2 Die von allen Seiten an die Regierung gerichteten Auf¬ orderungen haben die Beigabe von Einsiedezucker bewirkt und vurden auch der Stadt Steyr 1½ Waggons zugewiesen, die laut Statthaltereierlasses vom 26. Juni 1917 zur Verteilung gelangten. Frühkartoffel. Zeitungsnachrichten zufolge wurde die Frühkartoffelernte des Bezirkes Eferding zur Versorgung der Stadt Linz gesperrt. Ich habe auf das hin im Ernährungsamte in Linz vorge¬ prochen und die Sperrung der Bezirke Steyr Land und Kirch¬ orf für Stadt Steyr verlangt, und sind diesbezüglich bereits Verhandlungen der Statthalterei im Zuge Ferner verlangte ich daß die seitens des hiesigen Kriegskonsumenten=Ausschusses ge¬ schlossene Eferdingerlieferung von 3000 kg Frühkartoffel trotz der Linzersperre ermöglicht werde Im schon jetzt vorzusorgen, wurden bei dem Bunde Deutscher Städte vier Waggon Dörrpflaumen und vier Waggon Speiseäpfel zur Herbstlieferung bestellt. Desgleichen wurde ein Bestellung von 7000 kg Seife in Triest durchgeführt. Die Seife wird nach Eintreffen seitens der hiesigen Kaufmannschaft und hiesigen Konsumenten=Organisationen in Verkehr gebrach verden. Auch gelang es, eine Menge von 2000 kg brauner Erbsen zu erhalten und über 1000 kg Gurken zu verhältnis mäßig billigen Preisen in Verkehr zu bringen. Besprechung in der Waffenfabrik. Am 23. Juni 1917 habe ich im Vereine mit Herrn Abge¬ ordneten Professor Erb an einer Besprechung über Ernäh¬ rungsfragen, die im Sitzungssaale der Wassenfabrik stattfand teilgenommen. In dieser Besprechung wurden die sämtlichen Verpflegsschwierigkeiten, die in Steyr bestehen, erörtert; insbe¬ sondere wurde auf den Mangel an Kartoffeln hingewiesen und um eheste Abhilfe gebeten erner kamen auch die besonders in letzter Zeit besonder stark eingerissenen Schlachtungen von Milchkühen zur Besprechung, und wurde sowohl seitens der Stadt als auch seitens der Be¬ zirkshauptmannschaft darauf hingewiesen, daß durch die Fort¬ setzung dieser Schlachtungen die Milchversorgung Steyrs auf das äußerste gefährdet sei und es unumgänglich notwendig sein werde, die Fleischangelegenheit so zu regeln, daß die Milchkühe unbedingt geschont werden Es wurde darauf hingewiesen, daß hier in Oberösterreich sogar Kühe von 10 bis 14 Luer Milchergiebigkeit geschlachtet werden, um das Ablieferungskontingent aufzubringen, in Nieder¬ österreich jedoch genug Schlachtvieh vorhanden sei. Dieser Unge¬ rechtigkeit muß ein Ende bereitet werden. Auch die Gemüse= und Fettversorgung gab vielfach Anlaß zu Klagen. Wegen Eierversorgung wurde allgemein Klage über die schädliche Wirkung des freien Eiereinkaufes im Ma geführt und dringendst um Abhilse gebeten, sowie darauf auf¬ merksam gemacht, daß Oberösterreich infolge der Durchführung des freien Eiereinkaufes im heurigen Jahre wohl kaum in der Lage sein wird, auch nur einen nennenswerten Teil der für die Eierversorgung notwendigen Menge aufzubringen, so daß unbe¬ dingt mit der Zufuhr von auswärts gerechnet werden muß Die Beratung bot den Vertretern der Stadtgemeinde viederholt Gelegenheit, auf die unbedingte Notwendigkeit der Versorgung der nicht in Fabriksversorgung stehenden Bevölkerung inzuweisen. Der Vertreter des Ernährungsministeriums sagte die möglichste Abhilfe zu und werden diesbezüglich noch Besprechungen m Ernährungsamte in Wien erfolgen. Eingabe an das Ernährungsministerium. Im Verfolge der in meinem Berichte erwähnten Bespre¬ chung in der Waffenfabrik richtete ich im Einvernehmen mi dem Herrn Reichsratsabgeordneten Professor Erb eine Ein¬ gabe an das Ernährungsministerium, die von diesem dort überreicht wurde. Ich lasse diese Eingabe, die in den Zeitungen erschienen ist, dem Protokolle einverleiben. Vorsprachen in Wien. Ich habe mich zwecks Vorsprache in diesen Angelegenheiten ebenfalls nach Wien begeben, wo Herr Abgeordneter Erb bereits vorgearbeitet hatte, und erstatte hierüber nachstehenden Bericht: Zunächst begaben wir uns ins Ernährungsamt und von dort zu Bezirkshauptmann Fundulus, der bei der letzten in Steyr abgehaltenen Ernährungssitzung anwesend war. Nachdem wir über allgemeine Fragen gesprochen hatten, be¬ gleitete er uns zu den einzelnen Referenten, zuerst zu Vize sekretär Werner wegen Fettversorgung Dieser war über unsere Klagen sehr überrascht da nach seinen Auskünften Butter genug in Oberösterreich vorhanden sei. Er wies uns eine Aufstellung vor, wonach in Oberösterreich vom 1. bis 16. Juni 53.287 kg Butter zur Verteilung an die Nichtselbstversorger aufgebracht worden seien, von denen blos 7825 kg ausgeführt wurden, so daß für den eigenen Bedarf 45.462 kg übrig blieben Dies macht bei einem Stande von 229.210 zu Versor genden rund 100 g für den Kopf in der Woche. Außerdem anden für die angegebene Zeit noch 15.277 kg außer dem in Lande erzeugter Fette zur Verfügung, so daß der gesamte Fett¬ bedarf im Lande selbst aufgebracht werden könnte. Ueberdies tünden noch die ungarische Schweinefettanlieferungen zur Ver¬ fügung. Da Steyr in der angeführten Zeit bloß 628 kg Butter rhalten hat, somit 11½ g für den Kopf und die Woche ent¬ fallen und auch aus dem Salzkammergute Klagen wegen mangel hafter Butter= und Fettversorgung kommen, ist es tatsächlich rätselhaft, wo die viele Butter hinkommt und scheint der Fehler n der oberösterreichischen Verteilungsweise zu liegen Außerordentlich ungünstige Auskünfte über die Eierversorgung erhielten wir seitens des Herrn Vizesekretärs Graf Bachta er uns mitteilte, daß die Eierzufuhren aus Ungarn und Galizien fast ganz aufgehört haben, somit eine Abgabe nach Oberösterreich ausgeschlossen sei. Auch unsere Anfrage, ob die Gastwirte und die Zucker¬ bäcker Steyrs wie im Vorjahre Eier aus Ungarn sich beschaffen könnten, beantwortete er verneinend, da das Wenige was herauskäme, zur Gänze zur Versorgung Wiens, das in diesem lrtikel fast gänzlich entblößt sei, verwendet werden müssen. Sehr ingünstig sprach er sich über die Eierfreigabe in Oberösterreich im Monate Mai aus Bei Ministerialsekretär Riedl von Riedenau schilderten vir die Verhältnisse unserer Milchversorgung ind verlangten entsprechende Erhöhung der Zuschüsse. Er sagte uns möglichste Rücksichtnahme zu, doch bezweifelte er, ob unseren Wünschen entsprechend Rechnung getragen werden könne Finanzrat Buresch, mit dem wir die Kartoffelfrag esprachen, machten wir auf das so lange Fehlen dieses wich¬ tigen Nahrungsmittels aufmerksam und verlangten unter Hinweis auf die Wichtigkeit Steyrs eheste Abhilfe. Nachher wollten wir beim Minister für Volksernährung Generalmajor Höfer vorsprechen, trafen ihn jedoch nicht an, zur Audienz beim Kaiser befohlen war a ei Nachmittags nahm ich an der Tagung des erwei¬ terten Ausschusses des Bundes Deutscher Städte teil Nach Erstattung des Geschäftsberichtes, in welchem besonders auf die Schwierigkeit der Kohlenversorgung gelangte die Lage der öffentlichen hingewiesen wurde, Krankenhäuser Mährens zur Besprechung mir Gelegenheit, Im Verlaufe der Erörterungen bot sic Oberösterreich zu die Verhältnisse der Krankenanstalten in Steyrer Kranken schildern und insbesondere auch auf unsere hausangelegenheit zu sprechen zu kommen. Ich legte die Unzu¬ dar und ersuchte änglichkeit der derzeitigen Verpflegsgebühren unter Hinweis auf den Umstand, daß Linz schon im Vorjahre um Erhöhung eingeschritten sei, aber nicht einmal eine Antwor rhaltem habe, um die werktätige Unterstützung des Bundes bei unseren Bestreben, die Verpflegsgebühren den tatsächlichen Ver¬ ältnissen anzupassen, um nicht Jahr für Jahr immer größer werdende Abgänge in der Krankenhausgebarung zu haben. luch brachte ich die Schwierigkeiten der Holzversorgung zur Sprache und erörterte die Unmöglichkeit, die von der Regierung zugesagte Holzmenge zu erhalten, wenn nicht ent¬ prechende Arbeitskräfte und deren Verpflegung zur Verfügung gestellt würden diese Ausführungen fanden allgemeine Zustimmung und vurd das Einschreiten der Geschäftsleitung zugesagt Nächsten Tag gingen wird zunächst zu Direktor Fanta der Berg= und Hüttenwerks=Gesellschaft, um uns über den Stand er Kohlenversorgung zu unterrichten. Dort erhielten wegen Haus¬ vir betreffs Industriekohle ziemlich günstige, haltungskohle leider recht ungünstige Auskünfte Hierauf begaben wir uns neuerdings ins Parlament, um Exzellenz Höfer aufzusuchen. Obwohl der Minister außer ordentlich in Anspruch genommen ist und auch gerade Herren aussitzung war, an der er teilnehmen mußte, wurden wir doch bald ehr liebenswürdig empfangen Während der Andienz an der sich zunächst auch der Herr Bürgermeister von Linz, Reichsratsabgeordneter Dr. Ding hofer beteiligte, hatten wir Gelegenheit, eingehend die Steyrer erpflegsverhältnisse zu schildern. Besonders wiesen wir auf die Notwendigkeit ehester Kartoffel¬ anlieferungen hin, da wir dieses wichtige Nahrungsmittel nun schon über 7 Monate entbehren müßten Der Minister versprach uns Anlieferungen von Spät¬ kartoffeln, bezweifelte aber sehr, ob er uns in absehbarer Zeit mit Frühkartoffeln versehen könne, da die ungarische Früh¬ kartoffelernte infolge der Dürre gänzlich mißraten sei, Wien überhaupt noch keine und Budapest erst 27 Waggon erhalten habe¬ Mit großem Nachdrucke wiesen wir auf die schädlichen Folgen der Verkürzung der Schwerarbeiter an Brot und Mehl hin und baten um Besserung. Seine Se¬ ellenz bemerkte auf unsere Schilderungen hin, der Standpunk¬ der Linzer Statthalterei sei ein gar zu scharfer und er ermächtigte
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