Gemeinderatsprotokoll vom 28. Jänner 1919

übervorteilt zu werden, ist es Pflicht des Gemeinderates zu trachten, daß das nötige neue Gebäude so rasch als nöglich hergestellt wird. Dadurch wird auch unserem Gewerbestand wieder Arbeit zufließen. Wir dürfen uns nicht nachsagen lassen, daß wir den Anschluß versäumt haben und es heißt, überall, in Prag, Pilsen, Brünn usw. hat man sich umgesehen, bloß in Stadt Steyr ha man sich um solche Gelegenheiten nicht beworben. Es liegt gewiß im Interesse der Stadt und jeden Bürgers das Augenmerk auf die Ausgestaltung dieser Schule zu enken und haben wir auch als Vertreter der Stadt die Pflicht, die Interessen der alten Eisenstadt Steyr zu ver¬ treten“ Herr GR. Ing. Huber: „Ich möchte daran er innern, daß sich der Gemeinderat schon vor dem Kriege intensiv mit dem Projekte der Ausgestaltung der Fach¬ schule beschäftigt hat und in eingehenden Verhandlungen mit dem damaligen Direktor Pawliéka gestanden ist und estand ursprünglich der Plan, ein Stockwerk aufzu¬ bauen. Von diesem Plane wurde jedoch abgegangen als erkannt wurde, daß ein Neubau anzustreben ist. Ich erkläre, daß diese Sache an die Fachschule zurückge¬ leitet werden solle, damit nicht ein einzelner Professor, ondern das ganze Kuratorium der Fachschule mit der Sektion und sodann mit dem Gemeinderate in Ver¬ handlungen tritt. Es wird kaum möglich sein, diese ganze Frage ohne Antrag des Kuratoriums und Fühlungnahme mit den maßgebenden Faktoren des Reiches und Landes zu lösen und muß es daher schon der nächsten Gemeinde¬ ratssitzung vorbehalten bleiben, hierüber die eingehenden Beratungen auf Grund eines auszuarbeitenden vollstän¬ digen Elaborates zu pflegen. Es wird sich um den Aus¬ bau der Fachschule zu einer höheren Staatsgewerbe¬ schule für Steyr handeln. In dieser Beziehung wurde Oberösterreich außerordentlich stiefmütterlich behandel und wenn wir nach Deutschland blicken, so können wir sehen, daß schon Städte mittlerer Größe sich solcher Schulen erfreuen. Es gehen viele Steyrer auch jetzt wieder hinaus in die Techniken Altenburg und Mitt¬ weida. Ich bitte, den Vertagungsantrag nicht so aufzu assen, als ob der Gemeinderat nicht das nötige Interesse hätte, sondern es solle durch Zusammenwirken aller ma߬ gebenden Faktoren das geschaffen werden, was dem Ge samtwohle der Bevölkerung entspricht Herr GR. Tribrunner: „Ich erinnere daran, daß schon unter Herrn Direktor Pawliéka mehrfache Kom¬ missionen wegen Um= und Ausgestaltung der Fachschule stattgefunden haben und hiebei die der Schule anhaftenden Mängel genau aufgenommen wurden. Die Wegbringung der Petermandlschen Messerei war ein schwerer Schlag ür die Schule und ist damals schwer gesündigt worden daß man sich zu wenig für die Sache interessierte. Wir haben aber im Gemeinderate die Kalamitäten der Schule längst erkannt und haben ein besonderes Interesse schon wegen der Abendkurse. Gelegentlich der Anwesenheit maßgebender Faktoren der Regierung haben dieselben erklärt, sich gerne für die Schule einzusetzen, in diesem Gebäude aber mit keinem Kreuzer. Es ist nun wiederum der beste Moment, die Sache in Fluß zu bringen und zu erwägen, ob man nicht auf den Kasernengründen oder durch Erwerbung anderer Objekte die Fachschule im bedeutend erweiterten Maße errichten könnte. Sei es auf die wie immer, die Sache ist dringend und nicht lange Bank zu schieben“ Herr GR. Prof. Erb: „Es besteht wie es scheint ein Widerstand gegen das Kuratorium der Fachschule und hat sich auch in den Aeußerungen, was man eigentlich ür eine Schule will, ein Widerspruch gezeigt. Aber keiner der Herren Vorredner hat uns den Weg gewiesen. Das Kuratorium ist unbedingt die erste Stufe; über dasselbe läßt sich kein Beschluß fassen. Auf Grund eines Kura¬ toriumsbeschlusses kann sich die Fachschulleitung erst mit dem Staatssekretariate für öffentliche Arbeiten ins Ein¬ vernehmen setzen und die Pläne vorgelegt werden. Denn das Staatssekretariat muß ja auch die Lehrkräfte be¬ villigen. Es darf auch nicht vergessen werden, daß die 9 Maschinen der Fachschule dem Gewerbeförderungsinstitute des Landtages gehören, welches an der Sache ebenso wie verschiedene andere Körperschaften dreinzureden haben. Aus all den vorangeführten Gründen geht es nicht anders, als den Sektionsantrag anzunehmen“ err GR. Prof. Brand: „Ich bin ja mit der leberweisung der Sache an das Kuratorium einver¬ tanden, bitte aber, daß dadurch keine Verschiebung der Angelegenheit erfolgt; gegebenenfalls möge eine Depu¬ tation in Wien vorsprechen“ Herr Referent GR. Dr. Harant: „Der Sektions¬ antrag ist gewiß zu empfehlen, da in diesem Falle eine Vorberatung im Kuratorium unerläßlich ist. Ich halte Herrn GR. Prof. Brand für viel zu besonnen, als daß er heute schon verlangen würde, daß der Gemeinderat beschließe, ein neues Haus zu bauen usw. Wir können virklich heute nichts anderes tun, als das Kuratorium nit der Sache zu betrauen und zu trachten, so rasch als möglich an den Gemeinderat einen Bericht über den Erfolg zu erstatten Herr GR. Witzany: „Für die Unterbringung der achschule wäre die Jägerkaserne ganz gut geeignet, da ich dort auch eine Wasserkraft einrichten lassen könnte Steyr, als die alte Eisenstadt, muß hier in erster Linic aufstreben und nicht mit kleinen Schulgebäuden fort¬ wursteln. Ich ersuche, die Angelegenheit tunlichst zu be¬ chleunigen“ Herr Vorsitzender: „Ich schreite über den Sektions¬ antrag zur Abstimmung Der Sektionsantrag wird einstimmig angenommen. Punkt XII. Verwendung der Leopold Werndl¬ Stiftung Herr Referent GR. Dr. Harant: „Es liegt uns ein schriftlicher Verwendungsvorschlag des Herrn Bürger¬ neisters über die Stiftungsbeträge des großen Wohl¬ äters der Stadt, Herrn Leopold Werndl, vor. Die Sektion hat sich mit dem Gegenstande eingehend befaßt ind ist zu dem Entschlusse gekommen, die Vorschläge inem nochmaligen Studium zu unterziehen, um die Verwendung der Stiftungen noch näher im Sinne und nach dem Willen des Testators festzulegen. Die Sektion beantragt daher die Vertagung des Gegenstandes“ Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate an¬ genommen. unkt XIII. Beschlußfassung über die Dr. Franz Angermannsche=Studentenstiftung Herr Referent GR. Dr. Harant: „Von seite des Bezirksgerichtes Steyr ist zur G. Zl. A. 1268/18 folgende Verständigung anhergelangt „Von dem gefertigten Gerichte wird mitgeteilt, daß der am 26. November 1918 in Steyr verstorbene Herr Dr. Franz Angermann in seinem schriftlichen Testamente die folgende Verfügung getroffen hat: 1. Für die Armen der Stadt Steyr vermache ich einen Betrag von 1000 K ohne Abzug der Erbsgebühr und soll dieser Betrag nach meinem Begräbnisse unter en Armen der Stadt Steyr nach Anordnung des Herrn Bürgermeisters verteilt werden 2. Weiters bestimme ich einen Barbetrag von 15.000 K zur Errichtung einer Dr. Angermannschen¬ Studentenstiftung, ebenfalls ohne Abzug der Erbgebühren. Dieser Betrag ist pupillarsicher anzulegen und bei der Stadtgemeinde Steyr zu deponieren. Aus den Zinsen wird ein Stipendium gebildet, auf welches ein geborener Steyrer Student, deutscher Nationalität Anspruch haben oll, welches von der Mittelschule bis zur Vollendung der Hochschule bezogen werden kann. Das Verleihungsrecht steht dem Gemeinderate in Steyr zu“ Die Sektion beantragt: Auf Annahme der gemachten Widmung zu dem gedachten Zwecke und Auftrag an das mt, den Entwurf eines Stiftsbriefes auszufertigen und der provisorischen Landesregierung zur Genehmigung vorzulegen Der Sektionsantrag wird vom Gemeinderate an¬ genommen.

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