Endlich liegt ein Antrag betreffend Errichtung von Kinder¬ spielplätzen vor: Antrag des Gemeinderates Krottenau und Genossen. Ein löblicher Gemeinderat wolle ehetunlichst die Errichtung eines Kinderspielplatzes beschließen. (Am zweckmöglichsten dürfte hiezu der Platz im Zentrum des Wäldchens am Karl Ludwig¬ Platz sein.) Unter gleichzeitiger Beistellung von Spielgerätschaften und Sitzgelegenheiten hiezu, wie beispielsweise eine Bretter¬ schaukel, ein Rundlauf, ein hölzernes Schaukelpferd, vier Kinder schaukeln auf zwei drehbaren Querbalken, eine Wellenschaukel eine Kletterstange, ein Barren 2c., ähnlich dem Kinderspielplatze m Mirabellgarten in Salzburg Sollte der vorgeschlagene Spielplatz nicht als geeignet be¬ unden werden, ersuche um weitere Vorschläge, welche die baldige Ausgestaltung dieses Antrages ermöglichen. Steyr, am 19. März 1919. Karl Fischer Josef Wokral Hans Witzany Adalbert Vogl Krottenau Ich weise diesen Antrag der Bausektion zu Wir gehen nunmehr zur Tagesordnung über. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R Dr. Harant Die Punkte 1, 2, 3 und 4 sind vertraulich und werden dem Schlusse der Sitzung vorbehalten Ich glaube die Herren einverstanden, wenn ich den Punkt 7, Kundgebung gegen die brutale Vergewaltigung der Deutschen in Böhmen, den anderen Punkten der Tagesordnung voraussetze und erteile Herrn Referenten G.=R. Dr. Harant das Wort. Herr G=R. Dr. Harant: „Die beispiellose Vergewaltigung unserer deutschen Volksgenossen in Deutschböhmen durch das tschechisch=slowakische Volk haben in unseren deutschen Herzen den bittersten Widerhall gefunden und sind wir uns alle voll kommen darin einig, daß in diesem Vorgehen des tschechisch¬ lowakischen Volkes ein Akt des allerfrechsten Mutwillens geleger ist und wenn es eine Gerechtigkeit gibt, so muß erhofft werden daß sich diese brutale Vergewaltigung noch von selbst rächen würde. Diese Vorkommnisse haben dazu geführt, daß eine Reihe von deutschen Städten und auch die Stadt Steyr in öffentlichen Kundgebungen dagegen Stellung genommen hat, wobei dem Ersuchen der Hilfsvereinigung für Südböhmen, eine schriftliche oder telegraphische Kundgebung an den Sitz dieser Hilfsvereinigung nden zu wollen, entsprochen wurde. Gleichzeitig hat Herr Bürgermeister an die Verwahrungsversammlung nach Linz welche am 9. d. M. in Linz stattfand, eine Kundgebung ge¬ ichtet, die folgenden Wortlaut hat Verwahrungsversammlung Linz Kaufmännisches Vereinshaus. Die Stadtgemeindevorstehung Steyr im Namen aller ihrer Bewohner teilt mit allen Deutschen unseres jungen Staates die größte Entrüstung über die brutale Vergewaltigung und feige Entrechtung, welche sich gegenüber unseren deutschen Brüder n Deutschböhmen und den Sudetenländern das g ößenwahn¬ innige Volk der Tschechen herausnimmt. In hinterlistigster Weise verletzen die Tschechen das Völkerrecht und werden zu Mordbuben an einer wehrlosen Bevölkerung, nur weil diese sich nicht fremdem, verhaßtem Joche beugt Die Tschechen, welche nicht genug über nationale Unter¬ drückung im alten Staate schreien konnten, obwohl sie mi deutschen Geldern großgezogen wurden, wollen nun einem kulturell und wirtschaftlich hoch stehenden Dreimillionenvolke die Freiheit rauben und zu Renegaten machen, oder sie von ihrem deutschen Bobenkvertreiben, auf dem sie sich durch eine jahr¬ hundertlange Seßhaftigkeit das vollste Recht erworben haber die deutschösterreichische Regierung wird aufgefordert, gegen ie tschechischen Schandtaten alle nur möglichen Schritte einzu elten und insbesondere dem Präsidenten Wilson bei seiner Wannesehre aufzufordern, mit seinem Machtspruche dem feierlick verkündeten und bekräftigten Grundsatze vom Selbstbestimmungs¬ rechte der Völker auch für Deutschböhmen gegenüber frechen ischech schen Raubzügen Geltung zu verschaffen Unsere hartbedrängten deutschen Volksgenossen versichern wir unserer innigsten Teilnahme; wir geloben ihnen werktätige Unterstützung in ihrem schweren Kampfe um ihre nationale Existenz und rufen ihnen zu: Haltet aus in Euerem schweren Ringen, das Recht ist auf Euerer Seite, es wird und muß siegen Sollte aber Euch gegenüber das Selbstbestimmungsrecht nut ein leeres Schlagwort gewesen sein, sollte Gewalt vor Rech gehen, dann wollen und werden wir übrigen Deutschen in Deutschösterreich nicht ruhen und nicht rasten, bis für die Tschechen der Tag des Gerichtes kommt, auch Euch Gerechtigkeit wird und uns das gemeinsame große deutsche Vaterland umsaßt Bürgermeister Gschaider. zu dieser Kundgebung wolle der Gemeinderat seine Ge nehmigung nachträglich erteilen. Die Sektion glaubt, daß es angesichts der Verhältnisse keiner weiteren Erörterungen mehr 7 bedarf und stellt den Antrag: Es sei die geplante Zustimmung u beschließen und ebenso nachträglich die Zustimmung zu der vom Herrn Bürgermeister erlassenen Kundgebung zu erteilen In finanzieller Beziehung beschließe der Gemeinderat die Widmung eines Betrages von 1000 K zum bestehender Schutzfonde.“ err Bürgermeister: „Ich lasse über den Sektions¬ antrag abstimmen und bitte die Herren, die mit dem Antrage¬ einverstanden sind, sich von den Sitzen zu erheben Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate einstimmig angenommen. . Beschlußfassung über die Gemeindewahlreform und Aenderung des Gemeindestatutes Herr G.=G. Dr. Harant: „Der Wahlreformausschuß hat mehrere Sitzungen abgehalten und hat sich auch die Rechts¬ sektion mit der Gemeindewahlreform beschäftigt. Das Ergebnis der Entwurfaufstellung liegt Ihnen vor. Im Punkte 6, 2. Absatz der Vorlage, ist eine Einschaltung zu machen, so daß es richtig zu heißen hat: „Jede Sprengelwahlbehörde besteht aus je einem vom Bürgermeister im Einvernehmen mit der Hauptwahlbehörde us dem Stande der Staats= oder Gemeindebeamten bestellten Vorsitzenden, und am Schlusse der Vorlage wäre noch ein § 40 anzuhängen, der besagt, die Mandatsdauer der Ge¬ meinderäte, des Bürgermeisters und der Vizebürgermeister be¬ trägt 4 Jahre. Vor Ablauf dieser Zeit sind Neuwahlen für sämtliche Mitglieder des Gemeinderates vorzunehmen Mit Rücksicht auf die im Wahlreformausschusse und in der Rechtssektion erfolgte einstimmige Annahme der Wahl ordnung empfiehlt die Sektion die en, bloc=Annahme der Wahlordnung. Herr G.=R. Landa: „Sehr geehrte Herren! Bevor diese Wahlreformvorlage zur en bloe=Annahme erfolgt, mache ich auf mehrere Umstände aufmerksam Der vorliegende Entwurf einer neuen Gemeindewahlordnung ehnt sich in Form und Inhalt an die Staats= und Landes¬ vahlordnung im Sinne eines Rahmengesetzes, das knapp nach dem Umsturze von Männern geschiffen wurde, die selbst noch n der Vergangenheit fußend, nur auf diesem weiterbauen konnten Wohl hat dieses Gesetz neuem Rechnung getragen, aber schon ist es veraltet, überholt vom rasch wachsenden Geiste unserer Tage. Niemandem wird unbekannt sein, wie A= u. S.=R. schon etzt eine An= oder Eingliederung in die Weimarer National¬ versammlung mit allem Nachdruck fordern und in dem darüber nistandenen Widerstand des Nationalrates anfangs dieses Ver¬ langen als Unsinn hingestellt und bewertet wurde; allgemach beginnt sich aber ein heller Kern guten Rechtes herauszuschälen und wir alle würden dies rascher erkennen, wenn sich neben den nergischen Forderungen der A.= u. S.=R. gleich lebhaft Handels¬ ind Gewerbe=R., sowie Beamten= und Angestellten=R. gemeldet hätten. Daß diese Standesgruppen mit ihrem Verlangen aber nicht ausbleiben werden, ist mit größter Bestimmtheit anzu nehmen; denn die Revolution, in der wir stehen, ist eine so iefgehende, daß auch die im Hergebrachten festverankertster Stände von der Neuordnung nicht übergangen werden; schließlich st der ständische Gedanke so urdeutsch und unleugbar schon bei en letzten Wahlen als lebhaftes Verlange oder gar als scharfe Betonung in den Vordergrund getreten Es zeigt sich eben, wie sehr die Zeit des reinen Indivi¬ dualismus vorbei ist und der Sozialismus alle Geister zu über¬ luten droht. Beide Erscheinungen — Individualismus wie Sozialismus — sind aber in ihrer extremsten Entfaltung nicht im Stande, eine Wirtschaftsordnung von Dauer zur Zufrieden¬ heit aller zu schaffen Der unbedingt nötige Ausgleich zwischen Proletariat und Bourgeois bedingt eine Wirtschaftsordnung, in der Einzelwesen ind Gesamtheit im gleichen Maße Berücksichtigung finden. Um nun diesen begrüßenswerten Zustand herbeiführen zu heifen muß die bisherige Vertretungsart der politischen Meinung des inzelwesens mit der neuen, in der der Einzelne als Glied seines Standes erscheint, verkettet werden. Aus dieser Erwägung heraus kann ich diese Wahlordnungs¬ vorlage als schon überholt, der heutigen Zeit und ihren Be¬ dürfnissen nicht mehr voll entsprechend, die Ruhe und Ordnung auch nicht fördernd betrachten und forme meine Forderung olgendermaßen: 18 Mitglieder des Gemeinderates werden von den Wählern des Wahlkreises nach § 2 der Vorlage gewählt 18 Mitglieder auf Grund desselven Wahlrechtes aus den 4 großen Ständen und zwar: 5 A.-R., 4 S.= R, 5 H.= u. G.=R., 4 B.= u. A.=R. Der heute von den politischen Parteien zu erhoffende Be¬ itzstand würde dadurch nicht wesentlich geändert werden Herr Bürgermeister: Eine en bloe=Annahme wäre nur ohne Abänderungsanträge möglich Ich ersuche, gegebenen alls direkte Abänderungsvorschläge zu stellen, worauf sodann n die Debatte eingegangen werden müßte.“ Herr G.=R. Prof. Erb: „Ich bitte, vor allem festzustellen ob wir in eine General= oder Spezialdebatte eingehen, oder die General= und Spezialdebatte vereinen. Ich möchte um die Ver¬ einigung der Debatten ersuchen und darauf aufmerksam machen aß hier die drei größten Parteien vertreten sind und bis dato von einem Uebereinkommen mit einer vierten Partei nichts bekannt st. Wenn sich Herr G.=R. Landa außerhalb der deutschnationalen
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