Ratsprotokoll vom 24. Juli 1917

neten niederösterreichischen Bezirke St. Peter und Haag zum Zwecke der Schaffung eines gemeinsamen Wirtschafts¬ gebietes wird auch hier wiederholt, so daß sich das gedachte Wirtschaftsgebiet auf die Approvisionierung sowohl mit Eier und Butter erstrecken kann. Fleisch, als auch mit Milch, Fett. Die Fettzuweisung erfolgte bisher in sehr bescheidenen Brenzen und unregelmäßig, Insbesondere ist die Art der Butterzuweisung voll¬ ständig verfehlt. Die Bezirke Steyr=Land und Kirchdorf wären in der Lage, Butter nach Steyr zu liefern, werden jedoch un¬ unger Weise verhalten, an die Landes=Sammelstelle nach Wels abzuliefern, wo hingegen Steyr auswärtige, meit schlechte Butter erhält. Es wären deshalb die genannten Bezirke Steyr=Land und Kirchdorf von der Anlieferung nach Wels zu befreien und anzuweisen, ihren gesamten Butterüberschuß zur Ver¬ orgung der Stadt Steyr zur Verfügung zu stellen Ferner wäre die Erwirkung von größeren Zuwei¬ sungen an Schweinefett als es bisher geschehen ist, dringendst notwendig. Bemerkt wird hiezu, daß die Arbeiter der Waffen¬ fabrik betreffend Fettversorgung der Stadt zugewiesen sind. Mehl. Seit einer Reihe von Monaten ist die Bevölkerung Steyrs in ihrem Mehlbezuge auf die Hälfte herabgesetzt und nur in letzter Zeit ist eine unwesentliche Erhöhung des Be¬ zuges eingetreten Leider wurden bei dieser Regelung die Schwerarbeiter die bisher im Bezuge der vollen Mehlmenge waren, wieder verkürzt. Es erscheint dringendst notwendig, daß nach Ein¬ bringen der neuen Ernte die Mehlmenge für die gesamte Bevölkerung wieder auf die volle Menge erhöht wird und daß chon jetzt den Schwerarbeitern wieder diese volle Menge zukommt. Hülsenfrüchte. die Zuweisung von entsprechenden Mengen vor Hülsenfrüchten ist für die Bevölkerung Steyrs unumgänglich notwendig, da seit einer langen Reihe von Monaten gar keine Hülsenfrüchte hieher gelangt sind. Der Bürgermeister: Gschaider m. p. Ich bitte, diese Mitteilungen zur Kenntnis zu nehmen herr GR. Prof. Erb: Zuerst möchte ich aus dem Inhalte der eben vom Herrn Bürgermeister vorgetragenen Ausführungen eine Gefahr vermieden wissen, und zwa bezüglich der Gegenstände, welche die Ernährungsfragen be¬ treffen und bezüglich der in der Stadt Steyr zugewiesenen Fleischmengen Ziffern nennen. In dem Augenblicke, wo die auswärtigen Orte die Menge der Fleischzuweisungen in bestimmten Ziffern erfahren, kommen auch diese mit Ent¬ gegenhalten, daß wir viel zu viel Fleisch beziehen und besteht die Gefahr, daß eine Verkürzung vorgeschrieben wird; selbst aber, wenn uns nichts genommen wird, würde dies un¬ angenehm empfunden werden. Ich möchte bitten, diese Ziffern auszuscheiden und einfach zu sagen, durch die vor genommenen Feststellungen ist eine Erhöhung der Fleisch¬ zuweisungen erfolgt. Die Gefahr ist eine außerordentlich große; sonst wird gesagt, ihr habt mehr wie die anderen, infolgedessen können wir nichts mehr geben Herr Bürgermeister: Ich kann über Wunsch ganz gut die Ziffern ausscheiden, kann aber in den Ziffern keine Gefahr erblicken, weil die Annahme der zugewiesenen Fleischmenge im Einvernehmen mit der Viehverwertungs¬ Beratung auch Vertreter Kommission erfolgte, bei deren anderer Städte anwesend waren Herr GR. Prof. Erb: Es ist jedoch entschieden vor¬ ichtig, wenn wir keine Ziffern nennen. Dann möchte ich bitten, daß der Herr Bürgermeister sein Referat in Zukunft in Druck legen läßt. Es ist schade um die Zeit; schließlich weiß der größte Teil der Herren Gemeinderäte nach Schluß des Vortrages nicht mehr, was alles vorgetragen wurde, obwohl gewiß einzelne der Herren gern hiezu Stellung lehmen möchten und sich eine Debatte entwickeln kann. Wie wir aus dem Berichte des Herrn Bürgermeisters gehört haben, handelt es sich dabei um tief einschneidende Ma߬ nahmen; wenn also der Bericht gedruckt und den Herren Gemeinderäten vor der Sitzung zugeteilt wird, so können die Herren denselben lesen und ihre Meinungen und Anträge vorbereiten. Auch möchte ich ersuchen, besonders was die Er nährungsfragen betrifft, alle gleichen Gegenstände zusam¬ menzufassen und daß auch dieser Bericht den Approvisionie¬ ungs=Ausschüssen übermittelt wird; diese haben gewiß auch in Recht darauf, zu hören oder zu wissen, was im Ge¬ meinderate über die Tätigkeit gerade in diesem wichtigen 3 Belange geschieht. Auch die Vorwürfe werden dadurch ver¬ nieden, daß zu wenig geschieht. Was im Gemeinderat ver¬ handelt wird, gehört auch in die Oeffentlichkeit. Ich ver¬ weise nur auf die gestrigen Anwürfe in der Sitzung des lpprovisionierungs=Ausschusses, worin eben aus der Ur¬ ache, daß die Mitglieder der verschiedenen Kriegskon¬ sumenten=Vereinigungen nichts von den gewiß dankens¬ werten Bemühungen des Herrn Bürgermeisters erfahren, denselben darum angreifen und sagen, er mache alles allein und daraus mit der Bevölkerung den Schluß ziehen, daß lichts geschieht. Ich bitte vor allem daher nochmals, daß die Berichte in Druck gelegt und den Herren Gemeinde¬ räten, sowie den Mitgliedern des Approvisionierungs=Aus¬ schusses mitgeteilt werden Herr Bürgermeister: Ich bin gewiß sehr gern bereit, die Drucklegung und Verteilung des Berichtes zu ver¬ anlassen, muß aber bemerken, daß ich noch heute infolge Eintreffens von Antworten auf verschiedene Eingaben Er¬ gänzungen machen mußte und daß daher der gedruckte Be¬ icht diese in letzter Stunde eingelangten Erledigungen nicht nthalten könnte. Es müßten dann eben Richtigstellungen des gedruckten Berichtes hingenommen werden Herr GR. Wokral: Vielleicht wäre es möglich, die Sitzungen nicht so lange im Zeitraume von einer zur an¬ deren hinauszuschieben. Seit der letzten Sitzung sind sieben Wochen verstrichen. Dadurch werden die Sitzungen auch ausgedehnter; ich möchte bitten, daß hierauf Rücksicht ge¬ nommen wird und allmonatlich an bestimmten Terminen die Gemeinderatssitzungen anberaumt werden. Bezüglich des Berichtes selbst, möchte ich darauf ver¬ veisen, daß wir wegen des Einsiedezuckers zum Beispiel gegenüber Linz eine Verkürzung erleiden. Linz hat pro Kopf 1 Kilogramm; in der Gemeinde St. Ulrich wurden nur 5 Dekagramm ausgegeben. Das sind Dinge, die in der Bevölkerung den Glauben erwecken, daß sich die Gemeinde¬ vertretung hierum nicht kümmert. Ich hege daher ebenfalls den Wunsch, daß bei allen solchen Zuweisungen auch dem Approvisionierungs=Ausschuß die Möglichkeit der Ueber¬ prüfung gegeben ist. Vielfach wird man um dies und jenes gefragt und muß man zur Antwort geben, daß man selbst licht mehr weiß, als dasjenige, was im jeweiligen Berichte des Herrn Bürgermeisters erwähnt wird, was dann in der Bevölkerung den Glauben erweckt, daß nichts oder zu wenig geschieht Herr Bürgermeister: Bezüglich der Zuweisungen an Einsiedezucker handelt es sich um einen strikten Erlaß der Statthalterei. In der Sitzung des Städtebundes wurde darüber Klage geführt, daß in manchen Orten den Haus¬ halten nur ½ Kilogramm zugewiesen wurde, ja sogar in Bezirken seitens der Bezirkshauptmannschaften die Zu¬ weisung von Einsiedezucker an Haushalte untersagt wurde. herr GR. Dr. Harant: Mit der Indrucklegung ieses Berichtes würde ich vollkommen einverstanden sein, vorausgesetzt, daß die Drucklegung durchführbar ist. Was edoch die von Herrn GR. Wokral erfolgte Rügung der päten Anberaumung der Sitzungen betrifft, so glaube ich, aß nach den Vorschreibungen der Geschäftsordnung ohne¬ ies alle Monate eine Sitzung des Gemeinderates statt¬ findet. Für die Anberaumung der gegenwärtigen Sitzung var aber auch der Termin der Ausschreibung von neu zu be¬ etzenden Stellen maßgebend und wäre es sehr unpraktisch ewesen, vor Ablauf des Termines eine Sitzung einzu¬ chalten und dann erst in der nächsten Sitzung mit der Be¬ tzung der Stellen vorzugehen. Auch muß ich darauf hin¬ weisen, daß wir doch zumeist Leute sind, die auch anderes zu tun haben, als nur Gemeinderatssitzungen abzuhalten daß jede Sitzung ihre Vorarbeiten beansprucht, daß auch die Zeit, die ja heute an jeden besondere Anforderungen stellt, angelt und eine gewisse Zeit doch zur klaglosen Abwick¬ ung der Gemeindegeschäfte benötigt wird. Ich möchte daher wünschen, daß es mit der Anberaumung der Sitzungen so leibt und dieselben nicht an bestimmte Termine gebunden werden. der Bericht des Herrn Bürgermeisters wird sohin mit Befriedigung zur Kenntnis genommen. Herr Bürgermeister: Seitens des Herrn Ge¬ neinderates Haidenthaller wurde mir folgender Dringlich eitsantrag übergeben und erlaube ich mir denselben vor¬ zulesen: Dringlichkeitsantrag des Gemeinderates Josef Haidenthaller betreffend Verhütung er immer mehr überhandnehmenden Flurbeschädigungen durch Diebereien und Plünderungen und betreffend die Ueberfälle auf die die Stadt mit Lebensmitteln versorgenden Marktgeherinnen Die höchst bedauerlichen Zustände vor den Toren der Stadt nehmen immer mehr überhand. Sie bedrohen schwer die Versorgung unserer Bevölkerung mit Lebensmitteln jetzt, loch mehr für die Zukunft. Massen von Leuten strömen äglich hinaus, schneiden die Getreideähren bündelweise ab, eißen große Büschel Aehren aus den aufgestellten Mandeln heraus vernichten wagenweise die Kartoffelbüsche und die Gemüse, stehlen Obst und beschädigen rücksichtslos die

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