsung belastet wird. Im Endergebnis wird sich die Mehrbelastung kaum verschiedenge¬ talten. Werden die erhöhten Löhne auf Anlagekapital gebucht, was neuerdings ja (seit 1. September 1919) geschieht, so sind die erhöhten Beträge zur Verzinsung und Tilgung dieses Kapitals aufzuwenden Der Netzumbau kostet bis heute rund K 1,500 000•— Da er mit Kriegsmaterial durchgeführt, wird nach den auch in en Verhandlungen mit der Stadtgemeinde anerkannten Grund¬ ätzen, die Abschreibung in höchstens 10 Jahren vorzunehmen sein. Daraus ergibt sich bei einem Zinsendienst von 6 ½ Prozen und einer jährlichen Aufwendung von 10 Prozent für Amorti ation, somit durchschnittlich 14 Prozent von K 1,500.000•— einen Aufwand von K 210 000•—-, für die zur Zeit die Mittel fehlen. Schon diese Mehrbelastung allein rechtfertigt die be antragte Tariferhöhung. Die Zinsen des vorerwähnten Kapitals ür das erste Jahr allein betragen K 97.500·— Zur Erläuterung bemerken wir noch, daß wir außer den Betriebsausgaben auch für die Verzinsung von Darlehen usw aufzukommen haben. So betragen heute K 934.125·— das Gesellschaftskapital Kredit bei der Bank für Oberösterreich und der 636.572•— Salzburg, Filiale Steyr „ „ Darlehen der Tramway 505.000 das die Schulden an die Tramway in laufender Rechnung 90.000 „ * die teilweise eine 6½ prozentige und noch höhere Verzinsung erfordern und wofür aus den dermaligen Gewinn keine Deckung zu ersehen oder zu errechnen ist. Abgesehen von dem vor¬ erwähnten Betriebsabgang ist noch zu bemerken, daß wir vor einer neuerlichen Erhöhung der Beamtengehälter stehen, die rückwirkend sein wird, um die abermals den Betrieb nicht allein für das heurige, sondern auch für die kommenden Jahre besonders belasten wird. Von Rückstellungen für besondere Zwecke kann überhaupt keine Rede sein Das Elektrizitätswerk entbehrt heute verschiedener Hilfs¬ mittel, die es jedoch dringend benötigt und die sicherlich in der nächsten Zeit beschafft werden müssen. So verfügt z. B. das Werk über keine Werkstätte, keine genügenden Magazins= und Büroräume, nicht genügende Einrichtungen u. dgl., die zu neuerlichen Investitionen Anlaß geben und den Zinsendienst nicht unbeträchtlich erweitern. Wir glauben durch diese Aus¬ ührungen genügend zu beweisen, daß eine Tariferhöhung zur Erlangung halbwegs gesunder Verhältnisse beim Steyrer Werke eine unbedingte Notwendigkeit ist Es wurde weiters die Frage aufgeworfen, weshalb das Steyrer Werk von Linz beziehen und mit einem 10 prozentigen Aufschlag bezahlen muß. Hiezu erlauben wir uns zu bemerken, daß dieser Vorgang nur deshalb gewählt wurde, um große Lagerbestände, die bekanntlich ziemliche Zinsen aufsaugen und Verluste bringen, zu vermeiden, durch Wegfall einer um angreichen Lagerhaltung die hiefür entfallenden Regiebeträg u verkleinern und was das Wichtigste ist, durch Bezug von einer Gesellschaft, die im Großen einkauft und aus ersten Quellen bezieht, auch bedeutend günstigere Preise zu erhalten. Die Tramway= und Elektrizitätsgesellschaft versorgt nicht nur Steyr, sondern auch andere Werke Oberösterreichs mit Installations¬ material und war bis in die jüngste Zeit stets in der Lage gutes Material zu verhältnismäßig niedrigen Preisen abzu geben. Wenn es in der jüngsten Zeit etwas stockt, so liegt es lediglich in den tristen Valutaverhältnissen, die den Bezug aus rstklassigen Quellen von Böhmen, Deutschland oder der Schweiz verhindern und auch große Unternehmungen zwingen, falls sie nicht ohne Material sein wollen, von den Zwischenhändlern des Inlandes zu kaufen. Dadurch kommt es, daß die Preise solcher im Zwischenhandel erworbener Waren gegenüber den bisherigen Preifen wesentlich höher find. Auch die Beschaffung von Ma¬ terialien erfordert heute höhere Kosten durch persönliche Reisen drahtliche Bestellungen und Urgenzen und Honorierungen vor Platzvertretern, die durch große Umsicht und Mühe den einen der anderen Artikel im Inlande auftreiben und dadurch die Fertigstellung schwebender Anlagen ermöglichen. Wenn diese Spesen und Bemühungen, der Lagerzins und Kosten des Apparates der dafür aufgebracht ins Kalkül gezogen wird müssen 10 Prozent Regiezuschlag als äußerst mäßig bezeichnet verden. (Die Staatsbahn berechnet 30 Prozent Zur Frage des Leitungsbaues St Valentin äußern wir uns wie folgt: Die Hochspannungsleitung nach St. Valentin, das Orks¬ netz und die Transformatorenstationen von St. Valentin, Rems, ltenhofen, Viehart, Kirchdorf, Stöckler usw. wurden durch die Tramway Linz projektiert, abgeschlossen und zur Ausführung ebracht. Auch das 10 jährige Stromlieferungsübereinkommen ür St. Valentin wurde zwischen Stern & Hafferl und der Tramway abgeschlossen. Nachdem Steyr damals weniger zu tun hatte, wurde Herr Schaffenberger beauftragt, mit einer Parti Arbeiter an der raschen Fertigstellung des Leitungsbaues St. Valentin mitzuarbeiten. Eine natürliche Folge davon war aß die in Steyr für den Leitungsbau in St. Valentin auf¬ jewendeten Materialien und Löhne, der Tramway aufgegeben d. h. angelastet wurden. Herr Schaffenberger hatte jedoch suk¬ essive den Leitungsbau an sich gezogen, immer mehr Montage¬ personal eingestellt und kam es zum Schluß so weit, daß die Fertigstellung durch das Elektrizitätswerk Steyr allein bewerk¬ telligt wurde Die Aufwendungen des Elektrizitätswerkes Steyr wurden jedoch jeweils wieder Linz aufgegeben, so daß also b is heute für die Anlage in St. Valentin die Steyrer Elektrizitäts¬ verke in keiner Weise belastet sind. Für die Regien, die durch die Valentiner Verrechnung dem Steyrer Elektrizitätswerke er vuchsen, hat es den jeweiligen Anlastungen an die Tramway, 2 ½ Prozent zugeschlagen Nachdem inzwischen wegen der Nähe der beiden Orte auch der Plan gefaßt wurde, St. Valentin mit Steyr zu verbinden und die verschiedenen dazwischen liegenden Ortschaften ebenfalls inzuschließen und mit Strom zu versorgen, hat die Tramway und Elektrizitätsgesellschaft bestimmt, ihren Stromvertrag mit Stern & Hafferl für St. Valentin, an das Elektrizitätswer Steyr zu übertragen. Es werden daher die gesamten Strom einnahmen von St. Valentin seit dem Tage des Anschlusses von Steyr einkassiert. Dem Elektrizitätswerke Steyr werden nach Fertigstellung des Leitungsbaues die gesamten Anlagekosten zu¬ rückverrechnet und kann daher von keinem wie immer gearteter Zwischengewinn bei dieser Anlage die Rede sein. Wir hoffen dadurch die an uns gestellten Anfragen ent prechend aufgeklärt zu haben. Elektrizitätswerke in Steyr G. m. b. H. Mit dieser Zuschrift hat sich das Beleuchtungskomite eingehend befaßt. Mit der Ueberprüfung der Darlegungen der Elektrizitätswerke wurde eine Kommission bestehend aus den erren Ing. Direktor Wolf der Fachschule für Stahl= und Eisenbearbeitung und dem Referenten bestellt, welche an der Hand der Bücher sich die Ueberzeugung über die Berechtigung der geforderten Strompreiserhöhung zu verschaffen hatten. In Anbetracht der sprunghaften Steigerung der Gehälter und Löhne der Angestellten der Elektrizitätswerke Steyr, sowie durch die benso sprunghafte Erhöhung der Materialpreise ist diese ge orderte Strompreiserhöhung gerechtfertigt Der Sektionsantrag lautet daher: Der Gemeinderat möge der Preiserhöhung und zwar für Licht nach Zähler von 1 K20 auf 1 K 45 h pro KW=Stunde, für Licht nach Pauschale von 1 K 20 h auf 1 K 60 k per Kerzenstärke und für Kraft nach Zähler von 40 h auf 65 k pro àW=Stunde rückwirkend ab November 1919 zustimmen. Auf eine Erhöhung mit Rück¬ wirkung ab 1. Oktober l. J. kann nicht eingegangen werden, a eine Rückzahlung bezw. Nachzahlung böses Blut in der Bevölkerung machen könnte. herr Bürgermeister Wokral bemerkt, daß dieser Tarif mit demjenigen von Linz vollkommen gleichgehalten ist err G.=R. Dr. Furrer glaubt, daß ein Passus fehle, der das Recht der Konsumenten beinhalte, daß sie sich die Lampen kaufen können wo sie wollen. Be¬ Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß diese stimmung ohnehin im neuen Vertrage vorgesehen sei. Herr G.=R. Tribrunner glaubt, daß sich wahrscheinlich gegen die geforderte Erhöhung der Strompreise in dem bean¬ tragten Ausmaße nichts machen lassen werde, wenn auch die Bevölkerung damit nicht sehr einverstanden sein wird; die Re¬ gien sind eben heute leider so große, daß wir die Erhöhung der Strompreise notgedrungen genehmigen werden müssen. Bei diesem Anlasse sei aber darauf hingewiesen und verlangt, daß nan auch tatsächlich soviel Kerzenstärken an Strom zugewiesen erhält, auf welche der Tarif lautet. Die heutige Beleuchtung ist oft so schlecht, daß man bei einer 32 kerzigen Lampe fast gar nichts sehen kann. Es soll das Werk sich Mühe geben, endlich oviel Strom zusammenzubringen, damit man die zu zahlende kerzensterke in der Beleuchtung auch erreicht. Vielleicht findet doch das Werk einen geeigneten Weg, diesen die Konsumenten chädigenden Uebelstand zu beheben. Herr Bürgermeister Wokral sagt im Sinne dieses Wunsches auf die Elektrizitätswerke dadurch zu wirken, daß den¬ elben dieser Wunsch als ein allgemeines Verlangen des Ge¬ meinderates mitgeteilt wird. err G=R. Schickl verweist darauf, daß dieser Wunsch auch hauptsächlich von den Gewerbetreibenden geteilt wird, die eine empfindliche Einschränkung durch die nicht volle Belieferung von ihnen zustehenden elektrischen Strom erfahren.
172 Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß sich allerdings gegen die durch Verordnung aufgetragenen einschränkenden nicht vom Sparmaßnahmen nichts machen lasse, da diese Verordnung Elektrizitätswerke, sondern durch die bestehende herbeigeführt sind und daher die Elektrizitätswerke hiefür nicht haftbar gemacht werden können es besonders Herr Referent G.=R. Rudda möchte wünschen, wenn den Winter über keine Strompreiserhöhungen mehr eintreten, zumindestens aber nicht bis Ende Februar. err Vizebürgermeister Mayrhofer erwidert, daß dies von den Elektrizitatswerken falsch aufgefaßt werden könnte und eine solche Mitteilung an die Elektrizitätswerke nicht er¬ aher solle gehen Da die Rednerliste erschöpft ist, leitet der Herr Vor itzende Bürgermeister Wokral die Abstimmung über den Sektionsantrag ein und wird derselbe vom Gemeinderate an genommen 6. Rekurs gegen eine Armenratsentscheidung. Referent Herr G.=R. Prof. Brand. Frau Therese Effenberg hat gegen die Entscheidung des Armenrates, womit derselbe ihr Ansuchen nur hinsichtlich eines monatlichen Sustentationsbeitrages für ihren Sohn Otto, weil derselbe bei seinem Bruder Leopold Effenberg in der Lehre steht und daß Lehrling, Lehrherr und Mutter in gemeinsamen Haushalte leben, abgewiesen hat, den Rekurs an den Gemeinderat gerichtet. Die Sektion hat der Entschließung des Armenrates zugestimmt und stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe, den Rekurs aus den Gründen der Armenratsentscheidung ab¬ zuweisen. Der Sek ionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. II. Sektion. Beschlußfassung wegen Tragung der Kosten von Ver pflegsartikeln für das Krankenhans Referent Herr G.=R. Baumgartner 31342 Die Frau Oberin des Allg. Krankenhauses hat folgende Eingabe anher gerichtet: Nachdem Unterzeichnete schon wieder¬ holt dringend um Erhöhung der Verpflegskosten von 2 K 50 auf 3 K 50 h angesucht hat und auch diesbezüglich im Monate August von der Spitalskommission eine Sitzung im Städtischen Krankenhause abgehalten wurde, so ersucht Unterzeichnete aber¬ mals, die Angelegenheit zu beschleunigen. Da nun selbe nach vier Monaten noch nicht erledigt ist und die Lebensmittelpreise sprunghaft solche Höhe erreicht, daß die Küchenvorstehung un möglich mit 2 K 50 k ihr Auskommen finden kann, so ersuch ie, daß wenigstens der Verbrauch von Mehl, Rollgerste, Hafer¬ locken und Teigwaren durch die Gemeinde beglichen werden. Aus der Beilage ist ersichtlich, daß der Mehrbetrag für die Küchen¬ vorstehung zu einer drückenden Schuldenlast anwachsen muß. Unterzeichnete stellt dringend das Ersuchen, die genannten Ar¬ tikel gratis zuzustellen, oder einen monatlichen Zuschuß von 10.000 K zu bewilligen, bis die Genehmigung der Landes¬ regierung betreffs der Erhöhung der Verpflegskosten der Vor¬ stehung zugestellt wird. Zugleich bittet Gefertigte, daß von diesem Zeitpunkte an die Verpflegstaxe pro Tag und Kopf III. Klasse auf 4 K 50 h bis 5 K erhöht wird, zumal da täglich 46 Personen unentgeltlich verpflegt werden müssen, was monatlich 1380 Verpflegstage ausmacht, widrigenfalls die Küchen¬ vorstehung genötigt wäre, den weiteren Betrieb der Küche ein¬ zustellen. Steyr, am 24. November 1919 Schwester Regina Nenning m. p. Die Sektion hat sich mit der Angelegenheit eingehend befaßt und stellt den Antrag: Der Gemeinderat beschließe, bis die endgültige Regelung der Verpflegsgebühren für das Allgemeine Krankenhaus entschieden ist, die Erhöhung der Verpflegsgebühren von 2 K 50 h auf 3 K 50 k pro Kopf und Tag zu be willigen. Diese Bewilligung hat bis zum Tage des ersten An¬ uchens (1. August 1919) rückwirkend zu gelten Herr G=R Prof. Brand ersucht mit allen Mitteln zu trachten, daß vom Landesrate so rasch als möglich eine Er¬ ledigung über das Anfuchen um Erhöhung der Verpflegskosten erfolge Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral betont, daß zwar das Ansuchen vom Landesrate noch nicht vollständig er edigt ist, nach einer Auskunst aber in der nächsten Zeit zu er warten steht, worauf dann in das weitere Begehren der Frau Oberin auf Erhöhung der ihr zukommenden Verpflegskosten von von 4 K 50 h eingegangen werden könnte. an¬ Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate genommen 8. Unterstützungsansuchen. Referent Herr G.=R. Saiber. Herr Theaterdirektor Sergl=Sorelli ersucht um die Zu¬ erkennung einer Subvention. Auf Grund des Gemeinderats¬ beschlusses vom 19. Jänner 1919 wurde dem Gesuchsteller eine außerordentliche Subvention von 2400 K jedoch für die Spielsaison 1918/19 bewilligt und stellt die Sektion nach ein¬ gehender Beratung des Ansuchens den Antrag, dem Theater irektor Sergl=Sorelli auch pro Spielsaison 1919/20 eine außer¬ rdentliche Subvention von 2000 K zu bewilligen. Herr G.=R. Chalupka bemerkt hiezu, daß Herr Sergl das Ansuchen auch mit der Erhöhung der Kosten für die 3 Theatermusik rechtfertigt. Dieses Begehren steht mit den Tat¬ sachen nicht in Einklang, als einerseits der Theaterdirektor für Operettenvorstellungen höhere Eintrittspreise begehrt, in den Zwischenakten spielt jedoch keine Musik. Das gleiche ist es bei Schau= oder Lustspielen. Wenn die Subvention auch bewilligt wird, muß auch gefordert werden, daß auch die Zwischenakt¬ musik beigestellt werde; dies könne von den Mufikern schon ver werden langt err G.=R= Tribrunner erwidert, daß es ein un¬ billiges Verlangen ist und zwar sowohl gegen den Direktor wie gegen die Musiker, daß er in den Zwischenakten der Operette eine Zwischenaktsmusik besorgt. Eine solche wird man in keinem Theater bei Operettenaufführungen finden; anders ist es bei Schau= oder Lustspielen, wo Zwischenaktsmusik geforden werden kann. Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate ein¬ angenommen. hellig b) Ansuchen des Badebesitzers Herrn Empl um eine Sub¬ vention zur Kohlenbeschaffung oder um entsprechende Zuweisung von Kohlen. Herr Empl führt in seinem Ansuchen aus, daß er ohne Mithilfe der Gemeinde sein Bad nicht aufrecht erhalten könnte; andernfalls würde er sich verpflichten, an vier Tagen in der Woche das Bad zur Benützung offen halten Herr G.=R. Tribrunner verweist darauf, daß es an ezeigt sei, die Badeanstalt Empl zu unterstützen, weil sie in Steyr die einzige Anstalt ist, welche der Bevölkerung zur Ver¬ üigung steht. Es haben sehr wenig Leute Gelegenheit zu Hause zu baden. Auch Kranke, die dort Heilbäder nehmen müssen, sind auf dieses Bad angewiesen. Die Form, in welcher die Unter¬ tützung des Herrn Empl, sei es durch geldliche Unterstützung oder durch Kohlenzuweisung, ist nicht gleich. Mit der Subventior wird ihm nicht geholfen sein, es sollte daher durch das Bauamt getrachtet werden, daß die für das Bad zum wöchentlich vier¬ maligen Betrieb nötigen Kohlen gesichert werden Herr G.=R Ruckerbauer ersucht darauf hinzuwirken, Herrn Empl einen anderen Kohlenhändler zuzuweisen, da der derzeit Herrn Empl zugewiesene, keine Kohlen besitzt. Das vöchentliche Quantum wird höchstens 150) bis 1600 kg aus¬ machen, welche Kleinigkeit im Interesse der Wichtigkeit des Jades doch zu besorgen wäre Herr G.=R. Steinbrecher bemerkt, daß die Bäder¬ preise eine bedeutende Erhöhung erfahren haben sollen; es wäre aher vor der Bewilligung einer Subvention zu prüfen, ob diese Bäderpreiseerhöhungen gerechtfertigt sind. Zumindest schein eine öffentliche Ankündigung der Bäderpreiserhöhung zu mangeln. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer verweist darauf, daß mit den vorhandenen Vorräten an Kohlen vor allem inderen die öffentlichen Institute versorgt werden müssen; etzthin sei es vorgekommen, daß die Kranken im Krankenhause dittere Kälte leiden mußten. Als Privatbesitzer des Bades hat Herr Empl keinen bindenden Anspruch, an die Gemeinde eine erhöhte Brennstoffzuweisung, trotzdem sei aber zu betonen, daß derselbe, weil es das einzige Bad in Steyr ist, im Interesse der Oeffentlichkeit unterstützt wird. Herr Bürgermeister Wokral berichtet über die mit Herrn Empl gepflogenen Verhandlungen In den letzten Wochen ei es auch vorgekommen, daß viele Gewerbetreibende wegen Zuweisung von Brennmaterial vorgesprochen haben, so auch Kaffee= und Gasthausbesitzer. Bei dem großen Mangel an Kohlen ist es unmöglich, diese Wünsche zu erfüllen, da in erster Linie die öffentlichen Institute, als insbesondere auch die Schulen zu versorgen sind. Mit einer Zusage des Gemeinderates für eine Unterstützung könnte die Gemeinde noch keine Verpflichtung übernehmen, daß das Bad des Herrn Empl durch vier Tage in der Woche offen zu halten ist und auch andere Gewerbebetriebe erhöhte Zuweisungen erhalten Es wird die Notwendigkeit ein treten, daß zur Sparung von Brennmaterialien die öffentlichen Lokale früher gesperrt werden müssen der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate an¬ genommen III. Sektion. 3. Verkauf von städtischen Grund; Ermäßigung des Kaufpreises. Referent Herr G.=R Dr. Furrer 1) Ansuchen der Besitzer Karl Vogl, Josef und Therese ßernegger, welche um käufliche Ueberlassung von Grund au der Promenade zur Vergrößerung und Verschönerung zu einem geringeren Preis als von 20 K per m“ bittlich werden Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, daß auf das Ansuchen der Gesuchsteller nicht eingegangen werde. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate einhellig an¬ genommen. Ansuchen des Herrn Baurates Mlinarszik, um pacht veise Ueberlassung einer Grundfläche von 456 m2 zu Garten¬ anlagezwecken, im Hause Prevenhubergasse 8. Referent Herr G.=R. Krottenau. Die Sektion beantragt: Der Gemeinberat beschließe, die leberlassung eines Teiles dem Herrn Gesuchsteller kostenlos zu berlassen mit dem Bemerken, falls die Stadtgemeinde diesen Grundkomplex selbst benötigen sollte, selben für den eventuellen Zweck zu räumen Die Hälfte der Pachtsumme ist sogleich zu erlegen. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. 78 46 672
IV. Sektion. 11. Ansuchen um Quartiergeldgewährung für Hilfslehrer an den hierortigen Volks= und Bürgerschulen. Referent Herr G.=R. Lebeda bringt das Ansuchen zur Kenntnis. 3013373 Die Sektion beantragt: Wie aus der Eingabe des Stadtschulrates hervorgeht, hat der Gemeinderat mit Sitzungsbeschluß vom 21. Juni d J. ausgesprochen, daß Hilfslehrer und Hilfslehrerinnen, die nach § 39 des Lehrergehaltsgesetzes vom 15. April 1919 keine Aktivitätszulage erhalten, um Gewährung eines Quartiergeld¬ beitrages ad personam bei der Stadtgemeinde Steyr vorstellig werden können. Auf Grund dieses Beschlusses haben nun mehrere solche Hilfslehrerinnen um Erhöhung eines Quartiergeldbeitrages nach¬ gesucht. Obwohl keine gesetzliche Verpflichtung der Gemeinde zur Zahlung eines Quartiergeldbeitrages besteht, sieht sich die Sektion in Anbetracht des Umstandes, daß einerseits der § 39 des zitierten Gesetzes eine bedeutende Benachteiligung dieser ohnehin äußerst schlecht honorierten Lehrpersonen beinhaltet und andererseits die Stadt Steyr durch die Enthebung von der Zahlung von Quartiergeldbeiträgen für die übrigen Lehrpersonen einer namhaften Ausgaben enthoben ist, folgendes zu beschließen Die Sektion stellt den Antrag: Der Gemeinderat be¬ chließe, allen vorbezeichneten Hilfslehrern und Hilfslehrerinnen der hierortigen Volks= und Bürgerschulen, die um ein Quartier¬ geld bittlich werden, ein solches im Ausmaße von 40 Prozent ihrer Remuneration zu bewilligen, jedoch gleichzeitig beim ober¬ österreichischen Landtag um Abänderung der Bestimmungen des § 39 des Lehrergehaltsgesetzes einzuschreiten, weil es nicht Sache der Gemeinde sondern des Landes ist, die entsprechende Bezahlung dieser Lehrpersonen durch Gewährung einer Aktivitäts¬ zulage oder eines Quartiergeldes aufzunehmen. Der Sek ionsantrag wird einhellig angenommen. Nachdem somit die Tagesordnung erschöpft ist, hält der Herr Vorsitzende Umfrage, ob zu Anträgen oder Anfragen das Wort gewünscht werde Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral macht vorerst auf die in den Zeitungen erscheinenden Sparmaßnahmen mit elektrischem Licht aufmerksam. Weiters hat das Gaswerk folgende Zuschrift anher gerichtet: „Wir beehren uns, dem verehrlichen Stadtmagistrate er¬ gebenst mitzuteilen, daß wir infolge der im Oktober eingetretenen 42·5 prozentigen Verteuerung der oberschlesischen Kohlen und der 50 bezw. 25 prozentigen Erhöhung der Fracht= und Zufuhr¬ spesen uns gezwungen sehen, den bisherigen Gaspreis rückwirkend ab 1. November um 30 Heller auf K1·80 und ab 1. Dezember um 50 Heller auf K 2•— pro ms zu erhöhen. Mit Bezugnahme auf § 8 des Vertrages bitten wir hievon gefl. Kenntnis zu nehmen und fügen wir die betreffenden Be¬ lege zur Einsicht und Prüfung bei.“ Wird zur Kenntnis genommen. Herr G.=R. Tribrunner frägt an, wie es mit der Straßenerrichtung auf der hohen Ennsleiten stehe; es sollte von der Waffenfabrik Schotter erhältlich sein. Herr Vorsitzender Bürgermeister Wokral erklärt, hierauf gleich antworten zu können. Man habe sich diesbezüglich bereits an die Waffenfabrik gewendet, da wir Schottermaterial zum Ausbaue der Häuser auf der Ennsleiten benötigen. Der Herr Oberinspektor Zwicker war leider letzte Zeit verreist, so daß diesbezüglich nichts Bestimmtes erreicht werden konnte. Von Seite der Waffenfabrik scheint ein Mißverständnis zu obwalten, als sie statt Schotter Schlacke zur Verfügung stellen wollte, mit welchem Material wir zum Ausbaue nichts anfangen, sondern dieses höchstens gut zur Weganlage verwenden könnten. Die Schotterbelieferung, welche wir später zurückgeben könnten, wird jedoch in kürzester Zeit erledigt werden können. Herr G.=R. Prof. Brand frägt an, warum der Bau der elektrischen Bahn St. Florian—Steyr nicht in Angriff ge¬ nommen werde und ersucht auf eine Beschleunigung einzuwirken. Herr Bürgermeister erwidert, daß in der An¬ gelegenheit Herr Dr. Plattner vorgesprochen habe, welcher mit¬ teilte, daß die Sache soweit günstig stehe und nur das Staatsamt für Verkehrswesen eine neue Entschädigung mit einem be¬ deutenden Betrage verlangt, als die Staatsbahn durch die pro¬ jektierte Trasse über Enns eine Konkurrenz der Rudolfsbahn erblickt. Es wird somit wahrscheinlich auf das alte Projekt zu¬ rückgegriffen werden müssen. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer bemerkt, daß durch das Begehren des Staatsamtes für Verkehrswesen eine Verzögerung eingetreten ist. Die Stadt Steyr kann in der Trassenführung über Enns eine Schädigung ihrer Interessen erblicken, weil es viel besser ist, wenn durch die neue Bahn nicht wieder größere Orte berührt werden. Enns arbeitet aber mit Hochdruck darauf, daß die Bahn über Enns geführt wird, während es für Steyr wichtig wäre, mit der Bahn durch reiche Bauernortschaften durchzukommen. Außerdem würde die Strecke bei Umgangnahme von Enns bedeutend verkürzt. Herr G.=R. Aigner ersucht um Auskunft bezüglich des Verkaufes der Artilleriewerkstätte, von wo dem Vernehmen nach trotz des Gemeinderatsbeschlusses die Einrichtung nach auswärts kommen soll. Eine Aufklärung wäre im Interesse der einheimischen Gewerbetreibenden sehr erwünscht und wäre der Standpunkt einzunehmen, daß auf die Durchführung des Gemeinderats¬ beschlusses unbedingt zu dringen ist Herr Bürgermeister erwidert, daß hier ein typischer Fall vorzuliegen scheint. Wir hatten unlängst die Verständigung erhalten, daß eine Kommission nach Steyr kommen werde um die militärischen Sachgüter zurückzugeben. Die Kommission ist auch erschienen und hat vor ihren Abgang erklärt, sie werde wieder kommen und dann die Artilleriewerkstätte übergeben. Es scheint nun, daß inzwischen andere Verfügungen getroffen wurden, als wir eine Verständigung erhielten, daß Verkäufe beabsichtigt sind. Diese Absicht steht mit den von uns festgelegten Verlangen, daß die Artilleriewerkstätte den einheimischen Ge¬ werbetreibenden zur Verfügung zu bleiben habe, im Wider¬ pruche. Es sollten die Maschinen für eine Marinesektion (Zwischenruf: „am Damberg“! verkauft werden, andererseits ollten solche nach Linz zur Errichtung einer Reparaturwerk¬ stätte gelangen Wir haben erklärt, daß wir dem nicht zu¬ timmen können, weil uns sicher dann nur das Wertloseste ver¬ bliebe. Unsere Einsprache ist auch an das Staatsamt für Heeres¬ wesen abgegangen, weil wir die Artilleriewerkstätte samt Ein¬ richtung rechtmäßig erworben haben. Eine Erledigung ist bisher noch nicht erfolgt. Herr Abgeordneter G.=R. Witzany hat die Angelegenheit in der Hand und wird nach der Kenntnis des Erfolges Bericht erstattet werden. Herr G.=R. Krottenau frägt an, was aus seiner Anregung, geschlechtswissenschaftliche Vorträge abzuhalten, geworden sei. Herr Vizebürgermeister Dedic berichtet, daß die Anregung bisher aus dem Grunde noch nicht durchgeführt werden konnte, weil noch die entsprechende ärztliche Kraft mangle. Die Angelegenheit wird mit der Anstellung eines geeigneten Schularztes gelöst werden. Herr G.=R. Tribrunner ersucht, sich in Hinkunft mit der Besserung der Armenpflege zu befassen; mit dem heutigen Armengeldern z. B. von 20 K monatlich können die Armen ja nicht einmal den Zins mehr decken; es sollten denselben zumindestens entsprechende Teuerungszulagen gewährt werden. Herr Bürgermeister erwidert, daß z. B. für das Armenverpflegshaus schon Besserstellungen beschlossen wurden; es sei aber eigentliche Sache der Armen selbst, daß sie um Er¬ höhung ihrer Unterstützungen bittlich werden, weil die Gemeinde nicht in Lage kommt, die Unterstützungsbedürftigkeit jedes ein¬ elnen Armen zu wissen. Vorgebrachten Bitten wurde bisher stets Gehör geschenkt. Herr G.-R. Eisterlehner ersucht, um einem all¬ gemeinen Wunsch der Bevölkerung nachzukommen, an die Er¬ richtung von Notdurftstellen zu schreiten; ebenso seien die Her¬ tellung von Waschgelegenheiten notwendig Herr Bürgermeister erwidert, daß der Wunsch dem Bauamte vermittelt werden werden wird, welches zur Aus¬ arbeitung von Vorschlägen beauftragt wird. Herr G.=R. Krottenau frägt, wie es mit seinem An¬ trage betreffend Schaffung einer Volksbibliothek stehe. Einer Rücksprache mit dem Vorstandstellvertreter des Deutschen Volks¬ bundes zufolge, stehe der Angelegenheit nichts im Wege und wurde auch seinerseits eine Kommission gewählt, welche sich mit Herrn Prof. Erb zwecks Ueberlassung der Bibliothek des Deutschen Volksbundes ins Einvernehmen zu setzen hätte. Herr Bürgermeister erwidert, daß von Herrn Prof. Erb eine Zuschrift eingelangt sei, worin derselbe mitteilt, daß er nicht allein über die Bibliothek verfügen könne, sondern auch die Bundesleitung in Linz befragt werden müsse. Es scheint aber, daß sich die betreffenden Herren absolut keine Mühe geben, einen günstigen Beschluß herbeizuführen. Die Bücher liegen in dem Kasten und verstauben dort, während sie doch einen gewissen Schatz bilden, der der Allgemeinheit ent¬ zogen wird und lieber verstaubt und vermodert. Es wird ja nicht verlangt, daß die Uebergabe kostenlos erfolgen soll, da wir sicherlich bereit wären, die Bibliothek auch käuflich zu er¬ werben, es macht aber einen eigentümlichen Eindruck, wenn von diesen Herren so oft erklärt wurde, daß die Volksaufklärung so notwendig ist, der Bund eine Möglichkeit besitzt, diesen Bücherschatz der Allgemeinheit zuzuführen, dem gegenüber aber die Bücher im Kasten verstauben und vermodern läßt, bevor man sich zu einem Beschluß bequemt. Dem Wunsche des Herrn Antragstellers wird Rechnung getragen werden, weil durch Sammlungen sicher so viel zu erreichen sein wird, daß uns in unserem Bestreben beigesprungen wird. Hiezu muß alles mit¬ virken und können wir überzeugt sein, daß alles ohne Partei¬ unterschied für die Volksaufklärung wirken wird. Bedauerlich ist und bleibt aber, daß der vorhandene Bücherschatz verstauben und vermodern soll, obwohl es von Faktoren abhängt, denen eine Enscheidung hierüber durch den Besitz der Bibliothek ganz leicht sein könnte. (Zwischenruf: „Volksmänner!“) Hierauf wird der öffentliche Teil der Sitzung um 4 Uhr 55 Min. geschlossen.
XIX.Sitzung. Anhang zun Rats-Protokelle vom 28. November 1919. Vertraulicher Teil. Beginn 4 Uhr 55 Minuten. Personal-Referent Herrn G.R.Prof. Brand zu Punkt I. Personalansuchen. a) Dem Ansuchen des Protokollführers Karl Ridler um Beitrag zu den Wohnungsübersiedlungskosten per 350 K wird dahin stattgegeben, dass demselben ein Beitrag von 200 K bewilligt wird. b) Ansuchen des Ing.Vögerl um definitive Anstellung. Hach Bericht des Herrn Referenten wird folgender Sektionsantrag vom Gemeinderate angenommen. Der Gemeinderat beschließt von einer definitiven Anstellung des Herrn Ing. Vögerl dermalen abzusehen, denselben jedoch in Würdigung seiner Verhältnisse rückwirkend ab 1. November 19 mit einen Monatsbezug von 700 K und Einbeziehung in die komäende allgemeine Gehaltsregulierung bis einschließlich 30. April 1920 im städt. Bauamte in gleicher Eigenschaft weiter zu verwenden. c) Besetzung der ausgeschriebenen Rechnungspraktikantenstelle. Nach Bericht des Herrn Referenten über den Amtsvorschlag wird eine allgemeine Wechselrede abgeführt, nach welcher über Antrag des Herrn Vizebürgermeisters Mayrhofer die Abstimmung über die 3 vorgeschlagenen Bewerber mittelst Stimmzetteln vorgenommen wird. Als Stimmenzähler fungieren die Herren G.R. Ruckerbauer und Saiber. Es wurden 26 Stimmzettel abgegeben. Es erscheint Herr Hans Andel mit 17 Stimmen zum rechnungs-Praktikanten ernannt. d) Ansuchen der Gewerkschaft der Angestellten der Stadt Steyr um Vornahne der Wahl in die Personalkommission für die zur Beratung und Beschlußfassung zu stellenden neuen Dienstvorschriften und Besoldungsreform. Über Vorschlag des Herrn Vizebürgermeisters Dedic werden
in die Personalkommission die Herren G.R. Dr. Peyre -Angermann, Prof. W. Brand, Franz Tribrunner, Leopold Steinbrecher und Alois Lebeda gewählt. e) Ansuchen der Staatsbahn -Direktion Linz um mietweise Überlassung eines Hauses auf der Ennsleiten für Eisenbahnangestellte. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschliesse der Vermietung eines der fertiggestellten Häuser auf der Ennsleite gegen dieselben Bedingungen wie sie von der Waffenfabrik gewährt und bestimnt sind, zuzustimmen. Der Sektionsantrag wird angenommen. f) Ansuchen des Amtsdieners Herz un Beuilligung einer Krankenhaushilfe. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat beschließe dem Präsidialdiener Anton Herz eine Krankenaushilfe von 500 K zu gewähren. Der Sektionsantrag uird vom Gemeinderate angenommen. Zu dem Amtsantrage betreffend die Forteinhebung der Weinund Moststeuer beschließt der Gemeinderat dem Antrage der Sektion: -Der Gemeinderat beschliesse auf die bisher durch die Gemeinde vorgenommene Einhebung der Wein- und Moststeuer zu verzichten und die Einhebung und Kontrolle derselben den staatlichen Finanzbehörden zu überlassen,” zuzustimmen. Punkt 2. Aufnahmen in den Gemeindeverband. Auf Grund des Gesetzes vom 5. Dez. 1896 R.G. Bl.No. 222 werden in den Gemeindeverband der Stadt Steyr aufgenommen: Franz Nöbauer, Hilfsarbeiter, Scheidl Josef, Schuhmacher samt Frau und 3 Kinder, Eimer Rosa, Fabriksarbeiterin samt 3 a.e. Kindern. Hamberger Marie, Gemischtwarenhändlerin, Ennsthaler Therese Private, Siegl Josef, Hilfsarbeiter samt Frau, Meisl Lina, Geschäftsleiterswitwe,. Fiala Alois, Hilfsarbeiter Die Zusicherung der Aufnahme in den Gemeindeverband wird be Nachweis der Erwerbung der österreichischen Staatsbürgerscha
gegeben: Fiala Alois, Hilfsarbeiter und Ing. Ladislaus Banke, Punkt 3. Ansuchen um Übernahme der h.o. Pfandleihanstalt in städtische Verwaltung. Nachdem Herr Referent G.R. Prof. Brand zum Ansuchen berichtet und den Sektionsantrag: „Der Gemeinderat beschliesse auf die Übernahme der Pfandleihanstalt in Städtische Verwaltung nicht einzugehen; die Pfandleihanstalt wolle gegebenenfalls durch Änderung ihrer Satzungen hinsichtlich der Erhöhung der Zinsenquote für Pfanddarleihen versuchen aktiv zu werden, worauf es ihr freisteht ihr Begehren auf Übernahme in Städtische Verwaltung zu wiederholen.” zur Kenntnis brachte, befürwortet Herr G.R. Bachmayr ein Entgegenkommen gegenüber der Pfandleihansta Ebenso beantragt Herr G.R. Dr. Peyrer-Angermann nur dermalen auf die Übernahme nicht einzugehen, jedoch einen Weg zu suchen, der es der Pfandleihanstalt mit Unterstützung der Gemeinde ermöglicht, ihren Weiterbestand zu sichern. Es möge ein Ausschuss gewählt werden, welcher sich speziell mit dieser Frage zu beschäftigen hätte. Auch Herr G.R. Aigner befürwortet das Ansuchen. Herr Vizebürgermeister Dedic sagt,dass er gewiss kein Gegener der Pfandleihanstalt sei, es aber einen merkwürdigen Eindruck mache, dass gerade jetzt erst, nachdem die Pfandleihanstalt passiv sei, mit einem derartigen Ansuchen an die Gemeinde herangetreten werde. Die Gemeinde könnte bnach der Übernahme auch nichts anderes tun, als die Zinsquote höher zu stellen, was aber in der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck dahin erwecken und gesagt würde, weil die Gemeinde die Pfandleihanstalt übernommen habe, steige sofort die Zinsquote. Herr Bürgermeister Wokral stimmt diesen Ausführungen zu und erinnert daran, wie man seinerzeit gegen die Kommunalisierungsbestrebungen aufgetreten sei und heute trete schon der Fall ein, dass ein Unternehmen selbst um die Kommunalisierung bittlich werde. Herr G.R. Dr. Peyrer-Angermann stellt den Gegenantrag auf Abweisung des Sektionsantrages und Wahl eines Komitees.
Der Herr Vorsitzende lässt über den Gegenantrag abstimmen, welcher vom Gemeinderate abgelehnt wird. In der hierauf ein geleiteten Abstimmung über den Sektionsantrag wird derselbe mit dem Zusatze angenommen, dass die Pfandleihanstalt der Un terstützung der Gemeinde in der Aufsuchung eines Weges zur Erlangung der Aktivität gesichert sei. Punkt 4. Ausgestaltung der Polizei. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer übernimmt den Vorsitz. Herr Bürgermeister Wokral erstattet sodann einen eingehende Bericht nach welchen die von demselben und der I. Sektion gestellten Anträge: „1) Der Ausgestaltung der Städt. Sicherheitswache durch Vermehrung ihres Standes auf 50 - 60 Mann unter gleichzeitiger Auflassung der Reservewache zuzustimmen ; 2) Mit der Gemeinde Garsten zwecks Einbeziehung dieser Gemeinde in den Wirkungskreis der Sicherheitswache der Stadt Steyr in Unterhandlung zu treten ,und 3) das Amt zu beauftragen um die Subventionierung der Gemeinde zu dieser Ausgestaltung beim Staatsamte des Innern der Finanzen unter Darlegung der Verhältnisse bittlich bezw vorstellig zu werden." vom Gemeinderate einstimmig angenommen werden. Herr G.R. Prof. Brand spricht noch den Wunsch aus, dass die Staatsbahn-Direktion der Gemeinde für ihr heute bewiesenes Entgegenkommen in der Mietweisen Überlassung eines Hauses auf der Ennsleite dadurch entgegenkommen möge, dass sie in der Zugsverbindung besonders aus dem Ennsthale heraus eine höchst notwendige Verbesserung eintreten lässt. Herr Bürgermeister, welche den Vorsitz wieder übernommen h te, erwidert, dass der geäusserte Wunsch weitergeleitet werde wird, dermalen aber wenig Hoffnung besteht, aus den tristen Verkehrsverhältnissen herauskommen zu können. Hierauf wird um 6 Uhr 5 die Sitzung geschlossen. Der Vorsitzende: Die Beglaubiger: Der Schriftführer:
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