Gemeinderatsprotokoll vom 28. Jänner 1919

Herr Referent führt aus: „Wie den sehr geehrten Herren bekannt ist, wurde seinerzeit bei der Vergebung des Theaters der Beschluß gefaßt, die Subvention nicht mehr zu erhöhen, wozu sich der Gemeinderat aus dem Grunde bewogen fühlte, als die Theaterverhältnisse damals die denkbar ungünstigsten waren und man auch im voraus nie sagen kann, wie sich ein neuer Theater¬ direktor in die Verhältnisse einfindet und das Theater auf eine entsprechende Höhe bringt Zeit Inhaber des Herr Sergl ist erst kurze Theaters und konnte man erkennen, daß er das Theater tatsächlich wieder auf eine höhere Stufe gebracht hat. Trotzdem ist die Sektion der Anschauung, auf eine Erhöhung der Subvention nicht einzugehen, sondern der Theaterdirektion in Würdigung der geschilderter Verhältnisse eine einmalige Zuwendung zu gewähren“ Die Sektion stellt den Antrag: „In Berücksichtigung der geschilderten Verhältnisse für die Spielzeit 1918—1919 eine einmalige außergewöhnliche und besondere Zuwendung von 2000 K zu bewilligen“ Ich bitte um Annahme dieses Antrages. Herr GR. Ing. Huber: „Ich habe michseinerzeit n der Präliminarsitzung aus dem Grunde für das Theater eingesetzt, weil die Gemeinde bei den Theater¬ kommissionen gesehen hat, daß ein Theatermeister zur Anstellung kommt, welcher für die Ordnung im Theater unentbehrlich ist. Der frühere Theaterdirektor Infelder hatte keinen Theatermeister und tat überhaupt was er wollte. Es liegt aber ein außerordentlich großer Wert im Inventar des Theaters, der ohne Theatermeister nicht zu erhalten ist. Die Anstellung eines Theater¬ meisters kostet aber selbstverständlich Geld. Aus diesem Grunde bin ich für die Gewährung einer Zuwendung, etwa in der Höhe der Kosten des Theatermeisters“. err GR. Prof. Brand: „Persönlich gehe ich zwar nicht ins Theater, glaube aber, daß dasselbe für das Theaterpublikum eine Notwendigkeit ist. Die Gemeinde hat mit dem Theaterdirektor auch einen Vertrag ge¬ chlossen und nun fragen wir uns, ob die Gemeinde auch genau darauf schaut, daß dieser Vertrag einge halten wird. Im Vertrag heißt es z. B., daß der Direktor verpflichtet ist, jeden Freitag für die kommende Woche das Repertoir der Gemeinde bekanntzugeben. Das geschieht nicht. Weiters sind nach dem Vertrage abwechslungsweise Schau=, Lustspiele, Possen, Opern und Operetten aufzuführen. Man findet aber, daß dock umeist Operetten aufgeführt werden. Es ist gewiß begreiflich, daß der Direktor auf möglichst gute Ein¬ nahmen schaut, damit er seine Auslagen decken kann Er will sich nach dem Geschmacke des Publikums richten. Der Direktion soll durch Zuwendungen er¬ möglicht werden, auch Abwechslung in die Spielordnung hineinzubringen und dafür muß der Gemeinderat Sorge tragen. Ferner heißt es im Vertrage, daß ausgenommen von Kindervorstellungen alle jugendlichen Personer unter 16 Jahren vom Theaterbesuche fernzuhalten sind Ich kann ihnen aber sagen, daß eine der letzten Operettenvorstellung nach Angabe von Lehrpersonen die reinste Kindervorstellung war. Es sollen wirkliche Kinder¬ orstellungen gegeben werden, weiters Stücke, die für die tudierende Jugend passen und sollen solche Vorstellungen mindestens einmal im Monat zur Aufführung gelangen Für die Durchführung dieser berechtigten Wünsche ersuche ich die Zuwendung zu bewilligen“ Herr GR. Tribrunner: „Mit der Aufführung von Opern würde der Direktor wenig Geschäft machen: dies hat der anfangs gemachte Versuch gezeigt, wie auch für das Schauspiel kein Interesse vorhanden ist Für derartige Vorstellungen ist in Steyr nicht das richtige Publikum. Das gleiche ist in Linz der Fall, wo das Theater lange nicht mehr auf der früheren Höhe steht. Diesbezüglich wurde auch im Linzer Ge¬ meinderat eine Debatte abgeführt und halte ich es für Steyr als ein an den Theaterdirektor gestelltes un¬ billiges Verlangen, wenn man sich auf Opern steifen 11 vürde. Das gleiche Verhältnis ist mit Klassikervorstellungen anderen Stücken ernster Tendenz und Kindervorstellungen“. err Vorsitzender: „Man kann ja bei der An¬ weisung der Zuwendung den Theaterdirektor auf die Pflichten des Vertrages verweisen, was gar nichts verschlagen wird Herr GR. Kirchberger: „Ich möchte dem Antrage an¬ fügen, daß dem Direktor die in der heutigen Sitzung aus gesprochenen Wünsche bekanntgegeben werden mögen“ err GR. Prof. Brand: „Ich verarge ja dem Theaterdirektor gar nichts, weil er existieren soll; anderer¬ eits soll aber der Direktor auch anderen Wünschen ent¬ gegenkommen Herr Vorsitzender: „Ich schreite über den Sektions¬ antrag zur Abstimmung“ Der Sektionsantrag wird hierauf einstimmig vom Gemeinderate angenommen. (2 Punkt XVIII. Krankenhausangelegenheiten. err Referent GR. Kirchberger: „Seitens der Krankenhauskommission liegen uns drei Anträge vor Der erste betrifft die Beschaffung einer Wohnung für den Herrn Primarius Dr. Oser, welcher schreibt Unterzeichneter erlaubt sich an den löbl. Gemeinderat die Bitte zu richten, ihm die jetzt freiwerdende Wohnung m Spitalskyheim vermieten zu wollen“ Primarius Dr. Oser m. p. Meine Herren: „Vor nicht allzulanger Zeit hat sich der Gemeinderat mit dieser Frage beschäftigt und dieser st von dem Plane, ein eigenes Haus für den Herrn rimarius zu erbauen, aus dem Grunde der außer¬ ordentlich hohen Kosten eines solchen Baues im an¬ jähernden Betrage von 230.000 K und auch deshalb abgegangen, weil die Lösung der Wohnungsfrage durch ine Kaufsaktion eines Hauses durch Herrn Primarius elbst in Aussicht stand, woraus indes nichts geworden st. Mittlerweile hat sich die Spitalskommission lebhaft bemüht, eine Wohnung für den Herrn Primarius aus¬ findig zu machen, jedoch ohne allen Erfolg. Zur Zeit rgibt sich durch die Versetzung des Herrn Kreisgerichts¬ räsidenten Ritter v. Pittner neuerlich eine Gelegenheit essen freiwerdende Wohnung für den Herrn Primarius u sichern und wäre diese Wohnung im Spitalskyheim durch seine zentrale Lage für Herrn Primarius sehr eeignet. Die Rettungsgesellschaft fährt bei ihren Fahrten ins Krankenhaus dort vorbei und könnte gegebenenfalls den Herrn Primarius für rasche operative Eingriffe so¬ gleich in das Krankenhaus mitnehmen, was für eine rasche Hilfe äußerst zweckmäßig ist. Aus den gedachten Gründen bitte ich für den Sektionsantrag zu stimmen, welcher lautet Infolge der Versetzung des hiesigen Kreisgerichtspräsi¬ denten nach Wr. Neustadt wird die vom selben bisher nnegehabte Wohnung in dem der Stadtgemeinde ge¬ örigen Spitalskyheim in absehbarer Zeit frei, weshall er Antrag gestellt wird, die Wohnung sodann an den Primarius Herrn Dr. Oser zu vermieten Herr GR. Prof. Erb: „Ich habe schon in der rüher wegen der Primariuswohnung abgeführten De¬ datte darauf hingewiesen, daß dem Herrn Primarius die Entscheidung des Gemeinderates schriftlich zu geben ist, nachdem derselbe sich mittelst Schreiben um diese Wohnung beworben hat. Er hat auch das erste Anrecht auf diese Wohnung. An der ganzen Wohnungsfrage ist ein Versehen schuldtragend, das aus gewissen kleinlichen Sparsamkeitsrücksichten entstanden ist. Hätte man beim Ableben des Herrn Primarius Dr. Storch dessen Woh tung durch Weiterzahlung der Miete mit einigen hundert Kronen gesichert, wäre diese langwierige und schon schwierig gewordene Wohnungsangelegenheit längst gelöst. Die gegenwärtige Wohnung des Herrn Primarius entbehrt iller Bequemlichkeit, es fehlt ihr auch an Trockenheit ind ist für rasch operiert zu werdende Kranke ein be¬ onderer Nachteil, wenn der Herr Primarins erst aus der weit entlegenen Wohnung in der Gemeinde Sier¬ ning geholt werden muß, da er kein Telephon hat. Nun

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