2 Milchversorgung unserer Stadt leider keine Besserung erfahren hat. Blieben auch die Anlieferungen von auswärts ziemlich regelmäßig und konnten dadurch die Milchkarten fast regelmäßig erfüllt werden, so zeigt sich bedauerlicher Weise ein stetes Sinken der unmittelbar an die Verbraucher gelieferten Milchmenge. Der Grund hiefür wird ibereinstimmend mit der häusigen Ablieferung von Milchkühen zu Schlachtungszwecken angegeben. Ich bin deshalb wiederholt bei den betreffenden Stellen der Statthalterei vorstellig geworden, um dies zu verhindern und um eine weitere Schädigung der Milchzufuhr nach Steyr hintanzuhalten Leider stehen dem große Schwierigkeiten in der Aufbrin¬ jung des sehr großen Ablieferungskontingentes Oberösterreichs im Wege. Vor einigen Tagen drohte sogar der Milchbezug aus Neumarkt=Kallham zu versagen, da die Firma Wild drahtlich neldete, daß sie infolge Kohlenmangel gezwungen sein werde, ihren Betrieb und damit die Milchlieferung nach Steyr einzu stellen. Ich habe mich selbstverständlich an die maßgebenden Stellen gewendet und hoffe, daß die Gefahr, diese große Lieserung von 1000 Liter täglich zu verlieren, beseitigt erscheint Freigabe des Eiereinkaufes Die im Mai seitens der Statthalterei verfügte Erlaubnis des freien Eiereinkaufes, gegen welche schon vor Inkrasttreten Bedenken seitens des hiesigen und auch des Welser=Approvisio¬ nierungs=Ausschusses geäußert wurden, hat, wie vorausgesehen, recht unangenehme Folgen mit sich gebracht. Wohl konnte sich eine Anzahl von Haushalten mit Eiern versehen, doch für die Allgemeinheit war die Maßnahme nur schädigend Die sonst wöchentlich erfolgenden Eiersendungen an die Stadtgemeinde fielen aus und es blieb, so unangenehm dies war, nichts übrig, ils von den kaum eingelegten Eiern die entsprechende Anzahl vieder herauszunehmen, um der Bevölkerung doch wenigstens etwas geben zu können. Dadurch sind unsere ohnehin noch sehr geringen Eiervorräte aufs Empfindlichste geschmälert worden und müssen nunmehr nach Aushören der Maßnahme unbedingt be¬ deutende Zuschübe seitens des Ernährungsamtes geleistet werden, soll nicht die Winterversorgung gänzlich fehlschlagen. Freigabe von Einsiedezucker Ferner beehre ich mich mitzuteilen, daß ich mich mit einer Eingabe an die k. k. Statthalterei Linz gewendet habe mit der Bitte, an maßgebender Stelle die Aufhebung des Verbotes der Verabreichung von Einsiedezucker erwirken zu wollen, da durch =dieses Verbot viele Haushalte außer Stande gesetzt würden, sich gesundes und dabei billiges Obst für die Wintervorsorge zu be¬ schaffen. Um einerseits einen weiteren Versuch zu machen, von auswärts Lebensmittel zu bekommen, anderseits aber einen Einblick über das Verhältnis zwischen der ungarischen und unserer Regierung bezüglich Versorgungstätigkeit zu gewinnen, macht ich eine Reise nach der ungarischen Hauptstadt. Ich konnte dort unmittelbar Fühlung mit den verschiedensten Stellen nehmen und glaube doch die Möglichkeit erreicht zu haben, einige wichtige Lebensmittel aus Ungarn zur Versorgung Steyrs erhalten zu können. Die diesbezüglichen Kaufverhand¬ lungen sind im Gange, doch noch nicht abgeschlossen In Budapest begab ich mich zunächst zu dem mir bekannten Ministerialsekretär Büttner, um richtunggebende Auskünfte von ihm zu erhalten. Er empfahl mir, mich zunächst an den Bevoll¬ nächtigten des österreichischen Ernährungsamtes, Sektionsrat Kozinek zu wenden. Die Auskünfte, die ich von diesem erhielt, lauteten sehr wenig versprechend. Tarhonya und Mazzes seien, da aus Mehl erzeugt, überhaupt gesperrt, Erbsen, Bohnen, Linsen und Hirse durch das Militär beschlagnahmt. Die Ueber¬ schüsse an Frühkartoffel werden nach einem bestimmten Konti¬ gentierungsschlüssel der deutschen und österreichischen Regierung iberwiesen und müsse Steyr sich damit bescheiden, was ihm seitens des österreichischen Ernährungsamtes zugewiesen werde Die Frühkartoffelernte sei bis Ende Juni zu erwarten, so daß die Anlieferungen wohl kaum vor Mitte Juli erfolgen lönnen. In betreff Frühgemüse, das dermalen noch frei sei möge ich mich an Oberkontrollor Czövek des ungarischen Er nährungsamtes wenden. Dieser empsing mich sehr freundlich, bedauerte aber, keine besonders günstigen Auskünfte erteilen zu können, da der lange Winter den Anbau bedeutend verzögert habe, weshalb dermalen bloß Salat, Spinat und Rettiche zu haben seien, während das übrige Gemüse erst später käme. Es wäre am besten, sich unmittelbar an die Gemüse liefernden Be¬ zirke zu wenden, zu welchem Behufe er mir einige Anschriften bekanntgab. Ueberdies erfuhr ich, daß in Kroatien voraussichtlich Selchfleisch zu haben sei; ich möge diesbezügliche Schritte bei der dort zuständigen Stelle, die er mir angab, machen Mein nächster Besuch galt der gemeinsamen Einkaufsstelle ür Eier, deren Leiter, Herr Schnabel, mir erklärte, daß die Aprilanlieferung recht befriedigend, das Maiergebnis jedock schlecht gewesen sei. Die ausgeführten Eier seien meist nach Wien, Prag, Graz, Innsbruck und Triest gegangen. Oberöster¬ eich sei nicht berücksichtigt worden, da dort Eier genug vor¬ handen seien, eine Meinung, der ich natürlich widersprach. Wegen Bezuges von Schweinen sprach ich hierauf bei Herrn Abteilungsleiter Schleiffelder der österreichischen Zentraleinkaufs¬ jesellschaft vor, der bemerkte, daß ein Bezug von Schweinen möglicherweise nicht ausgeschlossen sei, doch müsse ich mich dies¬ bezüglich an das ungarische Ackerbauministerium wenden. Ich begab mich sofort dorthin, wo ich zunächst bei Ober forstrat Terffy vorsprach, an welchen ich empfohlen war Nach kurzer Rücksprache mit ihm ging ich zu Ministerialrat Somjas, dem Referenten für Kartoffel. Dieser zeigte sich sehr rstannt über unsere Kartoffelnot und bemerkte auf meine be¬ timmte Aussage, daß in Oberösterreich die Kartoffelernte wegen des schlechten Wetters ganz verunglückt sei, dies glaube er schon, aber es sei ihm rätselhaft, wo denn die Kartoffel aus Böhmen, Mähren, Galizien und Wolhynien geblieben seien, deren Menge die ungarische Ernte weitaus übersteige und zu denen auch ungarische Zuschüsse gekommen seien. Auch er erklärte mir, daß die Versorgung einzelner Städte untunlich sei und nur durch das österreichische Ernährungsamt, dem alle überschüssigen Vor¬ räte abgegeben würden, geschehen könne. Erfreulicher verlief die Unterredung mit Ministerialrat Peck y, dem Vorstand der Verteilungsstelle für Schweine Dieser zeigte sich recht zugänglich und erklärte sich, nachdem ich ihm die Verhältnisse geschildert hatte, bereit, uns eine Aus¬ fuhrbewilligung für Schweine zu geben, wenn ein vom öster¬ eichischen Ernährungsamte befürwortetes Gesuch eingebracht würde. Selbstredend könne er sich nicht mit der Vermittlung von Schweineeinkäufen befassen; diese müßten vielmehr durch einen von uns entsendeten Einkäufer besorgt werden. ls ich ihm erklärte, daß ich diesen Weg für selbstver¬ tändlich halte und auch einen geeigneten Einkäufer zur Ver¬ ügung habe, zeigte er sich sehr befriedigt und betonte noch, daß die Einbringung des Gesuches dieses schon die Zahl der auszu ührenden Schweine, deren Standort und den Namen des Ver¬ käufers enthalten müßte. Selbstredend müßte darauf geachtet verden, keine Schweine in Aussicht zu nehmen, die für den ingarischen Verbrauch beschlagnahmt seien. Im übrigen werde er aber unserem Einkäufer, wenn dieser zu ihm käme, möglicht entgegenkommen. Er erklärte sich auch bereit, über Wunsch eine Ausfuhrbewilligung für Schlachtrinder zu geben, doch sind die ingarischen Viehpreise derart hoch, daß eine solche Bestellung für ins wohl kaum in Frage kommen dürfte Nach meiner Rückkehr nach Wien sprach ich zunächst im Amte für Volksernährung beim Referenten für Eierversorgung Vizesekretär Graf Bachta vor. Leider erhielt ich dort die Auskunft, daß nichts zu machen sei, da Oberösterreich auf die Anlieferung von Eiern gegen die Zusage verzichtet habe, daß mit Ausnahme zweier Bezirke keine Ausfuhr von Eiern verlangt werde. Die einzige Stelle, an die ich mich wenden könne, sei die Linzer Statthalterei. Da der Referent für Kartoffelversorgung, Finanzrat Buresch verhindert war, sprach ich mit seinem Stellvertreter, Ministerial=Vizesekretär Koresek der mir nach längeren Aus¬ inandersetzungen zusagte, darauf sehen zu wollen, daß Steyr bei der Verteilung der Frühkartoffel gewiß nicht zu kurz käme; er wolle auch seinen Vorgesetzten von dieser Zusage unterrichten. Nun gings zum Statthaltereirat Werner zur Unter¬ handlung bezüglich der Schweine. Dort hatte ich zuerst einen recht schweren Stand, da er von einer Sondererlaubnis durchaus nichts wissen wollte. Erst nach längerem Zureden meinerseits und nachdem ich ihn überzeugt hatte, daß bei uns Stadt und Kriegsindustrie innigst miteinander verwachsen seien und auch die übrigen Industrien mittelbare Kriegslieferanten darstellen, sagte er mir zu, gegebenenfalls ein von der Stadtgemeinde Steyn an das ungarische Ackerbauministerium gerichtetes Gesuch befür¬ worten zu wollen Zuweisung von Schlachtvieh aus Russisch=Polen. Durch einen Erlaß der Staithalterei auf in Russisch=Polen vorhandene Ueberschüsse an Schlachtrindern aufmerksam gemacht richtete ich sofort eine Zuschrift an das Militär=Gonvernement Lublin mit der Bitte, uns Schlachtvieh zuzuweisen. Die Antwort lautete unangenehmerweise dahin, daß sämtliches überschüssiges Schlachtvieh dem Armee=Oberkommando zur Verfügung gestellt verden muß, somit keines an andere Stellen abgegeben werden könne. Anlieferung von Schlachtrindern. In der Vorwoche war eine Stockung in der Viehanlieferung zu verzeichnen. Die Beteilung der Minder= und Mindestbemit¬ telten hatte einen erhöhten Fleischverbrauch zur Folge, so daß das zur Anlieferung aus dem Bezirke Kirchdorf vorgeschriebene kontingent erschöpft war und wir Gefahr liefen, eine Woche lang nur auf die Anlieferung aus dem Bezirke Steyr Land, die naturgemäß viel zu gering gewesen wäre, beschränkt zu sein Durch rasches Einschreiten bei der Viehverwertungs=Gesell chaft gelang es von dort eine Anlieferung von 40 Stück Schlachl¬ rindern zu erhalten, so daß wenigstens der dringendste Bebarf jedeckt werden konnte. Aufteilung des Schlachtviehes auf die einzelnen Stadtteile. In der letzten Gemeinderatssitzung hat sich Herr Göt. Mitter über die angeblich ungerechte Aufteilung des Schlachtviehes auf die einzelnen Stadtteile beschwert. Ich antwortete, daß ich 94“7 bezüglich genaue Erhebungen anstellen und zu diesemt 87““ eine Zählung der Bevölkerung der verschiedenen Stadtt eile vers¬ assen werde. Diese Arbeiten wurden inzwischen durchgeführt und hals¬ auf den 1. Juni berechnet nachstehendes Ergebnis, dem ich ?“ dergleiches halber auch die Zahlen der Vollszählung des 3a)“ 1910 angefügt habe.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2