Gemeinderatsprotokoll vom 10. März 1919

10 sonen damit zu beauftragen, die sich speziell mit den beabsichtigten Bauführungen zu befassen haben. Damit werden sich gewiß auch die alten Fehler vermeiden lassen Herr G.=R. Landa: „Auf die erst seit kurzer Zeit amtierenden Gemeinderäte haben die Ausführungen des Herrn G.=R. Zwicker einen recht peinlichen Eindruck gemacht und es st traurig, von einem Bauwerk, das erst seit drei Jahren in Benützung steht, so furchtbare Klagen zu hören. Einen ganz igenartigen Eindruck macht es, daß die Gemeinde mit ihren Experten so schlimme Erfahrungen gemacht hat. Herr G.=R Prof. Erb hat ganz besonders die erfolglose Tätigkeit dieses Experten angezogen und bemerkt, man solle in Hinkunft keine Experten nehmen, die aus Beamtenrangsklassen stammen; ich finde aber, daß die nichtrangsklassenmäßigen Experten, die die Gemeinde hatte, nicht viel besser waren. Wer die Schuld trägt, vird die nähere Untersuchung zeigen müssen. Den allertraurigsten Eindruck aber macht es, daß es so weit hat kommen können und ge¬ zwar in einer so kurzen Zeit und daß sich niemand darum kümmert hat. Ich möchte darauf verweisen, daß uns gelegentlich der letzten Präliminarkommissionssitzung über den Stadt¬ voranschlag für 1919 eine Rechnung vorgelegt wurde, die uns einen Abgang von 27000 K aufwies und als wir dann zum Schlusse des Präliminares gelangten, es sich herausstellte, daß die Gemeinde über ein Vermögen von 5,000 000 K verfüge. Während der Beratungen des Präliminares gingen die Gemeinderäte in Unkenntnis dieses Ueberschusses so sparsam vor und niemand wollte eine Krone mehr verlangen, um sich mit Rücksicht auf den ausgewiesenen Abgang von 27 000 K keine Verantwortung aufzuhalsen. Zum Schlusse erst zeigte es sich, daß in Wirklichkeil ein gewaltiger Ueberschuß vorhanden sei, weshalb ich auch sofort das Verlangen stellte, einen Betrag von 400.000 K zur Schaffung einer höchst dringlichen Anstalt zu reservieren; ich stellte an die Kommissionsmitglieder die Bitte, einen Betrag von 400.000 K für die Schaffung eines Gebärhauses mit einer Wöchnerinnen=Pflege stätte, welche an das Krankenhaus angegliedert werden sollen, zu bewilligen. Da nun auch Herr G.=R. Kirchberger für die Aus¬ estaltungen des Krankenhauses einen großen Betrag for¬ derte, wurde nur ein Betrag von 250.000 K eingesetzt. Es hätte aber für meinen Antrag ein viel höherer Betrag, als der der von mir beantragte, eingesetzt werden können, wenn Voranschlag ein wahrheitsgetreues Bild von dem Stande der Finanzen der Stadt gegeben hätte. Herr G.=R. Kirchberger: „Ich möchte die Aus führungen des Herrn G.=R. Landa dahin richtig stellen, daß die Ursache der Verminderung seiner beantragten Summe darir lag, daß in erster Linie für die Ausgestaltung gesorgt werder muß und dafür im Laufe des Jahres, wenn an die zukünftigen Bauten geschritten werden muß, noch große Beträge erforderlich ein werden Was Herr Vizebürgermeister Wokral ausführte, daß kein protokollarischen Aufzeichnungen aus den Vorverhandlungen vorliegen, ist richtig. Ich habe nachträglich eine Zusammen¬ stellung der Notizen veranlaßt. Die Anregungen des Maschinisten Mayrhofer wurden tatsächlich vom Architekten Schimitzek und der Baurat Nejdl nicht beachtet und von beiden gesagt, er¬ Maschinist ist kein Sachverständiger. Mir sind auch praktisch fahrene Leute lieber, als Personen, die vom grünen Tisch aus Anordnungen treffen.“ Herr G.=R. Prof. Brand: „Wir Christlichsozialen haben im Interesse der Bevölkerung schon oft bedauert, daß unsere Partei seit Jahren im Steyrer Gemeinderate nicht mehr ver¬ treten war. Niemals haben wir aber das so bedauert, als ir der Spitalbaufrage, deren Lösung im Interesse der Stadt eine unabhängige zielbewußte Opposition dringendst verlangt hätte. Wären wir damals zu Worte gekommen, wäre die Opposition der sozialdemokratischen Gemeinderäte gestanden. Vielleicht wäre den Herren der Majorität die bittere Stunde, die sie eben er¬ leben, erspart geblieben. Wir Christlichsozialen sind also un schuldig an der gegenwärtigen Spitalbaukalamität und tragen daher keine Verantwortung. Beim Baue eines neuen Spitales ist selbstverständlich große Vorsicht und Umsicht in der Wahl der Pläne nötig. Professor Billroth sagte: Man sollte jedes Spital zweimal bauen. Beim zweiten Baue könnte man dann die Fehler verbessern, die man beim ersten übersal Die Herren hätten also bei der Wahl eines Projektes für den Spitalbau äußerst vorsichtig sein sollen. Mit seltener Hart¬ näckigkeit verharrten sie auf dem Projekte Schimitzek. In der Gemeinderatssitzung vom 26. Juli 1913 zeigte sich das ganz deutlich. Es handelte sich damals um die endgültige Wahl eines Projektes für den Spitalbau. Zwei lagen vor: jenes vom Architekten Schimitzek und das vom Architekten Waller, eines gebürtigen Steyrers. Schimitzek durfte sein Projekt wiederholt verbessern, an Wallers Projekte wurde allerhand bemängelt. Das zweite verbesserte zog man nicht mehr in Betracht, weil es erst nach der Komiteesitzung eingelangt war. Herr G.=R. Wokral gab damals seiner Meinung dahin Ausdruck, daß er glaube, die so schnelle Annahme des Projektes Schimitzek sei nicht die günstigste Erledigung der Spitalbaufrage. Er be¬ ntragte, das verbesserte Projekt Waller durch Sachverständige prüfen zu lassen und dann über die Vergebung des Baues schlüssig zu werden Allerdings wäre dadurch die Bauvergebung auf etwa drei Wochen hinausgeschoben worden, was aber bei der Wichtigkeit der Sache gewiß nichts verschlagen hätte. Die Majorität lehnte den Antrag ab und entschied sich für Schimitzek, den „Spezialisten“ in Spitalbaufragen, wie er genannt wurde, trotzdem sein Projekt in verschiedenen Belangen en maßgebenden Grundsätzen des Wiener Ingenieur= und Architektenvereines für den Bau und die Einrichtung von Krankenhäusern nicht entsprach. Die Zahl der Sachverständigen zu vermehren, lehnte man ebenfalls ab und auch den Antrag des Architekten Waller, den Vorstand der Bauleitung bei der Statthalterei in Wien für Wiener Krankenanstalten, Baurat Max Seitz, noch zu Rate zu ziehen Schimitzek war einmal der Auserkorene und dabei mußte es bleiben und das war ein großer Fehler, der sich heute rächt. Damals schrieb das Organ der Christlichsozialen, die „Steyren Zeitung:“ „Durch das sehr einseitige Vorgehen, das beliebt wurde, haben wir aber zu unserem Bedauern bislang nicht die Be ruhigung schöpfen können, daß der gewählte Bauplan derzeit das unter allen obwaltenden Verhältnissen für Steyr erreichbare Beste darstellt. Wir können nun beifügen, daß ganz ähnliche Besorgnisse in Steyr im weiten Kreise der Bevölkerung und zwar ohne Unterschied der Partei (auch unter den Anhängern des derzeitigen Rathausregimes) geteilt werden, was wohl zu eachten ist.“ Es wurde aber außer Acht gelassen Die Gemeinde schloß jedoch mit Schimitzek einen Vertrag in dem es heißt: „Schimitzek hat die Oberbauleitung zu über¬ nehmen, einen am Bauplatz ständig anwesenden geeigneten Bauleiter zu bestellen und monatlich mindestens zweimal per¬ önlich die Fortschritte des Baues zu überwachen und die Ver¬ antwortung für die tadellose Ausführung zu übernehmen. — wie der Vertrag war recht und schön, aber es war ch schon einmal im Gemeinderate bemängelte — niemand da der sich darum kümmerte, daß der Vertrag auch pünktlich ein¬ gehalten werde. So war es mit dem Elektrizitätsvertrag, so ist es mit dem Theatervertrag Jetzt schiebt man die Schuld zum größten Teile auf das Bauamt. Immer wieder dieselbe Klage: das Bauamt und wieder das Bauamt. In diesem Falle glaube ich aber, daß das Bauamt wieder nur als Blitzableiter benützt wird, denn die Bauleitung war Schimitzek übertragen und ist es sehr fraglich ob nicht dem Baurate, falls er sich um den Bau gekümmer hätte, etwa gesagt worden wäre: „Sie geht das gar nichts an Sie haben keinen Auftrag.“ Die Schuld liegt in der großen Vertrauensseligkeit, die die Herren der Majorität zu Schimitzek atten und am Mangel jeder genauen Kontrolle seitens der Stadtgemeinde=Vorstehung beim Baue des Spitales. Die Gründe, varum gerade Schimitzek mit so ungeheurem Vertrauen ent¬ gegengekommen wurde, entziehen sich meiner Beurteilung Die großen Fehler, wie sie Herr Oberinspektor G.=R. Zwicker schilderte, sind nun einmal da und unsere Aufgabe ist es jetzt, sie so schnell als möglich zu verbessern, um einer größerer Katastrophe vorzubeugen. Wir Christlichsozialen stimmen den wohlerwogenen Vorschlägen der Spitalkommission zu und wünschen eine ehemöglichste gründlichste Beseitigung aller im Krankenhause bestehenden baulichen Uebelstände zum Wohle der armen Kranken, die unter diesen mitunter recht empfindlich zu leiden haben. Auch dem ärztlichen Dienste und dem Verpflegs wesen wird damit nicht wenig gedient sein. Wir begrüßen es nit Freude, daß jetzt Ordnung geschaffen werden soll und ver ichern, daß wir mit allen Kräften an der Verbesserung mit¬ arbeiten werden. Auch wünschen wir, daß nach dem Antrag des Herrn G.=R. Zwicker die Rechnungen noch einmal geprüft verden, damit auch in dieser Hinsicht volle Klarheit geschaffen vird. daß die err G.=R. Tribrunner: „Eine Ursache, Uebelstände im heutigen Krankenhause heute bestehen, liegt in dem Mangel der Durchführung der Beschlüsse. Es wurde damals auch die Anregung gegeben, sich steiermärkische Kranken¬ häuser anzusehen, wie auch sich für das Projekt Waller einzu¬ etzen. Als die „Steyrer Zeitung“ die von Herrn G.=R. Prof. Brand angezogene Klage führte, war die Sache bereits abgetan; tatsächlich hat Architekt Waller auf Fehler öffentlich aufmerksam emacht. Wenn vorhin von Baujugendsünden gesprochen wurde so ist dies insoferne richtig, als das Krankenhaus in Steyr nicht der erste Bau war, sondern schon vor diesem in anderen Orten neue, den modernen Anforderungen entsprechende Kranken hausbauten ausgeführt wurden, von denen man lernen und ie dort aufgetauchten Fehler bei unserem Bau hätte vermeiden können. Vom Krankenhaus in Scheibbs, wo die Maschinenanlage ebenfalls in das Haus eingebaut würde, hätte man schon die emachten Erfahrungen verwerten können. Die Majorität des Gemeinderates hat sich aber ganz auf den Architekten Schimitzel und den Maschinenexperten verlassen und daher glaube ich, ist die Sache so weit gekommen. Herr G.=R. Kirchberger: „Ich muß hier aufklärend folgendes sagen. Es kommt nach den Ausführungen der ganz Es muß hier öffentlich Krankenhausbau in ein schiefes Licht der Räume im Kranken¬ rklärt werden, daß die Anordnungen Operationssäle usw als ause selbst, seien es Krankenzimmer, mustergültig bezeichnet werden muß und ersuche daher, die An¬ gelegenheit der Kesselgeschichte nicht mit den Einrichtungen des anzen Krankenhauses zu verwechseln. Vor kurzem war der in Wien anerkannteste beste Chirurg, Dr. Eiselsberg, im Kranken¬ ause, hat sich geradezu entzückt über das Krankenhaus geäußert und gesagt: „Wir wären froh, wenn wir ein solches Krankenhaus ätten.“ Was zu bedauern ist, ist der Umstand, daß es in der Durchführung von entsprechenden Wirtschaftsräumen fehlt. Was ie vorhandenen Wirtschaftsräume betrifft, so sind solche zwar nicht vergessen worden, sondern sie sind nur viel zu klein

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