Ratsprotokoll vom 2. März 1916

steuer kein Anstand, wenn der löbl. Gemeinderat diese Er¬ höhung beschließt zur Einführung einer Katzensteuer wäre wohl gemäß § 58 des Gesetzes vom 5. September 1880, L.=G.=Bl. Nr. 12, ein Landesgesetz erforderlich. Gall m. p., Stadtrat. Sektionsantrag: „Die Sektion beantragt in Würdigung der im vor¬ stehenden Erlasse, sowie im Berichte des Stadttierarztes und des Amtes angeführten Gründe die Erhöhung der Hunde teuer auf 20 K jährlich für jeden im Stadtgebiete gehaltener Hund, Zughunde wie bisher ausgenommen. Diese Erhöhung vom 1. August 1916 an einzutreten. hätte lußerdem soll an den oberösterreichischen Landesaus¬ schuß eine Eingabe mit dem Ersuchen um Erwirkung eines aiserlich sanktionierten Landesausschußbeschlusses auf Ein¬ ührung einer Katzensteuer gerichtet werden. Beschluß nach Antrag. — Z. 3637. . Ersatzwahl in den k. k. Stadtschulrat. Der Herr Referent teilt mit, daß Herr GR. Bach¬ sein Stadtschulratsmandat zurückgelegt hat. nahr Sektionsantrag: „Die Sektion beantragt, den Rücktritt des Herrn GR. Bachmayr zur Kenntnis zu nehmen und ihm für seine Tätigkeit im Stadtschulrate den Dank auszusprechen. An Stelle des zurückgetretenen Herrn GR. Bachmayr wolle Herr GR. Kirchberger durch Zuruf gewählt werden. Beschluß nach Antrag. Eingabe der Stadtgemeinde Wels wegen Erhöhung 5. der Armenfondsgebühren. Der Referent führt aus: Die Stadtgemeinde Wel¬ hat an den o.=ö. Landesausschuß eine umfangreiche Cingabe gerichtet, in welcher es heißt „Die Einnahmen des Armeninstitutes bleiben seit Jahren fast gleich, die Ausgaben steigen zusehends. Die durch die Einnahmen nicht gedeckten Abgänge müssen naturgemäß auf die Gemeindeaufzahlung überwälzt und durch die Gemeindeumlage hereingebracht werden. der Armenlasten in Die auffallende Steigerung Friedenszeiten erweist sich unzweifelhaft als die immer mehr wirksame Folge des Heimatsgesetzes, unter der die Städte noch mehr als die Landgemeinden zu leiden haben, weil die bekannte Landflucht auech darin sich besonders bemerkbar machte, daß sie den fabrikreichen Städten außer den Ar beitern zahlreiche arme Familien zuführte, die, kaum in den Heimatsverband der Stadtgemeinden aufgenorimen, auch schon den Anspruch auf Armenunterstützung geitend machen Die gesteigerten Armenlasten sind also nicht eine vorüber¬ gehende, sondern eine bleibende Erscheinung, mit der jede Gemeinde bei Aufstellung ihres Voranschlages durch Heran¬ ziehung neuer Einkünfte rechnen muß. Zu den dauernden rsachen der Vermehrung der Armenlasten gesellten sich die durch den Krieg hervorgerufenen Unterstützungsansprüche Das Gesetz über den staatlichen Unterhaltsbeitrag hatte näm lich den Angehörigen der Krieger den Weg zur Armen¬ behörde deshalb nicht erspart, weil die gegenwärtig noch immer geltenden Vergütungssätze der Ministerial=Verord¬ nung vom 23. Jänner 1914 mit der außerordentlichen Teue¬ rung aller unentbehrlichen Bedarfsgegenstände des täglichen Lebens naturgemäß nicht Schritt halten konnten. Es ist auch wenig wahrscheinlich, daß die Vergütungssätze ein mit den hohen Preisen in Einklang zu bringende Erhöhung er¬ ahren werden, die Unterstützungsbedürftigen werden sich also nach wie vor auch immer noch an ihre Zuständigkeits¬ gemeinde um Unterstützung wenden. Im Rahmen einer hohen, stets knapp bemessenen Ge¬ neindeumlage ist es sehr schwer, die außerordentliche Armenlasten zu decken, Bei Beratung des Gemeindevoranschlages für das Jah 916 hat nun eines der Gemeindeausschußmitglieder darau aufmerksam gemacht, daß die Stadtgemeinde Salzburg einer Teil der Armen= und Kriegslasten durch die bedeutenden Eingänge an Kinogebühren von über 20.000 K jährlich deckt, velche Gebühren in Form einer 20prozentigen Karten¬ stempelsteuer auf alle Eintrittskarten für Kinovorstellungen eingehoben werden. In Wels bestehen zwei Kinotheater, die trotz des Krieges außerordentliche Geschäfte machen. Es ist bekannt, daß die Einnahmen der beiden Unternehmungen in die Zehntausende gehen und daß ihre Besitzer für die Ver¬ größerung und Ausgestaltung ihrer Betriebe selbst nicht vor Auslagen bis zu 100.000 K zurückschrecken. Nach Punkt 13 des § 55 des o.=ö. Armengesetzes können für Produktionen mit elektrischen und elektrotechnischen Apparaten für jed Vorstellung nur 1 K bis 4 K, nach Punkt 14 des genannten zaragraphen für Theatervorstellungen nur 2 K bis 6 K für ede Vorstellung an Gebühren eingehoben werden. Diese Gebühren stehen offenbar mit den außerordentlich hohen Zinnahmen der Kinotheater einerseits und den hohen Armenlasten anderseits in einem derartigen Mißverhältnis, und sind so gering, daß es naheliegend ist, hier eine Ab¬ änderung des Armengesetzes durch Erhöhung der Ver gütungssätze vorzunehmen, was um so gerechtfertigter wäre als ja die Vorführungen der Kinotheater mit Kunst nichts zu tun haben, selten erzieherisch und belehrend wirken, son dern sehr nachdrücklich durch allzu häufige Vorführungen von Schauerstücken den Geschmack der Zuseher verderben Es ist eine bedauernswerte Tatsache daß auch die Theaterkunst gegenwärtig durchschnittlich kaum das Mindest¬ maß dessen erreicht, was man von einer erustgemeinten Bühne billig verlangen kann, steht sie doch völlig unter dem influsse geschäftlicher Ausbeutung, die wohi dem Unter nehmer Vorteile und den Zuschauern Zerstreung bringt, aber keineswegs geeignet ist, den Geist des Menschen zu bilden und sein Herz zu erheben. Der Krieg hat hierin keine Wen dung zum Vesseren gebracht. Wenn nun die Stadtgemeinde hiemit Schritte macht, die Armengebühren für solche Vor¬ tellungen zu erhöhen, so ist die Gefahr nicht groß, daß da¬ durch bei dem allgemeinen Tiefstande der Darbietungen der dle Bildungseifer getroffen würde. Vielmehr erscheint eine solche Besteuerung des bloßen Vergnügens zugunsten dei Armen gerade im Sinne des Armengesetzes zu liegen, das ja eine Armengebühr ebenfalls dem auferlegt, der eine Unterhaltung aufsucht dies könnte nun dadurch geschehen, daß die Gemeinden ermächtigt werden, für Kino=, Variete= und Theatervorstel¬ lungen eine Abgabe von den Unternehmern einzuheben, die als Zuschlag zu den Eintrittspreisen gedacht ist, so daß die ermalen zulässigen Armengebühren bis auf etwa 20 Prozen vom Eintrittspreise erhöht werden können. Die Stadtgemeinde Wels ladet nun die Stadtgemeind Steyr ein, sich diesem Ansuchen mit einer ähnlichen Eingabe an den o.=ö. Landesausschuß anzuschließen. der Referent bemerkt, daß die in der Eingabe der Stadtgemeinde Wels an den Landesausschuß geschilderten Umstände nach Ansicht der Sektion im allgemeinen auch für Steyr zutreffen, und steilt daher im Namen der Sektion fol¬ jenden Antrag: „Die Sektion beantragt, sich in Würdigung der von der Stadtgemeinde Wels in ihrer Eingabe angeführten Gründe dem Einschreiten der Stadtgemeinde Wels anzu¬ chließen. Im Anschlusse an diesen Sektionsantrag entspinnt sich eine längere Wechselrede, an welcher sich die GR. Wokral, Dr. Harant, Erb und Tribrunner beteiligen. GR. Wokral führt aus: Es ist eine Tatsache, daß die Armenlasten der Gemeinden in letzterer Zeit nicht unbe deutend gestiegen sind. Sie werden noch mehr steigen und es wird daher erforderlich sein, daß die Gemeinden daran¬ enken, wie sie diese erhöhten Lasten hereinbringen sollen. Wels sendet uns nun den Vorschlag, anzuregen, daß dei Landesausschuß eine Kino= und Theatersteuer einführen olle, und verspricht sich damit eine Verbesserung der Armen¬ asien. Er sei jedoch der Meinung, daß damit nicht abge holfen werde, wenn ein Ausnahmsgesetz gegen einzelne Ge verbeunternehmungen geschaffen werden soll; ein derartiges orgehen bedeute einen Schlag ins Wasser. Die Einnahmen ius einer Theater= und Kinosteuer seien nicht so hoch, daß damit ein wesentlicher Teil der Armenlasten gedeckt werden könne. Bei ruhiger und objektiver Ueberlegung scheint es aus¬ geschlossen, daß bei einer Besteuerung der genanten Unter¬ iehmungen ein nennenswerter Betrag für die Gemeinde ereinkommen kann Wenn für die Gemeinden eine wesentliche Verminde rung der Armenlasten eintreten sollte, so sei dies nur durch die Errichtung der staatlichen Alters= und Invalidenversiche¬ ung möglich. Und dafür, daß der Staat dieser seiner Ver pflichtung, welche von Seite des Herrschers in Thronreden anerkannt worden ist, nicht nachkommt, denkt man daran, instatt den Staat an seine Verpflichtung zu mahnen, der Vorschlag zu machen, einzelne Unternehmungen zu besteuern, im dadurch eine Verminderung der Armenlasten zu erzielen Nach seiner Meinung zeige der Vorschlag der Stadt Wels Er von keinem besonderen Genie der Herren in Wels könne sich aber auch nicht viel Nutzen für die Gemeinde bei dem Vorschlage der Stadt Wels vorstellen. In letzter Zeit hat Böhmen eine Lustbarkeitssteuer eingeführt. Nun andelt Böhmen hier objektiv, indem alle Lustbarkeiten er Besteuerung unterworfen werden. Dies mildert wesent¬ ich den nahezu gehässigen Charakter des Vorschlages von Wels gegen die beiden Unternehmungen Kino und Theater Es gebe noch andere Unternehmungen, von denen gewiß auch etwas abfallen würde. Mit einer „Wertzuwachssteuer wäre sicherlich mehr gedient als mit einer Besteuerung diese zwei Unternehmungen. In Steyr kommen diesfalls das Was Stadtthater und die beiden Kinotheater in Betracht. das Stadttheater betrifft, so gehen dorthin jetzt schon ein¬ ast keine Leute; würde noch eine Theatersteuer noch eführt werden, so würde der Theaterbesuch mehr wäre zurückgehen und die Stadtgemeinde enötigt, ihre Theatersubvention zu erhöhen. Es müßte also die Gemeinde das, was sie auf der einen Seite durch eine Theatersteuer einnimmt, auf der anderen Seite durch die Leistung einer erhöhten Theatersubvention wieder hingeben. Es bleibe also dann nur mehr eine Besteuerung der beiden 3

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