Gemeinderatsprotokoll vom 28. März 1919

7. Sitzung. Rats=Protokoll über die außerordentliche Sitzung des Gemeinderates der l.=f. Stadt Steyr am 28. März 1919 um 2 Uhr nachmittags. Tagesordnung: Punkt I. Antrag des Krankenhausausschusses, be¬ treffend Erweiterungsbauten beim Allgemeinen Kranken¬ hause. Punkt II. Bericht und Antrag der Kommission, betreffend Errichtung eines städtischen Jugendamtes. Punkt III. Besprechung über die in der Maut¬ hausener Angelegenheit durchgeführte Untersuchung. Punkt IV. Antrag bezüglich Verwendung der Landtagswählerliste bei den kommenden Gemeinderats¬ wahlen. Punkt V. Antrag der Finanzsektion wegen Schaf¬ fung eines Pensionsfondes. Punkt VI. Antrag der Finanzsektion, betreffend Kapitalsrückzahlung an die Gemeinde St. Ulrich. Punkt VII. Ansuchen der Waffenfabrik um Kabel¬ legung. Gegenwärtige: Vorsitzender: Herr Vizebürgermeister Josef Wokral und die Herren Gemeinderäte: Franz Aigner, Heinrich Bachmayr, Prof. W. Brand, Anton Chalupka, Karl Dedic, Prof. Leopold Erb, Karl Fischer, Josef Haiden¬ thaller, Ing. Jofef Huber, Franz Kattner, Fritz Krottenau, Rudolf Landa, Karl Mayr, Ludwig Moser, August Mitter, Franz Müller, Franz Nothaft, Hugo Olbrich, Viktor Ortler, Markus Ruckerbauer, Franz Schwertfelner, Franz Tribrunner, Adalbert Vogl. Als Schriftführer: Städtischer Protokollführer Karl Ridler. Entschuldigt abwesend die Herren: Bürgermeister Gschaider. Gemeinderäte: Dr. Karl Harant, Ferdinand Gründler, Hans Witzany, Hermann Kletzmayr, Ober¬ inspektor Zwicker und Prof. Goldbacher. Der Vorsitzende begrüßt die erschienenen Herren Gemeinderäte, stellt die Beschlußfähigkeit des Gemeinde¬ rates fest und erklärt die Sitzung um 2 Uhr 6 Min. für eröffnet. Als Beglaubiger dieses Protokolles werden die Herren Gemeinderäte August Mitter und Franz Müller gewählt. Sodann erklärt der Vorsitzende den I. Punkt der Tagesordnung vorläufig zurückstellen zu lassen, da der Referent Herr GR. Kirchberger erst später in der Sitzung erscheinen kann. Punkt II. Bericht und Antrag der Kommission, betreffend Errichtung eines Städtischen Jugendamtes. Der Vorsitzende ersucht den Obmann der Kom¬ mission GR. Prof. Erb hierüber zu referieren. Berichterstatter GR. Prof. Erb erinnert zunächst an den Beschluß des Gemeinderates vom 2. August 1918, womit zur Durchführung der Vorarbeiten für die Er¬ richtung eines Jugendamtes eine dreigliedrige Kom¬ mission gewählt wurde. Die Kommission hat sich mit den in Steyr bestehenden Vereinen, die sich schon längere Zeit mit der Jugendpflege beschäftigen, unter anderen auch mit dem Vereine für Witwen und Waisen nach Angehörigen der bewaffneten Macht ins Einvernehmen gesetzt und wurde der Plan gefaßt, sich zur gemeinsamen Durchführung der Jugendfürsorge mit der Bezirkshaupt¬ mannschaft Steyr zwecks engster Fühlungnahme in Ver¬ bindung zu setzen, wogegen sich jedoch bei einer jüngst abgehaltenen Besprechung ein Hindernis dadurch ergab, als der seinerzeitige Leiter des Jugendamtes für die Stadt seine Wirksamkeit nicht auch auf den Bezirk aus¬ dehnen kann, da der Bürgermeister der Stadt seinen Wirkungskreis nur für die Stadt begrenzt habe. Es wurde daher nach reiflicher Ueberlegung der Standpunkt festgelegt, daß die Stadt für sich allein ein Jugendamt zu errichten haben wird, wobei aber ein Hand= in Hand¬ arbeiten der Jugendfürsorge von Stadt und Land zu erfolgen hätte. Die Errichtung eines Jugendamtes ist für die heutige Zeit außerordentlich wichtig und sei es höchste Zeit, daß die Errichtung desselben durchgeführt werde. In einer der letzten Gemeinderatssitzung wurden von mir bereits die Grundzüge für die Bildung eines Jugendamtes besprochen und beherrschen dieselben ein überaus reiches Gebiet, weshalb auch der Verwaltungs¬ körper des Amtes in außerordentlicher Weise zusammen¬ gesetzt ist. Dem Gemeinderate wurde bereits der Ent¬ wurf der Satzungen zugemittelt, aus welchem besonders aus dem § 11 ersehen werden kann, daß ein ganzer Stab von Beratern dem Jugendamte zur seite gestellt werden muß, um die zahlreichen und weitverzweigten Aufgaben zu lösen. Vom Linzer Jugendamte, welches bereits amtiert, wurden Auskünfte eingeholt, von welchen jedoch für

2 Steyr nicht alles den Verhältnissen nach passend sein wird. Im Punkte II (§ 3) der Satzungen ist das Datum vom 31. August 1917 auf 1. Jänner 1919 richtigzustellen, welch ersteres aus dem Linzer Muster entnommen, mit Rücksicht auf die viel spätere Gründung des Jugendamtes in Steyr nicht richtig wäre. Auch ist zum Abschnitte „Der Verwaltungsrat“ dem vorletzten Absatze anzufügen: „Die Ernennung des Leiters des Jugendamtes erfolgt durch den Verwaltungsrat“. Nack en Vorberatungen in der Kommission erstattet dieselbe olgenden Bericht und Antrag: „Der Ausschuß für Jugendfürsorge beantragt: 1. Der Gemeinderat beschließe, ehestens ein Jugend¬ der Stadt Steyr zu errichten. imt 2. Die vorliegenden Satzungen für dieses Jugend. amt provisorisch auf 6 Monate zu genehmigen. Nach dieser Zeit ist dem Gemeinderate seitens des Verwaltungs¬ rates des Jugendamtes über die gemachten Erfahrungen zu berichten. 3. Den Herrn Bürgermeister zu ersuchen, sobald als möglich, die vorgesehenen Ernennungen durchzu¬ führen und die Arbeiten des Jugendamtes, sobald als möglich, beginnen zu lassen 4. Der Gemeinderat drückt den Wunsch aus, daß als Vertreter im Jugendamte, laut Punkt XII, Absatz K, besonders die Vertreter jener Vereine in Betracht kommen welche sich mit Jugenderziehung und Jugendschutz be¬ fassen. Als besonders notwendig erscheint dem Gemeinde¬ rate ein Zusammenschluß von Steyr=Stadt und Land¬ bezirk Steyr; deshalb wäre besonders ein Einvernehmen des Städtischen Jugendamtes mit dem Zweigvereine Steyr zur Unterstützung von Witwen und Waisen nach Ange¬ hörigen der bewaffneten Macht für Oberösterreich, Be¬ zirksstelle (Bezirkskommission) zu pflegen. GR. Dedic erklärt sich mit den Ausführungen des Berichterstatters einverstanden, wünscht jedoch, daß es m § 11 bzw. 12 heißen soll, der Leiter des Jugend amtes wird über Vorschlag des Verwaltungsrates vom Gemeinderate ernannt, da die Gemeinde es sein wird, velche den Leiter zu entlohnen hat GR. Prof. Brand begrüßt die Errichtung des Jugendamtes und verweist darauf, daß er bereits wieder¬ holt im Stadtschulrate und im Gemeinderate die Er¬ richtung desselben urgiert habe. Die Bestimmung der Ernennung des Leiters solle jedoch auch im § 13 aus¬ gedrückt werden und einen Bestandteil des Wirkungs¬ kreises des Verwaltungsrates bilden GR. Prof. Erb erklärt mit den beantragten Aen¬ derungen einverstanden zu sein und ersucht um Annahme des Antrages der Kommission, sowie der Abänderungs¬ anträge. Der Vorsitzende frägt, ob hiegegen eine Einsprache erhoben werde und läßt über diese Anträge abstimmen. Der Gemeinderat nimmt hierauf den Antrag der Kommission, sowie die Abänderungsanträge Dedic und Brand einstimmig an. Prof. Herr Vizebürgermeister Fendt übernimmt den Vorsitz und erteilt Herrn Vizebürgermeister Wokral zum Punkte III, Besprechung über die in der Mauthausener Angelegenheit durchgeführte Untersuchung, das Wort. Vizebürgermeister Wokral erinnert zunächst an den n der letzten Gemeinderatssitzung verlesenen Bericht über welchen damals nach der Geschäftsordnung eine Debatte nicht zulässig war, weshalb der Punkt heute auf der Tagesordnung stehe und einer näheren Diskussion zu unterziehen ist. Diesem Berichte sei heute weiter nichts hinzuzufügen, als daß darauf zu dringen wäre, in die Angelegenheit Aufklärung zu bringen, wohin die abhanden gekommenen Sachen gekommen ind. Es würde sich, wenn die Verfolgung der Ange¬ egenheit weiter gewünscht werde, empfehlen, ein Komitee zu wählen, welches sich mit der Spezialuntersuchung befassen wolle, woraus sich die Möglichkeit ergeben könnte, volle Klarheit in die Sache zu bringen. Aus der erfolgten Ueberprüfung der vorliegenden Protokolle könne heute nur konstatiert werden, daß Herrn Drahowsal nichts weiter nachgesagt werden könne, als die von ihm in Mauthausen gekauften Waren nach den Zeugen¬ aussagen der Volkswehrmänner nach Steyr herüber¬ gekommen sind. Wie die Differenz zwischen Uebergabe und Uebernahme entstanden ist, ist noch vollends un¬ geklärt. Diese Aufklärung könnte gegebenenfalls nur die Staatsanwaltschaft bringen, da die richterliche Gewalt iefer einzudringen vermöchte, als die bloßen Erhebungen und Feststellungen durch die Gemeinde. Tatsächlich sind beträchtliche Mengen verloren gegangen, so daß der Gemeinde ein bedeutender Verlust zuging, der zwar ver¬ ucht wurde, durch Aufschläge auf Waren wieder herein¬ zubringen. Ob sich jedoch heute, nach so langer Zeit, überhaupt noch eine verläßliche Feststellung erreichen lasse, sei fraglich; es sei aber notwendig, daß zur Be¬ ruhigung der Bevölkerung eine Aufklärung erfolge. der Vorsitzende bemerkt, daß an der ganzen Sache auffalle, daß die Ankäufe ohne Genehmigung durch den Gemeinderat erfolgen konnten und daß zu den Auf¬ äufen nicht ein Fachmann der Gemeinde bzw. Wirt¬ chaftsrates zugezogen wurde, wodurch sowohl die Ge¬ meinde wie auch Herr Drahowsal gedeckt gewesen wäre veiters ist es auffallend, daß die Angelegenheit nicht ogleich nach Aufdeckung des Abganges untersucht wurde und wäre es auch im Interesse sowohl des Herrn Drahowsal wie der Gemeinde gelegen, sofort, ehe die Spuren verschwinden, die Untersuchung einzuleiten. Es ollte der Schuldtragende verhalten werden, die Abgänge aus eigenem zu ersetzen Vizebürgermeister Wokral erwidert, daß der Ankauf er Waren durch Herrn Drahowsal in den ersten Novembertagen erfolgte, wo ein solcher Rummel infolge des sozusagen über Nacht hereingebrochenen Umschwunges m Rathause sich abspielte, daß man nicht Zeit fand, ich viel gelegentlicher mit dem Gegenstande zu befassen und in dieser Zeit sich auch auf den gewiß richtigen Standpunkt stellen mußte, alles zu erwerben, was in der lebensmittelarmen Zeit überhaupt zu erreichen war. Es ließ sich voraussehen, daß nach den Mauthausener Waren eine sehr rege Nachfrage sein werde, weshalb in Aufkauf für die Gemeinde auch kein zauderndes Aufschieben zuließ. Auf den Anwurf, warum die Ange¬ legenheit bei Aufdeckung des Abganges nicht sofort unter¬ icht wurde, ist zu erwidern, daß Herr Drahowsal, der ich bei dem Transport der Waren nach Steyr den Fuß brach, im Krankenhause lag und nicht einvernommen verden konnte GR. Dedic schlägt sohin für das Komitee zur Unter¬ suchung der Mauthausener Angelegenheit die Herren GR. Mayr, Vogl und Kletzmayr vor Der Gemeinderat stimmt dem Wahlvorschlage zu und beauftragt das Komitee, die Akten zu überprüfen und das Ergebnis in einer nächsten Sitzung zu be¬ richten Vizebürgermeister Wokral übernimmt wieder den Vorsitz. Punkt IV. Antrag bezüglich Verwendung der Land¬ tagswählerliste bei den kommenden Gemeinderatswahlen. Referent GR. Prof. Erb berichtet, daß zu diesem Punkte ein Antrag des GR. Müller vorliege, welcher autet „Die kommenden Gemeinderatswahlen sind zu¬ leich mit den Landtagswahlen durchzuführen; für beide Wahlen sind die Landtagswählerlisten zu ver¬ wenden" der Antrag wird vom Gemeinderate einstimmig angenommen GR. Prof. Erb berichtet weiter, daß zur Gemeinde¬ vahlordnung, die einen Teil des Gemeindestatutes bildet, noch ein Anhang hinzugekommen ist, der sich mit dem bestehenden Gemeindestatut im allgemeinen deckt. GR. Dedic beantragt der Bestimmung über die Mandatsdauer die Bestimmung anzufügen, daß die Mandate der Gemeinderäte, welche sie für Funktionen außerhalb des Gemeinderates erhalten haben, mit dem

gleichen Tage zu erlöschen haben, an welchem sie ihr Gemeinderatsmandat zurücklegen 7 GR. Prof. Erb spricht sich gegen diesen Antrag aus, da derselbe außerdem erst einer Sektion zuzuweisen wäre. Vor allem aber sei der Standpunkt festzuhalten, daß die Gemeinderäte ihre Mandate jenen zurückzugeben haben, die es ihnen verliehen haben, sei es eine Korpo¬ ration oder eine Partei. Redner bekritelt eingehend den vorgekommenen Fall des Uebertrittes eines Mitgliedes der deutschnationalen Partei zur sozialdemokratischen Partei, ohne daß dieses pflichtgemäß sein ihm verliehenes Mandat zurückgegeben hätte und beantragt den Antrag Dedic der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zuzu¬ weisen GR. Dedic verteidigt den Eintritt des Vorgemeinten in die sozialdemokratische Partei damit, daß das Mandat nicht von der Partei aus verliehen, sondern das Gemeinderatsmandat nur der Ernennung durch die Landesregierung zuzuschreiben sei. Mit der geschäfts¬ rdnungsmäßigen Behandlung des Antrages erklärt sich GR. Dedic einverstanden 1 R. Prof. Erb erwidert, daß er seinen Antrag deshalb aufrecht erhalten habe, da man heute noch nicht wisse, wie sich die Landesregierung betreffend die Neu esetzung des Gemeinderates entscheiden wird und erklärt hier die Ausführungen der sozialdemokratischen Partei nicht beschreiben zu wollen, welche in dem Falle erfolg wären, wenn ein Mitglied der sozialdemokratischen Partei, ohne sein Mandat der Partei zurückzugeben, beispielsweise in die deutschnationale Partei übergetreten wäre. Die Ernennung der Gemeinderäte durch die Landesregierung ist eine rein theoretische Sache; die Ernennung konnte nur über Parteivorschlag erfolgen, odaß also richtigerweise die Mandate durch die Parteien verliehen wurden. Man hat der deutschnationalen Parte ein Mandat einfach weggenommen, ohne ihr ein anderes hiefür zu geben; dies wird unvergeßlich bleiben und war aus dem Grunde unschön, als die deutschnationale Partei sich nie geweigert hat, der sozialdemokratischen Partei, wenn es möglich war, wie z. B. im Sparkasse ausschuß ein Mandat zu überlassen. Der Vorsitzende erklärt sohin den Antrag des GR Dedic der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung uzuweisen Der vom Berichterstatter GR. Prof. Erb beantragte Anhang zur Wahlordnung wird sodann vom Gemeinde¬ rate angenommen. Finanzsektion wegen Antrag der V Punkt Schaffung eines Pensionsfondes. Referent GR. Kirchberger stellt namens der Finanz ektion folgenden Antrag: „In dem Bestreben, dauernde, bzw. fortlaufende Lasten der Bevölkerung unserer Stad möglichst abzunehmen, ist die Finanzsektion zu dem Entschlusse gekommen, den von dem bisherigen Gemeinde¬ rate seinerzeit geschaffenen Pensionsfond für Gemeinde¬ angestellte auszubauen, damit die für diesen Zweck erforderlichen, stets steigenden Mittel den Gemeinde¬ haushalt nicht zu stark beeinflussen. Zu diesem Zwecke beantragt die Finanzsektion, die im freien Besitze der Stadtgemeinde befindliche Kriegsanleihe im Gesamt¬ betrage von 1,106.000 K in den Pensionsfond zu hinterlegen, womit für den größten Teil des Pensions¬ erfordernisses dauernd gesorgt wäre“ Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate ein¬ stimmig angenommen. Punkt VI. Antrag der Finanzsektion betreffend Kapitalsrückzahlung an die Gemeinde St. Ulrich. Referent GR. Kirchberger stellt namens der Finanz¬ sektion folgenden Antrag: „Für die seinerzeit anläßlich der Erbauung der Oesterreichischen Waffenfabrik erfolgte Einverleibung von Gebietsteilen aus der Gemeinde St. Ulrich wurde der Stadtgemeinde Steyr die Verpflichtung auferlegt, als Entschädigung hiefür an die Gemeinde St. Ulrich jährlich 6000 K nebst dem Umlagenentgang von 1370 K, das sind zusammen 7370 K, zu zahlen. Die Stadtgemeinde Steyr hat sich jedoch das Recht gewahrt, diese Last zu beliebiger Zeit ganz oder teil¬ weise durch Kapitalisierung der Jahresleistung unter Zugrundelegung einer 4 %igen Verzinsung abzuwälzen Nachdem der Stadtgemeinde die hiefür notwendigen Barmittel im Gesamtbetrage von rund 185.000 K zur Verfügung stehen, welche bei dem gegenwärtigen Zinsfuß ohnehin nur 3 % abwerfen würden, stellt die Sektion den Antrag: „Der löbliche Gemeinderat wolle zur Rück zahlung dieser Forderung aus der Reserve der Stadtkasse an die Gemeinde St. Ulrich seine Zustimmung geben. GR. Dedic beantragt mit Rücksicht darauf, als der jetzige Gemeinderat vor der Auflösung stehe und es nicht gut angehe in der letzten Sitzung solche weit¬ ragende finanzielle Fragen zu behandeln, die Vertagung der Beschlußfassung GR. Landa tritt dafür ein, daß die heute günstige Finanzlage der Stadt für die beantragte Aktion aus¬ enützt werde. GR. Ing. Huber befürwortet gleichfalls die An¬ nahme des Sektionsantrages und bezeichnet es als inschön, einer Nachbargemeinde alljährlich diese paar ausend Kronen schuldig zu sein; es sei außerdem zu begrüßen, wenn die Stadt heute in der Lage sei, solche Schulden abzuwälzen Der Vorsitzende leitet sohin über den Vertagungs¬ antrag des GR. Dedic die Abstimmung ein, welcher vom Gemeinderate abgelehnt und der Sektionsantrag nach einem kurzen Schlußworte des Referenten GR. Kirch¬ verger, mit Mehrheit angenommen wird. Punkt VII. Ansuchen der Waffenfabrik um Kabel¬ legung. teferent Herr GR. Ing. Huber berichtet über das Ansuchen, welches die Legungsbewilligung von Kabel von der Waffenfabrik bis zur Heindlmühle beinhaltet. Der Gemeinderat stimmt dem Ansuchen ohne We elrede zu. Der Gemeinderat tritt sodann in die Beratung des zurückgestellten Punktes I, Antrag des Kranken¬ hausausschusses betreffend Erweiterungsbauten beim allgemeinen Krankenhaus ein Referent GR. Kirchberger bringt das Schreiben des Herrn Architekten Weichel zur Verlesung und bemerkt hiezu, daß es schade wäre, wenn dieser von er Stadtgemeinde nicht für die beabsichtigten Zwecke ausgenützt werde, da derselbe in solchen Bauführungen sehr bewandert erscheint. Bei einer Ausschreibung der Arbeiten würde viel zu viel Zeit verloren gehen und müsse mit allen Mitteln getrachtet werden, das Maschinen¬ haus noch vor dem Herbste fertig zu stellen. GR. Ing. Huber plaidiert für den Antrag uni verlangt, daß der Wasserreiniger unbedingt sofort eschafft werden müsse, damit das alte Maschinenhaus bis zur Fertigstellung des neuen instand gehalten werden kann. Es könne keine Sicherheit geboten werden, daß as neue Maschinenhaus bei den heute bestehenden Schwierigkeiten für Bauführungen noch heuer fertig werde. Da bis zur Neuzusammensetzung des Gemeinde¬ ates immerhin einige Zeit verstreichen werde, beantragt Redner, die Gemeindevorstehung zu beauftragen, Herrn Architekten Weichel mit der Ausarbeitung des ganzen Projektes zu betrauen. Referent GR. Kirchberger vertritt denselben Stand¬ dunkt und rät, ja keine Verzögerung eintreten zu lassen. GR. Chalupka schließt sich den Ausführungen des GR. Kirchberger an, worauf letzterer den Antrag stellt Die Gemeindevorstehung wird ermächtigt und beaustragt ille Schritte unverzüglich einzuleiten, um in möglichst kurzer Frist unter Zuziehung des Herrn Architekter Weichel und eines Heizsachverständigen ein Projekt aus¬ arbeiten zu lassen und sodann an den Gemeinderat die geeigneten Vorschläge zu erstatten. Der Antrag wird vom Gemeinderate angenommen. Hierauf folgt eine vertrauliche Sitzung über ein Personalansuchen und zwei Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindeverband. 3

Nach Erledigung dieser Punkte erklärt der Vor¬ sitzende die Sitzung wieder für öffentlich und berichtet, daß Bürgermeister Gschaider bis zur Neuzusammen¬ setzung des Gemeinderates um einen Urlaub angesucht habe. Der Gemeinderat erteilt den nachgesuchten Urlaub. Ferner bringt der Vorsitzende die Zuschriften der Herren GR. Prof. Erb und Mitter mit der Mitteilung, daß diese ihre Mandate in dem Stadtschulrate zurück¬ legen und die Zuschrift des GR. Kirchberger, daß er die Stelle als Krankenhausdirektor zurücklege, zur Kenntnis und bemerkt, diese Mitteilungen so auffassen zu müssen, daß die Zürücklegung der Mandate mit dem Tage der Neuzusammensetzung des Gemeinderates in Kraft trete. GR. Vogl nimmt auf seine in der letzten Sitzung gemachte Anfrage betreffend den Teuerungszulagen für die Pensionisten der Gemeinde Bezug und erklärt die Informationen dahin erhalten zu haben, daß, nachdem auch die staatlichen Pensionisten diese Anschaffungs¬ beiträge noch nicht erhalten haben, auch die Pensionisten der Stadgemeinde bisher leider dieser notwendigen Anschaffungsbeiträge entbehren mußten. Mit Rücksicht auf die immer größer werdenden Schwierigkeiten des Lebensunterhaltes, beantragt Redner den Pensionisten der Stadtgemeinde die Anschaffungsbeiträge pro Februar gleich den aktiven Angestellten zur Auszahlung bringen zu lassen. Der Gemeinderat stimmt dem Antrage zu. Der Vorsitzende ersucht hierauf Herrn GR. Kirch¬ berger seine Stelle insolange wenigstens zu behalten, bis die größten Schwierigkeiten in den geplanten Um¬ änderungen des Krankenhauses vorüber sind. GR. Kirchberger erklärt sich gerne bereit, diesem Ersuchen nachzukommen. Der Vorsitzende führt sodann aus: „Nachdem die drei Parteien des Gemeinderates das Uebereinkommen getroffen haben, ihre Gemeinderats¬ mandate zurückzulegen und sich auf eine Neuzusammen¬ setzung des Gemeinderates auf Grund der Februar¬ wahlen in den Nationalrat einigten, sind wir in der heutigen Zusammensetzung das letztemal in der Gemeinde¬ ratssitzung versammelt. Ich möchte die Gelegenheit be¬ nützen, um allen Heren zusammen, von welchen ja in der künftigen Zusammensetzung des Gemeinderates nicht alle wieder einen Sitz im Gemeinderate einnehmen werden, den Dank dafür auszusprechen, daß sie im Dienste der Gemeinde so eifrig mitwirkten und un¬ bekümmert um die Parteianschauungen mit Sachlichkeit die vorgekömmenen Gegenstände beraten und getrachtet haben, soweit es möglich war, gut und nützlich für die Gemeinde zu wirken.. Ich hoffe auch, daß es möglich sein wird, daß wir für die Zukunft ebenso verträglich im Inter¬ esse der Stadt und ihrer Bewohnerschaft wirken können“. Hierauf nahm GR. Prof. Erb das Wort und sagte: „Ich gestatte mir, auf die Worte des Herrn Vorsitzenden, einiges zu erwidern. Ich möchte seiner Aeußerung, daß wir in außergewöhnlicher, verträglicher Weise trotz der verschiedenartigen politischen Partei¬ anschauungen gewiß einig und fleißig zusammenge¬ arbeitet haben, ergänzend hinzufügen, daß es tatsächlich nie zu besonderen stürmischen Szenen Anlaß gegeben und gewissermaßen Hand in Hand, sowohl in den Sektionen, Ausschüssen, Komiteen und Kommissionen des Gemeinderates gearbeitet wurde. Ich wünsche auch dem neuen Gemeinderate ein solch emsiges Zusammen¬ arbeiten. Ich glaube, wir sollen aber auch der bisherigen Gemeindevorstehung nicht vergessen. Die drei Herren Bürgermeister haben in aufrichtiger Freundschaft mit¬ einander für die Interessen der Stadt gearbeitet. Was den Herrn Bürgermeister anbelangt, so er¬ laube ich mir hervorzuheben, daß er in der schweren Zeit, die die Stadt getroffen hat, durch fast acht Jahre eine ganze Kraft dem Wohle der Stadt gewidmet hat. Es waren ernste und harte Zeiten, die die Bevölkerung gar wohl verspürte, aber von denen sie heute noch nicht weiß, was ein Bürgermeister in einer so schweren Zeit für Mühen, Aufregungen, Sorgen und Widerstände, besonders von auswärts infolge des mangelnden Ver¬ tändnisses der vorgesetzten Behörden für die besonderen Verhältnisse in Steyr zu überwinden hatte. Nachdem auch Herr Bürgermeister Gschaider wahr¬ scheinlich in den kommenden Gemeinderat nicht wieder¬ kehren dürfte, so meine ich —und das möge auch im Protokolle vermerkt werden — ihn für seine außer¬ ordentliche Arbeit, die er in den vielen und ganz be¬ sonders in den letzten schweren Jahren geleistet hat, den allerbesten Dank hier zum Ausdrucke zu bringen. Ich meine, diesen Dank hat Bürgermeister Gschaider wohl vollauf verdient. Ich glaube aber auch, daß wir den beiden Herren Vizebürgermeistern danken sollen. Es hat im Rathause Zeiten gegeben, wo der Bürger¬ meister von 7 Uhr früh bis spät um 1 Uhr nachts ununterbrochen beschäftigt war und es hat Wochen gegeben, wo Tag für Tag von 7 Uhr früh bis spät in die Nacht hinein die beiden Herren Vizebürgermeister mit dem Bürgermeister gearbeitet haben. Was in diesen Zeiten alles herangestürmt kam, was da alles erledigt, übernommen und durchgeführt werden mußte, kann nur der ermessen, der mit tätig war. Ich glaube daher, daß wir auch unseren führenden Herren Vizebürger¬ mneistern unseren besten Dank hiefür zum Ausdruck bringen. Desgleichen gebührt auch der Beamtenschaft, die ungemessen reiche Arbeit leisten mußte, die vollste Anerkennung und der Dank des Gemeinderates, wobei hervorgehoben werden muß, daß es keine Stadt mit der Bedeutung Steyrs gibt, welche trotz der vielfach ver¬ mehrten Aufgaben und dem Aufschwunge von 17.000 auf 34.000 Einwohner einen so geringen Stand an Beamten aufzuweisen hat, diese daher mit verdoppeltem Fleiße ihren Amtsgeschäften obliegen mußten. Alles in allem muß gesagt werden, daß fleißig gearbeitet wurde. Der Verträglichkeit aller Mitglieder des Gemeinderates, der ja stets nur das eine Ziel, das Wohl der Bevölkerung im Auge hatte, ist es zu verdanken und können wir die Stadt hiezu beglück¬ wünschen, daß sie von besonderen schädigenden Szenen noch nicht heimgesucht wurde, und hoffen wir, daß sie auch in Zukunft hievon nicht getroffen werden wird. Ich glaube, wir alle haben ein gewisses Verdienst, daß die Ruhe von Steyr, soweit es möglich war nicht gestört und es nicht zu ärgsten Verwüstungen und Ausschreitungen gekommen ist. Dies ist auch ein großer Verdienst unseres Bürgermeisters, der sich außerordentlich taktvoll be¬ nommen hat und dem man das Zeugnis nicht versagen kann, daß er zur Behebung der Ernährungsschwierig¬ keiten das Möglichste getan hat, was überhaupt in dieser schwierigen Lage zu tun war. Wenn wir in den Ernährungsfragen bei den maßgebenden Stellen nicht immer das richtige Verständnis für die besonderen in Steyr herrschenden Verhältnisse gefunden haben, so ist dies nicht die Schuld des Bürgermeisters und des Gemeinderates, sondern waren es Umstände, die einfach nicht im Machtbereiche des Bürgermeisters und des Gemeinderates standen. Wir danken also allen Versammelten; wir danken auch insbesonders der Leitung der Gemeindevorstehung und wünschen, daß die Stadt die allerschlimmste Zeit überstanden habe und daß sie in Bälde besseren und geregelteren Zeiten entgegengehen möge“. Hierauf schloß der Vorsitzende um 4 Uhr 30 Mi¬ nuten mit Dankesworten die Sitzung.

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