2 Kampf gegen diese und den anderen im Gefolge des Krieges sich verbreitenden Infektionskrankheiten mit allen verfügbaren Mitteln aufzunehmen, weil sie als Massenerscheinung auftreten und den Bestand des Staates und seiner Bevölkerung gefährden. Es muß heute im Staate jede Arbeitskraft erhalten bleiben. In Deutschösterreich stirbt jeder fünfte Mann an Tuber¬ kulose. Diese Krankheit schädigt auch das Volksvermögen, weil sie Stände angreift, die am meisten aufnahmsfähig für die Tuberkulose sind und dies ist unsere Jugend. Redner zählt statistische Daten auf und verweist auf den R ruckstand, den Deutschösterreich gegenüber Deutschland hinsichtlich der Tuberkulosenfürsorge leider aufzuweisen habe. Es bestehe auch ein Statthaltereierlaß vom 2. Jänner 1917, Zl. 7461, welcher die Errichtung von Tuberkulosenfürsorgestellen der Stadt¬ gemeinde aufträgt, welcher aber wie es scheint noch nicht be¬ handelt wurde; es besteht heute noch keine Tuberkulosenfürsorge stelle in Steyr, wie dieser Erlaß auch im Gemeinderat selbst seither noch nie in Verhandlung gezogen wurde. Es wäre wünschenswert, zu erfahren, was mit dem Erlasse, dessen Aus hebung von der Registratur zwar verlangt wurde, aber nicht er halten werden konnte, überhaupt geschehen ist. Es fanden wohl einmal im Beisein des Herrn Oberstabsarztes Skutetzky Be¬ ratungen, welche aber für die Errichtung einer Tuberkulosen¬ ürsorgestelle zu keinem Ergebnisse geführt haben. Die Schaffung einer solchen Stelle ist aber für Steyr unabweislich und dringlich notwendig, weshalb dem Antrage die Dringlichkeit zuerkannt werden möge Der Gemeinderat stimmt sodann der dringlichen Be¬ handlung des Antrages zu. Zum Antrage selbst führt Herr G.=R. Dr. Furrer aus daß die Errichtung einer Tuberkulosenfürsorgestelle für die Ge¬ meinde, da es sich nicht um die Erbauung eines Tuberkulosenhauses handelt, sondern mit dem vorbezogenen Erlasse die Errichtung eine Fürsorgestelle, zu welcher ungefähr vier Räume benötigt werden, verlangt wird, mit keinen zu großen Schwierigkeiten verbunden ist und der Gemeinde außerdem in finanzieller Hinsicht die Unterstützung des Staates und des Landes zur Verfügung stehen werde, welche ebenso interessiert sind, wie die Stadt Steyr selbst. Das finanzielle Erfordernis dürfte sich pro Jahr auf ungefähr 12.000 K belaufen; der heute zu beschließende Ausbau der Häuser auf der Ennsleiten gäbe der Gemeinde die beste Gelegenheit, Räume für eine Tuberkulosenfürsorgestelle zu schaffen. Eine Einwendung, daß der Weg auf die Ennsleiten zu weit und zu beschwerlich sei, ist nicht stichhältig, da die Be wegung dem Kranken in frischer freier Luft durchaus nicht chadet. Herr Bürgermeister Wokral bemerkt, daß die An¬ gelegenheit den Gemeinderat wohl schon beschäftigt hat und dieser den Beschluß faßte, dem Antrage des Herrn Oberstabs arztes Skutetzky auf Errichtung einer Tuberkulosenheilstätte mit Rücksicht auf die in Steyr herrschenden klimatischen Verhält¬ nisse nicht zustimmen zu können. Seitdem sei allerdings in der Sache selbst nichts geschehen Herr G.=R. Dr. Furrer erwidert, daß es sich damals um die Errichtung einer Tuberkulosenheilstätte gehandelt habe vährend hier nur von der Errichtung einer Fürsorgestelle ge¬ prochen wird, welche zur Krankheitsverhütung bestimmt ist Redner verweist auf die bestehende Fürsorgestelle in Linz, welche rasch das Verständnis der Bevölkerung gefunden hat und einen so regen Zuspruch aufweist, daß die Amtstage der Fürsorgestelle schon nach kurzer Zeit vermehrt werden mußten. herr Vizebürgermeister Dedic stellt fest, daß der Ge¬ meinderat sicherlich von der Notwendigkeit der Errichtung iner solchen Tuberkulosenfürsorgestelle überzeugt ist und schon durch die Annahme der Dringlichkeit des Antrages bewiesen hat, daß der Gemeinderat für die Errichtung stimmen werde; nit dem Antrage allein ist nichts geholfen. Die größte Schwierigkeit liegt jedoch in der Beschaffung der notwendigen zokale; diese Schwierigkeit allein ist es, warum die Fürsorge¬ stelle noch nicht errichtet ist. Solange die Lokalfrage nicht gelöst ist, wird der Akt unerledigt bleiben derr Bürgermeister erklärt, daß es zur Errichtung der Fürsorgestelle selbst notwendig ist, daß vorher eine Reihe von Fragen gelöst werden, was heute momentan nicht möglich ei. Die Angelegenheit sei daher der IV. Sektion zur Beratung Antragstellung und Berichterstattung in der nächsten Sitzung zuzuweisen. Der Gemeinderat stimmt sodann der Ueberweisung des Aktes an die IV. Sektion zu Hierauf bringt der Herr Vorsitzende ben eingelangten Dringlichkeitsantrag der G.=R. Klement, Fischer und Genossen zur Kenntnis, welcher lautet: Im Frühjahre d. J. wurde ein Gesetz, betreffend die Sozialisierung industrieller und gewerblicher Betriebe von der Nationalversammlung beschlossen, dem weitere Spezialgesetze über Umfang und Durchführung folgen sollten. Vergebens warten wir auf diese Gesetze In Anbetracht der großen Aufgaben, die den Gemeinderat in der jetzigen, sowie in der kommenden Zeit obliegen, die Be¬ schaffung der Geldmittel aber eine äußerst schwierige ist, stellen die Unterzeichneten folgenden Antrag Der Gemeinderat wolle beschließen, das Präsidium des Gemeinderates ist zu beauftragen, sich fofort mit anderen Städten und Gemeinden in Verbindung zu setzen und energisch dahin zu wirken, daß die ergänzenden Bestimmungen der Kom¬ nunalgesetze raschestens beschlossen und auch sosort zur Durch ührung gelangen In formeller Beziehung wird die dringliche Behandlung beantragt. Steyr, am 8. Oktober 1919 Tribrunner m. p. Klement m. p. Kisely m. p. Krottenau m. p. Grömmer m. p. Fischer m. p. Ruckerbauer m. p. Schwandtner m. p. Dedic m. p. Saiber m. p. Chalupka m. p. Der Antrag ist durch Unterschriften genügend gestützt zur Dringlichkeit des Antrages führt Herr G.=R. Klement ls Antragsteller aus, daß es dringend notwendig sei, der kationalversammlung durch die Gemeindeverbände bestimmte Anträge zur Durchführung der Kommunalgesetze zu vermitteln. Es hätte ein Städtetag stattfinden sollen, welcher jedoch ein¬ getretener Hindernisse halber verschoben werden mußte, so daß die Gemeinden selbst daran gehen müssen, diese Anträge für die Nationalversammlung einzubringen, damit die Kommunal¬ esetze raschestens zur Durchführung kommen können. Die Dringlichkeit des Antrages wird sohin vom Gemeinde¬ rate mit Mehrheit angenommen. In der Begründung des Antrages führt Herr G.=R. Klement aus, daß sich die Gemeinde für die ihr in der nächsten Zeit zukommenden Aufgaben um finanzielle Mittel imschauen müsse. Das Magistratspräsidium möge sich sofort auch mit der Gemeinde Linz und anderen Städten ins Ein¬ vernehmen setzen, damit die Kommunalgesetze so rasch als nöglich mit den Durchführungsgesetzen versehen werden, um den Gemeinden die nötigen finanziellen Mittel zu verschaffen. Der Dringlichkeitsantrag wird hierauf vom Gemeinderate angenommen. Hierauf tritt der Gemeinderat in die Verhandlung der Tagesordnung ein Die Punkte 1, 2 und 13 und 14 werden vertraulich be¬ handelt. I. Sektion. 3. Rekurs gegen eine Armenratsentscheidung. 233 Referentin Frau G.=R. Kisely. Frau Marie Sighart hat gegen die Entscheidung des Armenrates, womit die Rekurrentin mit ihrem Gesuche um Interstützung für ihre Tochter Antonia abgewiesen wurde, den Rekurs an den Gemeinderat eingebracht Der vorliegende Amts bericht besagt, daß die Tochter bereits über 14 Jahre alt, daher erwerbsfähig ist und außerdem Frau Sighart durch ihre Ein reihung in die Klasse der Minderbemittelten nicht jene Mittel¬ osigkeit besitzt, welche die erbetene Unterstützung für sie un abweislich macht. Die Sektion beantragt daher, im Sinne des Armenratsbeschlusses auf Abweisung des Rekurses zu entscheiden Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. . Ansuchen der Ortsgruppe Steyr der freien Ver¬ inigung der d=ö. Soldaten und Heimkehrer, sowie des Arbeiterbetriebsrates der d.=ö. Waffenfabrik um Be¬ villigung von je zwei Vertretern im städt. Wirtschaftsrate. Referent Herr G.=R. Fischer. Nach dem vorliegenden Schreiben verlangen die Heimkehrer ie Gestattung der Entsendung zweier Vertreter in den Wirt¬ schaftsrat. Die Sektion stellt sich auf den Standpunkt, daß aus dem Wirtschaftsrate — wie schon in der letzten Sitzung erwähnt ist — keine Volksversammlung gemacht werden kann, und daß außerdem eine Zusammenlegung der Wirtschaftsräte mit dem der Waffenfabrik, womit auch diese Kreise zugleich vertreten werden, erfolgen soll, und daher das Ansuchen abzulehnen ist Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen Eingabe um pachtweise Ueberlassung von städtischen . Gründen und Gebäuden. Referent Herr G.=R. Fischer. Ein gewisser Kindlmann hat um die pachtweise Ueber¬ lassung des Pferdemarodenstalles in der Artilleriekaserne ein¬ hließlich der Ackergründe angesucht. Nachdem die Gemeinde durch en Staatsvertrag über die Artilleriekaserne nicht frei verfügen kann und diese nach den vom Staatsamte gemachten Mit¬ teilungen auch wieder von Militär belegt werden wird, beantragt die Sektion die Abweisung des Ansuchens aus den vorgenannter Gründen Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. 8 und 9 werden bis zum Erscheinen Die Punkte 6, des Herrn Referenten Vizebürgermeister Rothhaft zurückgelegt 10. Beschlußfassung über Beschaffung von Uniformen für die städtische Sicherheitswache Herr Bürgermeister empfiehlt mit Rücksicht auf die m Zuge befindliche Verstaatlichung der städt Sicherheitswache, welches es nicht angängig mache, jetzt mit Neuanschaffungen der Wache hervorzutreten, da schon in nächster Zeit die Sicherheits wache aus dem Wirkungskreise der Gemeinde ausscheiden könne Der Punkt 10 wird sodann mit Zustimmung des Ge¬ meinderates von der Tagesordnung abgesetzt.
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