Gemeinderatsprotokoll vom 18. April 1919

als rechtsgültige Verbindlichkeit anzusehen ist, sofort überweisen zu wollen“ Hiezu möchte ich bemerken, daß Herr Architekt Weichel aus Kassel stammt, momentan seine Gelder nicht flüssig machen kann und daher die Forderung au à=konto=Zahlung stellen mußte. Zu den vom Archi¬ tekten Weichel bereits verfertigten Plänen und Skizzen wären nur noch die Lichtpausen in ziemlich großer Anzahl zur Orientierung der Maschinenfabriken zu be¬ zuzu¬ irbeiten. Ich ersuche, dem Dringlichkeitsantrage stimmen, da es von höchster Wichtigkeit ist, daß unser Krankenhaus ungestört geöffnet bleiben kann“ GR. Dr. Furrer befürwortet wärmstens die An¬ nahme des Dringlichkeitsantrages und verweist darauf welche Kalamität für die Stadt entstehen würde, wenn der Betrieb des Krankenhauses eingestellt werden müßte. Auch ist es gut, daß dem Architekten Weichel sämtliche läne für die Zukunftsbauten zur Ausfertigung über¬ tragen wurden, damit man auf einer gewissen Grund¬ lage weiterarbeiten könne. Nach den Ausführungen die Architekt Weichel gab, kann denselben nur zugestimmt und gesagt werden, daß die Durchführung des Baue¬ des Kesselhauses sehr dringlich ist. GR. Fendt stimmt gleichfalls der Dringlichkeit des Antrages zu und erklärt, daß gewiß allgemein anerkannt wird, daß die Durchführung des Baues dringlich sei. hiezu müsse bemerkt werden, daß der frühere Gemeinde¬ at gewiß keine Kosten gescheut hätte, diese Umlegung des Kesselhauses früher, während der Kriegsjahre durch¬ zuführen, wenn er in der glücklichen finanziellen Lage gewesen wäre, wie es der jetzige Gemeinderat zu sein cheint, daß er über solche Summen verfügt. Nun zu cheint sich der jetzige Gemeinderat in der Lage ihlen, diese Umbauten unternehmen zu können; es ist dies eine große Aufgabe und wenn jetzt schon der Gemeinderat 25.000 Kronen für die Ausarbeitung der Unterlagen bewilligt hat, könne man bedenken, was die Bauführungen eigentlich kosten werden. Allerdings ist die Errichtung des Kesselhauses sehr notwendig und werden wir gewiß aus dieser Ursache dafür stimmen. Was Herr Vizebürgermeister betreffend die Schädigung des Krankenhausbetriebes durch die derzeitige Anlage erwähnt hat, muß bemerkt werden, daß das ganze System wie die Ausführung der bestehenden Anlagen erfolgte, vom Architekten Schimitzek aufs beste aus¬ jearbeitet auf Friedensverhältnisse beruhte und damals nicht mit einer fünfjährigen Kriegsdauer, die überall die Grundsätze über den Haufen warfen, gerechnet werden konnte. In Friedenszeiten wäre man mit den Anlagen ganz gut ausgekommen, da durch gleichmäßigt Anlieferung der Kohle jeder Zwang auf große Bevor¬ rätigung des Krankenhauses entfallen wäre. Infolge dieser Verhältnisse, die eine ganze bedeutende Steigerung der Frequenz des Krankenhauses mit sich brachten, sind die Schupfen und Vorratsräume selbstverständlich zu klein geworden. Das Krankenhaus ist gewiß in jeder Hinsicht tadellos. Das wollte ich nur zu den Worten des Herrn Vizebürgermeisters Mayrhofer erwähnen. 3R. Witzany bemerkt hiezu, daß man gegenüber der Dringlichkeit der Errichtung des Kesselhauses nicht mehr vom Sparen reden könne. Wenn uns die Sachverständigen erklären, daß der Betrieb des Krankenhauses gefährdet ist, muß die Errichtung durchgeführt werden, wenn auch die Sache noch so teuer komme. Redner ersucht daber, dem Dringlichkeitsantrage zuzustimmen. Vizebürgermeister Mayrhofer ergreift das Schlußwor und erinnert nochmals an die bestehenden Uebelstände mit dem Hinweis, daß auch anläßlich der Neuanlage des Kesselhauses darauf Bedacht genommen wird, daß durch Schaffung einer Dynamoanlage die Licht= und Kraftzufuhr von außen unabhängig gemacht wird. Im Uebrigen wird dem Gemeinderate Gelegenheit geboten werden, sich noch persönlich von allem überzeugen zu können Bürgermeister Wokral erklärt des Einverständnisses des Gemeinderates in seiner Auffassung sicher zu sein, 3 daß der Wille desselben dahin gehe, daß auf Grund er vom Architekten Weichel ausgearbeiteten Pläne für ie zukünftigen Erweiterungsbauten, die Kostenvoranschläge eingeholt und daß dem Gemeinderat sodann Gelegenheit jeboten werde, nach Einsicht in alle Details einen eschluß zu fassen. ierauf leitet der Vorsitzende über den Dring¬ lichkeitsantrag der Krankenhauskommission die Ab¬ immung ein und wird derselbe vom Gemeinderate instimmig angenommen. Vizebürgermeister Tribrunner übernimmt den Vorsitz und berichtet, daß ein Dringlichkeitsantrag der I. und II. Sektion vorliege, welcher lautet: „Obwohl die Arbeitslosenunterstützung eine Sache es Staates sei, ist der Gemeinderat bereit, gegen seiner eitigen Regreß an den Staat hier helfend einzugreifen und folgendes zu beschließen Den arbeitslosen Familienerhaltern wird für die Zeit vom 15. April bis 15. Mai ein Zuschuß von täglich 2 Kronen aus Gemeindemitteln bewilligt, wenn das Land Oberösterreich sich verpflichtet, mindestens die Hälfte dieses Betrages der Gemeinde zurückzuerstatten. Dieser Zuschuß darf nur an jene Familienerhalter zur Auszahlung gelangen, welche bereits seit 1. März. 1919 n Steyr wohnen“ Zur Begründung der Dringlichkeit des Antrages wird Herrn Bürgermeister Wokral das Wort erteilt: Bürgermeister Wokral führt aus: „Die Arbeitslosen von Steyr haben sich schon im Jänner mit einer Ein¬ gabe an das Staatsamt für soziale Fürsorge gewendet, um Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung. Da sie von dort keine Erledigung erhielten, wendeten sie sich an die Landesregierung und an die industrielle Bezirks¬ kommission in Linz. In Besprechung dieses Begehrens der Arbeitslosen agte am 17. April eine Konferenz in Linz an welcher ch teilnahm Das Staatsamt für soziale Fürsorge erklärte, es nüsse aus prinzipiellen Gründen eine Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung ablehnen und es den Ge¬ neinden und Ländern überlassen, für die Arbeitslosen ein übriges zu tun. Nachdem nun schon von morgen ab die neuen Mehl= und Brotpreise in Kraft treten, ist die lngelegenheit schon ziemlich dringend und solle wo¬ möglich noch heute ein Beschluß des Gemeinderates efaßt werden. Vormittags hat nach telephonischer Nachricht des Landeshauptmannstellvertreters Langoth eine Sitzung des Landesausschusses stattgefunden, in wvelcher über den Zuschuß des Landes Beschluß gefaß wurde, daß, wenn die Gemeinde diese 2 Kronen be¬ willigt, das Land die Hälfte hiezu beitragen würde. Ich itte der Dringlichkeit des Antrages zuzustimmen Die vom Vorsitzenden eingeleitete Abstimmung über die Dringlichkeit des Antrages, ergibt die Annahme derselben Zum Antrage selbst führt Herr Bürgermeister Wokral aus: „Zu den vorigen Ausführungen muß betont werden daß Oberösterreich das Land ist, in welchem konstatiert wurde, daß es die größte Zahl an Arbeitslosen aufweist. Es hat 12.000 arbeitslose Arbeiter und Arbeiterinnen und über 1000 arbeitslose geistige Arbeiter und Handels¬ angestellte, während in anderen Ländern die Arbeits¬ losigkeit weit geringer ist; so z. B. die Zahl der Arbeits¬ losen in Steiermark kaum 3000. Es wird in Ober¬ österreich getrachtet werden müssen, einen Abbau dieser großen Zahl an Arbeitslosen vorzusorgen. In Steyr eträgt die Zahl der Arbeitslosen rund 3000; die Ursache dieser großen Zahl liegt darin, daß ein großer Leil der Arbeiter nach der Entlassung aus der Waffen abrik nach kurzem Wegzug wieder nach Steyr wegen esserer Verpflegung zurückgekehrt sind. Trotz aller Versuche, die Arbeislosigkeit einzudämmen, kann der¬ malen eine Erhöhung der Unterstützung nicht abgesprochen werden. Das Staatsamt hat erklärt, daß eine Erhöhung von staatswegen für eine einzelne Stadt unmöglich sei, als dadurch ein Präjudiz geschaffen würde; eine Er¬

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