Ratsprotokoll vom 28. August 1918

der Zivilbevölkerung, wenn sie Schweine zur eigenen Versorgung erhalten will, zu schwindeln. Vom Hinterlande verlangt man einerseits das Durchhalten, andererseits unterbindet man ihm aber jede Möglichkeit, insbesondere durch das Militär selbst, dazu. So haben sich durch die Großmenagen Verhältnisse eingeschlichen, die oft großen Schaden für die Ernährung der übrigen Be¬ völkerung bedeuten. Und da soll die Bevölkerung zum Durch¬ halten noch eine besondere Freude aufbringen? Und wissen Sie, meine Herren, was jetzt geschehen ist? 9 Zufolge eines Befehles des Armee=Oberkommandos wurden sämt¬ liche Enthebungen und die Beurlaubungen, soweit sie dem Armee¬ Oberkommando unterstehen, aufgehoben. Die Leute mußten so¬ fort zur Auffüllung des Standes — wie es heißt — einrücken. Trotz aller Versprechungen, die man uns Abgeordneten bezüglich dieser Leute machte, sind bereits zahlreiche Einberufungsfälle zu verzeichnen. Ich habe mich in einem längeren Schreiben an den Landesverteidigungsminister gewendet und ihm vorgehalten, ob denn die Bauernwitwen, die alten, erwerbsunfähigen Banern die Waisenkinder und die Gewerbe gänzlich ihrer letzten Stütze beraubt werden sollen, ob denn Oberösterreich gänzlich zugrunde erichtet werden soll? Die Ursache der Aufhebung der Beurlau¬ bungen und Enthebungen soll in der letzten unglücklichen Offen¬ sive gegen Italien zu suchen sein, wo tausende unserer braven Oberöstereicher verbluten mußten. Ich frage: Wer bebaut in Zukunft unsere Felder, die schon jetzt verunkrauten, wenn nun Oberösterreich aller jener Arbeitskräfte beraubt wird? Wer er¬ hält das Gewerbe und verbessert die Schäden? Stellen Sie sich nun die Stimmung dieser Leute vor, die plötzlich ihrer letzten Stütze durch diese Einberufungen beraubt werden! Diese Frage trifft auch unsere Ernährungssorgen auf das empfindlichste. Ich habe daher eine eingehende Schilderung aller unserer Verhält¬ nisse an den Herrn Minister für Landesverteidigung abgesendet, damit endlich das so hart mitgenommene Oberösterreich von diesen ungeheueren Lasten verschont werde. In Niederösterreich ollen die Ställe fast noch voll stehen, auch in den Sudeten¬ ländern, uns Oberösterreicher nimmt man aber auch noch die letzte Arbeitskraft zur Auffüllung, das letzte Vieh und alles andere weg. Ich kann meinen Brief an den Landesverteidigungs¬ minister nicht veröffentlichen, weil ich befürchte, daß er konfis¬ ziert werden und ein weißer Fleck an der Stelle erscheinen würde. So kann es nicht weitergehen.“ Herr Bürgermeister: „Wird zu sonstigen Verpflegs¬ fragen das Wort gewünscht? Es ist nicht der Fall. Ich schließe hiemit den öffentlichen Teil der Sitzung und erkläre dieselbe für vertraulich.“

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