Ratsprotokoll vom 2. Oktober 1918

Bezirkshauptmann=Konferenz dieser Aufkauf Gegenstand der Klage. Zweifellos hat das Militär, wenn es keinen Einkaufsschein besitzt, nicht das Recht einzukaufen; nur ganz bestimmten Stellen steht dieses Recht zu. Es läßt sich aber leider nicht überwachen, wer berechtigte und und unberechtigte Aufkäufe vornimmt, da müßte man zu jedem Bauernhof einen Gendarmen stellen. Es ist bedauerlich, daß das für uns wichtige Versorgungsgebiet Sierning fast zur Gänze vom Militär in Anspruch genommen wird. Ich werde jedoch diesbezüglich beim Stationskommando vorstellig werden.“ Herr G.=R. Huber: „Ich ersuche nochmals, daß sich der tädt. Wirtschaftsrat mit dem Einkaufe für die Stadt beschäftige, bezw. hierüber Beratungen pflege.“ Herr Bürgermeister: „Es ist dabei zu bedenken, daß die Gemeinde nicht über den Höchstpreis kaufen darf.“ Herr G.=R. Haidenthaller: „Die Festsetzung eines Höchstpreises von 20 k für das Kilogramm ist aber tatsächlich ganz unverständlich; man weiß doch, daß gerade die Kartoffel sehr viel Arbeit brauchen und daher dieser Preis zu den Er¬ zeugungskosten in keinem Verhältnisse steht. Herr G.=R. Wöhrer: „Wir haben uns auch an die Gutsbesitzung Achleiten gewendet, bisher aber noch keine Ant¬ wort erhalten.“ Herr G.=R. Dunkl: „Herr G.=R. Huber hat von Selbsthilfe gesprochen. Die tschechische Bevölkerung hilft sich tat¬ sächlich durch einen Einkauf laut einer Zeitungsnotiz dadurch, daß sie durch eine Einkaufsgenossenschaft den Bedarf des Landes sichert. Warum soll dies in Steyr nicht auch möglich sein. Durch eine Organisation der Bürger und Arbeiterschaft könnte der Eigenbedarf ganz gut durch gemeinsamen Aufkauf gedeckt werden.“ Herr Bürgermeister: „Unsere Bauern sind gar nicht in der Lage, Getreide an Einkäufer abzugeben, weil sie alles dem Staate abliefern müssen; bei den tschechischen Bauern wird dies eben unter Duldung der Bezirkshauptmannschaften möglich sein. Wegen der Kartoffeleinkäufe kommt man jedoch über die Be¬ timmung des Höchstpreises nicht hinüber.“ Herr G.=R. Kattner: „Ich möchte ersuchen, daß vor Eintritt des Winters der Weg auf den Dachsberg hergerichtet wird. Die Herren der Bausektion haben bei der letzten Kom¬ mission gesehen, in welch' argem Zustand sich der Weg befindet. Herr Bürgermeister: „Ueber diese Verbesserung haben wir bereits in der III. Sektion gesprochen. Es wird auch die Petroleumbeleuchtung gegen elektrische Beleuchtung ausge¬ wechselt werden, nur sind uns die Kostenvoranschläge noch nicht zugekommen.“ Herr G.=R. Kattner: „Ich möchte ferner auf ein un¬ wahres Gerücht, das in Steyr zirkuliert, zurückkommen, nach welchem 7000 der Stadtgemeinde verdorbene Eier in die Enns geworfen wurden. In letzter Zeit wurde sogar behauptet, es seien 60.000 Stück gewesen. Ich kann versichern, daß nicht ein einziges Ei weggeworfen werden mußte; wir haben von den 353.400 Eiern 27.031 Eier ausgegeben, so daß noch 326.369 Eier in Einlagerung bis heute verbleiben. Ich habe in den Ausgabe¬ stellen Auftrag gegeben, sogleich Meldung zu machen, wenn dies¬ bezüglich Beobachtungen gemacht werden. Bis jetzt sind uns aber noch keine Klagen über verdorbene Eier zugekommen. Diese bös¬ willigen Gerüchte müssen daher energisch zurückgewiesen werden.“ Herr Bürgermeister: „Das Ausstreuen solcher bös¬ williger Gerüchte ist sehr bedauerlich; übrigens erfreute sich die Gemeinde mehrmals schon solcher Nachreden. Als im vorigen Jahre am Stadtplatze eine große Menge Wruken im verfaulten Zustande weggeschafft wurden, hieß es sogleich: der Stadtgemeinde ist soviel verdorben. Ich kann hier ruhig und mit gutem Ge¬ wissen sagen, daß wir ein strenges Auge darauf haben, daß nichts dem Verderben preisgegeben wird und ist auch nie etwas vor¬ gekommen. Ich verweise auf die vorjährige Kartoffelversorgung Das gute Halten der Kartoffel bis in das Frühjahr hat be¬ wiesen, daß unsere Einlagerungen vorteilhaft und sachgemäß vorgenommen wurden und haben diese stets unter Aufsicht von Fachleuten, die wir in erster Linie bei Einlagerungen zu Rate ziehen, stattgefunden. So haben bei den Eiern die Herren G.=R. Kattner und Schwertfelner und bei den Kartoffeln und Gemüse Herr G.=R. Wöhrer in fachmännischer Weise mitgewirkt. Ich muß mich daher auch im Namen der vorge¬ nannten Herren ernergisch dagegen wehren und verwahren, daß die Gemeinde schlecht wirtschaftet.“ Herr G.=R. Kirchberger: „Ich möchte heute wieder wvie in früheren Sitzungen auf den Umstand verweisen, daß für das Krankenhaus noch immer nicht die entsprechenden Kohlen für den Winter vorgesorgt sind und bitte die Beschaffung nun¬ mehr mit allem Nachdruck in Angriff zu nehmen. Es geht nicht an, das Krankenhaus, in welchem, wie dessen Name schon besagt, kranke Leute untergebracht sind, den Winter über frieren müssen, ja es könnte die Gemeinde für die Vereitlung der Gesundung haftpflichtig gemacht werden. Ich muß mich heute besonders um die Beschaffung der Kohlen annehmen, als mir heute auch durch die Bestellung zum Direktor des Krankenhauses besondere Pflichten auferlegt wurden. Herr Bürgermeister: „Hierauf erlaube ich mir zu erwidern, daß das Krankenhaus immer jenes Haus war, für dessen Versorgung das größte Augenmerk aufgewendet wurde. Ich werde daher neuerliche energische Schritte in dieser Richtung unternehmen. Ich habe auch in der Konferenz der Bezirkshaupt¬ männer in Linz darauf verwiesen. Leider sind die Aussichten ehr schlechte. Wir haben in letzter Zeit, um das Krankenhaus versorgen zu können, den Schulen wieder Kohlen weggenommen.“ Herr G.=R. Tribrunner: „Ich möchte fragen, wann die Eröffnung der Schule auf der Ennsleiten stattfinden wird, mich interessiert dies wegen der dadurch vorzunehmenden Ein¬ schulungen.“ Herr Bürgermeister: „Die Eröffnung ist mit 1. De¬ zember l. J. geplant und wird die Umschulung so erfolgen, daß ein gewisser regelmäßiger Zug erfolgen wird, um eine über¬ flüssige Umschulung zu vermeiden.“ Herr G.=R. Aigner: Zu den Ausführungen wegen der Kohlennot im Krankenhause möchte ich darauf verweisen, daß es für die Regierung schöner wäre, wenn sie diesem die Kohlen an¬ statt den großen Aktiengesellschaften für ihre Brennereien zur Ver¬ fügung stellten. Welche Mengen Kohlen müssen diese ungarischen Aktiengesellschaften erhalten haben, um heute 100 Waggon Zwetschkenschlamm anbieten zu können?“ Herr G.=R. Huber: „Wir werden wohl Frieden schließen müssen, wenn die Wirtschaft so weiter geht.“ Herr G.=R. Kirchberger: „Ich möchte Herrn Bürger¬ meister bitten, daß für die Zufahrt zum Krankenhause elektrische Lampen angeschafft werden. Auch die Lampe beim Leitnerberg wäre in Stand zu setzen, da die dort befindliche Stiege, welche tark frequentiert wird, stets im Finstern liegt. Die Ein= und Ausschaltung könnte durch das Elektrizitätswerk leicht bewerk¬ stelligt werden.“ Herr Bürgermeister: „Ich werde die nötigen Er¬ hebungen pflegen lassen und nach Tunlichkeit die Anbringung der Lampen veranlassen.“ Herr G.=R. Mitter: „Auch in der Kirchengasse und Sierningerstraße ist die Beleuchtung eine sehr mangelhafte.“ Herr Bürgermeister: „Die Beleuchtungen werden durch den Umbau des Netzes gewiß besser werden. Was die Gas¬ deleuchtungen anbelangt, so sind zufolge Statthaltereierlasses die eute bestehenden Beschränkungen auferlegt, gegen die sich nichts machen läßt. Wenn einmal der Umbau des Netzes des Elektrizitäts¬ werkes vollendet ist, wird eine Behebung dieser Mängel gewiß erfolgen. Wünscht noch einer der Herren im öffentlichen Teile der Sitzung das Wort? Es ist nicht der Fall. Ich erkläre hiemit die Sitzung für vertraulich.“ Schluß der öffentlichen Sitzung 5 Uhr nachmittags.

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