Gemeinderatsprotokoll vom 25. Juli 1919

verden. Hier könnten sich eben so gut die Fleischhauer geschädigt ühlen, weil sie bei Bestand eines Schlachthauses nur mehr ge¬ wissermaßen als Verschleißer fungieren. Nach der Ansicht des Vorredners müßte also, weil dadurch einzelne Gewerbe treibende geschädigt werden, der Bau eines Schlachthauses unter leiben. Ein Schlachthaus ist aber im Interesse der Gesamt bevölkerung unumgänglich notwendig, da dadurch manche be¬ rechtigte Beschwerden gegen Fleischhauer beseitigt werden. Die Zentralisierung der Schlachtanlagen wird aber auch vom anitären Standpunkte aus schon in nächster Zeit — es sei aud auf die Rattenplage hingewiesen — durchzuführen sein, so daß aus diesem Unternehmen der Gemeinde im eigenen Wirkungs¬ kreise nur zu Nutz und Frommen der Bevölkerung entstehen wird, unbekümmert darum, ob sich einzelne dadurch geschädigt oder benachteiligt fühlen. Wir wollen endlich gründlich mit dem eherrschten Standpunkte der Gewerberettung auf Kosten der Allgemeinheit aufräumen; wir wollen aber gewiß dem Gewerbe alle Förderung angedeihen lassen, wenn aber Zustände vor¬ handen sind, die der Allgemeinheit zum Schaden gereichen, so müssen diese beseitigt werden. Weiters muß darauf hingewiesen verden, daß man, wenn der Ansicht des Herrn Vorredners ge¬ juldigt werden sollte, auch alle Konsumvereine, wovon einer elbst in seiner Partei besteht, abschaffen müßte, weil diese die Handels= und Gewerbetreibenden schädigen, da die Mitglieder nicht bei diesen, sondern als Mitglieder in ihrem Konsum¬ vereine einkaufen. Auch diese Vereine bezwecken nichts anderes, als den Zwischenhandel auszuschalten und die Artikel dem Konsumenten billiger zuzuführen. Wir sind durch den Krieg ein armes Volk geworden, das nunmehr trachten muß, möglichst viele Erzeugnisse zu schaffen, und den Handel nur auf das Notwendigste zu beschränken, diesen aber so zu fördern, daß auch er der Volkswirtschaft nur nützliches leistet und dem all¬ gemeinen Interesse dient. Wir können daher von unserem ein¬ genommenen Standpunkt nicht abgehen, sondern müssen darau bestehen, daß die auf Grund der Sektionsberatungen ange¬ nommenen Aenderungen im Statute bestehen bleiben. Wenn der Herr Vorredner angeführt hat, daß die Linzer in ihrem Statute diese Aufzählungen unterlassen haben, so muß darauf hingewiesen werden, daß das neue Linzer=Statut infolge über¬ eilter Zusammenstellung bereits mehrfache Ansuchen um Aen¬ derungen über sich ergehen lassen mußte, und die Linzer nun¬ mehr auf das zurückkommen wollen, wie das uns vorliegende Statut der Stadt Steyr verfaßt ist. Durch unser neues Statu wird der Stadtgemeinde eine notwendige Bewegungsfreiheit gesichert, die wir in der Zukunft brauchen. Da von den Gemeinderäten keine Anmeldung zum Worte mehr vorliegt, schreitet der Herr Vorsitzende über den Antrag der 1. Sektion, das Statut in der vorliegenden Aenderung anzunehmen, zur Abstimmung Der Gemeinderat erhebt die beantragten Abänderungen des Gemeinderates zum Beschlusse, womit das neue Gemeinde¬ statut genehmigt ist. Herr Bürgermeister Wokral beantragt weiters, in Hinkunft für das Stadtamt den Titel „Magistrat der Stadt Steyr“ einzuführen, wodurch zugleich das autonome Verhältnis der Stadt und der Unterschied des Wirkungskreises zwischen dem Gemeinderatspräsidium, welches als Stadtgemeinde=Vor stehung Steyr“ zu gelten und zu bezeichnen ist, bestimmt fest¬ gelegt erscheint Der Gemeinderat stimmt dem Antrage einhellig zu. 9. Beschlußfassung nach § 23, Absatz 2, des Elektrizitäts¬ 1001 vertrages betreffend Preisänderung. Referent Herr G.=R. Reisinger: „Die Firma Elektri¬ zitätswerke Steyr ist mit Eingabe vom 15. bezw. 26. Juni l. J. neuerlich an die Gemeinde wegen Bewilligung einer Erhöhung des Elektrizitätstarifes und zwar für Licht nach Zähler von 70 auf 1 K 20 k und für Kraft von 30 auf 40 k pro KW herangetreten und rechtfertigt diese Eingabe damit, daß die Arbeitslöhne nach den gleichzeitig mit vorgelegten Ausweiser derart gestiegen sind, daß ein Auslangen mit den bestehenden Tarifsätzen nicht gefunden werden könne. Die Sektion ist zu dem Entschlusse gekommen, dem Gemeinderate folgenden Antrag zur Annahme zu empfehlen: Der Gemeinderat beschließe, die von den Vertretern der Elektrizitätswerke in der Sitzung des Beleuchtungskomitees ab gegebenen Erklärungen: Der Vorstand der Elektrizitätswerke Steyr verpflichtet zur Frage der Elektrizitätstarife: sich Den Gebührentarif den jetzigen Inhabern noch auf Dauer eines Jahres zu belassen; ie 2. beim Pauschaltarif die Gestellung der ersten Lampe beizubehalten und 3. Lampen, die nachweislich durch Betriebsstörungen im Gleichstromnetze zugrunde gegangen sind, ohne Anerkennung eines Verschuldens während der Dauer des Umbaues des Netzes zu ersetzen“ genehmigend zur Kenntnis zu nehmen, hieran festzuhalten und unter diesen Voraussetzungen bezw. Einschränkungen die verlangte Tariferhöhung zu bewilligen Herr G.=R. Schickl führt Klage darüber, daß in der Sitzung des Beleuchtungskomitees am 28. Juni nur zwei Herren vormittags anwesend waren und er daher mit seinen Be¬ strebungen, die Elektrizitätswerke zur Durchführung ihrer Pflichten zu verhalten, nicht durchdringen konnte. Der Sektions autrag bedeute für die Gesellschaft ein viel zu großes Entgegen¬ ommen und stehe er auch heute noch auf dem Standpunkt, daß die Elektrizitätswerke verpflichtet werden müssen, alle durch sie verursachten Schäden vorher gutzumachen, bevor an eine Be¬ willigung der Tariferhöhung gedacht werden könne. Die Störungen seien auch noch heute trotz aller schönen diplo¬ matischen Reden der Vertreter der Elektrizitätswerke vorhanden ind trotzdem bestehe die Geneigtheit, dem Begehren der Ge¬ llschaft auf Tariferhöhung zuzustimmen, was einfach un¬ begreiflich sei. Die Gesellschaft hätte eben viel früher mit den Umbauungsarbeiten beginnen sollen; sie ist daher selbst Schuld, wenn sie heute vor einer schwierigen Lage stehe. Wie kommen die Konsumenten dazu, für ein Versäumnis der Gesellschaft be¬ straft zu werden. In der Oeffentlichkeit sei man über die heute fast täglich auftretenden Störungen empört und wird es merk¬ würdig empfunden werden, wenn der Gemeinderat heute der Tariferhöhung zustimmen würde, ohne daß die Gesellschaft die von ihr versprochene Schadensgutmachung geleistet und durch¬ geführt hat. Die Gesellschaft berufe sich auf die Erhöhung der Löhne. Der Gewerbetreibende muß dieselben hohen Löhne be¬ ahlen und zwar auch für die Zeit der Störungen; wer ent¬ chädigt den Gewerbetreibenden? Es ist ganz unmöglich, dem Sektionsantrage zuzustimmen. Herr Bürgermeister Wokral erwidert, daß das, was Herr G.=R. Schickl vorbrachte, zum Teile zwischen der Elektri¬ itätsgesellschaft und den Konsumenten selbst auszutragen sein wird. Die Ursachen der Störungen liegen in dem Umstand als wir in Steyr noch immer zweierlei Stromarten haben und war durch den unvollendeten Umbau des Netzes, Gleichstrom und Drehstrom. Weiters in dem Umstande, daß von allen Seiten auf neue Anschlüsse gedrängt wird. Dadurch wird das etz so überlastet, daß es den Anforderungen unmöglich mehr ntsprechen kann. Bei den gestrigen Verhandlungen über die Beleuchtung auf der Ennsleiten wurde das Begehren aus¬ esprochen, daß bis zum Herbste die elektrische Beleuchtung ein jeführt werden müsse. Auf die Frage, woher der Strom ge¬ iommen werden solle, wurde die merkwürdige Antwort zuteil „Das geht uns nichts an!“ Man war dort der Auffassung, wenn die Elektrizitätswerke Steyr keinen Strom liefern können, o müsse dieser von Gleink herübergeleitet werden. Nach dem Elektrizitätsvertrage darf jedoch auf einen gewissen Lauf vor Jahren kein anderes Unternehmen für Steyr Strom liefern, nfolgedessen ist auch die Zuleitung von Strom durch andere Unternehmen nicht tunlich Das will ein Teil der Bevölkerung leider nicht einsehen. Eine Besserung wird dadurch zu erwarten ein, daß die Firma Stern u. Hafferl zugesichert hat, im Herbste um 100 KW mehr Strom nach Steyr abzugeben. Die vor¬ jekommenen Störungen (62 in der Zeit vom 1. Jänner bis 11. Juni) fallen zum allergrößten Teile der Firma Stern u. Hafferl zur Last und zwar 52 Störungen. Diese Störungen liegen in der mangelhaften Anlage der Fernleitungen der Firma Stern u. Hafferl, deren Sicherung in nächster Zeit zu erwarten eht. Die Elektrizitätswerke haben wiederholt erklärt, daß sie elbst unter diesen Störungen schwer leiden und nach Kräften bemüht sind, diese zu vermeiden. Was den Unterschied des Strompreises in Linz und Steyr betrifft, so kann derse be in Linz deshalb etwas billiger abgegeben werden, weil der Betrieb der Straßenbahn durch ihren großen Stromverbrauch einen Aus¬ gleich schaffen kann und Mehrkosten des Stromes leicht auf diese überwälzt werden können. Die Einsicht in die Bücher dei Besellschaft hat die Richtigkeit der Klarstellungen der Gesellschaft verläßlich ergeben, so daß von diesem Gesichtspunkte aus, diese Forderungen der Gesellschaft nicht unberechtigt erscheinen so veit sie im Rahmen der in der Sitzung des Beleuchtungs¬ komitees abgegebenen Erklärungen der Vertreter liegen. In zwischen wäre jedoch ein neuerliches Begehren auf Tariferhöhung nfolge neuerlicher Steigung der Löhne erfolgt. Dieses wurde jedoch in der Vorstandsitzung von mir unter Berufung auf die obzitierten Erklärungen auf das entschiedenste abgelehnt und kann von einem Zurückziehen der Ablehnung auch heute keine Rede sein. Die Annahme des Sektionstrages kann daher empfohlen werden. Herr G.=R. Schickl entgegnet, daß die Stadtgemeind Steyr die Firma Stern u. Hafferl gar nichts angehe, weil sie nicht mit Stern u. Hafferl, sondern mit dem Elektrizitätswerke Steyr den Vertrag geschlossen habe. Die Stadtgemeinde könne ch nur an den Vertrag halten, alles andere gehe sie nichts an Redner verlangt, daß die Angelegenheit heute zurückgestellt und ine neuerliche Sitzung des Beleuchtungskomitees einberufen wverde, die durch vollzähliges Erscheinen seiner Mitglieder be¬ chlußfähig ist. Es muß unter allen Umständen Remedur ge¬ schaffen werden. Redner stellt den Vertagungsantrag und den Antrag, das Beleuchtungskomitee neuerlich zu einer vorberatenden Sitzung einzuberufen Herr Vorsitzender läßt über den Vertagungsantrag des K errn G=R. Schickl abstimmen Der Vertagungsantrag wird abgelehnt Herr Vizebürgermeister Mayrhofer stimmt den Klagen es Herrn G=R. Schickl hinsichtlich der bestehenden Störungen zu, bemerkt aber, daß man leider mit den bestehenden Schwierig keiten und Tatsachen rechnen müsse und dermalen keine andere Möglichkeit besteht, als zu trachten, den Umbau so rasch als nöglich zu beenden. Die Stadtgemeinde=Vorstehung ist gewiß 3

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