Ratsprotokoll vom 18. Juni 1918

V. Sitzung. Rats=Protokoll über die ordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am Dienstag den 18. Juni 1918 um 3 Uhr nachmittags. Tages=Ordnung: Mitteilungen. I. Sektion. (Sektionssitzung am Montag den 17. Juni um 3 Uhr nachmittags.) 1. (Vertraulich.) Amtsangelegenheiten. 2. (Vertraulich.) Ansuchen um Bürgerrechtsverleihung. 3. (Vertraulich.) Ansuchen um Aufnahme in den Gemeinde¬ verband. 4. Aenderungsvorschläge für die Hausordnung des neuen Krankenhauses. 5. Erhöhung des Fiakertarifes auf Kriegsdauer. 6. Abänderung der Satzungen für das h. o. Arbeitsver¬ mittlungsamt. Ansuchen um Erhöhung der Impfgebühren für die 7. öffentlichen Impfungen. 8. Bericht des städt. Wirtschaftsrates über Versorgungs¬ fragen. II. Sektion. (Sektionssitzung am Samstag den 15. Juni um 3 Uhr nachmittags.) 9. Stadtkasse=Tagebuchabschluß pro April 1918. Gegenwärtig: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Julius Gschaider. Vorsitzender=Stellvertreter: Herr Vizebürgermeister Ferd. Gründler. Die Herren Gemeinderäte: Franz Aigner, Heinrich Amer¬ storfer, Heinrich Bachmayr, Wilhelm Denkmayr, Otto Dunkl, Prof. Leopold Erb, Leopold Haller, Dr. Karl Harant, Ing. Josef Huber, Franz Kattner, August Mitter, Viktor Ortler, Franz Schwertfelner, Franz Tribrunner, Karl Wöhrer und Josef Wokral. Seitens des Stadtamtes: Herr Stadtamtsrat Dr. Fr. Habl. Als Schriftführer fungiert der städt. Protokollführer Karl Ridler. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinderäte: Ludwig Binderberger und Franz Kirchberger wegen Erkrankung und Gottlieb Dantlgraber und Josef Haidenthaller wegen be¬ ruflicher Verhinderung. Zur militärischen Dienstleistung eingerückt sind: Herr Vizebürgermeister Paul Fendt und die Herren Gemeinderäte: Anton Kurz, Josef Langoth und Anton Sighart. Der Herr Vorsitzende begrüßt die erschienenen Herren Gemeindeväte, stellt die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates fest und erklärt um 3 Uhr nachmittags die Sitzung für eröffnet. Zu Verifikatoren dieses Protokolles werden die Herren Ge¬ meinderäte Viktor Ortler und Franz Schwertfelner gewählt. Herr Bürgermeister: Sehr geehrte Herren! Bekannt¬ lich hat Herr Gemeinderat k. k. Prof. Erb auf Grund des in der Gemeinderatssitzung vom 22. März 1918 gefaßten Beschlusses eine dringende Vorstellung im Kriegsministerium sowie an an¬ deren Stellen dagegen erhoben, daß in der Jägerkaserne eine Tuberkuloseheilstätte für Militärpersonen errichtet werde. Nun¬ mehr ist seitens des k. k. Kriegsministeriums folgende Zuschrift an die Stadtgemeinde=Vorstehung eingelangt: K. u. k. Kriegsministerium. Abt. 14, Nr. 15.846. Errichtung einer Lungenheil¬ stätte im Res.=Spital Steyr. An die Stadtgemeinde=Vorstehung in Steyr. Wien, am 10. Juni 1918. Mit Beziehung auf die geschätzte Zuschrift vom 3. April l. J., Z. 11.665, betreffend die Errichtung einer Lungenheil¬ 10. Ausweis über die am Frühjahrsmarkt 1918 einge¬ hobenen Platzgebühren. 11. Verwendung der Sparkassejubiläumsspenden. 12. Unterstützungsansuchen. III. Sektion. (Sektionssitzung am Montag den 17. Juni um 4 Uhr nachmittags.) 13. Ansuchen um käufliche Ueberlassung von öffentlichem Grund in der Zieglergasse. 14. Ansuchen um Verpachtung von städtischem Grund. 15. Ansuchen um Theaterüberlassung. 16. Kostenvoranschlag für die Auswechslung der schadhaften Eindeckung des Materialschupfens am städt. Zimmerplatz. IV. Sektion. (Sektionssitzung am Samstag den 15. Juni um ½4 Uhr nachmittags.) 17. Ansuchen einer mobilisierten Lehrperson um Quartier¬ geldzuerkennung. 18. Vergebung der Jahreszinsen aus der Emil Gschaider¬ Stiftung. stätte in Steyr, beehrt sich das k. u. k. Kriegsministerium auf Grund eingehender Erhebungen folgendes mitzuteilen: Die Verlegung der in einigen Baracken des Kriegs¬ gefangenenlagers Freistadt untergebrachten tuberkulösen Militär¬ personen in das Reservespital Steyr wurde vom k. u. k. Kriegs¬ ministerium am 31. Jänner l. J. angeordnet und dieses Spital angewiesen, die nötigen Vorbereitungen zur Aufnahme der Lungenkranken zu treffen. Es handelt sich also im vorliegenden Falle nicht um die Neuerrichtung einer Lungenheilstätte in Steyr, sondern nur um eine andere Verwendung des bestehenden Reservespitales, in welchem auch vorher neben schwer infektionskranken Soldaten ohne jedweden Einwand der Stadtgemeinde Lungenkranke ver¬ einzelt aufgenommen worden waren. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, daß das Reserye¬ spital in einzelnen Punkten nicht vollkommen Lungenheilstätten¬ (Sanatoriums=)Charakter besitzt, doch bei den heutigen bestehen¬ den Verhältnissen muß mit allen vorhandenen spitalsmäßigen Unterkünften gerechnet und immer wieder berücksichtigt werden, daß es sich um ein Provisorium für Kriegsdauer und nicht um die Neuerrichtung eines Lungensanatoriums handelt. Jedenfalls sind die Bedingungen für Behandlung und Unterbringung lungenkranker Soldaten, namentlich aus Oberösterreich, hier weitaus günstiger als in den Baracken in Freistadt. Das Reservespital Steyr bietet den lungenkranken Sol¬ daten, nebst sachgemäßer spezialärztlicher Behandlung eine aner¬ kannt vorzügliche und reichliche Verpflegung, sowie eine zweck¬ mäßige Unterkunft. Diese drei Momente im Verein mit der günstigen Lage sind es, die heutzutage als oberste Forderung für eine Lungenheilstätte für kranke Soldaten aufgestellt werden müssen. Demgegenüber spielen das etwas rauhe subalpine Klima und die tatsächlich nur selten auftretenden Morgennebel des Enns¬ flusses eine ganz untergeordnete Rolle. Das Reservespital liegt vollständig außerhalb des Stadt¬ bereiches, ist von der Enns durch den Exerzierplatz der Garnifon, sowie die Schlüsselhofgründe und den Trabrennplatz getrennt. Die neue Waffenfabrik liegt auf einer Anhöhe weit über dem anderen Ennsufer und kommt durch ihre natürliche Lage für irgend einen Zusammenhang mit der Lungenheilstätte gar nicht in Betracht. Das Reservespital selbst ist verart gelegen, daß alle Krankenräume desselben staubfreie Luft, sowie reichlich Licht und Sonne erhalten. In nächster Nähe des Spitales befinden sich kleine Waldparzellen, welche auf gut erhaltenen Wegen er¬ reichbar sind.

2 Die Behandlung der Kranken erfolgt nach den modernsten Grundsätzen. Spezifische Behandlung mit Tuberkulomucin, mit Partialantigenen nach Deyke=Much und künstlicher Höhensonne u. s. w. haben bereits sehr erfreuliche Resultate gezeitigt Die Anschauung, daß eine Lungenheilstätte in Steyr den kranken Kriegern keine Möglichkeit auf Heilung oder Besserung beruht also offenkundig nur auf Verkennung der Sachlage biete, Die ausgesprochenen Befürchtungen, daß durch die Lungen¬ heilstätte die Bewohner der Stadt und die Arbeiterschaft der Waffenfabrik gesundheitlich gefährdet werden, ist wohl nur einer unbegründeten Bazillenfurcht entsprungen. Es ist vollständig ausgeschlossen, daß jemals irgend eine Gefährdung Steyrs in diesem Belange eintritt. Die wenigen täglich ankommenden Kranken berühren auf ihrem Wege vom Bahnhof in das Spital die innere Stadt, Steyrdorf und die westlich gelegenen Bezirke überhaupt nicht, da das Reservespital am entgegengesetzten Stadt¬ nde liegt. Den im Spitale befindlichen Kranken ist vom erster Tage der Verlegung der Heilstätte nach Steyr angefangen, das Betreten der Stadt mit Spitalskommandobefehl ausnahmslos verboten. Die Kranken werden je nach ihrem Krankheitszustande unter Führung verläßlicher Chargen in der Zeit zwischen 1—4 Uhr nachmittags in die erwähnten Wäldchen in der Umgebung des Spitales spazieren geführt. Beim Spaziergange hat jeder Mann mit nachgewiesener Tuberkulose sein Spuckgläschen bei sich. Gegenwärtig sind im Reservespital in 27 Krankenzimmern 197 Lungenkranke untergebracht. Hievon sind 96 Fälle mit offener und 66 Fälle mit geschlossener Tuberkulose behaftet. Der Rest sind einfache Katarrhe nicht tuberkulöser Art Das k. u. k. Kriegsministerium vermag daher mit Rück¬ auf die dargelegten Gründe und den dringlichen Bedar icht nach Unterkünften für tuberkulöse Militärpersonen von der ver¬ ügten Verwendung des Reservespitales in Steyr nicht Abstanl zu nehmen und ersucht die geschätzte Stadtgemeinde=Vorstehung dieses gefälligst zur Kenntnis nehmen zu wollen Stöger=Steiner, GObst. Ich bitte, diese Erledigung zur Kenntnis nehmen zu wollen. Sodann beehre ich mich mitzuteilen, daß ich am vorigen Sonntag in Vertretung der Stadtgemeinde Steyr an dem großen Wiener Volkstag teilnahm, der einen Massenbesuch auf¬ wies und ungemein eindruckvoll und würdig verlief Bezüglich städtischer Fragen beehre ich mich folgende Mitteilungen zu machen Die Fleischversorgung ließ in der letzten Zeit sehr viel zu wünschen übrig, da durch Minderanlieferung an Stückzahl und insbesondere durch Anlieferung von sehr unter gewichtigem Vieh niemals der vorgeschriebene Bedarf erreicht werden konnte. Es ist daher im Verlaufe der letzten zwei Wochen die Erscheinung aufgetreten, daß an Dienstagen kein Fleisch ausgegeben werden konnte. Ich werde selbstverständlich die Bemühungen zur Besserung der Fleischversorgung fortsetzen. Sehr unangenehm wirkte die in voriger Woche erfolgte Verfügung der Brotkürzung. Ich habe mich im Ver¬ eine mit dem Magistrate Linz schärfstens gegen diese Kürzung verwahrt, doch war ich infolge neuerlichen Statthalterei=Erlasses gezwungen, gestern mit der Durchführung dieser Kürzung vor zugehen Dagegen konnte die Stadtgemeinde nochmals eine be¬ scheidene Menge von Kartoffeln als Zubuße verabfolgen Die Zahl der eingelegten Eier ist auf 346.220 Stück estiegen und wird die Stadtgemeinde durch diese Menge in die Lage versetzt werden, im Winter alle 14 Tage ein Gi für jede Person abzugeben. Um die städtische Einlagerung zu entlasten, werden nun n jene Haushalte, die seinerzeit angaben, selbst Eier einlagern zu wollen, 16 Stück für den Kopf verabfolgt, was der oben an¬ gegebenen Kopfmenge entspricht ach längerer Pause ist es wieder gelungen Seefische zu erhalten Da betreffend Marmeladeversorgung Klage über deren schlechte Güte einliefen, wandte ich mich an das Ministerium für Volksernährung mit der Bitte, der Stadt¬ gemeinde unmittelbar Marmelade besserer Sörte zuzuweisen Das Volksernährungsamt ging auf diese Forderung nicht ein wies jedoch das Ernährungsamt der Statthalterei an, beste Marmelade in entsprechender Menge der Stadt zuzuweisen. Um Schädigungen der Feldfrüchte tunlichst zu vermeiden, trat ich an das k. u. k. Stationskommando Steyr mit dem Er¬ suchen heran, wie im Vorjahre Flurwächter zu bestellen Wie mir dieses Kommando mitteilte, wurde die Auf¬ stellung seitens des k. k. Militärkommandos Innsbruck geneh¬ nigt, so daß heuer die Aufstellung dieser Flurwächter, die sich m Vorjahre recht gut bewährt hatte, schon um 5 Monate rüher erfolgt, als im Jahre 1917, was im Interesse det Schutzes der Felder vor Diebstählen sehr zu begrüßen ist. Zufolge einer Eingabe, die ich an die k. k. Statthalterei n Linz richtete, wurde die Einkommensgrenze der mit Butscheinen für Minderbemittelte Bereilten von 3200 K auf 4000 K, jene der mit Gutscheinen für Mindestbemittelte Beteilten von 1600 K auf 2000 K erhöht, wodurch eine bedeutende Anzahl von Familien in den Genuß dieser staatlichen Unterstützung kommt Vor kurzer Zeit lag ein Anbot auf eine bedeutende Holzmenge vor. Die mit der betreffenden Firma gepflo¬ genen Verhandlungen ergaben jedoch, daß der verlangte Preis ein unannehmbar hoher war, so daß leider diese Gelegenheit insere Holzversorgung wesentlich zu bessern, unausgenützt bleiben mußte Da kein Auftreten der Wutkrankheit bei Hunden mehr bemerkbar war, war ich in der Lage, mit der Aufhebung des Leinenzwanges vorzugehen. Die in der Raminggasse durch Verschüttung eines Teiles derselben nutzlos gewordenen Gehsteigrandsteine wurden heraus¬ enommen und zu anderen Gesteiganlagen benützt. Es wurden damit Gehsteige in der Kompaßgasse und in der Eisenstraße geschaffen und kommt auch ein Gehsteig in der äußeren Sier¬ ningerstraße zur Ausführung Die starke Inanspruchnahme unserer Straßen durch die Fuhrwerke, insbesondere durch die schweren Lastenautos, hat be¬ deutende Schäden in der Straßen= und Brückenpflasterung ge¬ zeitigt. Es wird in absehbarer Zeit notwendig sein, mit größeren Umpflasterungen vorzugehen und insbesondere werden wir gezwungen sein, Pflaster= und Betonunterbau der Steyr¬ rücke gänzlich auszuwechseln. Durch die sehr erhöhten Kriegs¬ reise werden diese Arbeiten wohl sehr hoch zu stehen kommen, nd aber leider unerläßlich geworden. Die III. Sektion wird in einer der nächsten Gemeinderats=Sitzungen dem Gemeinderate entsprechende Kostenvoranschläge vorlegen. Die Suche nach Quellen, welche zur Errichtung der Wasserleitung dienen sollen, wurden eifrigst fortgesetzt, aber noch zu keinem endgiltigen Ergebnisse geführt. aben Das starke Anwachsen der Bevölkerung vor Ennsdorf, insbesondere die Errichtung so vieler Neubauten uf der Ennsleite, hat auch eine große Vermehrung der Schülerzahl bedingt, so daß die für diesen Teil in Betracht kommenden Schulen, die Bergschule und die Steyrdorfschule die zu erwartende Schülerzahl nicht fassen können Ich bin deshalb mit der Militärbauleitung in Verbindung etreten mit dem Vorschlage, eines der neu erbauten Häuser auf der Ennsleiten zu Schulzwecken herzurichten. Die Militärbau¬ leitung ist entgegenkommender Weise bereit, auf diesen Vorschlag inzugehen und wird dem Gemeinderate nach Abschluß der be¬ züglichen Verhandlungen eingehend Bericht erstattet werden. Bei Durchführung dieser Anregung würde eine vorläufige glückliche Lösung der Schulfrage in Ennsdorf bis zur Erbauung einer ndgiltigen Schule erreicht werden. Das k. k. Eisenbahn=Ministerium hat grundsätzlich den Um¬ bau unseres längst nicht mehr zeitgemäßen Bahnhofes be¬ chlossen und die k. k. Staatsbahn=Direktion Linz mit der Aus¬ arbeitung eines diesbezüglichen Projektes betraut. Da es bisher nicht möglich war, Einsicht in dieses Projekt zu erhalten, diese ber im Interesse rechtzeitiger Vorstellungsmöglichkeiten empfeh¬ enswert wäre, ersuchte ich Herrn Reichsratsabgeordneten k. k. Professor Erb, diesbezüglich beim Eisenbahn=Ministerium vor zu werden. tellig Die Antwort des Eisenbahn=Ministeriums lautete dahin, aß vor Fertigstellung des Projektes der Stadtgemeinde Einsicht n dasselbe gewährt werde, um etwaige Wünsche rechtzeitig äußern zu können Ich gestatte mir, Herrn Reichsratsabgeordneten k. k. Prof. Erb für dessen erfolgreiches Einschreiten den besten Dank aus¬ zusprechen. Seit Längerem besteht schon der Plan, dem Stadtplatze ine bessere Be leuchtung zu geben. Doch scheiterte dies stets an der Unmöglichkeit, entsprechende Masten zu beschaffen. Nun vird es aber möglich sein, solche zu beziehen und dürfte die Errich¬ tung dieser Beleuchtung, die mit 5 Glühlampen zu je 1000 Kerzen geplant ist, nach Fertigstellung des Netzumbaues möglich ein; ebenso werden voraussichtlich je eine derartige Lampe am sfarpplatze und am Wieserfeldplatze zur Aufstellung kommen. Nach Mitteilung der Sparkassa Steyr hat die Regierung die in der Jubiläums=Sitzung vom 17. August 1917 beschlossenen Widmungen genehmigt. Es entfallen hierau K 2.040.86, für die Armen der Stadtgemeinde Steyr K 4.081.72 ür die Humanitätsanstalten des Stadtbezirkes und für den Bau der Infektionsabteilung des K 10.000.— allgemeinen Krankenhauses Ferner beschloß der Sparkassa=Ausschuß in der Sitzung vom 23. Mai 1918 für die in Not geratenen Hinterbliebenen nach Gefallenen, Vermißten und Verwundeten der Stadt Steyn zu K 1000.— und für den Steyrer Invalidenfond K 500.— widmen, Ich gestatte mir, der verehrlichen Sparkassa Steyr für diese ansehnlichen Widmungen den ergebensten Dank zum Aus¬ drucke zu bringen. Seitens des Herrn G.=R. k. k. Prof. Erb ist mir folgen¬ er Dringlichkeitsantrag zugekommen: Dringlichkeitsantrag es Herrn Gemeinderates k. k. Professor Leopold Erb. die immer heftiger werdenden Angriffe der staatsfeind¬ lichen Völkerschaften auf das deutsche Volk in Oesterreich und auf dos gesamte Deutschtum haben jedes Maß, jedes Ziel über¬ chritten Die dadurch hervorgerufene Bebrängnis und Not des deutschen Volkes hat zu einer ganzen Reihe von durchweg rächtig verlaufenen Volkstagen in allen deutschen Gebieten

Oesterreichs geführt. Der größte dieser Volkstage wurde am Sonntag den 16. Juni im Rathause in Wien unter massen¬ hafter Beteiligung der deutschbewußten Kreise des Reiches abge¬ halten. Bei dieser Tagung wurde folgende Entschließung gefaßt: Die zum Volkstag in Wien am 16. Juni 1918 versam¬ melten deutschen Männer und Frauen aus allen Teilen Oester¬ reichs entbieten den heldenmütigen Kämpfern für Volk und Vaterland Gruß und Dank. Das deutsche Volk in Oesterreich rwartet zuversichtlich, daß dank der ruhmreichen Waffenerfolge der Armeen des Vierbundes der Krieg siegreich beendet werde. Im festen Vertrauen auf sie erhofft es einen baldigen ehren¬ vollen Frieden, wert der unermeßlichen Opfer an Gut und Blut, die es gebracht hat, einen Frieden, der die Bahn für eine ungehemmte kulturelle und wirtschschaftliche Entwicklung des ge¬ amten deutschen Volkes frei macht und es zu neuer Blüte und Größe führt. Das deutsche Volk in Oesterreich entbietet seinen Gruß den Brüdern im verbündeten Deutschen Reiche. In unerschütter¬ licher Treue hält es an dem so herrlich bewährten Bündnisse fest und fordert den engsten politischen, militärischen und wirt¬ chaftlichen Ausbau dieses Bündnisses, in dem es die sicherste Bürgschaft für eine lange Dauer des kommenden Friedens er¬ lickt. Durch die Bündnispolitik muß die auswärtige Politik der österreichisch = ungarischen Monarchie richtunggebend bestimmt werden. Einer solchen äußeren Politik darf auch die innere nicht vidersprechen. Den Feinden des Bündnisses im Staate muß der Boden entzogen werden, auf dem sie ihre gefährliche Wühlarbeit etreiben. Einmütig weist der Deutsche Volkstag die von den Tschechen und Südslaven in den Erklärungen vom 30. Mai 1917 im Abgeordnetenhause zum Ausdruck gebrachten Bestrebungen, den schecho=slovakischen und den jugo=slavischen Staat aufzurichten, zurück. Der Deutsche Volkstag fordert, daß die Sonderstellung Galiziens bei gleichzeitiger Angliederung von Biala mit den deutschen Nachbargemeinden an Schlesien und bei ausreichendem Schutze der deutschen Siedelungen in Galizien durchgeführt wird Die deutsche Sprache muß als Staatssprache für ganz Oester¬ reich festgelegt werden. Den Forderungen der Deutschen in der Sudetenländern, insbesondere in Böhmen, muß ehestens voll entsprochen werden. Im Süden Oesterreichs muß der Weg zur Adria für das Deutschtum freigehalten und der Anschluß der Slovenen an einen südslavischen Staat damit endgültig ver¬ hindert werden. Tirol muß ungeteilt erhalten bleiben, Triest mit der österreichischen Seeschiffahrt und Südtirol dürfen nie vieder der italienischen Irredenta ausgeliefert werden Der Deutsche Volkstag in Wien fordert für die rein¬ deutschen Kronländer die sofortige Gesetzwerdung der Lex Kolisko erlangt unbedingten Schutz für die deutschen Minderheiten im nichtdeutschen Sprachgebiete und verwahrt sich gegen jede weitere Verzichtpolitik, die nur die Feinde des Staates und Gegner einer Bündnispolitik stärken würde. In vollster Uebereinstimmung mit den Beschlüssen der deut¬ schen Kronlandsvolkstage ist auch der Wiener Volkstag fest ent schlossen, in Hinkunft die völkischen Belange allen anderen voran¬ zustellen und jede Regierung zu bekämpfen, welche die deutschen Forderungen nicht zu erfüllen gewillt und bestrebt ist In wirtschaftlicher Hinsicht verlangt der Deutsche Volks¬ tag die tatkräftige und zweckmäßige Hebung und Förderung der landwirtschaftlichen Gütererzeugung sowie die gleichmäßige Auf¬ bringung und die gerechte Verteilung der Lebensmittel und onstigen notwendigen Bedarfsgegenstände. Zum Schutze der Verbraucher gegen jede Ausbeutung und Bewucherung sowie zur Unterdrückung des Schleichhanvels sind wirksame Maß nahmen zu treffen. Der Deutsche Volkstag wendet sich insbe ondere gegen die herrschende Mißwirtschaft in den Zentralen in welchen sich der Einfluß der zahlreichen, vom Waffendienste enthobenen Juden ungebührlich breit macht. Der Deutsche Volks¬ ag verlangt, daß zwischen den staatlichen Behörden und den Selbstverwaltungskörpern das unbedingt notwendige Einver nehmen hergestellt und die gesamte Ernährungswirtschaft unter eine wirksame Kontrolle der Oeffentlichkeit gestellt werde. Durch eine zweckdienliche, sparsame Wirtschaft, insbesondere von seiter er Heeresverwaltung, muß der Bevölkerung das Durchhalten erleichtert und erträglich gemacht werden. Der Deutsche Volks¬ tag erwartet, daß auch im Ernährungswesen eine Einheitsfront der verbündeten Mittelmächte geschaffen werde Der Deutsche Volkstag in Wien begrüßt den Zusammen¬ schluß der deutschen Volksgenossen ohne Unterschied der Partei zur gemeinsamen und wirkungsvollen Vertretung der nationaler Belange des deutschen Volkes in Oesterreich und fordert, daß die in den deutschen Volkstagen zum Ausdruck gebrachte Volks¬ politik von den deutschen Abgeordneten ebenso einmütig und ntschieden im Abgeordnetenhause zur Geltung gebracht werde.“ Die Gefertigten stellen als treu deutsche Söhne ihres Volkes folgenden Dringlichkeitsantrag der Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr begrüßt die bei den in den verschiebenen Kronländern und am 16. Juni 1918 in der Reichshauptstadt abgehaltenen Volkstagen geschlossene Einigkeit aller deutschbewußten Oesterreicher und die Bestre¬ bungen, die Forderungen des deutschen Volkes kräftigst durchzu¬ zusetzen. Er schließt sich vollinhaltlich der in Wien von Tausen¬ en Deutschen einstimmig gefaßten Entschließung an und forder die Bevölkerung Steyrs auf, eifrigst im Sinne dieser Beschlüsse zu wirken. 3. Gleichzeitig stimmt der Gemeinderat der Veranstaltung ines deutschen Volkstages in Linz zu und erwartet von der deutschen Bevölkerung Steyrs eine rege Beteiligung an dieser deutschen Tagung.: Steyr, 18. Juni 1918. L. Erb. V. Ortler Gschaider. Amerstorfer. Kattner Ing. Josef Huber. Aug. Mitter Otto Dunkl. Leopold Haller. Aigner. Bachmayr. Tribrunner. Karl Wöhrer Fr. Schwertfelner. Dr. Harant. F. Gründler. der Antrag ist von einer ganzen Reihe von Gemeinde¬ äten gefertigt, sohin genügend unterstützt und bitte Herrn Ge¬ meinderat k. k. Prof. Erb zur Dringlichkeit des Antrages das Wort zu ergreifen. Herr G.=R. k. k. Prof. Erb: Die „Dringlichkeit ergibt sich von selbst, nachdem erst in mehreren Wochen wiederum eine Gemeinderatssitzung stattfinden dürfte und der Antrag während ieser Zeit seine Wirkung und den Zweck verlieren würde. llußerdem gebietet es die gefährdete Lage des deutschen Volkes in Oesterreich, daß so rasch als möglich in allen deutschen Städten, Märkten und den übrigen Gemeinden zu diesen trost¬ losen Verhältnissen in nationaler, wirtschaftlicher und politischer Beziehung Stellung genommen werde err Bürgermeister: Wird zur Dringlichkeit des An¬ trages das Wort gewünscht? Es ist nicht der Fall. Die Dring¬ lichkeit des Antrages erscheint somit angenommen. Ersuche Herrn G.=R. k. k. Prof. Erb zum Antrage selbst as Wort zu nehmen. Herr G.=R. k. k. Prof. Erb: Dem Antrage selbst habe ich wenig beizufügen, ergibt sich doch aus dem Wortlaute der Entschließung, die auf dem großen Volkstage in Wien gefaßt wurde, alles von selbst; die Entschließung sagt deutlich, was die Deutschen Oesterreichs wollen. Ich glaube, es wird unter den Deutschen Oesterreichs ohne Unterschied der Parteirichtung nie¬ manden geben, der sich nicht dieser sachlichen, maßvollen, politisch völkisch und wirtschaftlichen Stellungnahme anschließen würde, und glaube auch, daß auch wir ohne Unterschied der Partei ieser Entschließung einmütig beistimmen, ebenso selbstverständ¬ ich werden wir auch der Abhaltung des Volkstages in Linz eistimmen, nachdem in anderen deutschen Gebieten Oesterreichs chon hundert andere Volktage abgehalten wurden, die alle einen prächtigen, erhebenden und wirkungsvollen Verlauf nahmen. Herr G.=R. Wokral: Herr G.=R. Erb hat den Wunsch ausgesprochen, daß der Gemeinderat einmütig dieser Entschließung ustimmen möge. Ich wünsche sehr, daß der Krieg möglichst bald zu Ende gehen wird und der Friede in einer solchen Weise gestaltet werde, daß es in absehbarer Zeit überhaupt keinen Krieg mehr gibt, damit es ermöglicht wird, daß für die Zu kunft uns und unseren Kindeskindern dieses Elend, das wir heute durchzumachen haben, erspart bleibt; das müssen wir alle vünschen. In dieser Entschließung sind aber auch Dinge ange¬ ührt, mit denen ich nicht einverstanden sein kann, weil ich der luffassung bin, daß sie uns allen in Oesterreich im gemein¬ amen Sinne nichts nützen würden Die deutschen Parteien mögen ihre Stellung zu den an¬ deren Nationen des Reiches einer gründlichen Prüfung unter¬ iehen; es nützt nichts, wenn wir uns darauf versteifen, daß die Staatssprache deutsch sein muß. Wenn wir verlangen, daß den bezeichneten Elementen der Boden entzogen werde, so werden wir sie selbst zu Feinden des Staates machen. Die Freiheit, die wir verlangen, muß auch diesen gegeben werden, damit sie auch nau wie wir, die in diesem Staate wohnen, denselben ihr Vaterland nennen können Wenn wir die Sache genau betrachten, so muß man sagen, daß zum Teile auch die deutschen Parteien in der Stellung¬ jahme der Nationen untereinander nicht ganz unschuldig sind nd zwar deshalb, weil man sich immer auf eine Vorherrschaft ersteift und dabei übersehen hat, daß alle Nationen, die gleich¬ am in einem Hause wohnen, nicht darauf einzeln bestehen dürfen, sich Sondereinrichtungen zu schaffen, sondern daß alle in diesem Hause ihr Leben und ihr Auskommen finden müssen. So ist es auch in unsevem Staate; wenn wir alle in diesem tationalitäten reichen Staat unser Heimatland erkennen wollen, ürfen wir uns nicht auf eine Vorherrschaft versteifen, sondern trachten, daß alle Nationen gleichberechtigte Glieder des Staates ein können Von diesem Gesichtspunkte aus ist es mir leider nicht nöglich, dieser Entschließung zuzustimmen, weil sie meiner An¬ icht und meiner Parteianschauung strikte widerspricht Was das Bestreben anbelangt, seine Nation zu schützen und zu pflegen, so werden auch wir dafür eintreten, sind aber der Auffassung, daß es in der Art geschehen solle, daß wir nicht,

4 wie gesagt, auf irgend eine Vorherrschaft bestehen sollen. Wir werden über die schwierige Lage nicht hinwegkommen, wenn die Deutschen nicht auf eine Vorherrschaft verzichten und sich für eine Gleichstellung der Nationen in unserem Staate aussprechen Der Standpunkt der Deutschen bildet auch eine bequeme Hand¬ habe der Regierung für den Absolutismus. Ohne Parlament wird eine Einigung niemals zu erreichen sein und sehe ich lieber einen Streit im eigenen Hause als den Ausschluß der Volks vertretung zur Lösung dieser Fragen. Das sind die Gründe warum ich für die Entschließung nicht stimmen werde. Herr G.=R. Tribrunner: Als ich gestern die Ent¬ chließung gelesen habe, habe ich mir selbst gedacht, daß sie eine Reihe von Punkten enthält, die sich nicht gerade mit unseren Parteiansichten decken; nichtsdestoweniger enthält die Entschlie¬ zung so viele wichtige Punkte, daß ich es meiner persönlichen Ueberzeugung schuldig war, den Antrag mitzuunterschreiben insbesondere, was die Sachen auf wirtschaftlichem Gebiet und die politischen Fragen berührte. Richtig ist aber, daß eine Reihe von Fragen existiert, die mit den tatsächlichen Verhältnissen im Widerspruche stehen. Ich würde wünschen, daß man trachtet, die Gegensätze zu mildern, um auf einen versöhnlichen Standpunkt zu kommen; dann wird auf beiden Seiten das Möglichste er¬ reicht werden können. Im Allgemeinen möchte ich sagen, daß ich mit einem großen Teile der Entschließung einverstanden bin und deshalb auch dafür stimmen werde derr G.=R. k. k. Prof. Erb: Ich muß vor allem mein wirklich aufrichtiges persönliches Bedauern Ausdruck geben, daß sich Herr G.=R. Wokral nicht herbeigelassen hat, für die gewiß außerordentlich ruhige und sachliche Entschließung des Wiener Volkstages, wie sie auch in einer ganzen Reihe anderer Volks¬ tage ähnlich gefaßt wurde zu stimmen. Nichts steht meiner An¬ sicht nach in der Entschließung, das irgendwie einen Deutschen und mag er welcher Partei immer angehören, widerlich seir oder seinen Ansichten widerstreiten könnte; niemand wird ge¬ kränkt. Doch muß auf den Ursprung dieser Volkstage zurückge¬ kommen werden. Was ist eigentlich die Ursache der großen Ver¬ timmung, man könnte viel besser noch sagen der Empörung des deutschen Volkes in Oesterreich? Die Zurückdrängung durch ein halbes Jahrhundert der Deutschen Oesterreichs. Seit der Zeit Schmerlings, 1861, als zuerst der Gedanke eines einheit¬ lichen österreichisch= ungarischen Staates durchzusetzen versucht wvurde, ist es rückwärts und gegen die Deutschen trotz aller Opfer der Deutschen für diesen namenlosen Staat gegangen Erinnern wir uns nur an das Jahr 1866, damals schon hat sich die deutsche Staatstreue gezeigt; gegen das eigene Brudervolk sind die Deutschen Oesterreichs vorgegangen, als ob es der Todfeind wäre; sie haben keine Rücksicht genommen, daß es Deutsche sind, gegen die sie kämpfen, sie haben Oesterreich verteidigt gegenüber den Deutschen im Reiche draußen. Damals ist ein Musterbeispiel für alle Zeiten aufgestellt worden, wie die Deutschen Oesterreichs die Treue zum Reiche und zum Herrscher¬ hause halten; kaum vier Jahre darauf kam schon der kraffeste Undank gegenüber den Deutschen Oesterreichs. Das Ministeriun Hohenwart wurde ernannt, das die Grundfesten des Staates und die Deutschen so ungemein schwer bedrohte. Hohenwart wollte das selbständige böhmische Staatsrecht, die sogenannten Fundamentalartikel; er wollte damit einen Keil hineintreiben, aus dem Dualismus einen Trialismus schaffen und was be¬ deutet dieses nebelhafte böhmische Staatsrecht für die Deutschen? Es bedeutete für die Deutschen die Unterjochung unter das Tschechentum, Knebelung und Unterdrückung und die schließliche Ausmerzung der Deutschen in jenen Gebieten, daß die Tschechen als Wenzelskrone bezeichnen, ausgedehnt auf ganz Böhmen und Mähren, auf das Gebiet der Lausitz in Sachsen, auf Schlesien und neuerlich auf die Slovakei und Ungarn. Nur der Wider¬ pruch und das Eingreifen des damaligen Ministers des Aeußern Grafen Andrassy machte diesen deutschfeindlichen Plan zunichte und stürzte den Grafen Hohenwart Wie die Tschechen die Deutschen behandeln, sehen wir an einer ganzen Reihe dem Deutschtum verloren gegangenen Städten n den Sudetenländern, wo in kurzer Zeit das Deutschtum aus¬ gemerzt wurde Wir sahen also nach dem Jahre 1870, wie die Gefahr über die Deutschen Oesterreichs hereingebrochen wäre, wenn hnen nicht ein Retter im Grafen Andrassy erstanden wäre In den Jahren 1879, 1880 und die weiteren Jahre geh die Bedrückung und Zurückdrängung der Deutschen Oesterreichs durch mehr als 14 Jahre des Ministeriums seitens des Grafen Taffee weiter. Dieser hat durch 14 Jahre die Stellung der Deutschen durch Anstellung slavischer Beamten und ausschließ licher Ernennung von solchen in gemischtsprachigen Gebieten ntergraben, es slavisierte die Handelskammern, die Ministerier und lieferte Stück für Stück des politischen und wirtschaftlichen Besitzstandes der Deutschen den Slaven aus Eine wichtige Frage: Wie geht es den Tschechen in Oester reich? Wieso schlagen sie Lärm, daß sie ein unterdrücktes Volk eien? Was waren die Tschechen im Jahre 1866 und was sind sie, die sich unterdrückt nennen, jetzt nach 50 Jahren? Damals varen die Tschechen ein armes Volk, das eine Sprache hatte, die nur von wenig Leuten, Bauern, Arbeitern und Dienstleuten gesprochen wurde, die keine andere Sprache kannten; die gebil¬ deten Tschechen bedienten sich fast ausschließlich der deutschen Sprache. Innerhalb der letzten 50 Jahre sind sie aber ein kulturell hochstehendes reiches Volk geworden, so daß sie dem deutschen Volke bereits sehr nahe stehen und das zweite Volk n Oesterreich geworden sind. So sieht die Unterdrückung in diesem Staate für die Tschechen aus Inlängst stand in einem tschechischen Blatte zu lesen, daß ie Tschechen über 1000 Millionäre verfügen und daß dies 1000 Millionäre den Kampf für das Tschechentum und dessen Ausbreitung durch ihre reiche Unterstützung fortsetzen werden, is zur Erreichung aller ihrer Ansprüche. Heute haben sich die Tschechen vollständig selbständig gemacht; sie haben eigene Mittel¬ und Hochschulen, ihre Kunstinstitute ausgebildet; sie haben ulturell alles erreicht, was sie nur erreichen konnten. Sie haben eine Reihe tschechische Minister erhalten, die rücksichtslos überall tschechisieren. Fast die ganze Beamtenschaft der Statthalterei in Prag und des Landesausschusses ist tschechisch, in den Ministerien Slaven vom Sektionschef bis zum Aushilfsdiener; trotzdem rufen die Tschechen noch der Entente und uns zu, sie seien das unter¬ rückte Volk. Dies ist nichts anderes als die größte Heuchelei! Ich erinnere an die von Dr. Benesch in Paris heraus gegebene österreichsfeindlichste Literatur, an die Agitationen Masariks und ähnlicher-Leute, die eine förmliche Revue des trotzendsten Hochverrates in Paris herausgaben, die insbesondere Kramarsch mit Liebe stets in seiner Rocktasche herumtrug; ich erinnere an die tschechischen Bataillone in Feindesländern. Ich gebe zu, daß gewiß nicht das ganze Volk schuld ist, sondern nur eren Führer, die von Haß gegen alles Deutsche triefen, sie haben aber nun auch die Massen mitgerissen und reden dabei noch von einer Unterdrückung der Tschechen. Umgekehrt ist es richtig, die Tschechen unterdrücken das deutsche Volk bei jeder Gelegenheit in allen Gebieten von Böhmen und Mähren, wo die Tschechen die Mehrheit haben, und da sagt G.=R. Wokral, die Deutschen streben nach der Vorherrschaft! Von einer Vor¬ herrschaft der Deutschen ist seit Taffees Zeiten, seit fast fünfzig Jahren, überhaupt keine Rede mehr. Wie müßte es den Deut¬ chen ergehen, wenn wirklich die böhmische Krone so gebildet werden sollte, wie die Tschechen sie auf ihr Programm geschrieben haben. Rücksichtslos und mit eiserner Faust würden die Deut¬ schen in Böhmen und Mähren nach dem böhmischen Staatsrecht entnationalisiert, unterdrückt und mißhandelt werden. Die drei Millionen Deutsche würden einfach in kürzester Zeit vernichtet werden. Die dortigen Deutschen empfinden das jeden Tag. Ich kann aus Erfahrung sprechen; ich habe es vier Jahre lang in Reichenberg und Rosenthal mitgemacht ich war durch zwei Jahre in Olmütz. Ich kenne die gegen die Deutschen wutent¬ brannte tschechische Arbeiterschaft in Proßnitz und Prerau und weiß von den Moldauer= und Elbeflößern, die bei tschechischen rawallen und Zerstörungen deutschen Eigentums nach Prag hereingezogen wurden, um gegen die Deutschen in unglaublicher Rohheit und Wut vorzugehen. Kann unter diesen Umständen ein Deutscher überhaupt daran denken, daß das böhmische Staatsrecht durchgeführt wird, ohne daß das Deutschtum in den gemischtsprachigen Gebieten total vernichtet wird, oder fortgesetzt einen furchtbaren Kampf um seine Existenz auszuhalten hat, dem es einmal unterliegen müßte? Darum Widerstand und Kampf aller Deutschen Oester¬ gegen die Aufrichtung eines tschechisch=slovenischen Staates! reichs Von einer Vorherrschaft der Deutschen in Oesterreich ist also keine Rede mehr, im Gegenteile, wir können leider zu deut¬ lich sehen, wie in unserem Staate Ortschaften um Ortschaften durch die Vorherrschaft der Tschechen dem Deutschtum verloren gehen, weil das Deutschtum ständig und unaufhaltsam bis heute und jahrelang unter Duldung und Mithilfe der maßgebenden Faktoren im Staate untergraben wird Wir brauchen gar nicht weit zu gehen; schauen wir hier in Steyr in unserer eigenen Heimat die Verhältnisse an. Ist der deutsche Arbeiter in Steyr besser daran, wie der schechische? Unsere deutschen Arbeiter klagen stets darüber, daß den tschechischen Arbeitern außerordentliche Begünstigungen n der hiesigen Waffenfabrik zufallen. Die hiesige Waffenfabri ist ein sprechendes Beispiel dafür, wie die Tschechen für ihre Volksgenossen eintreten. Ich verarge es ihnen nicht, sie haber vollständig recht. Mit dem gleichen Recht, mit dem wir ver angen, daß das deutsche Volk für seine Volksgenossen eintritt muß es gewiß jedem Volke möglich sein, sich seiner Genossen nzunehmen. Was aber nicht genug mißbilligt werden kann, ist der Eintritt deutscher Volksgenossen für die Tschechen; das ver¬ tragen wir nicht und das sollte niemals vorkommen und ist beraus traurig für jedes deutsche Empfinden Was wir hier in Steyr sehen, spielt sich hundertfältig auf llen Gebieten im öffentlichen Leben ab. Wo ein tschechischer Minister sitzt, wandern die tschechischen Beamten und Diener ins Ministerium und so ist es bei allen Aemtern, wo tschechi¬ sche Amtsvorstände sitzen. Ein tschechischer Fabriksbesitzer, ein abtrünniger Adeliger oder ein tschechischer Millionär wird keinen deutschen Verwalter oder Beamten aufnehmen. Wo die Tschechen herrschen, gibt es keinen Deutschen mehr. So steht die Sache ind deshalb darf man nicht sagen, die Deutschen streben zum Schaden der Tschechen nach der Vorherrschaft im Staate, sondern die Deutschen wollen nichts anderes, als die Erhaltung des Staates und ihres Besitzstandes. Der Deutsche hat durch eine aufendjährige Geschichte diesen Staat erhalten und bis zum eutigen Tage haben sich die Deutschen fest und treu mit Gut und Blut für diesen Staat geopfert und sie wissen es auch, daß er Mörtel, der diesen Staat zusammengehalten hat und bis heute noch zusammenhält, die Deutschen in Oesterreich, das deutsche Gut und Blut ist. Die Entente und die Slaven wollen die Quadern des Staates sprengen, das Deutschtum vernichten.

Es wäre recht schön, für jedes Volk die Selbstverwaltung einzuführen; aber wie sieht dann die Leitung dieses Staates aus. Denken wir uns, wir haben fünf oder sechs solcher selbst¬ tändiger Verwaltungen; da wären die Deutschen vier großen Völkerschaften ausgeliefert, denn irgend etwas müssen diese fünf Stämme gemeinsam haben, so zur Verteidigung ihr Heer und die gemeinsam zu bestimmenden Auslagen. Die Tschechen, Polen, Ingarn und Slovenen würden natürlich zusammenhalten, um dem Deutschen, der obendrein nichts dreinzureden hätte, die größten Lasten aufzubürden und schließlich würde dieser Staat auseinanderfallen, wie es von Tschechen und Slovenen so sehn¬ üchtig nach den Wünschen der Entente erwartet wird. Wir ehen es ja; mit wem haben sich diese Völkerschaften verbunden Doch nicht mit Oesterreich, sondern mit dessen größten Feinden, die unseren Staat zertrümmern wollen. Die Folge des tschechi schen Strebens ist die Kriegsverlängerung; die wahren Kriegs¬ verlängerer sind also die Tschechen, Polen und Slovenen. Ja ich gehe noch weiter. Der Krieg wäre überhaupt nicht ausge¬ brochen, wenn durch diese Völkerschaften nicht ein Bild von Oesterreich dem Auslande gegenüber geschaffen worden wäre, daß dieser Staat zum Zerfalle reif sei Die Deutschen wünschen gar nichts anderes als Ruhe in ihrem eigenen Gebiet und daß dieser Staat erhalten bleibe und so gesund und kräftig werde. Was hat die Entstehung so vieler Volksräte und Volkstage verursacht? Doch nur der Umstand, veil Millionen und Millionen von Deutschen sich der großen ungeheueren Gefahren bewußt geworden sind, welche ihrem Volke drohen. Diese Volksräte und Volkstage haben nicht die Abgeordneten gemacht, ja sie sind eigentlich gegen die Abgeord¬ neten aus dem Volke selbst heraus entstanden, um zu zeigen, daß das deutsche Volk endlich aufsteht und sich wehrt, nicht nur gegen seine Feinde, sondern auch gegen schmählichen Undan und gröbste Vernachlässigung So ist die Sache und möchte ich daher, daß auf diese deutschen Volksräte und Volkstage auch durch unsere Zustim¬ nung Gewicht gelegt wird Wie sollen wir uns ein Oesterreich vorstellen, das nicht irgend eine einheitliche Sprache hat? Ich komme wieder auf den seiner¬ zeit schon ausgesprochenen Gedanken des Herrn Kollegen Wokral zurück. Stellen wir uns diese fünf oder sechs Völker vor, diese müssen doch um Gottes Willen eine gemeinsame Sprache in einer emeinsamen Verwaltung haben, und welche kann diese gemein ame Sprache sein? Doch nicht tschechisch oder kroatisch, es kann nur die deutsche Sprache sein. Die Deutschen sind das weitaus virtschaftlich stärkste Volk. Nicht für die Deutschen ist die deutsche Sprache als Staatssprache notwendig, sondern für den Staat elbst. Die Nationalitäten im Staate können doch nicht Volapük oder lateinisch reden; ihre gemeinsame Sprache kann nur eine lebende Sprache sein. Es war der größte Fehler unserer Liberalen, die diesen Staat seinerzeit neuerdings zusammengefügt haben, daß sie keine Staatssprache eingeführt hatten. Blicken wir au Ungarn. Die wirtschaftliche und politische Stärke Ungarns liegt in der Einheitlichkeit seiner Verwaltung, in seiner einheitlichen Führung und in der einheitlichen Staatssprache, wobei nur den Kroaten erlaubt ist, im Reichstage und im Amte, aber begrenzt ihre Sprache zu reden. Durch die Nichteinführung einer Staats¬ sprache und der Namenlosigkeit ist Oesterreich als ein eigen¬ artiges politisches Rumpfgebilde ohne festes Rückgrad geworden, welcher Zustand noch immer andauert. Ich muß es lebhaft bedauern, daß das Wort „Vorherr¬ schaft der Deutschen“ hier gesagt wurde. Wir stehen nicht im Kampfe um die Vorherrschaft, wir stehen im Kampfe gegen die drohende Vernichtung des Deutschtums und gegen den Zerfall Oesterreichs. Die Volkstage und insbesondere der Wiener Volks¬ ag wollte klar und deutlich zum Ausdrucke bringen, daß sich das deutsche Volk in Oesterreich eine Knechtschaft nach keiner Richtung hin mehr gefallen lassen will, und weil auch wir hier in Steyr zwar noch auf einen guten deutschen Boden sitzen — — der freilich auch schon unterwühlt ist müssen wir die bei diesen Volkstagen in Entschließungen niedergelegten Bestrebunger des Schutzes des deutschen Volkes vor Knechtschaft und Knebe¬ lung einmütig unterstützen, weil die drohende Gefahr eine uns gemeinsam treffende ist Weiters möchte ich noch auf eine Frage kommen, die Herr Bemeinderat Kollege Wokral angeschnitten hat; er sagte, ohne Parlament wird eine Einigung der Völker nicht zu machen sein. Wie sieht das Parlament aber heute aus? Ein zerrissener körper, wo die staatsfeindlichen Abgeordneten die Mehrheit haben. Die gesamten Tschechen und Slovenen stehen in wütendster Opposition gegen die Regierung und gegen den Staat. Ein Wechsel der Regierung würde gar nichts nützen, die Tschechen oben und wüten weiter so lange, bis sie ihr Ziel mit den Jugoslaven und Slovenen erreicht haben: die Zertrümme¬ rungdes Staates Was die Polen betrifft, so gibt es keine zerfahrenere Partei als diese. Sie haben seinerzeit selbst ihren Staat zer¬ rümmert und sich unfähig erwiesen, ein eigenes Reich zu be sitzen. Heute erweisen sie sich ebenso unfähig; aus Dankbarkeit daß sie von den Deutschen aus den Ketten befreit wurden, ver¬ langen sie heute Unmögliches. Kein Mensch weiß, wie die polni¬ sche Frage zu lösen ist ulle flavischen Abgeordneten, leider auch die deutschen Sozialdemokraten, stehen auf dem Standpunkte, dem Staate überhaupt nichts zu bewilligen, weder das Budget noch Mittel ur Fortsetzung des Krieges. Wenn jetzt der Reichsrat zusammen reten würde, würde er beiläufig 170 Abgeordnete finden, die für den Staat, und das was er braucht, zu haben sind und die restlichen 300 Abgeordneten, Slaven und deutsche Sozialdemo raten, würden dem Staate zu seiner Existenz nichts bewilligen. Soll dieses traurige Schauspiel vor den Augen der ganzen Welt aufgeführt werden? Ich bin gewiß ein begeisterter Anhänger für die Einberufung des Abgeordnetenhauses, aber ich frage: Soll dieser Weltskandal, der sich im Abgeordnetenhause ent¬ wickeln würde, noch dazu in dem bedenklichsten Augenblicke des Krieges, wo wir auf des Messers Schneide stehen, und ein jämmerliches Bild der politischen inneren Verhältnisse bieten vürden, aufgeführt werden. Mit der Einberufung des Reichsrates wäre jetzt nichts erreicht als ein Skandal, der der Entente nur gute Dienste eisten würde. Die Staatsfeinde hätten ihre helle Freude daran Also vorerst Sicherung vor diesen Skandal! Eine Möglichkeit würde jedoch bestehen, um dem Wunsche des Herrn Kollegen Wokral auf eine Einigung der Völker durch das Abgeordnetenhaus näher zu kommen, und das wäre, wenn sich die Partei des Herrn Gemeinderates Wokral sich endlick ntschließen würde, so zu handeln — wie ich es schon einmal in einer vorjährigen Gemeinderatssitzung betont hatte, wie die eichsdeutsche Sozialdemokratie — daß sie mit uns als deutsch Volksgenossen für das Budget und für die Mittel zur Fortführung des Krieges und damit auch zu seiner siegreichen baldigen Beendigung stimmen würden, für seine Mittel, die der Staat für seine Erhaltung und Existenz braucht. Denn die Verweigerung der Mittel zur Kriegsführung bedeutet eine Verlängerung des Krieges, weil dadurch die Absichten der Entente nur gestärkt werden. Ich meine, daß die Sozialdemo¬ raten des Deutschen Reiches mindestens ebenso klug und so ge¬ heit sind, wie die Führer der Sozialdemokraten Oesterreichs, ie doch das Gefühl für das eigene Volk aufbringen sollten, so vie ein wirklicher deutscher Sozialdemokrat im Deutschen Reiche. Leider sind die Führer der deutschen Sozialdemokratie in Oester reich größtenteils nicht deutscher Abkunft, weßhalb ihnen Herz und Seele für das Deutschtum gänzlich fehlt. Würde es also unseren deutschen Sozialdemokraten möglich ein, deutsches Gefühl aufzubringen und abzulassen von ihrem Doktrin und ihrer trostlosen Verbortheit, die dem deutschen Volke so furchtbar schadet und den Krieg verlängert, die Hoff¬ tung unserer Feinde auf die Zersetzung Oesterreichs immer wieder nährt und hebt, dann wäre der Sache näher zu treten und nach den Wünschen des Herrn Kollegen Wokral einem Uebereinkommen mit den anderen Völkerschaften zu entsprechen Vergessen Sie aber nicht: Die jetzige Haltung der deutschen Sozialdemokraten Oesterreichs ist eine Stärkung des Slaventums überhaupt, der äußeren und inneren Feinde, der Zertrümmerer Oesterreichs und der Vernichter des deutschen Volkes Ich möchte Ihnen einmal die wutentbrannten tschechischen und polnischen sozialdemokratischen Abgeordneten im Abgeord¬ letenhause vorführen, wenn es sich um ihre nationalen Fragen andelt, so den tschechischen Sozialdemokraten Abgeordneten Modrazek, den einst so gefeierten polnischen Sozialdemokraten Abgeordneten Daszinski und seinen Kollegen Diamant und ähn¬ iche Herren. Diesen kommt zuerst ihr Volk und nochmals. hr Volk in den Sinn, darnach die Sozialdemokratie. Uns ber fallen die deutschen Sozialdemokraten immer in den Arm, wenn wir unser Volk, das deutsche Volk, in seiner Not ver¬ teidigen, sagen, wir haben Unrecht, stoßen in das Horn der Gegner und werfen uns, den Deutschen in Oesterreich, fälschlich Vorherrschaft vor. Wie wollen wir uns versöhnen mit den un¬ versöhnlichsten Leuten, die es gibt, die durch Jahrzehnte an der Zerstörung des österreichischen Staates gearbeitet haben, mit kramarsch, Klofac, Korosec, Masarik, mit den Leuten um Glom¬ binsky, mit Leuten, die von Haß gegen alles Deutsche triefen Kennen Sie die Geschichte, die sich unlängst in Radkers¬ burg abgespielt hat, wo ein slovenisches Marschbataillon aus der Umgebung von Triest in Radkersburg eine Bartolomäusnacht veranstalten und das kleine deutsche steirische Städtchen nieder¬ brennen wollte? Der Plan wurde knapp vor seiner Aus¬ ührung vereitelt. Dies ist typisch, typisch ist ferner von den Slaven, daß bei Volksversammlungen die anwesenden Deutschen niedergeschlagen und russische Gefangene dazu mißbraucht wurden. st es jemals bei den Deutschen vorgekommen, daß sie in tschechi¬ sche Städte eingedrungen sind und dort die Tschechen nieder schlugen? Nie und nimmer haben sich die Deutschen solche An¬ griffe gestattet, sie mußten nur handeln, wenn sie angegriffen wurden. Vielleicht ist nicht das ganze tschechische Volk Schuld an all' diesen traurigen Dingen, aber der Haß gegen alles Deutsche ist von den Führern dieses Volkes schon zu weit in dasselbe hineingetragen worden und da sagt man, die Deutschen haben die Vorherrschaft und sind unversöhnlich Ich habe mich zurückgehalten, um nicht zu scharf zu sprechen weil wir ja unter uns sitzen und weil ich meine, wenn man errn G.=R. Wokral ins Herz blicken könnte, würde man finden können, daß hier eben die Parteidisziplin ihm die Pflicht auf¬ erlegt hat, gegen seine innerste Ueberzeugung reden zu müssen. Entschuldigen Sie, wenn ich aus mir herausspreche; ich habe ie Verhältnisse wahrheitsgetren geschildert. Ich möchte nur aben, daß auch in unserer deutschen Heimatstadt die Entschlie¬ zung des Wiener Volkstages einmütig zur Annahme gelangt ind jene Elemente auch aus der deutschen Sozialdemokratie ent¬ ernt werden, die dem guten ehrlichen deutschen Gewissen und dem deutschen Herzen entgegenarbeiten und ein Zusammengehen er deutsch=österreichischen Sozialdemokraten mit den übrigen deutschen Parteien behindern. 5

6 Hunderttausende deutsche Arbeiter gibt es in der Sozialdemokratie, die ein deutsches Herz haben, deutsch fühlen und denken, die deutsch handeln möchten und erlöst und be¬ friedigt aufatmen würden, wenn sie sich zu ihrem deutschen Volke offen und stolz bekennen könnten, ohne geschmäht und verspotte u werden befürchten müßten. Die unheilvolle Führung volks¬ fremder Elemente in der deutschen Sozialdemokratie verhindert bis heute deutsches Fühlen und Denken, aber auch in den Reihen der deutschen Sozialdemokratie wird der Umschwung kommen, wie auch andere Parteien, die völkisches Denken seitwärts gestellt hatten, heute völkisch denken müssen. Die völkische Not und der Druck der schweren Zeit wird auch die Hunderttausende deutscher Sozialdemokraten ihrem deutschen Volke wieder zuführen, dem sie leider künstlich so entfremdet wurden. Venn wir einmal soweit wären, daß alle deutschen Parteien zusammengehen, auch die deutschen Sozialdemokraten, dann werden auch die Deutschen in diesem Staate ruhig leben können und dann wird es viel eher möglich sein, mit den an deren Völkerschaften zu einem gerechten Ausgleich zu kommen, den auch wir wünschen würden. (Bravo= und Heilrufe. Herr G.=R. Wokral: Es fällt mir gar nicht ein, Sie meine Herren, über mein Gewissen als Parteimann überzeugen zu wollen. Ich will nur das, was ich sagte, klar stellen und welche Auffassung ich habe, nach welcher ich gewissen Teilen der Entschließung nicht zustimmen kann. Gerade der Herr Vorredner hat selbst ausgeführt, daß sich das Nationalbewußtsein der Tschechen so entwickelt hat, daß sie der deutschen Kultur schon im nächsten stehen und dies hat mich zur Ueberzeugung ge¬ bracht, daß es nicht angehen wird, die deutsche Sprache als Staatssprache zu begehren. Es scheint mir dies eine Wortklaubrei u sein. Eine Verständigungssprache wird es sein müssen, unbe kümmert darum, welche es ist. Ich möchte hier die kleine Schweiz anführen, die in ihrem Staate drei Völker, deutsch, französisch und italienisch, vereinigt und doch ganz in Ruhe und Frieden miteinander leben; ich möchte wünschen, daß es bei uns ebenso geht, wie in der Schweiz. Keines der Völker darf mit Gewalt gewisse Vorrechte an sich reißen. Mit den Staatsrechten könnte ich mich nur in dem Sinne einverstanden erklären, daß den be treffenden Völkern nur wirklich jene Gebiete einverleibt werden, die ihnen sprachlich zukommen müssen. Die Rechte aller Völker müssen gleichmäßig verteilt sein und keines darf nach einer Vor¬ herrschaft streben. Das Argument, daß tschechische Fabriksbesitzer keine deutschen Arbeiter anstellen, kommt für die nationale Sache nicht in Frage, für den Fabrikanten ist nur der Geldsack ma߬ gebend; was wir bekämpfen müssen, sind die Uebervorteilungen der Volksgenossen gegenüber seinen Nachbarn, die ein berech¬ igtes Mißtrauen zeitigt. Die Entschließung befaßt sich nur mit dem deutschen Standpunkt und deshald kann ich auch mit der elben nicht einverstanden sein. Ich möchte aber noch betonen, daß ich nicht unter allen Umständen dagegen stimmen werde, da ich mit einem Teile der Entschließung einverstanden bin, mit dem anderen Teile kann ich nicht einverstanden sein, nachdem diese Kundgebung in allen deutschen Städten beantragt und be¬ chlossen werden soll. Herr G.=R. k. k. Prof. Erh: Auf die Ausführungen des Herrn Gemeinderates Wokral muß ich auf ein Wort des einstigen Landeshauptmannes Abg. Dr. Ebenhoch erinnern, der im Jahre 1896 den bezeichneten Ausspruch tat: „Jetzt müssen die Deutschen endlich an sich selber denken.“ Schon da¬ mals hat dessen Partei das Bedürfnis empfunden, die Deutschen zu sammeln und wer die Kundgebungen aller deutschen Volks¬ tage gelesen hat und bei dem letzten großen Wiener Volkstag dabei war und die Stimmung in demselben richtig erfaßte, konnte deutlich wahrnehmen, daß jeder Satz der Entschließung, der von der gemeinsamen Verteidigung gegen die anstürmenden Feinde in dieser oder jener Form gesprochen wurde, außerordentlich be¬ jubelt wurde. Nichts hat mehr gezogen als wie die Schilderung er Gefahren und der dadurch aufgezwungene gemeinsame Kampf Ich will damit sagen, wie tief das Bewußtsein der Kränkungen und Beleidigungen angesichts der ungeheueren Opfer des deut¬ schen Volkes in dieses gedrungen ist, daß es diesen Notschrei und Kampfruf ertönen ließ. Man muß nur verstehen, warum diese Volkstage gemacht wurden, nun aus dem einfachen und begreif¬ lichen Grunde, weil es höchste Zeit ist, daß alles, was deutsch denkt und fühlt, zusammenhilft. Deshalb ist es umso bitterer daß ein Teil unserer verführten Volksgenossen nicht mittun will oder abgehalten wird mitzutun, in der Notwehr für das eigene eutsche Volk. Das ist bitter und beklagenswert, wenn Teile eines Volkes in seinem Erhaltungskampfe so ferne stehen. Ich möchte da auf Kärnten verweisen, wo ein schönes Bei spiel für alle übrigen deutschbewußten Städte und Orte gegeben wurde. Dort steht auch der weitaus größte Teil der Slovenen u den Deutschen, ein slovenischer Reichsratsabgeordneter gehör der deutschen agrarischen Partei im Abgeordnetenhause an; auch in Südsteiermark gibt es eine deutschfreundliche slovenische Partei, die sich nicht verhetzen und in den Staatsverrat treiben läßt Ich kann Herrn G.=R. Wokral noch sagen, daß wir, wenn uns die Vertreter seiner Partei zum gemeinsamen Kampf gegen jenes Großkapital rufen, das den Mittelstand vernichten will enau so mitzun würden, weil es zu bekannt ist, daß manche Broßbanken darauf eingerichtet sind und arbeiten, unser ganzes deutsches Volk auszusaugen und wirtschaftlich gänzlich zu ruinieren. In der heutigen späteren Ernährungsdebatte werden wir viel¬ eicht auch auf dieses Kapitel zu sprechen kommen Es freut mich, daß Herr Gemeinderat Tribrunner, trotz¬ dem er seine Beurteilung vom Parteistandpunkte aus vertreten muß, erklärt hat, für die Entschließung zu stimmen und freut es mich außerdem, daß Herr Gemeinderat Wokral durchblicken ließ, er werde nicht gegen die ganze Entschließung stimmen, wo durch es möglich sein wird, daß unsere Abstimmung in der eutschen Stadt Steyr für das Deutschtum in Oesterreich ein¬ mütig sich den Volkstagen anschließt. Ich möchte die Herren itten, für die Entschließung zu stimmen; wir tun nichts anderes, als was Millionen in diesem Staate getan haben. Wir gehen nit und verteidigen das deutsche Volk gegen alle unsere Feinde, welche auch den Staat zerstören wollen. Wir sind die wahrhaften Verteidiger dieses Staates heute ebenso, wie die Deutschen dies durch mehr als 1000 Jahre vorher schon gewesen sind. Die Ent¬ wicklung der anderen Volksstämme im Schoße unseres Staates hat deutlich gezeigt, daß es denselben in Oesterreich stets gut gegangen ist und sie sich nicht so entwickeln hätten können, wenn ie anderen Staaten angehört hätten. Diese Entwicklung ver¬ anken sie nur den jetzt so wütend gehaßten Deutschen. Ich itte daher, für die Entschließung zu stimmen. (Bravo=Rufe.) Herr Bürgermeister: Ich bringe nun den Dringlich¬ keitsantrag zur Abstimmung. Der Dringlichkeitsantrag erscheint vollkommen einmütig an¬ genommen. Herr Bürgermeister: Ich gehe nun zur Tagesordnung über Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Karl Harant jun. 1. Amtsangelegenheiten. 2. Ansuchen um Bürgerrechtsverleihungen. 3. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindeber¬ and Die Punkte 1, 2 und 3 werden der vertraulichen Behand¬ lung am Schlusse dieser Sitzung vorbehalten 4. Aenderungsvorschläge für die Hausordnung des teuen Krankenhauses Herr Referent G.=R. Dr. Harant: Wie bekannt, hat derr Gemeinderat Wokral in der Sitzung des Gemeinderates vom 20. Dezember 1917 Abänderungsvorschläge für die Haus¬ rdnung des allgem. Krankenhauses gestellt. Die 1. Sektion hat ich mit diesen Abänderungsvorschlägen beschäftigt und ist zu em Entschlusse gekommen, sich vor Erstattung eines Antrages an den Gemeinderat mit dem Primarius des allgem. Kranken¬ auses ins Einvernehmen zu setzen. Der Sektionsantrag geht dahin, diesen Punkt vor läufig zur Einholung der Aeußerung der Krankenhausleitung zurückzustellen der Antrag wird nach Abstimmung vom Gemeinderate einhellig angenommen 5. Erhöhung des Fiakertarifes auf Kriegsdauer. Herr Referent G.=R. Dr. Harant: Eine Erhöhung des Fiakertarifes um 100 % hat den Gemeinderat in der Sitzung: vom 13. Dezember 1917 beschäftigt und liegt uns heute die Forderung nach Erhöhung des Tarifes insgesamt auf 250 % or, begründet damit, daß die Futtermittel und alle mit dem Betriebe eines Fuhrwerkes verbundenen Regieauslagen derart gestiegen sind, daß nur mit diesem Zuschlage das Auslangen ge¬ unden werden könnte. Die Sektion hat über das neuerliche Be¬ gehren beraten und ist zu folgendem Antrag gekommen Ein Teuerungszuschlag von 250 % zu dem in Vorschlag gebrachten Normaltarife scheint der Sektion allzu hoch gegriffen zu sein, ohne daß die Sektion zu einem abschließenden Urteile über die Angemessenheit eines Tarifes gelangen könnte. Die Sektion beantragt, der löbliche Gemeinderat wolle die k. k. Statt¬ alterei ersuchen, bei entsprechenden Stellen ein Gutachten über ie Angemessenheit eines solchen Tarifes einzuleiten.“ — Der Antrag wird vom Gemeinderate angenommen. Z. 15.063 6. Abänderungen der Satzungen für das h. o. Ar¬ eitsvermittlungsamt Herr Referent G.=R. Dr. Harant: Zufolge erst in letzter Zeit eingelangter Erlässe des Mini steriums für soziale Fürsorge und nach Mitteilungen des erst kürzlich hier anwesend gewesenen Inspektors für die o.=ö. Arbeits¬ vermittlungsstellen erscheint es, um die Oeffentlichkeitserklärung der Arbeitsnachweisstolle zu erwirken, notwendig, die bereits be¬ chlossenen Satzungen in einigen Punkten abzuändern Zunächst ist zu ergänzen § 2, welcher über die Zusammen¬ setzung des mit der Aufsicht über die Arbeitsnachweisstelle be¬ rauten Ausschusses handelt, und zwar dahin, daß diesem Aus¬ chusse auch je ein Vertreter der landwirtschaftlichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als vollberechtigte Mitglieder zugezogen wer¬ den; das genannte Ministerium legt mit Rücksicht darauf, als die Wirksamkeit der Arbeitsvermittlungsstelle sich auf den ganzen reisgerichtssprengel Steyr erstreckt und alle Berufszweige zu. umfassen hat, ein besonderes Gewicht darauf, daß auch der land¬ virtschaftliche Beruf entsprechend im Ausschusse weptreten ist

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