XII. Sitzung. Rats-Protokoll über die außerordentliche Sitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am Mittwoch den 22. November 1916. Tages=Ordnung: Trauerkundgebung anläßlich des Ablebens Seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. Gegenwärtig: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Julius Gschaider. Vorsitzender=Stellvertreter: Herr Vizebürgermeister Ferdinand Gründler. Die Herren Gemeinderäte: Franz Aigner, Heinrich Amerstorfer, Gottlieb Dautlgraber, Wilhelm Denkmayr, Otto Dunkl, Prof. Leopold Erb, Josef Haidenthaller, Leopold Haller, Josef Huber, Franz Kattner, Franz Kirchberger, August Mitter, Viktor Ortler, Franz Schwertfelner, Franz Tribrunner und Karl Wöhrer. Der Schriftführer: Alfred Edelmayer, städtischer Konzeptspraktikant. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinde¬ räte Heinrich Bachmayr und Dr. Karl Harant. Eingerückt sind: Herr Vizebürgermeister Paul Fendt und die Herren Gemeinderäte Anton Kurz, Josef Langoth, Anton Sighart und Josef Wokral. Zu Protokollsverifikatoren werden die Herren Ge¬ meinderäte Josef Huber und Franz Kattner be¬ stimmt. (Das Bild des verewigten Kaisers und der Tisch des Vorsitzenden sind mit schwarzem Tuche um¬ hangen.) Der Vorsitzende Herr Bürgermeister Gschaider eröffnet die Sitzung um 3 Uhr nachmittags und führt aus: „Meine sehr geehrten Herren! Von den Gibeln der Häuser unserer Stadt wehen schwarze Fahnen. Die Stadt trauert um ihren Kaiser. Seine Majestät Kaiser Franz Josef I. ist gestern abends 9 Uhr entschlafen. Ein langes Leben, unermüdlicher Arbeit gewidmet, hat seinen Abschluß gefunden. In stürmischer, kriegsdurchtobter Zeit bestieg nach der Abdankung Kaiser Ferdinands Kaiser Franz Josef den Thron. Schwere Kämpfe füllten die erste Zeit seiner Regierung aus. Schweres hat der Kaiser in seinem Leben mitgemacht, viel Liebe, aber auch viel Un¬ dank wurde ihm zuteil. Unsagbar Schweres machte er in seinem Familienleben mit; er mußte seinen Bruder, seinen Sohn, seine Gemahlin dahingehen sehen. In unermüdlicher Pflichttreue sorgte er für das Wohl des Staates, dessen Vater er im wahrsten Sinne des Wortes war. Allgemeine Verehrung der ganzen Welt wurde ihm zuteil und durch lange, lange Jahre hindurch gelang es seinem friedfertigen Sinne, die Ruhe und das gute Einvernehmen mit allen Staaten aufrecht zu erhalten, bis am Ende seiner Lebensjahre das Un¬ heil des Weltkrieges nicht mehr zu verhindern war und wie es in seiner Proklamation heißt — nach er tiefster Ueberlegung und mit großem Schmerze zu den Waffen greifen mußte. Vielleicht hal auch diese furcht¬ bare Kriegszeit das Ende des Monarchen beschleunigt. Eine in der Geschichte fast einzig dastehend lange Regierungszeit hat ihren Abschluß gefunden. Was Kaiser
Franz Josef geleistet hat, wird die Geschichte zu wür¬ digen verstehen. Trauernd stehen wir an der Bahre. Er ruhe in Frieden. Die Liebe seiner Völker und der ganzen Welt, soweit sie nicht durch Haß verblendet ist, bleiben ihm gewiß. Ich werde mir erlauben, folgendes Telegramm an die Kabinettskanzlei Seiner Majestät abgehen zu lassen: „Der zur Trauerkundgebung versammelte Ge¬ meinderat der Stadt Steyr gibt seinem tiefen Schmerze ob des Ablebens Seiner Majestät er¬ gebenst Ausdruck. Abgeordneter Julius Gschaider, Bürgermeister.“ Ich erachte die Herren mit dieser Trauerkund¬ gebung einverstanden und erkläre die Sitzung für ge¬ schlossen.“
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