Bericht über Versorgungs- und kommunale Angelegenheiten der Stadt Steyr erstattet vom Bürgermeister Julius Gschaider in der Gemeinderats=Sitzung vom 24. Juli 1917 Fleischregelung. Schon seit längerer, aber insbesondere in letzter Zeit haben sich in der Fleischversorgung Unzukömmlichkeiten gezeigt, die dringend Abhilfe verlangten. Um das Anstellen und die Gefahr, daß einzelne Parteien trotz ihrer Bemühungen kein Fleisch bekommen, zu verhindern, wurde die freiwillige Rayonierung der Privathaushaltungen auf die einzelnen Fleischhauer veranlaßt und gleichzeitig eine der Fleischanlieferung angemessene Kopfmenge festgesetzt. Die wohl¬ tätige Wirkung dieser Neuregelung machte sich auch sofort be¬ merkbar. Mit einem Schlage war das schon in besorgniserre¬ gender Weise aufgetretene Anstellen fast verschwunden. Die Be¬ völkerung gewöhnte sich rasch an die neue Einführung und empfand die Sicherheit des Fleischbezuges als wohltuend. Leider blieben die Schwierigkeiten der Beschaffung des Schlachtviehes nach wie vor bestehen. Fast in jeder Woche wurde zu wenig Schlachtvieh angeliefert und es erforderte umfangreiche Vorstellungen, vielfache telephonische und telegraphische Berichte, um die Viehanlieferungen halbwegs so zu gestalten, daß den Bedürfnissen Rechnung getragen werden konnte. Dieser Zustand ist natürlich für die Stadtgemeinde=Vorstehung ein sehr unan¬ genehmer und werde ich daher mit allen zulässigen Mitteln darnach trachten, die Anlieferungen so zu gestalten, daß die er¬ forderliche Viehmenge regelmäßig angeliefert wird, ohne daß es zu den so unerquicklichen Auseinandersetzungen kommt, bevor die unumgänglich notwendige Menge eintrifft. Den vielfachen Bemühungen ist es endlich gelungen, in der Sitzung der Viehverwertungskommission vom 7. Juli den Antrag auf Erhöhung der Viehanlieferung nach Steyr durchzu¬ bringen. Ich spreche die Hoffnung aus, daß diese Anlieferung tat¬ sächlich erfolgt, damit wir, insbesondere was Kalbfleisch anbe¬ langt, endlich zu einer entsprechenden regelmäßigen Versorgung kommen. Sehr wichtig ist der gleichfalls auf Einwirkung der Stadt¬ gemeinde Steyr zustande gekommene Beschluß, die seitens des Bezirkes Steyr Land abzuliefernde Schlachtrindermenge herabzu¬ setzen. Bei tatsächlicher Durchführung dieser so wohltätigen Ma߬ nahme wird wenigstens ein weiteres Sinken der Milcherzeugung zu vermeiden sein und auch die Anlieferung des Schlachtviehes für Steyr sich regelmäßiger gestalten können. Da die Klagen, Privathaushaltungen würden zu Gunsten der Wirte in ihrem Bezug von Kalbfleisch und Innereien verkürzt, sich stets mehrten, habe ich an die Fleischhauer=Ge¬ nossenschaft einen Erlaß gerichtet, in dem ich die Fleischhauer aufforderte, mehr Rücksicht auf die Privathaushaltungen zu nehmen, da ich sonst genötigt wäre, sämtliche Wirte einem Fleischhauer zuzuteilen, damit das den übrigen Fleischhauern zugewiesene Kalbfleisch sowie die Innereien zur Gänze den Privat¬ haushaltungen zu Gute kämen. Von diesem Erlasse habe ich eine Abschrift der Genossen¬ schaft der Gast= und Schankgewerbe übermittelt und hoffe ich, daß sowohl Wirte wie Fleischhauer einsichtig genug sein werden, auf die Privathaushaltungen Rücksicht zu nehmen, damit dieser weitgehende Schritt, der sowohl den Wirten wie den Fleisch¬ hauern keineswegs angenehm sein würde, vermieden werden kann. Wurstwaren aus Linz. Da seitens der hiesigen Wurstwarenhändler Klage geführt wurde, es kämen aus Linz in der letzten Zeit bedeutend weniger Wurstwaren an als sonst, obwohl der Bedarf gesteigert erscheint, richtete ich an die Statthalterei eine Eingabe, sie möge auf die Linzer Wurstwarenerzeuger entsprechend einwirken, damit von der erzeugten Ware eine der Bevölkerungszahl entsprechende Menge nach Steyr abgegeben werde. Diesbezüglich ist folgende Antwort des Ernäh¬ rungsamtes Linz eingelangt: Zahl 12.775/Ap. Linz, am 12. Juli 1917. Lieferungsanstände. Zu Zahl 26.108 vom 18. Juni 1917. An die Stadtgemeinde=Vorstehung in Steyr. In Erledigung des bezogenen Berichtes wird der Stadt¬ gemeinde=Vorstehung Steyr bekanntgegeben, daß der Arbeiter¬ mangel der Firma Glöckler die Ausnützung der vollen Leistungsfähigkeit unmöglich macht und hierin der Grund zu suchen ist, daß eine Verminderung der Wurstanlieferungen nach Steyr eingetreten ist. Die Firma ist übrigens bereits um Zu¬ kommandierung von Kriegsgefangenen in die Fabrik eingeschritten und wird die Statthalterei alle Schritte der Firma tunlichst unterstützen. Die täglichen Wurstsendungen nach Steyr betragen nach Angabe der Firma gegenwärtig 200 bis 250 kg. Für den k. k. Statthalter: Thun m. p. Seitens des Ernährungsamtes wurde der Stadtgemeinde Steyr eine bedeutende Wurstsendung zur Verfügung gestellt. Diese wurde am 9. und 10. Juli an die Minder= und Mindest¬ bemittelten verteilt und kann man die auf den Kopf entfallende Menge als reichlich bemessen ansehen. Ich hoffe, daß sich derartige Sendungen von nun an öfters einstellen werden. Käsebeschlagnahme. Nach verläßlichen Nachrichten wurde die ganze für Steyr bestimmte Käsemenge zu Gunsten der Waffenfabrik beschlagnahmt. Ich habe mich deshalb sofort mit einer Eingabe an das Er¬ nährungsamt in Linz gewendet und verlangt, daß neben der ohnehin ausreichenden Versorgung der Waffenfabrik doch auch der übrigen Bevölkerung eine entsprechende Menge Käse zur Verfügung gestellt wird, da es nicht angeht, dieser ein so wich¬ tiges Nahrungsmittel gänzlich zu entziehen. Erfreulicherweise ist nunmehr eine Verständigung der k. k. Statthalterei herab¬ gelangt, die der Stadt Steyr 1000 kg Vorarlberger Käse zuweist. Brot= und Mehlversorgung In letzter Zeit ist eine, wenn auch nicht allzugroße Er¬ höhung der auf den Kopf entfallenden Mehlmenge bewilligt worden. Wenn auch trotz dieser Erhöhung von einer reichlichen Versorgung durchaus nicht gesprochen werden kann, so ist dies immerhin ein Fortschritt und steht zu hoffen, daß nach Ein¬ bringen der neuen Ernte doch wieder die volle Mehlmenge aus¬ gegeben werden kann, da es für die Bevölkerung auf die Dauer unmöglich ist, mit der gekürzten Mehlmenge auszukommen. Milchanlieferung. Die Milchanlieferung bewegte sich im allgemeinen in den bisherigen Grenzen, doch war insbesondere bei den Anlieferungen aus den benachbanten Gebieten eine Verminderung zu ver¬ spüren, die als Ursache zweifellos die vermehrte Schlachtung von Milchkühen hat. Am unangenehmsten fühlbar machte sich dies bei der un¬ mittelbaren Versorgung, da viele Parteien wegen Einstellung der Milchlieferung seitens des bisher liefernden Landwirtes keine Milch erhalten konnten und in die städtische Milchversorgung aufgenommen werden mußten, was diese naturgemäß wieder ungünstig beeinflußte, und im Vereine mit Ausfällen anzu¬ liefernder Milch sogar die Gemeinde zwang, Abzüge zu machen. Verschiedene Vestellungen. Einsiedezucker. Wie ich bereits berichtete, habe ich an die Statthalterei eine Eingabe gerichtet, der Bevölkerung Einsiedezucker zukommen zu lassen.
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