Gemeinderatsprotokoll vom 17. Jänner 1919

9. Weiters wurde verlangt, daß die Stadtgemeinde die Annullierung des Vertrages mit dem Elektrizitätswerk fofort echtsmäßig durchführt. 10. Es wurde einstimmig beschlossen, die Gemeinde hat die Herren Schickl Friedrich, Rauchfangkehrermeister, Sonnleitner Gottfried, Feilenfabrikant und Hannesschläger Hans, Betriebs¬ eiter in Steyr, dauernd zu den Sitzungen und Besprechungen in allen Angelegenheiten, die Verhandlungen mit dem Elektri¬ itätswerk betreffen, beizuziehen. (Das sind auch Beleuchtungs komiteesitzungen 2c.) 1. Die Herren Schickl und Sonnleitner wurden ein¬ stimmig und mit Zustimmung des Herrn Verwaltungsrates Direktors der Linzer Elektrizitätsgesellschaft, Scheinig, einen unparteiischen Sachverständigen auf Kosten der Elektrizitäts¬ gesellschaft zur Ueberprüfung sämtlicher, von ihr ausgeführter und auszuführenden Anlagen heranzuziehen. Diese Resolution ist den Herren wohl bekannt, da sie auch in den Zeitungen veröffentlicht war. Diese Resolution hat das Beleuchtungskomitee sofort in Beratung gezogen und wurden sämtliche Punkte derselben eingehendst besprochen. In der heutigen 3. Sitzung desselben wurde für die heutige Gemeinderatssitzung ein Antrag ausgearbeitet, der alle Ersatzansprüche der Gemeind ind der sonstigen Interessenten gemeinsam behandelt. Ich werde nir erlauben, auf diesen Antrag näher einzugehen, diesen dem Gemeinderate vorzulegen und zur Diskussion zu bringen.“ Der Antrag des Beleuchtungskomitees lautet Am 10. Jänner 1919 fand in Steyr eine große Protest¬ undgebung gegen das Elektrizitätswerk statt, wobei die Uebel¬ stände ausführlich behandelt wurden, und geht aus den Aus¬ führungen der Tagesblätter genau hervor, worum es sich han¬ elt, inwieweit nicht allein die Stadtgemeinde, sondern auch alle Interessenten schwer beschädigt wurden, und sogar die Vertreter der Elektrizitätswerke, die von Linz erschienen waren, ihr Er¬ staunen über die Verhältnisse zum Ausdrucke brachten; wir nüssen gestehen, leider erst am obigen Tage, weil bis dahin unglaublicher Weise bei den maßgebenden Faktoren nichts be¬ kannt war Die Stadtgemeinde=Vorstehung hat, und wir müssen dies unumwunden zugestehen, leider dem Elektrizitätswerk gegen¬ über ein zu großes Entgegenkommen bewiesen, fühlt sich aber jetzt gezwungen, gegen die Gesellschaft vorzugehen. Die Stadtgemeinde=Vorstehung hat ihre Verpflichtungen bis jetzt immer eingehalten und wie bereits vorerwähnt, dem Elektrizitätswerk ein derartiges Entgegenkommen bewiesen, daß gerade dieses es war, welches die heute unhaltbaren Zustände hervorgerufen hat. Weiters sei darauf hingewiesen, daß die Betriebsleitung der Elektrizitätswerke Steyr schalten und walten konnte, wie sie vollte. Da die maßgebenden Faktoren sich trotz früher aufgetauchter Klagen nichts weniger als für die Uebelstände interessierten mußten auch die Vertreter der Stadtgemeinde zu ihrer größten Ueberraschung bei der stattgefundenen Protestversammlung von Vorkommnissen in dem Elektrizitätswerke hören, die wiederzu¬ jeben hier nicht am Platze sind, de aber auch einer gründlichen Remedur bedürfen Es ist der Wunsch der Bevölkerung, Leute als Vertreten der Elektrizitätswerke Steyr zu sehen, die in der Lage sind, einen entsprechenden Verkehr zu pflegen und nicht allein von dem Standpunkte ausgehen, durch exorbitant hohe Rechnungen und oft auch nicht richtige Verrechnung in den Säckel der Elek¬ trizitätswerke zu arbeiten. Wenn auch die Stadtgemeinde Steyr dem Elektrizitätswerk und dies ist doch im Interesse der Allgemeinheit gelegen gewesen, die Erlaubnis kommissionell gab, den Umbau des rückschrittlichen Gleichstromnetzes, welches im übrigen nicht dazu angetan war eine Erhöhung der Stromkonsumenten zuzulassen, auf Dreh¬ strom vorzunehmen, so geschah dies selbstverständlich unter der Voraussetzung, daß dadurch in Steyr niemand in seinem Be¬ triebe bei der Lichtabnahme usw. gestört wird Die Stadtgemeinde Steyr hat am 18. November 1916 mit dem Elektrizitätswerk Steyr einen 45jährigen Vertrag ab¬ geschlossen. der Vertrag enthält 27 Paragraphe, die gegenseitig die Pflichten und Rechte bestimmen. Aber schon jetzt im Jännen 1919, also nach ganz verhältnismäßig kurzer Zeit, ist das Be¬ euchtungskomitee gezwungen, einesteils durch die vielen Be¬ chwerden und Vertragsbrüche, andernteils durch genaue Ueber¬ prüfung des Vertrages an den Gemeinderat mit folgendem An¬ trag heranzutreten zu beauf¬ Das Elektrizitätswerk Steyr ist strengstens 1 tragen, die geschaffene Anlage stets im tadellosen, betriebsfähigen Zustande zu erhalten (Laut § 7 Punkt 1 Erhaltungspflicht. Der § 7 sagt uns klar und deutlich, daß die Elektrizitäts¬ werke verpflichtet sind, alles zu tun, um die geschaffene Anlage tets im tadrllosen Betrieb zu erhalten. Meine Herren! Von einer tadellosen Aufrechterhaltung des Betriebes können wir doch nicht sprechen, wenn solche Störungen vorkommen, die die Konsumenten in der beklagten Weise schädigen. Es ist daher höchste Zeit, dem Elektrizitätswerke die in diesem § 7 zu¬ ommenden Verpflichtungen strenge aufzuerlegen. 2. Das Elektrizitätswerk Steyr ist laut § 21 verpflichtet, ine Reserveanlage im Notfalle in Betrieb zu haben. Der 8 lautet wörtlich: Die Unternehmung verpflichtet sich, die in ihrem 3 Besitze befindlichen Kraftmaschinen in betriebsfähigem Zustande zu erhalten, damit für den Fall einer Unterbrechung der Strom¬ zufuhr von Außen keine längere Zeit währende Störung des Betriebes bezw. Schädigung der Licht= und Kraftabnahme ein¬ reten kann. Von dieser Verpflichtung der Unternehmung wird dann ab¬ gesehen, wenn dieselbe für eine andere Reserve im Ausmaße der etzigen Dampfkraftanlage vorgesorgt hat. Sobald dies der Fall st, kann die Unternehmung ihre jetzige Kraftanlage nach ihrem eigenen Ermessen samt Gebäuden, Grundstücken usw. veräußern oder anderweitig darüber verfügen. Vom letzteren hat das Elektrizitätswerk Steyr bereits eichlich Gebrauch gemacht, denn es ist tatsächlich von der ganzen Rteserveanlage nichts mehr vorhanden. Der Kessel, Akkumulatorer c. alles wurde verkauft und zu Geld gemacht ber von der Schaffung einer anderen Reserve war und ist keine Spur. Am 22. Oktober 1917 war wohl eine Sitzung des Beleuchtungs¬ omitees, welches gegen diese Verkäufe der Reserveanlage Stellung nahm. In dieser Sitzung wurde schlankweg folgendes erklärt: Das Elektrizitätswerk Steyr wird als Ersatz für diese verkaufte ieserve, Dampfmaschinen 2c. eine eigene Umformanlage in der Heindl=Mühle in Zwischenbrücken errichten, wodurch für die Stadt¬ gemeinde zugleich eine Verbesserung in der Beleuchtung erzielt verden wird. Allerdings hat das Elektrizitätswerk Steyr mit der Waffen¬ abriks=Gesellschaft tatsächlich darüber Verhandlungen gepflogen ind war auch eine kurze Zeit Stromlieferung von der Heindl¬ Mühle aus vorhanden ber die ganze Sache war für die österreichische Waffen¬ fabriks=Gesellschaft gar nicht bindend und das Elektrizitätswer Steyr mußte auf die Stromlieferung von der Heindl=Mühle nach urzer Zeit wieder verzichten und nun steht das Elektrizitätswerk ollkommen ohne Reserveanlage da Wenn das Elektrizitätswerk behauptet, seinerzeit in der Heindl=Mühle der Waffenfabrik eine Reserveanlage installiert zu haben, so ist dies offenkundig eine Irreführung der Stadt¬ emeinde=Vorstehung, da sich im Laufe der letzten Zeit genau erausgestellt hat, daß von einer Reserveanlage nicht die Rede ein kann, sondern die Abmachungen zwischen der Waffenfabrik und dem Elektrizitätswerk waren derart, daß es sich lediglich m einen Spitzenausgleich in den Abendstunden handelte. Beweis dessen, daß bei dem seinerzeit eingetretenen Kohlen¬ nangel in der Waffenfabrik dieses fragliche Aggregat zum Stehen kam und später nur ganz kurze Zeit in Betrieb war. Die Gesamtbelastung, die hiebei in Frage kam, waren 70 —80 KW. vieder ein Beweis, daß diese Kraft nichts weniger als zu einer Reserve gedient hat. Das Elektrizitätswerk Steyr ist daher zu verpflichten, nach 21 des Vertrages eine Reserveanlage wieder unbedingt her¬ ellen zu lassen Meine Herren! Hier ist das Protokoll des Beleuchtungs¬ komitees vom 22. Oktober 1917, in welchem von der Ver¬ flichtung der Reserveanlage ausdrücklich die Rede ist. Damals at die Stadtgemeinde schon fest darauf gedrungen, daß ein Verkauf der bestehenden Dampfreserveanlage nicht stattfinden ürfe und beinhaltet dieses Protokoll den ausdrücklichen Protest der Stadtgemeinde, der darauf hinausläuft, daß, wie im Antrag rwähnt, von dieser Verpflichtung dann abgesehen wird, wenn das Elektrizitätswerk eine andere Reserve schafft. Der Verkauf der Reserveanlage bildete auch in der Protestversammlung am 0. d. M. einen Hauptbeschwerdepunkt. Wie Sie aus dem ganzen Elaborate ersehen, hat tatsächlich der Verkauf stattgefunden nd hat das Elektrizitätswerk der Stadtgemeinde versichert, daß sie eine Reserveanlage für die verkaufte schafft. Ja, sie hat tat¬ ächlich mit der Oesterr. Waffenfabrik verhandelt und wurde ihr von derselben in der Heindl=Mühle Platz zur Schaffung einen Reserveanlage eingeräumt. Das Elektrizitätswerk hat aber die Stadtgemeinde nicht verständigt, daß sie keine bindende Zusage ür eine bleibende Reserveanlage in der Heindl=Mühle besitze und ls die Oesterr. Waffenfabrik die Heindl=Mühle zu ihrer Gänze ür ihren eigenen Betrieb wieder benötigte, stand die Stadt¬ gemeinde ohne jede Reserveanlage da. Die zur Rechtfertigung des Verkaufes der Dampfzentrale gemachten Aeußerungen, daß zur Betätigung derselben keine Kohlen usw. vorhanden seien ind nicht stichhältig, da aus den Trauntaler Kohlenwerken ederzeit soviel Kohlen erhältlich wären, um die Anlage, die ja nur für verhältnismäßig kurze Zeit in Kraft zu treten hätte versorgen zu können. Wenn auch zugegeben werden könnte, daß die Dampfreserveanlage für das inzwischen größer ausgebaute Reß nicht genügt hätte, so muß darauf geantwortet werden, daß dieselbe immerhin eine Notbeleuchtung abgegeben hätte, so iber standen wir mitten im Winter und gerade in kritische Tagen ohne Licht da. Die Stadtgemeinde muß im Sinne meine¬ Antrages darauf dringen, daß nach den Vorschriften des § 21 eine Reserveanlage geschaffen wird. 3. Durch die fortwährenden Störungen, die oft längere zeit andauern, ist nicht nur die Gemeinde, sondern eine ganze Reihe von Unternehmungen und Gewerbetreibenden 2c. auf das Allerempfindlichste geschädigt und verpflichten wir die Gesellschaft nach § 14 (Haftung der Unternehmung) alle Schäben gut¬ zumachen. Auch die Stadtgemeinde=Vorstehung behält sich auf Grunt er gepflogenen Erhebungen vor, jebe Schabensvergütung ent¬ prechenden vertraglichen Bestimmungen unter Zugrundelegung

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