4 Herr GR. Prof. Erb: Ich glaube, daß das Amt in dieser Sache keine besondere Schuld trifft; es ist außer¬ rdentlich auffallend, daß die Verständigung von der Ver¬ öffentlichung erst im Dezember an die Gemeinde erging Wenn schon ein Schuldiger gesucht werden muß, so ist er nicht bei der Gemeinde zu suchen. Wie kann nämlich eine derart wichtige finanzielle Angelegenheit als erledigt betrachtet werden und ins Landesgesetz kommen, bevor die Gemeinde verständigt ist? Die Veröffentlichung ist ja der letzte Akt und diesem letzten Akt hat die Verständigung der Gemeinde voranzugehen. Ist es die Statthalterei, oden der Landesausschuß, welcher den Akt liegen ließ? Jeden alls ist es sehr merkwürdig, daß die Stadtgemeinde ein albes Jahr nach der Veröffentlichung verständigt wird Man kann daher nicht die Folgerung ziehen, daß die Stadtgemeinde nicht das ihrige getan habe. Wie kommt die Stadtgemeinde dazu, ihr zukommen sollende Erledigun¬ gen im Landesgesetzblatte zu lesen, oder dort nachzusehen, um Erledigungen ihrer Eingaben zu erfahren? Der Fehler liegt also dort, wo eben die rechtzeitige Verständi¬ gung an die Stadtgemeinde unterlassen wurde Was nun die Abänderungsvorschläge oder die Ver¬ ninderung der Gebühr anbelangt, so kann man heute nich darüber reden; das ist Sache von Eingaben und Verein barungen zwischen der Gemeinde und den einzelnen Internehmungen. Ich glaube, daß wir nicht nochmals eine Kinodebatte abführen sollen, sondern daß der von Herrn GR. Wokral zum Ausdruck gebrachte Wunsch einer späteren Vereinbarung oder einem Ausgleich anheimfallen solle. Ich bitte also den Sektionsantrag anzunehmen, welcher lautet: Der Gemeinderat beschließe, eine Lustbarkeitssteuer nach dem mit Erlaß der k. k. Statthalterei vom 17. Oktober 1917, Nr. 3824, genehmigten Tarif auf die Dauer von weiteren fünf Jahren einzuheben.“ Herr Bürgermeister: Ich schreite nun zur Ab¬ stimmung und ersuche die Herren, welche mit dem Sektions antrage einverstanden sind, die Hand zu erheben. Der Antrag erscheint einstimmig angenommen. 9. Ansuchen der Oberin des neuen Krankenhauses un Erhöhung der Verpflegsgebühren. Herr GR. Prof Erb: Das Ansuchen der Oberin lautet:: An die löbliche Stadtgemeinde=Vorstehung in Steyr Die auf allen Gebieten stets sich steigernde Teuerung zwingt mich, die löbliche Stadtgemeinde=Vorstehung auf den Umstand aufmerksam zu machen, daß mit der bis herigen Verpflegsgebühr von 1 K 45 h schon lange nicht mehr das Auslangen gefunden werden kann, weshalb ich ezwungen bin, um eine entsprechende Erhöhung zu er¬ suchen, und zwar um mindestens 10 Heller pro Kopf und Tag. Eine weitere Einschränkung der Krankenkost ist nicht durchführbar, da ansonsten die Gesundheit, bezw. Ge¬ sundung der Patienten gefährdet wäre. Schwester Regina Nenning, Oberin des Allg. städt. Krankenhauses. Es ist leider vollkommen wahr, daß die Teuerung auf die Verpflegung in unserem Krankenhause einen sehr chlimmen Eindruck macht und das, was die Oberin fordert, nicht abgelehnt werden kann, da die Verhältnisse hiefür sprechen. Die Erhöhung per Kopf und Tag um 10 Helle macht im Jahre zirka 8000 K aus, eine Summe, die natürlich das ohnehin außerordentlich hohe Defizit unseres Krankenhauses noch mehr erhöht. Ich glaube nicht fehl¬ zugehen, wenn ich das Defizit mit mehr als 140.000 K in diesem Jahre schätze. Dadurch kommt nun unsere Krankenhausfrage nach deren allerschlimmsten Seite wieder auf die Tagesordnung Die Stadtgemeinde Steyr hat bereits mehrmals um die Erhöhung der Verpflegsgebühren für das Allgemeine rankenhaus in Steyr angesucht; jedes Jahr beschäftigen wir uns mit dieser Erhöhung der Verpflegsgebühren, leider um größten Teile ohne Erfolg. Die Verpflegsgebühren sind viel zu niedrig. Wenn man nach der Ursache der Nichtbewilligung der von uns verlangten Erhöhung der Verpflegsgebühren frägt, so muß man sich vor allem die Frage vorlegen, wer eigentlich über die Erhöhung von Verpflegsgebühren zu entscheiden hat. Das Gesetz sagt ganz klar, daß die Regierung, bezw. Statthalterei im eigenen Wirkungskreise die Verpflegsgebühren festzulegen hat. Der betreffende Paragraph sagt dazu nur: nach An¬ hörung des Landesausschusses. Nun hat sich im Laufe der Zeit die Sache merkwürdig verschoben; beinahe sieht es in Oberösterreich so aus, als ob nicht die Statthalterei, sondern der Landesausschuß zu entscheiden hätte und als ob man den Paragraphen umgedreht hätte; und wenn man fragt, warum das so kommen konnte, so muß man leider mit der in Oesterreich so häufig vorkommenden Tatsache rechnen, daß in diesem Falle die Statthalterei wiederum vor einer geballten Parteifaust zurückweicht. Die Statthalterei begibt sich einfach ihres Rechtes zu¬ gunsten des Landesausschusses und zum außerordentlichen Nachteile der Finanzen der Städte Steyr und Linz. In anderen Kronländern setzt die Statthalterei ohneweiters die Krankenhausgebühren fest, bei uns tut die Statthalterei nichts und kommt vor lauter Ueberlegen und Verhandlun¬ gen zu keiner Entscheidung. Die Leidtragenden bei der Sache sind jene Städte, die ein großes öffentliches Kranken¬ aus haben, denn diese müssen für die fremden Kranken aus ihrer Tasche jährlich Hunderttausende daraufzahlen vofür eigentlich Oberösterreich und alle anderen Kron¬ länder zur Zahlung verpflichtet wären. Ein städtisches Kran¬ enhaus sollte aber gar kein Defizit haben und dies würde intreten, wenn die Statthalterei ordnungsgemäß die Ver¬ pflegsgebühren in dem Ausmaße festsetzen würde, als diee ben für die Deckung der Auslagen notwendig wäre. Aber die egierung weicht insbesondere bei uns in Oberösterreich aus und gegenüber dem Landesausschusse zurück und damit ie Regierung oft nicht zu entscheiden braucht, bleibt die Sache einfach liegen. Es existieren leider keine Vor¬ chriften, daß irgend ein Akt entschieden werden muß eine Frist gibt es nicht. Im ein drastisches Beispiel anzuführen: Das Land Oberösterreich zahlt für einen dem Lande Oberösterreich ingehörigen Kranken in Steyr 2 K 40 h und in Wien 5 K 34 h an Verpflegskosten! Ich bitte, das ist ein himmelweiter Unterschied Ich frage einen halbwegs denkenden Menschen, ob heute jemand im Stande ist, eine Person, Arzt, Apotheke, Bedienung, Kost, Beheizung, Pärter usw. mitzurechnen, mit 2 K 40 h pro Tag zu er halten; am allerwenigsten einen Kranken, der gesund werden soll. Der Stadt Linz geht es auch nicht besser. Der Landesausschuß will keine Erhöhung und die Statt¬ halterei nicht entscheiden. aber vom Staat Das Land Oberösterreich bekommt veit über vier Millionen Kronen an Bierumlage und veitere Millionen aus der Branntweinsteuer und der Per¬ sonal=Einkommensteuer usw. überwiesen; trotzdem Bier nicht getrunken wird, zahlt der Staat einfach weiter und das Land Oberösterreich gibt von diesem Gelde der Stadt Steyr sehr wenig, nicht einmal für die eigenen Kranken einen erhöhten Beitrag, der dazu ausreichen würde, ihnen eine Aufbesserung in der Kost zu gewähren. Ich hätte beinahe gefragt, was ist das für eine christliche Charitas unseres Landesausschusses, der die eigenen Kranken so behandelt? Nun kommen die ehrwürdigen Schwestern, was man ihnen gar nicht verargen kann, mit fortgesetzten Erhöhun¬ gen ihren Verpflegsgebühren Die Weigerung des Landesausschusses geht denn doch chon zu weit. Eine derartige Heranziehung der städtischen Finanzen zu Dingen, für die das Land gesetzlich aufzu¬ kommen hätte, ist eine Sache, die nicht genug scharf miß billigt werden kann. Ich bitte, hier in Oberösterreich sind wir ja seitens des Landes mit Ausnahme der Irrenanstalt und der Frauenklinik und Hartheim mit Sanitätsanstalten nichts weniger als gut versehen. Sagen Sie mir, wo noch irgendwo in Oberösterreich eine Landes=Wohltätigkeits anstalt oder sonstiges Landes=Wohltätigkeitsinstitut, das das Land Oberösterreich errichtet hat, sich befindet. Alles wird auf die Städte und Mäckte gewälzt, anstatt ihnen das Defizit zu decken und entsprechend zu helfen Infolgedessen muß sich der Gemeinderat doch über¬ legen, ob es denn nicht Mittel und Wege gibt, ander¬ zum Ziele zu kommen weitig Ich beantrage folgendes: den Herrn Bürgermeister zu ersuchen, sich mit dem Finanzreferenten der Stadt Linz, Landeshauptmann¬ Stellvertreter Dr. Jäger, und mit der Stadtgemeinde Linz ins Einvernehmen zu setzen, gegebenenfalls auch mit dem Referenten des dortigen Krankenhauses und hiebei unter Zuziehung unserer Finanzsektion Be¬ ratungen über Mittel und Wege einzuleiten, wie diesem chronischen Krankenhaus=Defizite abgeholfen werden könnte; u erwägen, ob nicht ein Weg zu beschreiten möglich ei, daß die Statthalterei, welche doch das Recht dazu hat, endlich entsprechende Verpflegsgebühren festsetzt; 3 ich an das k. k. Ministerium des Innern und an den k. Ministerpräsidenten zu wenden, und 4 sollte dies alles nichts nützen, den Rechtsweg zu be treten und die ganze Sache bis zu den obersten In¬ tanzen und noch höheren Ortes zu führen. Wir können an dem Spital unsere Finanzen nicht zu grunde gehen lassen, weil sich das Land für Wohltätigkeits¬ anstalten nicht interessiert und vielleicht noch sagt: „Hätte die Stadt das Spital nicht gebaut“ Wir können stolz auf unser Krankenhaus sein. Die Stadt Steyr hat 800.000 K aus Spenden aufgebracht, da önnte das Land denn doch dazu einen höheren Beitrag zur Deckung der Verpflegsgebühren geben. Ich hoffe, daß das gemeinsame Vorgehen mit Linz einen gerechten Erfolg brin¬ gen wird; wir sind dies der Stadt Steyr schuldig; wir önnen uns dies nicht länger bieten lassen, solche Unsummen ür ortsfremde Kranke zugunsten fremder Länder auf¬ bringen zu müssen. Herr Bürgermeister: Auf die Ausführungen des Herrn Vorredners kann ich nur erwidern, daß ich gern bereit bin, weitere Schritte zu unternehmen. Ich habe bei meiner letzten Anwesenheit in Linz des längeren mit Seiner
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