2 Die Gefertigten stellen daher an den löblichen Gemeinderat die Bitte, der Gemeinderat wolle an die Landesregierung mit dem dringenden Ersuchen heran¬ treten, die gesamten Grenzen Oberösterreichs betreffs Ausfuhr von jedweden Lebensmitteln zu sperren und diesbezüglich die strengste Kontrolle ausüben zu lassen. Gleichzeitig wäre auch an die Städte Linz, Wels, Ur¬ ahr, Ried i. J. und Braunau heranzutreten mit der Bitte, sich diesem Antrage anschließen zu wollen. Desgleichen wäre auch die kommende gesamte Frühjahrsernte nur für das Land Oberösterreich zu verwenden und erst dann, wenn der Bedarf vollkommen jedeckt ist, die überflüssigen Mengen der Ausfuhr zu¬ zuführen Paul Fendt m. p. Ferdinand Gründler m. p. Heinrich Bachmayr m. p. August Mitter m. p. W. Brand m. p. Ing. Josef Huber m. p. Josef Haidenthaller m. p. Franz Kattner m. p. Leopold Erb m. p Der Dringlichkeitsantrag ist durch Unterschriften genügend gestützt und erteile ich Herrn Vizebürgermeister Fendt zur Dringlichkeit das Wort: Herr Vizebürgermeister Fendt: „Ich glaube zur Begründung der Dringlichkeit des Antrages nicht viel Worte verlieren zu dürfen; wir alle wissen, wie es in Oberösterreich und besonders in Steyr mit der Appro¬ visionierung steht und sind uns die Verhältnisse wohl ge¬ nügend bekannt. Die letzten Ereignisse in Linz haben wieder gezeigt, wie es uns ergehen wird, wenn nicht Abhilfe ge¬ chaffen wird. Ueber die Sache selbst zu sprechen, werde ich ja später noch Gelegenheit haben, was aber die Dringlichkeit anbelangt, so glaube ich, daß gewiß alle Herren dieselbe anerkennen werden und bitte ich den Herrn Bürgermeister über die Dringlichkeit des Antrages abstimmen zu lassen“ Her Vorstzender: „Wird zur Dringlichkeit das Wort gewünscht? Wenn nicht, bitte abzustimmen“ Die Dringlichkeit des Antrages wird vom Ge¬ meinderate angenommen Herr Vorsitzender: „Ich erteile Herrn Vize¬ bürgermeister Fendt zum Antrage selbst das Wort Herr Vizebürgermeistrr Fendt: „Zum Antrage elbst kann ich sagen, daß es so, wie es bis jetzt war, nicht mehr weiter gehen kann. Die Zustände, wie sie in Oberösterreich herrschen, sind geradezu entsetzlich. Das Land Oberösterreich war immer und immer eines der besten der Länder in Bezug auf Produktion in Lebens artikeln gewesen, aber das Land Oberösterreich wurde chon während des Krieges ausgesaugt und zu allen Lieferungen besonders für Wien so hergenommen, daß es fast verarmte. Aber auch seit Eintritt der Katastrophe am 1. November 1918, als die Armee in Auflösung begriffen war, die Lieferungen für die Armee eingestellt wurden, erging oder ergeht es dem Lande Oberösterreich nicht besser. Das Land Oberösterreich wurde auch nach dem 1. November 1918 nach allen Richtungen hin zu allen möglichen Lieferungen herangezogen; insbesondere ist es natürlich die Stadt Wien, die kolossal viel ver¬ chlingt von Oberösterreich, andererseits ist es das Land Salzburg, das von Oberösterreich zieht und ist es die Grenze Bayerns über die sehr viel im Schmuggelwege aus Oberösterreich hinausgeht. Nun frägt man sich, wie ist es möglich, daß so vieles aus Oberösterreich hinaus¬ geht? Der größte Fehler liegt in der Landesregierung elbst, da wäre der Hebel anzusetzen. Selbst unsere neue Landesregierung konnte den Zuständen bis heute nicht Herr werden. Der Schleichhandel blüht nach allen Richtungen. Laut authentischen Berichten werden Schweine waggonweise nach Wien befördert, sehr viel Vieh geht nach Salzburg und über die Grenze nach Bayern inaus. Wer diese Ausfuhrbewilligungen erteilt, weiß ch nicht genau; es ist zwar heute in der vormittägigen Wirtschaftsratssitzung gesprochen worden, daß es ein Herr bei der Landesregierung ist, der ganz glatt weg ese Ausfuhrbewilligungen erteilt. (Zwischenruf des Herrn GR. Prof. Erb: So ist es!) Nachdem dieser Herr bei der Landesregierung so viel Macht besitzt, ganz willkürlich Ausfuhrbewilligungen zu erteilen und die Ausfuhrbewilligungen dann zu preistreiberischen Zwecken ausgenützt werden, kann natürlich ein Preisrückgang er Lebensmittel nie stattfinden. Das ist ganz klar; denn sobald sich noch irgend eine Quelle findet, die zu illen möglichen Preisen einkauft, kann der Preis der Artikel nicht heruntergehen. Die Agrarier werden nicht ergehen und den Preis freiwillig heruntersetzen; dies st selbstverständlich. Ich werde ein kleines Beispiel an¬ ühren und greife zurück auf den Monat September. Ein gewisser Dürmaier ist Mühlenbesitzer, Bauer und Einkäufer hauptsächlich für die Viehverwertungsgesell¬ schaft Urfahr. Dieser Mann hat in den Monaten Sep¬ tember und Oktober Preise angeboten, die über den normalen Preis weit hinausgegangen sind. Zu dieser Zeit hat man noch Schweine bekommen um 12, 14 und 5 K per Kilogramm Lebendgewicht; er hat aber damals chon den Leuten 20 K und darüber geboten, so daß mit Hilfe seiner ihm unterstellten weiteren Einkäufer schon n den genannten Monaten des Jahres 1918 der Preis um 5 bis 6 K unter einigen Tagen hinaufgeschraubt wurde. Dieser Dürmaier ist heute noch Einkäufer dieser Viehverwertungsgesellschaft, die waggonweise Schweine nach Wien bringt und außerdem Pöckelfleisch und anderes iach auswärts verführt. Man sagt auch, daß dieser zieferant damals die Quelle der Zufuhr für den Hof var. Der Hofstaat hat natürlich viel gebraucht und amals wurden von Oberösterreich ganz ungeheure Mengen Schweinefleisch nach Wien befördert. Dazu hat ich die Viehverwertungsgesellschaft hergegeben und heute ist es noch genau so, daß die Viehverwertungsgesellschaft Urfahr Schweine in Masse nach Wien exportiert. Wir aben aber auch sichere Nachrichten, daß vom Braunauer Bezirk gleichfalls Schweine in großen Massen nach Wien gehen und ein hiesiger vor kurzem in diesen Bezirk mit Kaufaufträgen abgesandter Einkäufer dagegen nichts ekommen hat, während derselbe die Beobachtung machen konnte, daß in Ried i. J. aus dem Braunauerbezirke waggonweise Schweine nach Wien verfrachtet wurden. Der hiesige Einkäufer hätte nur zu horrenden, den fest¬ gesetzten Höchstpreis weiter übersteigenden Preisen ein¬ aufen können, was aber nicht möglich ist, als die hiesigen Fleischhauer das Schweinefleisch im Detailhandel nicht höher als mit 20 K ausgeben dürfen. Ein sehr großer Teil geht vom Braunauer Bezirk auch nach Salzburg, vo ebenfalls weit den Höchstpreis überragende Preise ezahlt werden. Aus dieser Sachlage wird es klar, daß uins hier die Lebensmittel zu wenig werden. Es ist auch eute vormittags darauf verwiesen worden, welcher Unterschied in den Viehbeständen heute zwischen anderen Bezirken des Landes und den uns zugewiesenen Bezirken besteht. Im Braunauer Bezirke sind die Ställe voll mit Bieh. Unsere Einkäufer bekommen nichts, weil die Be¬ irkshauptmannschaft Braunau nichts herausläßt und unser ohnedies viel viehärmerer Bezirk ist vollständig ausgeräumt und wir bekommen nichts mehr. Warum Weil das Vieh über die Grenze nach Bayern verhandelt und nach Salzburg verschleppt wird. Vielleicht hat Herr Tierarzt Schopper heute hier Gelegenheit, noch darüber zu sprechen, welcher heute vormittags klar und deutlich ausgeführt hat, wie es in der nächsten Nähe und zwar n Großraming, Reichraming und Gaflenz zugeht. Sein Bericht wird sie geradezu in Staunen versetzen. Auf iese von ihm geschilderte Art ist es gleichfalls nicht möglich, daß die Preise heruntergehen. Von Großraming wandern die Ochsen über die Lausa nach Waidhofen und kommen von dort als niederösterreichisches Vieh zu inem bedeutend erhöhten Preise wieder herein. In diesem Ringelspiel liegt aber ein großer Schwindel und eine krasse Preistreiberei. Die Preise gehen statt herunter immer hinauf und andererseits ist die Ausfuhr derartig, daß hier alles zu wenig wird. Dasselbe ist es mit dem Most. Most ist fast nir¬ jends mehr zu bekommen. Die Wirte in der Stadt
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