Gemeinderatsprotokoll vom 25. Juli 1919

8 28. Eingabe des Lyzealvereines wegen Errichtung einer Haushaltungsschule in Steyr Der Herr Re¬ Referent Herr G.=R. Direktor Lebeda: ferent bringt die Eingabe des Lyzealvereines zur Verlesung ind stellt den Sektionsantrag: Der Gemeinderat beschließt, die Errichtung einer Haushaltungsschule in Steyr vorzunehmen. Zwecks Durchführung dieses Beschlusses wird die IV. Sektion mit den weiteren notwendigen Arbeiten betraut, welche dann dem Gemeinderate die geeigneten Vorschläge ehestens zu unter breiten hat Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate einhellig an genommen. 29. Eingabe der Leitung des städt. Kindergartens um Uebernahme derselben in den städt. Besitz Referent Herr G.=R. Kratochwill: „Seitens der Vorstehung des städt Kindergartens liegt das begründete An¬ uchen um Uebernahme in den städt. Besitz vor, welches in der IV. Sektion zur eingehenden Beratung gelangte und folgenden Sektionsantrag zeitigte Der Gemeinderat beschließe, den von der Gemeinde der Stadt Steyr subventionierten, in der Knabenbürgerschule unter gebrachten Privat=Kindergarten des Frl. Rosa Liebscher mit 1. September d. J. an die Gemeindeverwaltung zu übernehmer und das Fräulein, welches auch weiterhin mit der Leitung zu betrauen ist, mit den Bezügen von 300 K samt Zulagen per Monat in den Beamtenkörper der Stadt Steyr ein ureihen. Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate einhellig an¬ genommen. 30. Bericht des städt. Jugendamtes über die Ausspeise aktion und allfällige Beschlußfassung hierüher. Referent Herr Vizebürgermeister Dedic: Herr Referen bringt den schriftlich niedergelegten Bericht des städt Jugend¬ imtes zur Kenntnis, welcher lautet: Bericht des städtischen Jugendamtes in Steyr. Die Errichtung des städt. Jugendamtes wurde mit Ge meinderatsbeschluß vom 28. März 1919 beschlossen. Mit der prov. Leitung des Amtes wurde die Gefertigte ab 1. Juni 1919 betraut, seit welchem Tage auch das Geschäftsprotokoll ge führt wird. Selbes hat für Pflegesachen bis 15. Juli die Einlauf¬ nummer 67, für Leitungssachen 60 erreicht. Der Arbeitsausschuß erledigte in 4 Sitzungen die verschiedenen das Jugendamt be¬ rührenden Fragen. Als wichtiger Beschluß ist die grund sätzliche Festlegung der Forderung, daß alle Fürsorgeaktionen durch bezw. im Einvernehmen mit dem Jugendamte zu erfolgen haben, anzusehen. Von größeren Aktionen, die bereits im Gange oder schon durchgeführt sind, sind zu nennen: 1. Aktion „Kinder aufs Land.“ In der Ferienkolonie Losensteinleiten können 30 Kinder Wochen untergebracht werden. je 4 Die Gemeinde Ulrick nimmt 9 Ferienkinder; Grünburg „ 8 Weyer 1 Der Verein „Kinderfreunde“ bringt 30 Kinder je 4 Wochen im Einvernehmen mit dem Jugendamte in Kammerhub bei Hall unter Bad Grundsätzlich ist bei allen Aktionen des Jugendamtes der ärztliche Befund ma߬ gebend. Durch eine eingehende Untersuchung der Mädchen stand dem Jugendamte diesbezügliches Material zur Verfügung und es wurden vom Amte die Gesundheitslisten sämtlicher schul¬ pflichtiger Mädchen angelegt und durch Feststellung von Sitz¬ höhe und Gewicht ergänzt Für die schulpflichtigen Knaben ist dies, insoweit es möglich war, auch bereits geschehen 2. Die Ausspeiseaktion Durch die amerikanische Hilfsaktion ist es möglich, seit 24. Juni täglich 1000 Schulkinder mit einer Jause zu 1 kg Nem. Nährwert zu beteilen. (550 in Steyrdorf, 450 in Wehrgraben.) Eine Erweiterung der Aktion, bezw. Berichtigung derselber Zuge ist im Die Stadtgemeinde kaufte eine Schönthaler=Baracke an¬ 3 welche im Werndlparke aufgestellt wurde und als Tageheimstätte für T.B C. gefährdete Kinder gedacht ist. Durch das Entgegenkommen der österr. Waffenfabrik wird es möglich sein, einen Hort für Mädchen auf der Ennsleite zu errichten 3000 K Subvention wurden zu diesem Zwecke bereits von der Landeskommission dem städt. Jugendamte über¬ wiesen. Auf der Ennsleite wohnen 206 Volks= und 30 Bürger¬ schülerinnen. Die Mutterberatungsstelle ist seit 1. Juli vom städtischen Jugendamte übernommen. Als Arzt der Mutterberatungsstelle amtiert bis auf weiteres wie bisher Herr Dr. Anton Mayr der ein Anerkennungshonorar von 125 K per Monat bezieht Schwester K. Hirschvogl, als Fürsorgeschwester, wird von der Landeskommission dem städt. Jugendamte auf die Dauer von 6 Monaten vorläufig zur Verfügung gestellt. Da die für die Mutterberatungsstelle vom Unterstaatssekretariat für Volks¬ gesundheit fällige Subvention, in die die Anstellung einer taatlich geprüften Fürsorgeschwester miteinbegriffen ist, dem ädt. Jugendamte zugewiesen werden wirb, erachtet es die Landeskommission für billig, daß ein Drittel des Ge¬ altes der Fürsorgeschwester vom städtischen Fugendamte getragen wird. 20 K Monatsgehalt Ausweis dazu: Nonatl. Kleiderpauschale 30 „ Tägl. Verpflegsgebühr 10 Pensionsversicherung 18 „ (monatl.) Einmaliger jährlicher Anschaffungsbeitrag 500 K. Der vom städt. Jugendamte zu tragende Teil wird monatlich von der Landeskommission eingehoben werden. Frl. Anna Huber, bisher in Diensten der Landeskommission vird als Fürsorgerin vom städt. Jugendamte zufolge Arbeits¬ ausschußbeschlusses vom 11. Juni 1919 zu eigenen Lasten übernommen. Die Regelung ihrer Be¬ oldungsverhältnisse wird nach beiliegendem Muster dem Gemeinderate zur Genehmigung vorgelegt. 12 K Versicherungsgebühr sind für Julider Landeskommission rückzuerstatten Die weitere Zahlung für Frl. Huber an die Pensions¬ ersicherungsanstalt, Landesstelle Salzburg, väre vom städt. Jugendamte zu übernehmen. Uebernahmstag für die Mutterberatungsstelle ist der 1. Juli, von welchem Tage an auch die älligen Beträge, im vorhinein zahlbar, flüssig zu machen wären. Die von der Landeskommission an¬ jekaufte Wage, sowie zwei Wickelpolster werden dem Jugendamte unentgeltlich überlassen, wofür der Landeskommission der Dank ausgesprochen wird. Eine dringende Notwendigkeit ist die Beschaffung ent¬ prechender Räume für die Mutterberatung im Anschlusse an die Kanzlei des Jugendamtes, da diesbezüglich Bericht erstattet werden muß zwecks Ansprechung einer Subvention für das folgende Verwaltungsjahr. Gegenwärtig amtiert die Mutterberatungsstelle dank dem Entgegenkommen der österr. Waffenfabriksgesellschaft in den Amtsräumen des Fabriks¬ arztes Herrn Dr. Mayr. Die nächste Aufgabe des Jugendamtes nuß die Anlegung eines Katasters für vorderhand sämtliche kinder bis zum 14. Lebensjahre bilden, was zwecks Durchführug der in Aussicht gestellten Nahrungsmittelzubußenanweisung nächste Woche geschieht. Außerdem muß ein Uebereinkommen nit den Krankenkassen wegen der Stillprämien und mit den Hebammen wegen der Geburtsanzeigen abgesch'ossen werden. Für alle Unternehmungen des städt. Jugendamtes wäre die Unfallversicherung und Haftpflicht abzu¬ chließen, für alle im Dienste des Amtes in Verwendung stehenden die Kranken= und Unfallversicherung einzugehen. Unabweislich stellt sich auch die Notwendigkeit heraus, für Schaffung einer bescheidenen Kinderherberge Sorge zu tragen Auch der Schaffung eines Landeserziehungsheimes muß näher getreten werden, soll die Fürsorgetätigkeit in Oberösterreich wirklich zeitgemäß sich entfalten. Die Militärunterrealschule in Enns würde sich wohl trefflich dazu eignen Für uns in Steyr ist das Gebiet der planmäßig organi¬ sierten Jugendfürsorge wohl noch Neuland und es bedarf der werktätigen Mithilfe und Zusammenarbeit aller Kreise, soll Er¬ prießliches geschaffen werden. Auf der Jugend ruht unsere Zukunftshoffnung, auf der Jugend, die durch den Krieg so un¬ endlich viel gelitten hat und an der bisher soviel vernachlässigt vurde. Mit Freude muß an dieser Stelle festgestellt werden, daß sich die Gemeindevertretung dieser Aufgabe voll und ganz be¬ wußt ist Ihr gebührt der wärmste Dank. Zugleich muß auch allen gedankt werden, die sich im Interesse der Fürsorge betätigt haben. Vor allem gebührt der Dank der Direktion der österreichischen Waffenfabriksgesellschaft, die in entgegenkommenster Weise die Arbeiten des Jugendamtes fördert und demselben auch die namhafte Summe von 10.000 K zugewendet hat. Ferner ist zu danken der oberösterreichischen Landeskommission, dem Verein der Schulfreunde, der in dankenswerter Weise dem Jugendamte bei Ein= und Durchführung der Hilfsaktion an die Hand geht, der Firma Klinglmayr, die die bisherigen Speditions¬ uhren kostenlos besorgte, sowie den Mitgliedern der Volkswehr, die bei den Arbeiten in der Abgabestelle behilflich sind Das Amt gibt sich der Hoffnung hin, daß der Fürsorge¬ gedanke sich immer fester verankern möge zum Wohle all derer ie fürsorgebedürftig sind und deren Wohl und Wehe letzten Endes unser eigenes Wohl und Weh bedeutet. Städtisches Jugendamt Steyr A. Groß m. p. Im Nachhange erlaubt sich das städtische Jugendamt noch berichten, daß die Bestellung eines Fürsorgearztes einer zu dringenden Notwendigkeit entspräche, umsomehr, als auch das am 1. September in Kraft tretende Ziehkinderaussichtsgesetz einen Ziehkinderarzt vorsieht. A. Groß. Die IV. Sektion hat über den Bericht verhandelt und folgenden Sektionsantrag: tellt

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