Der Ausweis der Stadtbuchhaltung wird sohin zur Kennt¬ nis genommen 9. Aufnahme eines Darlehens zur Durchführung der mit Statthalterei=Erlaß vom 27. März 1917 Z. 566/V, aufgetragenen Maßnahmen. Herr Referent G.=R Kirchberger bringt folgenden An¬ trag zum Vortrage Die k. k. Statthalterei hat der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr die Behebung der in unserer Stadt bestehenden sanitären lebelstände aufgetragen und zu diesem Zwecke verlangt, daß der Bau einer Wasserleitung, Kanal=Anlage und eines Infektions Spitales ehestens in Angriff genommen werde. — In der dies¬ bezüglichen Gemeinderatssitzung vom 23. Februar l. J. wurd die Finanzsektion mit der Ausarbeitung geeigneter Vorschläge wecks Beschaffung der hiezu erforderlichen Mittel beauftragt. — Der Finanzsektion war es schon im vorhinein klar, daß mit Rücksicht auf die finanzielle Lage der Stadt die Bewältigung dieser Aufgaben nur durch Aufnahme eines entsprechenden Darlehens möglich sein wird Der Herr Bürgermeister hat nun in einem Berichte an die Finanzsektion den Vorschlag gemacht, bei dieser Gelegenheit nich nur diese vorgenannten Fragen der Lösung zuzuführen, sondern auch gleich alle anderen notwendigen Aufwendungen einer gründ¬ ichen Regelung zu unterziehen, welche teils auf vorhandene Rückständigkeiten, teils auf mit dem Wachstum der Stadt in Verbindung stehenden Neuanforderungen in Zusammenhange tehen. Es handelt sich dabei um Verbesserung des Straßenwesens, Regelung der Kehricht= und Fäkalienabfuhr, Erbauung von Schulen und eines Schlachthauses, Kasern=Neu= und Zubauten Stadterweiterung, Gebäude= und Grundankäufe, sowie Vergröße¬ rung des Armenhauses zwecks Zusammenziehung und Verbesserung der Armen=Unterkunftsstätten Nach der vom Herrn Bürgermeister gemachten Zusammen stellung sind hiezu erforderlich, und zwar für 3,000.000 K, Wasserleitung 2,000.000 Kanalisierung Kehricht= und Fäkalienabfuhr 200.000 Straßenwesen 250.000 300.000 Infektionsabteilung * * Schulen ,000.000 „ Schlachthaus 500.000 * * Kasernen=Neu= und Zubauten 2,000.000 „ Stadterweiterung, Grund= und Gebäude 700.000 Unkauf, Armenunterkunftswesen. usammen 9,950.000 K, * daher rund 10 Millionen Kronen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die vorbenannten Aufwendungen teils bereits gefordert und unbedingt notwendig, eils aber mit der Bedeutung und dem Ansehen der Stadt zu¬ ammenhängend, nicht länger mehr hinausgeschoben werden können. Wenn auch alle diese Arbeiten mit Rücksicht auf die egenwärtigen Verhältnisse noch nicht zur Ausführung gelangen können, so ist es doch Pflicht einer vorausschauenden Gemeinde¬ vertretung, sich die hiefür erforderlichen Mittel rechtzeitig zu eschaffen, bezw. zu sichern In dieser Richtung hat nun auch wieder unser Herr Bür¬ germeister der Finanzsektion in dankenswerter Weise vorausge¬ arbeitet. Auf seine diesbezüglich gestellten vertraulichen Umfragen hat sich die oberösterreichische Landes=Kommunal=Kredit¬ anstalt in Linz bereit erklärt, der Stadt Steyr in Darlehen bis zu 10 Millionen zu gewähren und hat auch der Stadtgemeinde=Vorstehung Steyr in schätzens¬ werter Weise Winke und Andeutungen darüber gegeben, wie be¬ der Aufnahme eines solchen Darlehens die Interessen der Stadt am besten gewahrt bleiben. Diese Anleitungen werden selbstver ständlich bei der Darlehens=Aufnahme volle Berücksichtigung inden. Es sei mir gestattet, bei dieser Gelegenheit der Landes¬ Kommunal=Kredit=Anstalt in Linz, insbesondere aber dessen Di¬ rektor Herrn Dr. Graßl, einem Sohne unserer Stadt, für das besondere Entgegenkommen von dieser Stelle aus den besten Dank zum Ausdrucke bringen zu dürfen Zur Darlehensbegebung selbst übergehend bemerke ich, daß die Landes=Kommunal=Kredit=Anstalt in Linz hiefür ihre 4%igen und 4½%igen Kommunaldarlehen je mit ¼% Regiebeitrag und ½% Amortisation zur Verfügung stellt und daß laut Statut dieser Anstalt das Darlehen unkündbar ist und der Zins¬ uß niemals erhöht werden darf, was besonders hervorgehoben werden muß. Nachdem die Verhältnisse nach dem Kriege gegen¬ wärtig auch nicht annäherungsweise vorausgesehen werden können, es aber ganz sicher sein wird, daß die Anforderungen an den Geldmarkt ganz bedeutende sein werden, was wiederum eine Steigerung des Zinsfußes mit sich bringen wird, ist es Pflicht der Gemeindevertretung, sich schon jetzt die Beschaffung der er¬ forderlichen Mittel zu den günstigsten Bedingungen zu sichern, damit die Gemeinde in Zukunft vor Schaden bewahrt bleibt. Mit der Aufnahme eines so großen Darlehens treten selbst redend an die Gemeinde auch große Anforderungen heran. E¬ leibt aber zu bedenken, daß die angeforderten Summen einer¬ seits in ihrer vollen Höhe nicht in Anspruch genommen werden dürften, andererseits aber die Verzinsungs= und Amortisations¬ Quoten durch die zu errichtenden Anlagen ganz oder teilweise elbst wieder hereingebracht werden, so daß nur der wirklich zu deckende jährliche Abgang aus den steigenden laufenden Ein¬ 7 nahmen wird gedeckt werden müssen. Es ist aber zu erwarten daß dieser Abgang durch sparsame Wirtschaft, Mehrerträgnis nutzbringender Anlagen, bezw. günstige Vertragsabschlüsse, sowie durch Erwirkung von Zuschüssen von Staat und Land sich noch edeutend herabsetzen lassen wird, so daß der Bevölkerung ein euerliche Mehrbelastung infolge der Durchführung aller dieser Maßnahmen erspart bleibt Die Finanzsektion kann daher dem Vorschlage des Herrn Bürgermeisters, schon jetzt für alle nötigen Maßnahmen vorzu orgen, nur zustimmen, dies umso mehr, als ja wegen Aus¬ führung der vorgenannten Arbeiten vorher ein Beschluß des Ge¬ meinderates eingeholt werden muß, dem es jeweils zusteht, auf Grund der Kostenvoranschläge, Ertragsberechnungen usw end¬ ültig darüber zu entscheiden, ob der Bau durchgeführt werden ann oder nicht. Es handelt sich eben darum, schon jetzt die Mittel zur Durchführung der beabsichtigten Aufwendungen icherzustellen. Die Sektion stellt daher den Antrag: Der löbliche emeinderat wolle zur Aufnahme, bezw. Sicherstellung eines Darlehens in der Höhe von zehn Millionen bei der Oberöster¬ eichischen Landes=Kommunal=Kredit=Anstalt in Linz seine Zu¬ timmung erteilen und mit der Durchführung dieser Angelegen eit den Herrn Bürgermeister und die Finanzsektion betrauen. — Die nötigen Eingaben sind raschestens auszuarbeiten und dem Gemeinderate zur endgültigen Annahme vorzulegen. Meine Herren! Es ist gewiß ein sehr bedeutender Schritt den der Gemeinderat zu machen, und ein bedeutender Entschluß er zu fassen ist; er wird vielleicht in der Oeffentlichkeit wie eine Bombe wirken, wenn von dem Betrag von 10,000.000 K gehört wird. Wie Sie jedoch schon aus meinen Ausführungen ver¬ nommen haben, handelt es sich aber um Maßnahmen, die uns ur Durchführung aufgetragen wurden. Den günstigen Moment, der sich uns jetzt in dem Zinsfuß bietet, können wir aber nicht vorübergehen lassen, um das für die vorgeschriebenen Durch¬ ührungen nötige Geld sicherzustellen. Aus diesem Grunde bitte ch, dem Antrage der Finanzsektion zuzustimmen. err G.=R. Prof. Erb: Ich ergreife das Wort deshalb, weil von einer Bombe die Rede war (Heiterkeit), und ich fürchte sehr, daß nicht der Antrag, sondern dieses gefährliche Wort so virken könnte. Ich betrachte diesen Antrag als eine sehr unge fährliche Bombe und erblicke auch bei richtiger Haushaltung und richtiger Investierung des Darleihens in diesem Kredite gar keine Gefahr. Dieser Kredit wird eben, wie ja der Antrag der Finanz¬ sektion schon besagt, nach und nach in Anspruch genommen verden. Steyr ist eine Stadt, die im Emporblühen begriffen ist und kann sich mit den jetzt bestehenden Einrichtungen nicht mehr begnügen. Sagen wir es nur offen, wir sind auf vielen Ge¬ ieten noch rückständig, es wäre daher meiner Ansicht nach für ie Zukunft höchst ungünstig, wenn man den günstigen Zeit punkt des Zinsfußes, den uns die Kommunal=Kredit=Anstalt der¬ eit gewährt, vorübergehen lassen würde. Ich finde daher, daß in dem Antrage nichts aufregendes, sondern etwas beruhigendes iegt. Unsere Nachfolger können nur sagen, das war einmal ein Gemeinderat, der auch in die Zukunft geblickt hat, der sieht vas fehlt und was not tut und jeder vernünftige Mensch wird agen müssen, wenn was geschaffen werden soll, brauche ich auch Geld dazu Das investierte Kapital wird sich in den Anlagen zum rößten Teile selbst verziusen und amortisieren, bloß die zu er¬ auenden Schulen und die Kanalisierung dürften, wie es leicht egreiflich ist, passiv bleiben. Herr G.=R. Wokral stimmt den Ausführungen zu und bemerkt, daß der Fehler eines Versäumnisses nicht geschehen ürfe. Es waren aber schon Zeiten vorhanden, wo es möglich jewesen wäre, das Wachstum der Stadt zu fördern, solche Zeiten ind aber leider versäumt worden und die Folge davon war, daß Steyr gegen andere Städte Oberösterreichs vielfach zurückgeblieben oder nahezu auf dem gleichen Standpunkt geblieben ist. Nun bietet sich wieder Gelegenheit, daß die Stadt sich ver¬ rößern könnte, wie es im Interesse derselben gelegen ist und da ist es auch selbstverständlich, daß alle die Einrichtungen, wie ie im Antrage der Finanzsektion aufgeführt sind, als: Beleuch¬ ung, Kanalisierung, Wasserleitung, Schlachthaus, Infektions¬ avillon und mauch anderes vorgesorgt werden muß. Auch die Wohnungspolitik muß verfolgt werden Ich möchte darauf hinweisen, daß die Sozialdemokraten immer wieder betont haben, wir brauchen solche Einrichtungen, um auf der Höhe der Zeit zu sein und uns nicht nur mit des Tages Notdurft zu begnügen, sondern vorausschauend zu wirken. Nur muß zu allen diesen Dingen ein gewisser Plan vorliegen, nach welchem auch Steyr darangehen kann, diese Einrichtungen durchzuführen Meine Auffassung geht dahin, daß, wenn alles im Ein¬ elnen gemacht würde, die Bevölkerung zur Ansicht kommen könnte, es wird nur immer neues geschaffen, ohne nach einem System die Einrichtungen zu behandeln. Ich halte es weit besser, wenn gleich die vorgeschlagene Summe aufgenommen wird, weil dadurch der Gemeinderat die Entschließung über die Durch ührungen freier treffen kann. Nur habe ich Bedenken, ob die angesprochene Summe auch tatsächlich ausreichend sein wird Gleichzeitig möchte ich aber wünschen, daß von diesem Dar¬ leihen kein Geld zur Deckung von Passiven anderer Verwaltungs¬ zweige verwendet wird, sondern daß dieses Darleihen nur zum
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