Gemeinderatsprotokoll vom 13. September 1919

Tschechen geben uns keinen Zucker, dafür trachten sie aber den Zucker auf diese Art teuer anzubringen. Durch diese Zuckerstanderl bezw. durch die teueren Zuckerwaren wird das Publikum ge¬ schröpft und soll tatsächlich hier eine Einschränkung eintreten. Herr Referent G.=R. Aigner stimmt diesen Ausführungen zu und haben sich speziell die Zuckerbäcker gegen diese Zucker¬ standerl aufgehalten; im gegenwärtigen Falle handelt es sich um einen Invaliden, der ein anderes Geschäft nicht mehr be¬ orgen kann, weshalb die Sektion auch von einer ausnahms¬ weisen Bewilligung spricht. Anders ist es mit anderen bestehenden Geschäften, die neuestens nebenher den Verkauf von Zuckerwaren betreiben. In ein Glaswarengeschäft paßt absolut kein Zuckerl¬ geschäft; hier sollte entschieden Remedur geschaffen werden. Herr G.=R. Witzany beanständet, daß durch die be¬ absichtigte Aufstellung der Hütte eine Straßenverengung statt¬ findet; es wolle daher eine Rückverlegung erfolgen. Dieser Ansicht schließt sich Herr G.=R. Schickl an, da die Hütte sonst eine Verkehrsstörung bedeutet und eine solche bei unseren engen Straßen auf alle Fälle zu vermeiden ist. err Bürgermeister Wokral bemerkt, daß es sich bei den Zuckerstanderln um Personen handelt, die auf Grund der freien Gewerbeberechtigung das Recht besitzen, diesen Handel auszuüben, daß also hier in gewerblicher Beziehung kein Recht der Gemeinde vorwalte, eine Einschränkung eintreten lassen zu können. Anders verhält es sich mit der Bewilligung der Auf¬ tellung von Ständen, deren Bewilligung der Gemeinde vor¬ behalten bleibt. Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinderate an¬ genommen. IV. Sektion. 38. Stellungnahme zur Entschließung der Eltern¬ versammlung des Mädchenlyzeums betreffend Ueber¬ nahme der Anstalt in städtische Verwaltung. Referent Herr Vizebürgermeister Dedic. Bezugnehmend auf einen letzten Gemeinderatsbeschluß hat sich auch eine Elternversammlung mit der Uebernahme des Mädchenlvzeums in städtische Verwaltung beschäftigt und eine Entschließung angenommen, in welcher das Bedauern aus¬ gedrückt wird, daß sich der Gemeinderat noch nicht entschließen konnte, die Uebernahme des Mädchenlyzeums in städtische Ver¬ waltung in die Tat umzusetzen und gebeten wird, möglichst bald den grundsätzlich gefaßten Beschluß des Gemeinderates zu ver¬ wirklichen. Die Sektion beantragt hiezu: Der Gemeinderat beschließe, nach Durchführung der Schulreform ist das Mädchenlyzeum in städtische Verwaltung zu übernehmen. Angenommen. 39. Eingabe der Schulleitungen wegen Erhöhung der Pauschalien. 253 Zu diesem Punkte sind mehrere Gesuche eingelangt, mit welchen sich auch der Stadtschulrat beschäftigte und eine 100 pro¬ zentige Erhöhung befürwortet. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, es wird eine 100 prozentige Erhöhung sämtlicher Pauschalien bewilligt. Angenommen. 40. Wiederverleihung der Anton Rosenauer=Pfründe. Es sind 960 K zu vergeben, über deren Vergebung die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, es sind die Bittsteller Aigner Anna, Bögl Therese, Danspeckgruber Johanna, Grundböck Theresia, Mühlberger Barbara, Nagenkögl Marie, Pichler Marie und Stelzlmayr Elise, welche bisher im Bezuge einer Anion Rosenauer=Pfründe gestanden sind, neuerlich aus dieser Stiftung zu beteilen. 1###0 Angenommen. 41. Schaffung von Stipendien für Lehrpersonen zur Ausbildung im Jugendfürsorgewesen. Zu diesem Punkte liegt eine Zuschrift des Jugendamtes vor, welche die Notwendigkeit der Schaffung von Stipendien zum Besuche von Propagandazwecken begründet. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, 1. Es werde ein Betrag von 2000 K für das Jahr 1919 zur Schaffung von Stipendien für den nachgesuchten Zweck bewilligt, da mit einem Stipendienbetrage von 100 K nicht das Aus¬ langen gefunden werden kann. 2. Die Festsetzung der Höhe eines derartigen Stipendiums aus dem Betrage von 2000 K bleibt in jedem einzelnen Falle dem Ermessen des Stadtschul¬ rates Steyr überlassen. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. 42. Ansuchen um Unterstützung aus der Gremial¬ krankenkassa. Der Sektionsantrag lautet: Der Gemeinderat beschließe, dem Bittsteller Josef Moser wird ein Betrag von 100 K aus der Gremialkrankenkassastif ung bewilligt. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate angenommen. Herr Vizebürgermeister Dedic bringt dem Gemeinderate als Mitteilung den Beschluß der IV. Sektion, die dem Frl Liebscher gehörigen Inventargegenstände für den städt. Kindergarten um 500 K zu übernehmen und den Beschluß auf Erwerbung von 50 Patrontaschen zur Vornahme von Armenschuhreparaturen zur Kenntnis. Wird zur Kenntnis genommen. Herr G.=R. Lebeda frägt an, was es mit dem in der letzten Sitzung vertagten Beschluß wegen des Eislaufplatzes bei der Industriehalle sei Herr Bürgermeister erwidert, daß der Akt beim Referenten Herrn G.=R. Frühwald sei und daher heute nicht behandelt werden könne und die Beratung der nächsten bald stattfindenden Gemeinderatssitzung vorbehalten bleiben müsse. Herr G.=R. Witzany ersucht, das Bauamt zu beauf¬ tragen, auf die Straßenreinigung ein besonderes Gewicht zu legen. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer erwidert, daß dies bereits geschehen und das Stadtbauamt ermächtigt sei, die er¬ forderlichen Arbeitskräfte hiezu aufzunehmen, was jedoch äußerst schwierig ist, da Leute nicht zu bekommen sind. Herr G=R. Dr. Furrer erinnert an den Gemeinderats¬ beschluß, wenigstens die Pfarrgasse einer Neupflasterung zu unterziehen und ersucht um ehemöglichste Durchführung derselben. Herr G.=R. Schickl verweist darauf, daß seinerzeit fün Kriegsgefangene die Straßenreinigung ganz gut versorgt haben und fünf Mann auch heute leicht diese Arbeiten verrichten könnten. Herr Baurat Mlinarszik bemerkt hiezu, daß die Pflasterungsarbeiten an die Firma Schleptzka bereits vergeben seien, daß aber mit den Arbeiten aus dem Grunde gezögert wurde, als der Kanal in der Pfarrgasse so seicht liege, daß bei Durchführung der Arbeiten ein Einsturz des Kanales befürchtet wird; es müsse daher eine Untersuchung vorausgehen. Herr G=R Steinbrecher ersucht, wenigstens den Stiegenaufgang zur Ennsleite einzudecken, da im Winter das Passieren der Stiege direkt lebensgefährlich ist. Herr Bürgermeister Wokral versichert, mit der Waffen¬ abrik als Eigentümerin der Stiege ein diesbezügliches Ein¬ vernehmen zu pflegen. Herr G.=R. Neuhold ersucht um Herstellung eines Weges bezw. Straße im Eysnfeld, rechts der Steyr, wo vor 50 oder 100 Jahren schon ein Weg gegangen sei, dadurch würde eine Entlastung der Kirchengasse und Sierningerstraße stattfinden. Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß dies ein ge¬ waltiges Problem bedeute, welches für die Gemeinde auch finanziell schwer treffen würde, das jedoch wie andere Projekte als dermalen nicht durchführbar zu bezeichnen, aber sicherlich im Auge behalten werden wird. Herr G=R. Rudda frägt, was aus seinem Antrage wegen Sicherstellung der Obsternte geworden sei. Wurde dem Wirtschaftsrate überwiesen. Herr G=R. Schickl beschwert sich über die teueren Preise der Marmelade, worauf Herr Bürgermeister er¬ widert, daß die Preise für Marmelade festgesetzt find. Was die Obsternte betrifft, so habe in Grünburg vor längerer Zeit eine Verhandlung stattgefunden, an welcher auch Herr Magistrats¬ direktor Dr. Habl teilnahm; es wurde dort ein Einvernehmen dahin erzielt, daß vorerst eine Deckung der Stadt Steyr in Obst stattfinden müsse; erst das, was übrig bleibe, könne für andere Zwecke verwendet werden. Herr G.=R. Aigner bemerkt, daß unser Wochenmarkt chon zur Lächerlichkeit herabgesunken sei; während man in Linz den ganzen Markt beschickt sehe, sei in Steyr überhaupt nichts zu bekommen. Die Linzer ziehen alles an sich. Die Kauf¬ mannschaft in Steyr möge sich um den Einkauf besser kümmern. Was in Linz möglich ist, muß auch in Steyr möglich sein. Herr Vizebürgermeister Mayrhofer erwidert, daß es sich in Linz nicht um einheimisches, sondern um ausländisches Obst handle; es sei Sache der Kaufmannschaft, dahin zu trachten, daß etwas in den Handel komme. Betreffend die Marmelade¬ erzeugung in Grünburg sei dieselbe von der Landesregierung direkt verboten worden; die Bauern wollen uns auch keinen Most liefern, weil sie ihn in Niederösterreich viel teurer an¬ bringen. Die Bauern hungern uns einfach aus; um Geld ver¬ kaufen sie ihr ganzes Vaterland. herr G.=R. Eisterlehner ersucht, die Lampe in der Enge so anzubringen, daß auch die Goldschmiedgasse beleuchtet werde. Die Instandsetzung wird zugesagt. Herr G.=R Schickl frägt an, wie es kommen konnte, daß Gemüse, bevor es an den Mann gebracht wurde, ver¬ faulen mußte. Herr G.=R. Steinbrecher erwidert, daß der Gemeinde kein Gemüse verfault sei, sondern es sich hier um Gemüse handelt, welches aus der Tschecho=Slowakei im verfaulten Zu¬ stande hier angekommen ist. Der Stadt ist nichts zugrunde¬ gegangen, daß muß öffentlich konstatiert werden. Hierauf wird die öffentliche Sitzung um ¾ 5 Uhr ge¬ schlossen.

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