Ratsprotokoll vom 4. September 1917

Milchanlieferung entziehen will, oder gar gegen die Statthalterei in Wien. Wir sind jetzt im vierten Kriegsjahre und es herrscht tatsächlich bei den politischen Verwaltungsbehörden die reinste Anarchie. Diese Zustände sind nicht aus der Welt zu bringen. Ja, wir wissen alle mitsamen nicht, wer eigentlich in dieser Holz¬ eschichte anzuschaffen hat, der Gemeindediener oder der Statt¬ halter. Wer hat mehr Recht in Oesterreich, der Gemeindediener von Afiesl oder der Statthalter von Linz Herr G.=R. Ortler: Die Einbringung dieses Dringlich¬ keitsantrages ist nur zu begrüßen und demselben ein rascher Erfolg von Herzen zu wünschen. Ich befasse mich seit fün Wochen mit der Holzbeibringung und komme auch nächste Woche wieder zur Statthalterei in dieser Angelegenheit nach Linz. Es herrschen wirklich Zustände, die unhaltbar sind. Ich muß auf¬ merksam machen, daß darauf hingearbeitet werden muß, dast Bauern, die ein Fuhrwerk besitzen, unbedingt verpflichtet werden, Holzfuhren zu leisten. Anders ist es nicht möglich, den Holz konsum für heuer herzubringen. Ebenso verhält es sich mit den olzknechten; von den 42 Holzknechten, deren Enthebung ange¬ trebt wurde, konnten bisher vier Mann erhalten werden. Mit en vier Mann ist es aber unmöglich, auch nur nennenswertes zu leisten. Das sind Sachen, die wirklich sehr weitgreifend sind Da man mit ganz unverläßlichen und unkundigen Leuten ar¬ eiten muß, konnte es passieren, daß vor kurzem das ganze Fuhr verk samt Pferden und Knecht in den Graben stürzte. Bedenken Sie, ich muß tausende von Kronen riskieren, bis ich jedesmal eine kleine aufladbare Menge heimbringen kann. Das sind Zu¬ stände, die jeden Geschäftsmann dazu zwingen können, sein Ge¬ schäft einzustellen. Ich möchte ferner in der Kohlenfrage ein Exempel vor¬ bringen, nach welchem Ansuchen um Beistellung von Waggons ür jede Anlieferung separat eingebracht und mit 2 K gestempelt werden müssen, welche Ansuchen aber mit der Begründung ab¬ gewiesen wurden, daß aus Betriebsrücksichten keine Waggons ur Verfügung gestellt werden können. werde jedoch die Angelegenheit in der nächsten Be¬ Ich in Linz wieder verfolgen. sprechung Ich schließe mich den Ausführungen des Herrn Gemeinde¬ rates Wokral vollinhaltlich an und bitte Sie, durch Annahme des Dringlichkeitsantrages die Holz= und Kohlenversorgung tat¬ kräftigst zu unterstützen. Herr Bürgermeister läßt nunmehr über den Dring¬ lichkeitsantrag abstimmen und wird derselbe vom Gemeinderate instimmig zum Beschlusse erhoben. Herr Bürgermeister: Ferner liegt mir vor folgender Antrag des Herrn Gemeinderates Kattner: Antrag des Gemeinderates Franz Kattner betreffend die Errichtung einer Automobillinie Steyr —Enns Die Lage Steyrs an einer Seitenlinie der k. k. Staats bahnen wurde stets ungünstig empfunden, insbesondere gaben die Anschlüsse an unseren Anschlußstationen St. Valentin und Klein=Reifling vielfach zu Klagen Anlaß. Stets war es das Bestreben der Gemeinde=Vertretung, diese Anschlüsse zu verbessern, aber die Erfolge waren recht wenig befriedigend, da es sich als unmöglich erwies, bei dem mangelhaften Zugsverkehr unserer Lokalstrecke auch nur einiger¬ günstige Anschlüsse zu erreichen maßen Besonders drückend war der Umstand, daß so mancher Schnellzug in Enns hielt, während er in unserer Umsteigstation St. Valentin durchfuhr Es wäre daher sehr wünschenswert, eine Verbindung nach Enns zu erreichen, und zwar zu jedem in Enns haltenden Zuge, gleichviel ob dieser in der Richtung nach Linz oder nach Wien verkehrt. die Errichtung einer Bahn Steyr—Enns auf große Da Schwierigkeiten stoßen, jedenfalls aber zu ihrer Durchführung lange Zeit brauchen würde, wäre die Errichtung einer staat¬ ichen Automobillinie Steyr—Enns ins Auge zu fasser Solche Linien haben sich anderwärts bestens bewährt. Die von Steyr nach Enns führende Reichsstraße ist zum Befahren mit Automobilen bestens geeignet und hätte die Einführung eines solchen Verkehres nicht nur die Vorteile guter Zugs¬ nschlüsse nach Linz und Wien, sondern sie würde auch den Verkehr Steyrs mit den an und in der Nähe dieser Straße ge¬ legenen Gemeinden und Ortschaften bedeutend erleichtern, was insbesondere vom Standpunkte der besseren Versorgung der Stadt mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen von großem Vorteile wäre. Der Gefertigte stellt daher folgenden Antrag der Gemeinderat beschließe, die Errichtung einer staat¬ lichen Automobillinie Steyr—Enns anzustreben, und zwar der¬ geordneter Verhältnisse gestalt, daß diese sofort nach Eintritt den Verkehr aufnehmen kann. Franz Kattner L. Erb. Fr. Kirchberger Karl Wöhrer. Ludw. Binderberger. Bachmayr. Ich weise diesen Antrag der Verkehrskommission zu. Mitteilungen leber Auftrag des Herrn Bürgermeisters bringt der Schrift¬ führer folgende Mitteilungen zur Verlesung Die Bezirks=Krankenkasse Steyr dankt für die zuerkannte Subvention per 100 K für das Jahr 1917. Der Bund der deutschen Städte Oesterreichs dankt für die Spende von 200 K zugunsten der durch Erdbeben schwer heim¬ esuchten Stadt Rann Die Mitteilungen werden zur Kenntnis genommen. err Bürgermeister: Ich gehe nun zur Tages¬ ordnung über. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Karl Harant jun 1. Personalansuchen. 2. Ansuchen um Bürgerrechtsverleihung. 3. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindever¬ and Die Punkte 1, 2 und 3 werden vertraulich behandelt und dem Schlusse der Sitzung vorbehalten. 4. Bestimmungen über die Aufnahme in die Privat¬ bteilung des Allgemeinen öffentlichen Krankenhauses Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Dr. Harant jun.: Es liegt uns vor ein Entwurf über Bestimmungen für die Privatabteilung im Allgemeinen öffentlichen Krankenhause der Stadt Steyr, welchen ich hiemit zur Verlesung bringe Bestimmungen ür die Privatabteilung im Allgem. öffentlichen Krankenhause er Stadt Steyr Allgemeines. § 1. Um auch jenen Kranken, welche in Bezug auf Unterbrin¬ gung, Verpflegung und Wartung höhere Ansprüche stellen und ine größere Behaglichkeit wünschen, gerecht zu werden, wurde n den Räumen des Allgem. öffentlichen Krankenhauses der Stadt Steyr eine Privatabteilung mit Zimmern I. und II. Klasse er¬ richtet, deren Ausgaben und Einnahmen selbständig verrechnet verden. § 2. Aufnahme. Die Aufnahme der Kranken auf dieser Abteilung erfolgt nur durch den Primarins. Die Behandlung der Kranken auf dieser Abteilung steht iusschließlich den Aerzten des Krankenhauses zu, doch hat der Dienst im Allgemeinen Krankenhause vor dem Dienste auf der Privatabteilung unbedingten Vorrang Für den ärztlichen und Wartedienst gelten dieselben Be¬ timmungen wie für das Allgemeine Krankenhaus. § 3. a) Verpflegsgebühren. Für die Verpflegung auf der Privatabteilung werden fol¬ gende Gebühren eingehoben, und zwar I. Klasse täglich 10 K, I. Klasse äglich 6 K In dieser Gebühr sind die Auslagen für Beköstigung, Be lützung der Spitalsräume, Bettwäsche, Beleuchtung, Beheizung nd Wartung, sowie die ärztliche Hilfe im Rahmen der ein¬ achen täglichen Visite inbegriffen. b) Nebengebühren Weiters beanspruchte ärztliche Dienstleistungen sind dem Primarius, Verbandstoffe, Medikamente, therapeutische Behelfe, lektrische Bäder (Heilbäder), Sauerstoff=Inhalationen, Röntgen¬ behandlungen usw. jedoch an die Krankenhausverwaltung nach einem vom Gemeinderate der k. k. l. f. Stadt Steyr jeweils ge¬ iehmigten Tarife besonders zu vergüten Ninderbemittelten Kranken können, wenn sie darum an¬ uchen und diesbezügliche Behelfe erbringen, auf der II. Klasse iese Nebengebühren ganz oder teilweise erlassen werden, doch ind die Verpflegsgebühren unter allen Umständen zu entrichten. Ueber derlei Ansuchen entscheidet über Vorschlag der Krankenhaus=Direktion die Spitalskommission bis zu einem Be¬ trage von 500 K, bei einem darüber hinausgehenden Betrage der Gemeinderat § 4. Beköstigung Die Beköstigung der Klassenpatienten ist folgende: II. Klasse: Frühstück: Kaffee oder Tee mit Brot Mittag: Gut eingekochte Suppe, Rindfleisch mit Zu¬ peise, Braten mit Kompott oder Salat, oder anstatt des Rind¬ leisches eine Mehlspeise und Brot Jause: Kaffee oder Tee mit Brot. Abendessen: Suppe und eine Mehlspeise oder Fleisch¬ nit Brot. peise Klasse: wie vor, wobei jedoch besondere Wünsche der Pfleglinge, welche nach billigem Ermessen als annehmbar er¬ ichtet werden können, zu berücksichtigen sind Speisen und Getränke, welche außer dieser täglichen Ver¬ pflegung mit Erlaubnis des Arztes gewünscht werden, sind je doch besonders zu vergüten. § 5. Unterbringung der Kranken. Kranke der I. Klasse haben Anspruch auf die alleinige Unterbringung in einem Krankenzimmer und können eine Be¬ leitperson mitnehmen, für welche jedoch nur die Gebühren der 1I. Klasse verrechnet werden. 5

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