Ratsprotokoll vom 25. Jänner 1918

Die Wildanlieferungen waren, da im Jahre 1917 die Hälfte des erlegten Wildes abgeliefert werden mußte un die rechtzeitige Verlautbarungen der bezüglichen Verordnungen eine schärfere Ueberwachung ermöglichte, wesentlich günstiger ls im Vorjahre, obwohl insbesondere die Zahl der abgelieferter hasen keineswegskauch nur einigermaßen dem Bedarfe entsprach Kartoffel waren in der ersten Jahreshälfte überhaupt nicht zu haben, was von der Bevölkerung bei der Knappheit so vieler anderer Lebensmittel schmerzlichst empfunden wurde und Anlaß zu vielen gerechtfertigten Klagen gab. Erst Ende August etzte die Versorgung mit diesem so wichtigen Nahrungsmitte ein. Dank der reichlichen Ernte waren die Anlieferungen recht efriedigend, so daß eine regelmäßige, ziemlich genügende Be¬ teilung der Bevölkerung möglich war und den Gastwirten sowie den sich selbst Kartoffel einlagernden Haushalten bereits die volle Gebühr für 1917/1918 zugewiesen werden konnte Schlimm sah es mit der Käseanlieferung aus. Ein einziges Mal konnte eine größere Menge beschafft werden; sonst die Sendungen trotz vielfacher Vorstellungen kaum waren nennenswert. Seefische waren erhältlich, fanden aber wegen des über¬ hohen Preises und des in einem Großteile der Bevölke näßig rung gegen sie herrschenden Widerwillens wenig Absatz. Sü߬ wasserfische langten nur in Mengen an, die leider dem Bedarfe der Bevölkerung keineswegs entsprachen. Die Milchlieferungen entsprachen stets kaum den auf die bescheidendsten Grenzen festgesetzten Bedarf und war es nur nöglich, Kindern unter 10 Jahren sowie kranken und sehr alten Personen solche zuzuweisen. Die Verteilung erfolgte mittels der lich gut bewährenden Milchkarte. Die Beförderung der Milch ch Steyr geschah aus Lorch und Neumarkt=Kalham mittels ahn, aus Gleink und Losensteinleiten mittels Fuhrwerk und aus Kronstorf und Hargelsberg mittels Lastautos, während der Wintermonate jedoch ebenfalls mittels Fuhrwerk Im Frühjahre wurde zur Milderung des Gemüsemangels ine größere Menge von Dörrgemüse bezogen, das gern ge¬ kauft wurde, auch Salzgemüse konnte beschafft werden. Im Herbst langten mehrere Sendungen teils ausländischen, teils heimischen frischen Gemüses an Die Eierversorgung war wie stets sehr mangelhaft. jemlich vielversprechend waren die Anlieferungen im April. Diese wurden jedoch durch die gegen den Willen der Stadt¬ gemeinde im Mai erfolgte Eierfreigabe unterbrochen. War es durch diese auch einer Reihe von Haushaltunpen möglich, sich nz gut einzudecken, so war der Großteil der Bevölkerung doch auf die städtische Versorgung angewiesen, die eben durch die seit Rai nur mehr sehr spärlich einlangenden Sendungen eine recht kümmerliche war. Die eingelegten Eier reichten eben nur hin um jedem Haushalte ein bis zwei Eier in der Woche verab¬ olgen zu können Dauernd abgegeben wurde Kriegswurst, die den Be¬ darf so ziemlich deckte, nur in der fleischarmen Zeit reichte die zugewiesene Menge nicht aus Als Kartoffelersatz wurden größere Mengen von Wrucken abgegeben, die sich allerdings keiner besonderen Vorliebe in der Bevölkerung erfreuten und durch ihr rasches Verderben der Stadtgemeinde eine nicht unwesentliche Ausgabe verursachten. Das seitens der Stadtgemeinde eingelegte Sauerkraut sowie die eingesäuerten Rüben fanden guten Absatz und war auch deren Güte befriedigend. Anfang des Jahres konnten noch zrößere Mengen des aus der rumänischen Gerste erzeugter Gerstenkaffees zur Verfügung der Bevölkerung gestellt werden. Leider war es nach Erschöpfung des Vorrates nicht nehr möglich, solchen zu beschaffen, was angesichts der herr¬ schenden Kaffeenot sehr betrübend ist. Neben diesen unmittelbar der städtischen Bewirtschaftung unterliegenden Bedarfsartikeln war es auch insbesondere die gorsorge für Futtermittel und Brennstoffe, die viel Arbeit er¬ forderte. Von beiden waren niemals befriedigende Mengen zu erhalten und das Wenige, was wir bekamen, konnte nur durch mmerwährende schriftliche und mündliche Vorstellungen erlangt verden. Besonders lag die Heizstoffversorgung und damit auch die Versorgung des Gaswerkes sehr im Argen, zu welch' pein¬ lichem Umstande neben unregelmäßiger Kohlengewinnung haupt¬ ächlich der Mangel an Verkehrsmitteln beitrug Ich gehe nun zur Aufzählung der seitens der Stadt¬ gemeinde im Jahre 1917 zur Versorgung der Bevölkerung ab¬ egebenen Bedarfsartikel über. Die Ziffern sprechen für sich elbst und zeigen deutlich, welchen Umfang die Versorgungs tätigkeit im abgelaufenen Jahre angenommen hat. Abgegeben wurden: Fettstoffe: 39.786 kg Butter 3.108 kg Schweinefett, .537 kg Butterschmalz, .279 kg Speck 2.972 kg Kriegsmargarine, .281 kg Speisetalg, 55 kg Olivenöl. Mahlerzeugnisse und Hülsenfrüchte 1,011.047 kg Mehl 2.750 kg Kartoffelmehl 2.004 kg Kinder=Hafermehl, 500 kg Kartoffelwalzgries, 3.145 kg Haferreis, .195 kg Rollgerste, 2.802 kg Reis 25 kg Hirse, 10.400 kg Erbsen 380 kg Bohnen. Fleischwaren (ohne die unten verzeichneten Schlachttiere): 18 Stück ungar. Schlachtviel 24 Gemsen mit 459 kg 142 Stück Hochwild mit 8073 kg, 1323 Rehe mit 18.152 kg, 1151 Hasen, 111 Fasanen, 99 Rebhühner, 2 Schnepfen, 7062 kg Schweinefleisch, geselcht und ungeselcht, 22.875 kg Kriegswurst, 98 kg Salami, 70 Stück Schafe und Ziegen und 162·3 kg Gänse Fische: 1483 kg Donaufische, 60·8 kg Forellen, 538·7 kg See¬ 153 kg Rauchfische und 31 Kisten Sardinen. ische, Gemüse: 743.631 kg Kartoffel, 60.412 kg Wruken, 2389 kg Rüben, 20.704 kg Kraut und Sauerkraut, 9247 8 kg Möhren, 1923 kg Gurken, 208 kg Zwiebel, 9341·5 kg Salzgemüse und 2132 kg Dörrgemüse. Früchte und Marmeladen Feigen, 5 Kisten Zitronen, 29.550 kg Obst¬ 990 kg marmelade und 963·5 kg Pflaumenmarmelade. Käse und Milch 9090 kg Goudakäse und 38.900 Stück Magerkäse sowie 775.368 Liter Milch Kaffee: 2¼ kg Bohnen= und 29.376 kg Gerstenkaffee (aus rumänischer Gerste erzeugt) Eier wurden 694.177 Stück abgegeben Ferner wurden in Verkehr gebracht: 4232 kg Zucker, 94 kg Puddingpulver, 1150 kg Teig¬ waren, 9186 kg Seife, 1375 kg sonstige Waschmittel und 2850 Stück Seifenersatz An Futtermitteln wurden 4430 kg Hafer, 131.481 kg 26.060 kg Stroh, 40.000 kg Torfmelasse, 12.100 kg Heu Pferdefutter, 500 kg Trieurabfälle und 52 kg Kleie abgegeben. Die verzeichneten Lebensmittel und Bedarfsartikel wurder teils durch die städtischen Ausgabestellen, teils, wo dies anging, urch hiesige Geschäftsleute in Verkehr gebracht. Auch wurden en verschiedenen Konsumentenvereinigungen größere Mengen zur Versorgung ihrer Mitglieder zugewiesen Der Gesamtumsatz belie sich auf K 7,757.903·41, hat also den des Vorjahres um K 1,823.701·01 überschritten. Die dermalen vorhandenen Lagerbestände wurden von einer seitens des städtischen Wirtschaftsrates gewählten Kom¬ mission geprüft. Der Bericht dieser Kommission, aus dem gleich eitig die vorhandenen Bestände entnommen werden können, lautet: Die unterzeichneten Mitglieder der seitens des städtischen Wirtschaftsrates gewählten Kommission bestätigen, am heutigen Tage die Lagerbestände des städtischen Wirtschaftsamtes geprüft folgende Mengen an Waren vorgefunden zu haben: und 3 Säcke Gries, 2.000 kg Möhrer Säcke Kochmehl 800 kg Seifenersatz 9 94 Säcke Weizenbrotmehl, .500 Stück Seifenersatz, 27.000 79 Säcke Kornmehl kg Sauerkraut, 12 Säcke Gerstenmehl 98 kg Reis 28.070 178 kg Butter Stück Kalkeier 2.126 kg Schweinfette, 22 Waggon Kartoffel. Steyr, am 15. Jänner 1918. Josef Wokral. Franz Kattner. Julius Rußmann. Schließlich sei noch das Verzeichnis der im Jahre 1917 in Steyr geschlachteten Tiere und des verkauften eingeführten Fleisches beigefügt: Klein Kalbin Stiere Kälber Ochsen Kühe Schweine en vieh 89 28 162 100 62 37 56 Jänner 122 859 191 286 Februar 14 103 19 27 223 80 226 74 302 März 30 39 77 44 274 268 225 April 299 98 206 243 236 42 Nai 9 102 353 238 189 Juni 12 2 243 12 193 85 37 Juli 23 247 88 7 287 204 327 21 lugust 103 160 00 377 36 September 80 38 194 356 236 Oktober 201 18 263 215 43 5 222 6 November 89 77 20 353 79 143151 Dezember 780 1441 2605 1090 2437 3571 434 Zusammen Außerdem wurden noch 27.696 kg Schweinefleisch und 36.032 kg Rindfleisch eingeführt Im Vergleiche mit dem Vorjahre 1916 wurden um 960 Ochsen, 763 Kühe, 982 Kalbinnen, 1756 Stiere mehr, dagegen um 90 Stück Kleinvieh und 956 Schweine weniger verbraucht. Dies würde auf den ersten Blick glauben machen, daß die Fleischversorgung eine wesentliche Besserung erfahren habe Man muß jedoch einerseits die gesteigerte Bevölkerungs¬ ziffer, andererseits den ungeheueren Rückgang des Schlacht¬ jewichtes der einzelnen Stücke in Rechnung ziehen. Meist wurde Jungvieh angeliefert, was am besten durch die erschreckend ge¬ tiegene Ziffer der Kalbinnenschlachtungen erhellt. Aber auch die geschlachteten Ochsen und Stiere waren meist sogenanntes Beinlvieh, dessen Fleischgewicht und auch Nährwert sehr gering zu veranschlagen ist. Daraus geht hervor, daß es den Be¬ mühungen der Stadtgemeinde wohl gelungen ist, die Viehanliefe rung zu erhöhen, daß diese Erhöhung jedoch durch mindere Güte des angelieferten Viehes großteils wieder wettgemacht 3

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