Es lautet daher mein Antrag: Der Gemeindewirt¬ schaftsrat der Stadt Steyr soll im Sinne des Punktes 1 der bei der Landesregierung am 6. Februar 1919 stattge fundenen Konferenz, betreffend die Lebensmittelversorgung, in folgender Weise zusammengesetzt bzw. erweitert werden: . Aus den bisherigen 10 Vertretern des Gemeinde¬ rates 2. Je einem Vertreter der Fleischhauergenossenschaft Handelsgremiums und der Gastwirtegenossenschaft. des 3. Ein Vertreter der Festbesoldeten und 4. ein Vertreter der Frauen. Alle diese Mitglieder des Wirtschaftsrates haben — und Stimmrecht. Sitz Dem Wirtschaftsrate steht es frei, von Zeit zu zu seinen Beratungen Experten mit beratender Zeit Stimme einzuladen In der Praxis wird eigentlich an dem Bestande des heutigen Gemeindewirtschaftsrates nichts geändert. Es bestand in unserem Wirtschaftsrate stets eine gewisse Uebereinstimmung mit dem Gemeinderate und kann ich mich nicht erinnern, daß einmal der Fall eingetreten wäre, daß irgend etwas beschlossen worden wäre, was interher von Vertretern der Gemeinde abgeänder oder überhaupt eine Ablehnung fand wurde, Ich glaube auch, daß es uns heute nichts nützen wird, wenn wir die Landesregierung anklagen (Zwischen¬ ruf: Schriftlich nicht!) und wird die Landesregierung icherlich Widerstand entgegensetzen. Der Widerstand wird nicht offen, sondern ein versteckter sein. Es fehlt vielleicht bei der Landesregierung nicht so sehr an gutem Willen, als an der nötigen Kraft, um energisch anzufassen, um ja den Produzenten nicht wehe zu tun. Mir fällt es durchaus nicht ein, die Fehler der Landesregierung zu verschleiern und zu verdunkeln. Wenn die Landesregierung mit dem nötigen Ernst an die Abhilfe geschritten wäre und auf die Stimme des Volkes gehört hätte, wäre es zu den bedauerlichen Formen der Unwillensäußerung bisher nicht gekommen s wird uns nicht genügen können, die Referenten zu beseitigen, sondern es müssen auch von der Landes¬ regierung bis herunter in die Gemeindestube gründliche Reformen geschaffen werden. Wir haben ja auch Ver¬ treter der Landgemeinden gehört, die sagten, für uns gibt es kein Gesetz, wir brauchen nichts zu liefern. Auch da muß dafür gesorgt werden, daß diese Vertreter durch andere Leute mit mehr Solidaritätsgefühl ersetzt werden Nicht nur nach oben, auch nach unten, die ganze Stufen¬ leiter muß eine Aenderung erfahren und müssen den künftigen Vertretern dieser Gruppe Fachleute beigegeben werden“ Herr Bürgermeister: „Bezüglich des Antrages des Herrn GR. Prof. Erb muß ich erwähnen, daß derselbe einen Antrag, betreffend Ersetzung der Referenten über ie Versorgung in Oberösterreich, dahin abgeändert hat, usw. daß es heißt: Unfähigen Referenten ....... Ich werde den Antrag des Herrn GR. Prof. Erb und Zusatzanträge zum Vigebürgermeisters Wokral als Dringlichkeitsantrage behandeln err GR. Prof. Brand: „Es sollte in jeder Ge¬ meinde ein sogenannter Viehkataster aufliegen, woraus man jederzeit den tatsächlichen Viehstand ersehen kann. Einen solchen Viehkataster haben wir aber nicht, infolge¬ dessen kann man gar keine Uebersicht bekommen unt auch keine Kontrolle ausüben. Es wäre daher auch bei Vorhandensein eines solchen Viehkatasters nicht vorge kommen, daß ein Bauernhaus während der ganzer vier Kriegsjahre nur 2 Stück Rinder abgeliefert hat“ Herr Bürgermeister: „Ich ersuche Herrn GR. Vogl den Namen des betreffenden Bäckers zu nennen, der zur erwähnten Hochzeit die Semmeln geliefert hat, damit gegen denselben eingeschritten werden kann Herr GR. Vogl: „Bis jetzt kann ich den Namen noch nicht nennen, weil ich mich noch genauer und ver¬ läßlich erkundigen muß, um den Nachweis zu erbringen; sobald der Name sichergestellt ist, werde ich das Mate riale bekanntgeben“. 7 Herr GR. Kletzmayr: „Im Punkte Ernährungs¬ ragen möchte ich mir auch eine Bemerkung erlauben. Wenn wir heute von Herrn GR. Prof. Erb gehört haben, daß z. B. bezüglich der Schweine trotz der Fest¬ etzung der Höchstpreise in Linz von der Viehverwertungs¬ gesellschaft die Preise hinaufgeschraubt wurden, die Landes¬ regierung gegen diese Höchstpreisüberschreitungen keine andhabe besessen hat, kann ich nicht begreifen. Zwischenruf des Herrn Vizebürgermeisters Fendt: Wir auch nicht!) Wir könnten ja auch in Steyr genug Schweine haben, wenn wir höheren Preis bezahlen würden. Es hat doch gar keinen Wert, wenn die Landes¬ egierung ihre Verordnung nur zu Papier bringt, ohne ie überall zur Durchführung zu bringen. Die Landes¬ regierung muß zuerst das durchführen, was sie dem Volke auferlegt, erst dann kann sie verlangen, daß auch das Volk ihre Vorschriften einhält. Wir könnten in inserem Wirtschaftsverein leicht Schweinefleisch ausgeben, hätten aber bei Ausgabe desselben zu dem gebotenen Einkausspreis sofort zu gewärtigen, angezeigt und bestraft zu werden. Was die Ausführungen zum Dringlichkeitsantrage bezüglich der Absperrung der Grenzen betrifft, so stimmen dieselben mit unseren An ichten überein und ist es wirklich Zeit, daß endlich der Mißwirtschaft des Schleichhandels in Oberösterreich ein Ende bereitet wird. Es steht zu befürchten, daß die im Zuge befindliche Vereinbarung zwischen Oberösterreich und Italien wegen Einfuhr von Produkten zur Volks¬ rnährung durch die Wiener Regierung unterbunden wird. Wenn die Lebensmittelversorgung nicht bald eine Besserung erfährt, werden wir auf unsere eigenen Kosten ind auf eigenes Risiko entsprechende Lebensmittelprodukte zur Einfuhr bringen müssen Zum Antrage des Herrn Vizebürgermeisters Wokral nöchte ich ersuchen, daß auch unser Wirtschaftsverein, der einer die meisten Mitglieder besitzt, einen Vertreter mit Sitz und Stimme im städtischen Wirtschaftsrate erhält. Wir glauben umsomehr zu diesem Wunsche be¬ echtigt zu sein, als wir während des ganzen Krieges sehr viel in der Approvisionierung geleistet haben“ Herr Vizebürgermeister Wokral: „Mein Antrag aut sich auf den Grundsatz auf, daß die Gruppe der der Ver¬ Festbesoldeten, wie alle einzelnen Schichten braucher je einen Vertreter bekommen sollen“ Herr GR. Witzany: „Bezüglich der von Herrn GR. Kletzmayr angeführten Einfuhr von Lebensmitteln auf Kosten Oberösterreichs, wobei Holz als Kompensation egeben werden soll, muß ich bemerken, daß diese Aktion aran gescheitert ist, daß dieses Holz nicht allein Eigentum von Oberösterreich, sondern Eigentum der ehemaligen taatlichen Vereinigung ist. Auch der Plan der Mischung des Ententemehles mit unserem einheimischen Mehl und dieses sodann um 4 K per Kilogramm zum Verkaufe u bringen, muß aus diesen Rücksichten fallen. Ich teile die Ansicht des Herrn Vizebürgermeisters Wokral, heute über die Schuldfrage nicht mehr zu sprechen, sondern in dafür, daß jetzt energisch angegriffen wird, weil die Sünden, die in diesen fünf Jahren geschehen sind, sich urch die Aufrollung der Schuldfragen nicht mehr be¬ heben lassen. Nur jetzt keine Saumseligkeit mehr, sondern nergisch angreifen. Die Verfügung, daß Hochzeits= und Leichenschmause mit 200 K Geldstrafe oder 14 Tage Arrest bestraft werden, finde ich viel zu milde. Ueber ine Geldstrafe von 200 K lacht ein Bauer. Ich würde arauf dringen, daß diese Leute wegen solchen Ueber¬ retungen nur eingesperrt würden. Nichts fürchtet der Bauer mehr, als das Einsperren. Mit dem Fleischbestande st es gar nicht mehr so arg, bloß hier in der Stadt st keines zu bekommen. In Waldneukirchen hat man soviel Fleisch, daß die Leute gar nicht soviel Geld haben, um das Fleisch aufkaufen zu können. Daß zu uns kein Fleisch kommt, scheint eine planmäßige Untergrabung der Stadtbevölkerung zu sein. Man muß tabula rass machen, so kann die Geschichte nicht weiter gehen, sonst wird das ganze deutsche Volk verelenden. Das muß schließlich auch der deutsche Bauer, der doch
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