Ratsprotokoll vom 8. Mai 1917

2 geringer Satz, der auf die guten Verdienstverhältnisse in der Waffenfabrik zurückzuführen ist Das Salzgemüse ist endlich angekommen und findet guten Absatz, im Ganzen werden über 13.000 Kilogramm ge iefert; die Sendung beseh, hauptsächlich aus Blumentohl ferner aus Spinat, Schnittbohnen und Salzgurken. Zur Ergänzung der Fleischversorgung wurde Kriegs¬ wurst beschafft, die mit K 6.80, für Minderbemittelte K 3.— verkauft wurde. Da die Wurst gut ist und gerne genommen wvird, sind weitere Bestellungen gemacht worden Die Fett= und Butte rsorgung ließ in letzter Zeit sehr viel zu wünschen fl. Trotz vielfacher Vorstellungen war das Ernährungsamt nicht n der Lage, entsprechende Zu¬ vendungen zu geben, so daß in der vorletzten Aprilwoche nur ein Drittel der Fettkarte erfüllt werden konnte. Dabei war nicht nur die Menge, sondern auch die Güte der angelieferten Ware nicht entsprechend, da die Butter keineswegs ersttlassig und ein Teil des Speckes fast verdorben war. Die später einsetzende Abgabe der halben Menge war nur durch den Umstand ermöglicht, daß es gelungen war, ¼ Waggon Schweinefett aus Ungarn zu erhalten. Da neben der mangel¬ aften Anlieferung auch noch die Besürchtung besteht, die Ware önne mit Eintritt der warmen Witterung überhaupt verdorben ankommen, bin ich bestrebt, Steyr von der Hauptsammelstelle Welsabzutrennen und die Errichtung einer Sammel¬ telle in Steyr selbst zu erreichen. Eine solche Einrichtung würde zwar zweifellos eine neue bedeutende Arbeitslast bedeuten, aber doch die Gewähr besserer Güte der Ware beinhalten Die in der letzten Sitzung angekündigte Fleischbezugs¬ regelung der Gastwirte wurde durchgeführt. Die meisten Wirte sind von dieser Maßnahme unberührt geblieben, da ihr Verbrauch sich in mäßigen Grenzen hielt, dagegen mußten bei inzelnen bedeutende Abstriche gemacht werden, weil die in ihrem Betriebe verbrauchten Fleischmengen in keinem Verhältnis ur Anzahl der Gäste stand. Die hiedurch erzielte Ersparnis beträgt über 5000 Kilogramm im Monate und kommt der übrigen Bevölkerung, insbesondere den Minderbemittelten, die iun durch die Gutscheine in die Lage versetzt wurden, sich Fleisch zu kaufen, zugute Die Milchversorgung weist stets größere Schwierig¬ keiten auf. Fortwährend kommen Parteien mit der Klage, der Landwirt, von dem sie bisher die Milch bezogen, wolle ihnen keine mehr liefern. Dazu kommt noch, daß die Lieferung von Auswärts auch noch zurückgegangen ist und an manchen Tagen Minderlieferungen bis zu 300 Liter aufweist. Der Grund für diese Abschwächung wird allgemein mit Küheschlachtungen ange¬ geben. Hoffentlich wird nun mit Eintritt der Grünfütterung die Lage günstiger werden. Da die Milch einigemale sauer aus Neumarkt=Kalham ankam, wendete ich mich sofort an die ma߬ gebenden Stellen um Beistellung geeigneter Waggons, damit diese schädliche Erscheinung tunlichst vermieden werde luch die Eierversorgung liegt recht im Argen. Die Anlieferungen reichen gerade zur notdürftigen Beteilung für den laufenden Bedarf, aber die zur Winterversorgung nötigen großen Mengen blieben bisher aus. Ich habe an einer dieser Frage betressenden Besprechung im Ernährungsamte der Statthalterei teilgenommen, doch wurde man sich bisher über die zu unternehmenden Schritte noch keineswegs klar. Ich hoffe, daß endlich ein Weg gefunden werden möge, der unsere Winter¬ versorgung sichert, denn diese ewige Ungewißheit ist nachgerade peinigend. Bei den derzeitigen Schwierigkeiten in der Kaffeever¬ orgung war es eine Wohltat, der Bevölkerung noch einige tausend Kilogramm des aus der seinerzeit gekauften rumänischen Gerste erzeugten Gerstenkaffees zur Verfügung stellen zu können. So ist diese durch lange Zeit so viele Sorgen bereit¬ ende Angelegenheit doch noch zum Segen geworden und waren die vielen Scherereien, die sie im Gefolge hatte, nicht nutzlos. Trotz aller Versprechungen und der bestimmten Zusage, Steyr würde bald wenigstens zwei Waggons erhalten, sind Kartoffel bislang nicht geliefert worden. Das Fehlen dieses wichtigen Nahrungsmittels trifft unsere Bevölkerung außer¬ rdentlich schwer und sind viele Klagen über mangelhafte Ver sorgung auf diesen Umstand zurückzuführen. Ich war fortlaufend bemüht, Kartoffel zu erhalten, leider bisher umsonst und gerade die in letzter Zeit von der Kriegsgetreideverkehrsanstalt erhaltenen Auskünfte lauten sehr entmutigend, da erklärt wurde, daß natur¬ gemäß die Lieferung der jetzt unbedingt nötigen Saatkartoffel durchgeführt werden müsse und dann erst an Speisekartoffel ge¬ dacht werden könne. Obwohl dies selbstredend erscheint, ist es für unsere Bevölkerung sehr bitter, aus Zeitungsnachrichten zu ersehen, daß in Wien Speisekartossel abgegeben werden und auch die hiesige Waffenfabriksarbeiterschaft solche erhält, während sie leer ausgeht Saatkartoffel konnten in beschränktem Umfange bereits an solche hinausgegeben werden, die im Stadtgebiete Steyr Kartoffel auen wollen. Vergebens waren leider alle Anstrengungen, Hirse, Bohnen und Erbsen zu erhalten. Auch Haferreis konnte lediglich für stillende Mütter erreicht werden. Sehr umständlich und zeitraubend waren auch die Be¬ mühungen, Futtermittel zu erhalten, tagelang mußte ich nich oft an alle möglichen Stellen wenden, bis es endlich gelang eine für unsere Verhältnisse sehr kleine Menge Heu zu erhalten Nun, da es endlich gelungen war, eine größere Zuweisung eitens des k. u. k. Verpflegsmagazins in Linz zu erhalten, be¬ gannen erst die Schwierigkeiten mit den einzelnen Gemeinden, die durch die militärische Beschlagnahme der Futtermittel hart betroffen waren und daher nur zögernd lieferten, was wieder zu bitteren Klagen der Fuhrwerksbesitzer führte. Erst in letzte zeit ist es gelungen, die Zusage der Anlieferung von Hafer für die Schwerzugpferde zu erreichen. Diese Zuweisung wird offentlich keine einmalige, sondern eine dauernde sein. Die erste Sendung ist bereits eingetroffen und entfällt auf jedes Schwer pferd 1 Kilogramm für den Tag Bezüglich aller dieser Lebens= und Futtermittelfragen war ich wiederholt in Linz, um bei der Statthalterei, dem Er nährungsamte, der Kriegsgetreideverkehrsanstalt u. s. w. vorzu¬ sprechen. Die geringen Erfolge, die hiebei erzielt wurden, sind auptsächlich auf den Umstand zurückzuführen, daß wir jetz erade in der schwierigsten Versorgungszeit leben. Später wird offentlich wieder mehr zu erreichen sein In Oberösterreich sind bekanntlich vier Preis¬ prüfungsstellen mit dem Sitze in Linz, Steyr, Wels und Ried gegründet worden. Um eine sachgemäßere Behandlung er Anzeige zu ermöglichen, habe ich Seine Exzellenz den Herrn Statthalter gebeten, seinen Einfluß geltend zu machen, damit as Ernährungs=Ministerium gestatte, daß diese Preisprüfungs¬ stellen die einzelnen Fälle genau untersuchen dürfen und be rechtigt sind, nicht stichhältige Anzeigen abzuweisen und nur atsächlich strafbare Handlungen an den Untersuchungsrichter weiterzuleiten. Ich glaube, daß die Durchführung dieses Vor hlages manchem Geschäftsmanne viel Aerger, Verdruß und auch chaden ersparen würde. Der Neubau unseres vollkommen unzureichenden Staatsbahn hofes scheint nun doch ernstlich ins Auge efaßt zu werden. Ich habe diesbezüglich wiederholt bei der k. k Staatsbahndirektion in Linz vorgesprochen und erhielt in letzter zeit über nochmalige Anfrage ein Schreiben des Herrn Hofrates Scheikl, welches, wie folgt, lautet: Linz, am 2. Mai 1917. Euer Hochwohlgeboren Sehr geehrter Herr Bürgermeister! In umgehender Beantwortung des geschätzten Schreiben¬ vom 30. April 1917 beehre ich mich mitzuteilen, daß es in Angelegenheit des Umbaues der Station Steyr im Grunde ge¬ nommen bei jener Auskunft sein Bewenden hat, die ich Ihnen am 15. April gegeben habe. Es liegt daher auch heute ein Projekt für den Bahnhof¬ umbau in Steyr nicht vor, sondern es sind die in diesem Gegen¬ tande eingeleiteten Studien inzwischen nur soweit gediehen daß am 30. April unter Zuziehung der in Betracht kommenden Fachreferenten der Staatsbahndirektion Linz eine interne Be¬ ratung stattgefunden hat. Dieser Beratung war eine von der Abteilung IiI der Staatsbahndirektion verfaßte Projektsstudie zu Grunde gelegt die ich selbst erst an diesem Tage zu Gesicht bekommen habe Aus Vorstehendem ist zu entnehmen, daß die Angelegenheit nsbesonders deshalb, weil ein generelles Projekt noch gar nich erstellt ist und weiters das k. k. Eisenbahnministerium als ent cheidender Faktor zu der Frage des Umbaues noch keine Stellung genommen hat, noch nicht so weit gediehen ist, daß, unbeschadet der seinerzeitigen politischen Begehung, von einer Beiziehung der Stadtgemeinde zur diesfälligen Beratung die Rede sein kann. Denn es bedarf wohl keiner weiteren Ausführung, daß in erster Linie die Staatseisenbahnverwaltung selbst sich vorerst eine Lösung der in Rede stehenden Frage zurecht gelegt habei nuß Der Zeitpunkt für die Stellungnahme der Gemeinde Steyr wird daher. meines Erachtens dann gekommen sein, wenn zu¬ mindest ein vom Eisenbahnministerium genehmigtes generelles rojekt vorliegen wird Mit dem Ausdrucke vorzüglicher Hochachtung ergebener Dr. Scheikl Ich hoffe nun, daß die Verfassung des Pcojektes nicht allzulange auf sich warten lassen wird. Jedenfalls wurde durck die wiederholte Eingabe der erfreuliche Erfolg erzielt, daß das Unhaltbare unserer Bahnhofzustände anerkannt wurde, was rüher nicht der Fall war. Die Wasserleitungsfrage wurde in mehreren Sitzungen des Wasserleitungs= und Kanalisierungsausschusses be¬ handelt. In den letzten Apriltagen wurden mehrere Begehungen vorgenommen, in welchen bekannte Wasserspenden gemessen und auf Härte und Wärme geprüft wurden. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wird nun seitens des Herrn Bauinspektors Schneider in Payerbach bearbeitet werden und dürfte sein Bericht noch im Laufe des Monates Mai eintreffen. Die starke Herabsetzung des Standes der städt. Arbeiter hat leider zu einer Vernachlässigung der Straßenpfleg ühren müssen, die sich bei dem so gesteigerten Verkehr recht unangenehm fühlbar machte. Kriegsgefangene konnten bisher aus Mangel an geeigneter Unterkunft und Verpflegung nicht ngefordert werden. Da sich jetzt aber die Möglichkeit ergeben at, solche zu verpflegen und unterzubringen, habe ich unter Zustimmung der Bausektion um Beistellung von 30 Mann talienischer Kriegsgefangener eingereicht und offe nun, daß diese zur Erhaltung der Straßen unumgänglich nötige Zahl auch bewilligt werden wird.

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