Ratsprotokoll vom 26. Oktober 1917

2 Umstande, als es sich nicht um Fett=, sondern um Fleisch¬ chweine handelte, nur schwachen Absatz. Die Stadtgemeinde ließ deshalb das Schweinefleisch räuchern und ist es in dieser Form gut abgegangen. Die Milchversorgung hat nach wie vor mit froßen, sich stets steigernden Schwierigkeiten zu kämpfen Der Zuwachs zur städtischen Milchversorgung steigt stetig a viele Bauern, die unmittelbar an die Verbraucher ieferten, die Milchlieferungen kürzen oder ganz einstellen, vodurch naturgemäß ein Anwachsen der von der Stadt zu versorgenden Parteien und damit eine Kürzung der auf die Einzelnen entfallenden Menge notwendig wurde. Einen breiten Rahmen nahmen die Beratungen wegen der Kartoffelversorgung ein und ging das Er gebnis dieser dahin, daß jenen Parteien, welche hiezu die Möglichkeit besitzen, die volle Menge Kartoffel zuc Selbst¬ inlagerung zugewiesen wird, wogegen diese auf die weiter Versorgung aus den von der Stadt eingelagerten Kartoffelr verzichten mußien. Es war dies ein nicht nur aus praktischen Gründen. ondern auch durch die Notwendigkeit gebotener Schritt, de die Lagerräume, welcher der Stadt zur Einlagerung zur Verfügung stehen, kaum ausreichen, um diejenige Menge Kartoffel aufzubewahren, welche dazu dienen soll, um die in fortlaufender Versorgung Stehenden dauernd mit Kartoffel zu versehen Nach Mitteilung der Statthalterei wurden der Stadt¬ gemeinde für die Winterversorgung 90 Waggons Kartoffel zugewiesen und hosse ich, daß diese rechtzeitig vor Eintrit des Frostes und im guten lagerfähigen Zustande hier ein langen Um die Obstversorgung zu heben, wurden mehrere Waggons Aepfel aus Tirol bestellt. Leider fiel der erste eingelangte Waggon so schlecht aus, daß er zur Verfügung gestellt wurde und von weiteren Bestellungen Abstand genommen werden mußte In Bestellung befinden sich eine Reihe Waggons Kraut; ebenso wurden mehrere Waggons Sauerkraut und weiße Rüben bestellt. Nach eingetretener kälterer Witterung wird auch der Seefischmarkt wieder eröffnet werden, um an den fleischlosen Tagen eine wertvolle Nahrungsmittelzubuße zu bekommen. Sehr große Schwierigkeiten bietet die Versorgung mit Brennmaterialien. Ist es schon an sich unmöglich, ie der Stadt zugesprochenen Holzmengen in den zuge¬ wiesenen Bezirken aufzubringen, so wurde auch diese Menge noch stark verkürzt durch die von der Statthalterei erteilten Ausfuhrbewilligungen nach anderen Orten Ebenso ist in der Kohlenversorgungsfrage noch immer kein Abschluß erzielt und sind die abschließenden Vorberatungen noch im Gange. Es ist ja klar, daß unter den obwaltenden Verhältnissen mit dem Brennmaterial tun¬ lichst gespart werden muß, doch hoffe ich, daß die ange¬ prochenen ohnehin nicht allzugroßen Mengen wenigstens zum Hauptteile erfüllt werden, da es bei unserem rauhen Klima unumgänglich notwendig ist, wenigstens das Nötigste zur Erwärmung der Wohnstätten zu erhalten. Zwecks geregelter Verteilung der Kohlen in Oberöster¬ reich wurde in Linz eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet, der die oberösterreichischen Städte bei¬ getreten sind. Ueber Beschluß des städtischen Wirtschafts¬ rates ist auch Steyr dieser Gesellschaft mit einem Betrag von 1000 K, welcher mit 4% verzinst wird, beigetreten Ferner erlaube ich mir mitzuteilen, daß ich an der Sitzung des Städtebund=Ausschusses teilnahm, die als vorbereitende Sitzung für die Vollversamm¬ lung des Städtebundes einberufen war. In dieser Sitzung am in erster Linie die geldliche Lage der Städte, ferner die Bequartierungsfrage und die Ernährungsfrage zur Sprache. Bezüglich der Verbauung der hohen Enns¬ eiten wurden fortlaufende Verhandlungen mit der Militärbauleitung und mit den mit der Planentwerfung be¬ trauten Architekten geführt. Weiter hatte sich die Stadtgemeinde mit den im Oktober veranstalteten Opfertagen für die Witwen und Waise und mit der Wäschesammlung zu befassen, die beide durch den bewährten Opfersinn unserer Bevölkerung ein erfreuliches Ergebnis zeigten. Die so plötzliche Einstellung des ½1 Uhr¬ Zuges veranlaßte mich, sofort telegraphische und schrift¬ liche Vorstellungen beim Eisenbahn=Ministerium zu erheben; ebenso legte ich telephonisch Verwahrung bei Herrn Staats¬ bahndirektor Hofrat Scheikl ein. Ich hoffe nun, daß die Eisenbahnbehörden die Wichtigkeit dieses Zuges für Steyr einsehen werden und dessen Verkehr weiterhin aufge¬ nommen werden wird. Feiner kann ich mitteilen, daß ich unseren Ehren¬ bürger Exzellenz Ignaz Freiherrn von Trollmann zu einer Standeserhöhung namens der Stadtgemeinde de glückwünschte und umgehend von ihm ein sehr liebens¬ würdiges Dankschreiben erhielt. Schließlich beehre ich mich mitzuteilen, daß ich aus Anlaß der Anwesenheit Seiner Exzellenz des Herrn Kriegs¬ ministers Stöger=Steiner von diesem in Audienz empfangen wurde. Ich hatte Gelegenheit, Seiner Exzellenz die Wünsche der Stadt, darunter auch die Bitte um Ver¬ tärkung der Friedensgarnison durch Hieherverlegung eines Infanterie=Regimentes mit womöglich eigenem Ergänzungs¬ bezirkskommando und das Ersuchen um baldigste Räumung der Wehrgrabenschule vorzutragen. Seine Exzellenz, die sich über das Entgegenkommen der Stadt den Militärbehörden gegenüber sehr anerkennend äußerte, sagte seine Unterstützung in liebenswürdigster Weise zu Steyr, 21. Oktober 1917. Julius Gschaider, Bürgermeister. Er bemerkt zum Punkte „Einstellung des ½1 Uhr¬ Zuges“ Es ist ganz komisch, wieso ein Zug, der nur zweima n der Woche geht, bei dem großen Fuhrpark der Staats¬ bahn eine Kohlennot hervorrufen soll. Ich habe in meine Eingabe ausdrücklich erwähnt, daß die Auflassung dieses zuges für Steyr sehr schmerzlich empfunden wird, viel inangenehmer wie beispielsweise in Linz, wo bei der viel achen Verkehrsmöglichkeit das Ausfallen des einen ode anderen Zuges nichts ausmacht. Unsere Wünsche finden aber leider bei der Staatsbahn immer verschlossene Ohren Begen die Entscheidung des Eisenbahn=Ministeriums, welches die Abweisung des Ansuchens damit begründet, daß die Kohlennot und die Vermeidung einer Ueberanstrengung der Lokomotiv= und Zugbegleitmannschaften die beklagten Zug¬ auflassungen bis auf weiteres unumgänglich nötig machen, äßt sich vorläufig nichts machen. Vielleicht wird sich ge legentlich einer in absehbarer Zeit möglichen mündlichen Vorsprache noch ein Erfolg erzielen lassen; ich glaube aber kaum, daß sich, da einmal das Aushängeschild „Kohlennot und Begleitmannschaft“ da ist, etwas dagegen machen lassen vird Ferner berichtet der Herr Bürgermeister: Des weiteren erlaube ich mir mitzuteilen, daß die in mehrerer Gemeinderatssitzungen bezüglich der elektrischen Beleuch¬ ung geäußerten Beschwerden zu einigen Sitzungen des Be leeuchtungskomitees geführt haben, an deren letzter, die am 22. Oktober l. J. stattsand, sich auch Vertreter des hiesigen Elektrizitätswerkes, darunter Herr Dr. Beurle, eingefunden hatten Bezüglich der Beschwerde der Stadtgemeinde über Ab¬ montierung und Verkauf einer Dampfmaschine im hiesigen Elektrizitätswerke erklärte Herr Dr. Beurle, daß als Ersalz für diese Dampfmaschine eine Umformer=Anlage in Zwischen¬ brücken mit Anschluß an die Kraftleitung der Waffenfabrik errichtet werde, daß hiedurch nicht nur ein Ersatz, sondern ogar eine Verbesserung in der Beleuchtung erzielt wird. Sollte das Elektrizitätswerk keine eigene Kraftreserve in Laufe der Zeit schaffen, so würde selbstverständlich gemäß Vertrag der Erlös der verkauften Dampfmaschine im Be¬ trage von 67.000 K, sowie aus dem Abverkaufe der anderen Dampfmaschinen und der Gebäude hervorgehenden Summen zum Zeitpunkte des Heimfalles der Stadtgemeinde n Barem vergütet werden. Bezüglich der Beschwerde über die mangelhafte Licht¬ tärke erklärten die Vertreter des Elektrizitätswerkes, daß iese mit dem dermalig bestehenden mangelhaften Gleich¬ stromnetz zusammenhängen und die Sache durch den im ommenden Jahre durchzuführenden Ausbau des Drehstrom¬ ietzes vollständig geregelt und dann zufriedenstellende Licht¬ tärken erzielt werden können Betreffend der Beschwerde über drückende Verträge, die den Hausbesitzern vorgelegt wurden, wird vereinbart aß die Innenteile der Häuser nur über Erlaubnis der Haus¬ esitzer, bezw. unter Beiziehung einer Vertrauensperson des Hausbesitzers seitens der Organe der Elektrizitätswerke be¬ treten werden dürfen, und daß bei Reparaturen Beschädi¬ gungen möglichst vermieden werden und wenn solche auf¬ reten, solche sofort auf Kosten des Elektrizitätswerkes be¬ werden. seitigt Betreffend der Beteiligung am Elektrizitätswerke wurde der Stadtgemeinde die Erfüllung der bezüglichen Vertragspunkte und eine gegebenenfalls noch höhere Be¬ teiligung am Ausbau des Werkes in Sand zugesagt, sowie ich Herr Dr. Beurle bereit erklärte, dahin zu wirken, daß der Sitz der für den Betrieb dieses Werkes zu gründenden Gesellschaft nach Steyr käme. Weiters habe ich noch eine sehr wichtige Mitteilung zu nachen: Unsere Bahnverbindungen sind ja im Frieden chon sehr ungünstig gewesen und haben in Anbetracht der Größe und Bedeutung unserer Stadt stets Anlaß zu Beschwerden gegeben. Alle Bemühungen, bessere Anschlüfs zu erlangen, scheiterten einfach daran, daß wir an einer Nebenstrecke liegen und so lange diese als solche gilt, werden wir keine günstigere Zugverbindung erhalten. Die Ver¬ bindung nach Westen wird durch eine schmalspurige Bahn bewirtt, was naturgemäß große Mängel an den Anschlüssen nit sich bringt und es auch unmöglich macht, auf kurzent Wege Frachten nach Wels zu schicken; anderseits ist die oft¬ iche Bahnverbindung durch den Mangel einer Bahn verbindung von St. Peter=Seitenstetten nach Steyr, bezw Bad Hall unterbunden. Dies hat mich im Einvernehmen mit mehreren Herren Gemeinderäten veranlaßt, zusammen

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