Gemeinderatsprotokoll vom 3. Mai 1919

Antrages notwendig seien. Es mögen bei den Ver¬ waltungen anderer Spitäler Auskünfte über die dort geübte Praxis eingeholt werden, wie dort die Behandlung der Klassenpatienten erfolgt. Herr Primarius möge außerdem sein ärztliches Gutachten über die Durch¬ führbarkeit einer einheitlichen Diätkost abgeben und glaube er nicht, daß selbst in den demokratischesten Städten nicht irgend eine Bevorzugung der Klassen¬ patienten, die ja doch viel mehr als die Patienten der III. Klasse zu bezahlen haben, bestehen. Weiters geht es absolut nicht an, daß zirka 40 Personen von den Verpflegsgeldern mitverpflegt werden. Täglich werden dadurch die Kranken benachteiligt und ist es aus diesem Grunde allein schon notwendig, über diesen Antrag noch eingehende Erhebungen und Untersuchungen zu pflegen. Schließlich besteht die Gefahr, daß unser Krankenhaus das heute durch die Tüchtigkeit unseres Herrn Primarius einen ausgezeichneten Ruf genießt, die Klassenpatienten verliert und diese dem Linzer Krankenhause zuströmen. Es wolle daher der Antrag neuerlich dem Spital¬ komitee zum Studium rückgeleitet werden. Vizebürgermeister Mayrhofer verweist darauf, daß der Mangel an besserer Verköstigung der III. Klasse seine Grundursache in dem geringen Zuschub von Lebensmitteln für das Krankenhaus habe. Was nützen alle ärztlichen Vorschriften von Milch= und Kalbfleisch¬ speisen für die Patienten der III. Klasse, wenn diese Lebensmittel nicht angeliefert werden. Durch die Schaffung der einheitlichen Diätkost für alle drei Klassen kann eine Scharte für die III. Klasse ausgewetzt werden, es müssen sich eben die Patienten der II. und I. Klasse eine kleine Abbusse gefallen lassen, was ihnen zugunster der Allgemeinheit nicht schaden wird. Frau G.=R. Kisely bemerkt, daß der Antrag auf ihr Betreiben eingebracht wurde und sie sich selbst von der Unhaltbarkeit der Verpflegszustände in der III. Klasse, besonders aber im St. Anna=Spitale über¬ zeugt habe, wo die Kost besonders schlecht ist. Die alten Leute im St. Anna=Spital getrauen sich freilich nichts dagegen zu sagen, weil sie in ihrer Armut froh sind wenn sie überhaupt etwas bekommen, um nicht zu ver¬ hungern. G.=R. Kattner verweist darauf, daß neuerlich wieder die Milchmisere stärker auftritt und obwohl nicht zum Gegenstande gehörig berichten zu müssen, daß auch diesmal wieder viel mehr Milchkarten aus gegeben wurden, als Milch angeliefert wird. So lange hier nicht Wandel geschaffen wird, wird die Milch¬ kalamität in Steyr unmöglich verschwinden. Es möge daher bei der nächsten Kartenausgabe doch endlich auf seine schon so oftmalige besprochene Differenz zwischen Kartenzahl und Milchmenge Rücksicht genommen werden. G.=R. Dr. Peyrer=Angermann ist der Ansicht, daß der Antrag über die Einführung einer einheitlichen Diätkost überhaupt nicht in den Gemeinde¬ rat, sondern in die Kompetenz der Krankenhaus¬ kommission falle und stellt, um die Angelegenheit in der Oeffentlichkeit nicht aufzubauschen, an die Kranken¬ hauskommission zur Austragung zuzuweisen. Bürgermeister Wokral erklärt, daß vom Ge¬ meinderate für das Krankenhaus eine Hausordnung beschlossen wurde, nach welcher diese Angelegenheit in die Entscheidung des Gemeinderates falle; mit der Durchführung des Beschlusses ist jedoch die Krankenhaus¬ kommission zu betrauen. Referent G.=R. Klement führt sodann in seinem Schlußworte aus, daß der Antrag einen gerechten Ausgleich bezwecke, dem gewiß zuzustimmen sei, und empfiehlt den Sektionsantrag zur Annahme. Der Sektionsantrag wird hierauf vom Gemeinde¬ rate angenommen. 14. Ansuchen um Unterstützungen aus der Gremialkrankenkassestiftung. Referent G.=R. Lebeda: Zu diesem Punkte liegen drei Anträge der Sektion vor, welche lauten: a) Der Gemeinderat wolle dem Ansuchen des Josef Schanofsky Folge geben und demselben die vom Handelsgremium vorgeschlagene Unterstützung von 120 K, zahlbar in monatlichen Raten à 20 K, zu bewilligen; b) der löbl. Gemeinderat wolle dem Ansuchen des Einschreiters Moser mit Rücksicht auf den Antrag des Handelsgremiums Folge geben und die vor¬ geschlagene Unterstützung von 100 K bewilligen: c) der Gemeinderat wolle dem Gesuchsteller Jo¬ hann Hauser den vom Gremium vorgeschlagenen Betrag von 50 K bewilligen. Alle drei Sektionsanträge werden vom Gemeinderate einstimmig angenommen. Zl. 8203, 10.798, 10.332. Nach Erledigung der Tagesordnung des öffentlichen Teiles der Sitzung erteilt der Vorsitzende Herrn Vizebürgermeister Mayrhofer zum Antrage der Krankenhauskommission das Wort. Vizebürgermeister Mayrhofer stellt namens der Bausektion folgenden Antrag: „Die Bausektion unterbreitet dem löblichen Ge¬ meinderate den Antrag, nach den vorgelegten Plänen des Herrn Architekten Weichel, sofort an die Durch¬ führung des Baues des Kesselhauses, bezw. des Wirt¬ schaftsgebäudes zu schreiten und die Ausschreibung dieses Baues unverzüglich zu veranlassen Ueber die Kostenvoranschläge für dessen Innen¬ einrichtung an Kessel und Maschinen hat das Spital¬ baukomitee dem Gemeinderate ehestens Bericht zu erstatten. Aus dem Spitalbaukomitee soll ein dreigliedriges Aktionskomitee ernannt werden, welches die dringenden laufenden Arbeiten mit dem Herrn Architekten Weichel einerseits und den offerierenden Firmen andererseits zu erledigen hätten, dadurch würde ein rasches Arbeiten in Anbetracht der Dringlichkeit ermöglicht. Hiezu bemerkt der Referent, daß die Kosten des Baues des Wirtschaftsgebäudes samt Kesselhaus laut Kostenberechnung des Herrn Architekten auf 700.000 K lautet und die Summe lieber etwas höher angenommen wurde, wenn sich auch der Preis nicht so hoch stellen wird, immerhin aber bei unvermeidlichen Ueberschreitungen durch einen höheren Anschlag keine zu große unangenehm berührende Differenz entsteht. Nach der Kostenberechnung stelle sich der ms verbauten Raumes auf 13 K, welcher Preis sechsfach zu nehmen sei, was die vorgedachte Bau¬ kostensumme von 700.000 K ergebe. Der Gemeinderat nimmt den Antrag der Bau¬ sektion einstimmig an Hierauf teilt der Herr Vorsitzende mit, daß vom Staatsamt für Heerwesen die Antwort eingelangt sei, daß vom Staate die Artilleriekaserne auch künftighin von Artillerie belegt werden wird, daher die weitere Bestimmung über die Artilleriekaserne klar gelegt er¬ cheint. Ueber das Schicksal der Jägerkaserne sei noch nicht entschieden. Da weitere Anträge oder Anfragen nicht vor¬ liegen, erklärt der Vorsitzende die Sitzung für vertraulich und tritt der Gemeinderat in die Verhandlung des Punktes 1 der Tagesordnung „Personalansuchen“ ein Schluß des öffentlichen Teiles der Sitzung 6 Uhr 10 Min. abends.

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