Gemeinderatsprotokoll vom 13. September 1919

2 Anwesende: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Josef Wokral Die Herren Vizebürgermeister Karl Dedic und Franz Nothhaft. die Herren Gemeinderäte: Fritz Krottenau Franz Aigner Franz Kratochwill Prof. W. Brand Alois Lebeda Anton Chalupka Michael Neuhold Josef Eisterlehner Dr. Peyrer=Angermann Inton Frühwald Friedrich Schickl dr. Ulrich Furrer Michael Schörkhuben darl Fischer Anna Grömmer Anton Schwandtner Hans Witzany Rudolf Hitzelhammer Gangolf Zeilinger Karl Kleme 224 Vom Magistrate: Herr Stadtbaurat Ingenieur Robert Mlinarszik. Als Schriftführer: Protokollführer Karl Ridler. Entschuldigt abwesend: Die Herren Gemeinderäte: Heinrich Bachmayr, Hermann Kletzmayr, Franz Tribrunner, Ludwig Reisinger und Markus Ruckerbauer, welche beruflich verhinder nd, sowie Frau G.=R. Marie Wimberger, verehel Zachhuber. Der Herr Vorsitzende begrüßt die erschienenen Ge meinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates fest und erklärt die Sitzung um 2 Uhr 15 Min. für eröffnet. zu Beglaubigern dieses Protokolles werden die G.=R. Berta Kisely und Herr Franz Kratochwill gewählt. Frau Vor Eingehung in die Tagesordnung teilt der Herr Vor¬ sitzende mit, daß vom Landesschulrate die Verständigung eingelangt ist, daß die fünfklassige Doppelvolksschule genehmigt omit die Schule auf der hohen Ennsleite sichergestellt ist. Beifall Die Schule kann schon in nächster Zeit eröffnet und dem Betriebe übergeben werden. Theaterdirektor Sergl teilt mit, daß vorausgesetzt der Zustimmung des Gemeinderates das Theater bereits am 13. Sep¬ tember l. J. eröffnet werden wird. Wird zur Kenntnis genommen. Der Bund deutscher Städte Oesterreichs ladet zu den für M. in Salzburg einberufenen deutschen Städtetag ein 28. d hiezu wolle ein Vertreter entsendet werden Die Gewerkschaft der Angestellten der Stadtgemeinde Steyr ür die bewilligte Notstandsaushilfe namens seiner Mit¬ hat glieder ein Dankschreiben an den Gemeinderat gerichtet. Der städt. Wirtschaftsrat hat dem Mittelstandsverein die Entsendung zweier Vertreter gestattet. Als solche werden vom Vereine die Herren Anton Kurz, Haratzmüllerstraße 50 und Leopold Schloßgangl, Johannesgasse 7, namhaft gemacht Weiters hat der städt. Wirtschaftsrat der kommunistischen Partei gestattet, zwei Vertreter zu entsenden; diese Partei macht ie Herren Franz Reder, Mitteregasse 35 und Franz König, Ennsleite 7, namhaft Ferners hat die freie politische Frauenorganisation Steyn zufolge Gestattung des Wirtschaftsrates zwei Vertreterinnen namhaft gemacht und zwar: Frau Ludmilla Plottner und Frau Klara Saltrie. Schließlich wurde auch dem Waffenfabriks=Konsumverein eine Vertretung im städtischen Wirtschaftsrate zugesagt. Dieser soll durch Herrn Landerl vertreten werden. Hiezu bemerkt der Herr Vorsitzende, daß es wünschens wert sei, daß der städtische Wirtschaftsrat eine arbeitsfähige Körperschaft bilde und keine Volksversammlung. Ein so großer Körper könne unmöglich gedeihlich arbeiten, da die Ansichten und Anträge zuviel zersplittert werden. Die Telephonautomaten=Gesellschaft teilte mit, daß sie nach dem Kriege auch in Steyr Telephonautomaten aufstellen verde. Es steht demnach zu hoffen, daß diese nützliche Ein¬ richtung auch hier bald eingeführt werden wird. Die Kinder, welche in Losensteinleiten und Kammerhub untergebracht wurden, danken dem Gemeinderate für die Er¬ möglichung des Besuches der Ferienkolonie. Gegen die Entscheidung des Gemeinderates wegen des Turnhallenbaues für den deutschen Turnverein wurde von der Gegenseite ein Rekurs eingebracht, welchem stattgegeben wurde Es ist daher der seinerzeitige Gemeinderatsbeschluß hinfällig und außer Kraft gesetzt Weiters hat der Beschluß des Gemeinderates über die Einführung der Wertzuwachssteuer seine Aufhebung dadurch efunden, als eine Wertzuwachssteuer für das ganze Land be hlossen wurde, welche sich annähernd in denselben Grenzen vie die vom Gemeinderate seinerzeit beschlossene Wertzuwachs teuer der Stadt Steyr bewegte. Der Ertrag derselben wird zur inen Hälfte dem Lande und zur anderen Hälfte der betreffenden Gemeinde zufallen. Von dem Betrage, welcher dem Lande zu¬ zufallen hat, wird ein eigener Wohnungsfürsorgefond zu schaffen ein, der besonders dort verwendet werden wird, wo große Wohnungsnot herrscht. Das Gemeinderatsmitglied Frau Marie Wimberger hat sich mit Herrn Zachhuber vermählt. Aus diesem Anlasse wurden hr vom Bürgermeister namens des Gemeinderates die Glück wünsche übermittelt Die Kinder in der Werndl=Baracke haben dem Gemeindera zu einer kleinen Feier für 13. September, 4 Uhr, eingeladen Nachdem gerade um diese Zeit der Gemeinderat tagt, ist ein Besuch desselben nicht möglich Hierauf wird in die Tagesordnung eingegangen Herr Bürgermeister bringt den von der Kranken¬ hauskommission eingebrachten Dringlichkeitsantrag zur Kenntnis. Mit Kundmachung der Statthalterei in Linz vom Jänner 1918, L.=G=Bl. Nr. 6 und vom 18. Mai 1918, Zl. 2657, ferner der prov. Landesregierung in Linz vom wurden die Verpflegs¬ 28. Februur 1919, L.=G.=Bl. Nr. 17, osten für das allgemeine Krankenhaus in Steyr mit 5 K für die III. Klasse, 9 K für die II. Klasse und 15 K für die 1. Klasse bestimmt. Diese Erhöhung fand erst nach längeren Verhandlungen statt und konnte angesichts der Tatsache, daß die Gemeinde im Jahre 1917 auf die Erhaltung des allgemeinen Krankenhauses 91.000 K daraufzahlte, schließlich doch nicht verweigert werden Doch auch diese Erhöhung vermochte das Desizit nicht zu bannen u. zw. naturgemäß, denn im Jahre 1919 sind alle Ar¬ ikel bedeutend in die Höhe gegangen, so die Löhne um 50.000 K, die Verpflegskosten um 34.000 K, die Arzneikosten um 41.000 K, Beheizung um 25.000 K, die Beleuchtung um 6000 K, Ein¬ richtung 28.000 K, Reinigung 3000 K, Gebäudeerhaltung 10.000 K und Kanzleiauslagen 5000 K Während das Defizit bezw. der Zuschuß der Gemeinde im Jahre 1917 nur 91.000 K betrug, betrug jener im Jahre 1918 trotz der Erhöhung der Verpflegsgebühren 107.000 K. Es ist angesichts dir knappen Finanzlage der Stadt nur natürlich, daß die Gemeinde außer Stande ist, für dieses Defizit auch weiterhin aufzukommen und kann eine Verpflichtung der Gemeinde hiezu umsoweniger anerkannt werden, als ein großer Leil der Kranken aus anderen Gemeinden und anderen Ländern, ja selbst aus anderen Staaten stammt uch in der Gemeinde Linz liegen die Verhältnisse nicht anders, so daß die Krankenhausverwaltung dortselbst dem Ma¬ istrate den Antrag unterbreitet hat, um eine Erhöhung der Verpflegskosten bei der Landesregierung einzuschreiten und zwar auf 10 K in der III. Klasse, 20 K in der Il. und 30 K in der 1. Klasse Die Verhältnisse iu Steyr liegen gewiß nicht anders, als wie jene in Linz und würde sich der finanzielle Effekt wie folgt darstellen: Mehreinnahmen in der III. Klasse Durchschnittliche Erhöhung um 3 K, weil ja doch das Land wieder eine Begünstigung verlangen wird, bei 248.022 K 2.674 Verpflegstagen um 11 K bei 6281 der II. Klasse, Erhöhung 76.120 Verpflegstagen 718 Erhöhung um 15 K bei in der 1. Klasse, 12.115 Verpflegstagen 336.257 K aher eine Mehreinnahme von 107.000 * avon ab das bisherige Defizit von 229.257 K bliebe eine Mehreinnahme von bereits eine Nun ist aber bekannt, daß die Frau Oberin Erhöhung der Verpflegsgebühren bewilligt erhalten hat und um eine weitere eingeschritten ist, so daß bei Erhöhung der Verpflegskosten 24 001 K auf 3 K in der III. Klasse ein Mehraufwand von 31.405 „ II „ „ 4.308 I. „ 12 „ „ „ M 159.724 K daher insgesamt ein Mehraufwand von es für die Verpflegskosten allein erforderlich wäre, 29.257 verbliebe von der Mehreinnahme von. 69.533 K nur noch ein Ueberschuß von Wenn nun noch die Steigerung der Personalauslagen, der Arzneikosten, der Beheizung, Beleuchtung, Einrichtung, Wäsche¬ anschaffung und Gebäudeerhaltung usw. berücksichtigt wird, so ann heute schon gesagt werden, daß mit der hiemit beantragten Erhöhung auf 10 K in der III. Klasse, 20 K in der II. und 30 K in der I. Klasse sich ganz gewiß auch für das Jahr 1919 ein nicht unbeträchtliches Defizit ergeben wird. Zur Dringlichkeit des Antrages ergreift Herr G.=R. rof. Brand das Wort und führt aus, daß die Verpflegs¬ zustände im Krankenhause infolge der stets zunehmenden Teuerung der für die Frau Oberin nur ein Kostenansatz von 2 K 50 er Kopf und Tag gegenübersteht, mit welchem eine ausreichende Verpflegung unmöglich mehr geboten werden könne, unhaltbar geworden sind. Nicht einmal im einfachsten Haushalte ist e¬ nöglich, mit einem so geringen Betrage eine ausreichende Ver flegung zu verabreichen. Mit der heute zu erfolgenden Be¬ villigung der Bezahlung einer Mehlrechnung für den Mona Juli wird die Verpflegskostenerhöhung nicht aus der Welt ge schafft. Der größte Fehler liegt darin, daß uns der Landtag isher jede entsprechende Erhöhung der Verpflegskosten ver¬ veigerte. Es muß mit allem Nachdrucke darauf gedrungen verden, daß dem Verlangen des Dringlichkeitsantrages auf Er¬ höhung der Verpflegsgebühren für die III. Klasse mit 8 K per Kopf und Tag entsprochen werde. Die Bewilligung muß rasch erfolgen, sollten nicht die Kranken an ihrer Gesundheit und die Gemeinde finanziell den schwersten Schaden erleiden.

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