Ratsprotokoll vom 6. Oktober 1915

2 kannten Kreise auf die geplante Sammlung aufmerksamzu machen Herr GR. Prof. Erb gibt darauf seiner Anschauung dahin Ausdruck, daß derartige Gegenstände unbedingt in das städt. Museum gehören. Eine derartige Sammlung von Kriegs¬ jedächtnissen dürfe nicht einem privaten Vereine überlassen werden, sondern es sei vielmehr Aufgabe und Pflicht der Stadt¬ gemeinde, eine derartige Sammlung einzuleiten und durchzu¬ ühren. Es würden die Stadtgemeinde=Vorstehung und den Ge¬ meinderat in späterer Zeit schwere Vorwürse treffen, wenn die Stadtgemeinde die Sammlung von Kriegsgegenständen einem Vereine überläßt und nicht selbst diese Sammlung veranstaltet. Er ersuche deshalb den Herrn Bürgermeister, die Bevölkerung n den Zeitungen und in Plakaten — vielleicht im Vereine mit dem Direktor des städt. Museums — aufzufordern, derartige Kriegs gegenstände bei der Stadtgemeinde=Vorstehung zwecks Aufbe¬ wahrung im städt. Museum zu übergeben. Der Herr Bürgermeister erwidert, daß derartig Kriegsgedächtnisse selbstverständlich im Eigentume der Stad Steyr bleiben müssen und daß ja auch der Verein „Heimatschutz“ soviel ihm bekannt, die von ihm gesammelten Gegenstände dem tädt. Museum zu übergeben beabsichtigt. Im Anschlusse daran gibt Herr GR. Huber als Mit¬ glied und Vertreter des Vereines „Heimatschutz“ folgende Auf¬ klärung: Da seitens der Stadtgemeinde=Vorstehung bezüglich einer solchen Sammlung noch nichts eingeleitet worden sei abe der Verein „Heimatschutz“ in einer Sitzung die Einleitung einer solchen Sammlung beschlossen, um hier gewissermaßen eine Vorarbeit zu leisten. Es sei schon damals davon die Rede ge¬ wesen, daß diese Sammlung auf jeden Fall im Vereine mit der Stadtgemeinde erfolgen solle Deutscher Städtetag. Weiter teilt der Herr Bürgermeister mit: nde des vorigen Monates war ich mit Herrn R.=Abg. Prof. Erb in Wien und wohnte der „Tagung deutscher Städte Oesterreichs“ und damit der gründenden Sitzung der Vereinigung deutschösterr. Städte bei. Es wurden verschiedene Anregungen gegeben, viele Wünsche und Klagen vorgebracht, z. B. wurde viel über Enthebungen vom Landsturmdienste gesprochen, zu velchem Punkt auch Abg. Prof. Erb sprach, der sich über manche ärten in dem Vorgehen der militärischen Behörden beschwerte Mir war Gelegenheit geboten, auf die drohende Holznot hinzu¬ weisen. Die Ursache hiefür liegt hauptsächlich in dem Mangel an Futtermitteln. In den Mühlen liegt massenhaft Kleie, die wahrscheinlich dort verderben wird, da sie entweder gar nicht oder nur zu unannehmbaren Bedingungen, wie z. B. 1 ½ Kilo¬ ramm für ein Pferd im Monat, freigegeben wird. Das Holz iegt geschlägert in den Tälern, kann aber von dort nicht weg¬ eschafft werden, weil es an Leuten und Pferden gebricht und die noch vorhandenen Pferde infolge der ungenügenden Fütterung zu schwerer Arbeit einfach unbrauchbar sind. Diese Städtever¬ inigung hat den Zweck, durch Zusammenfassung und engeren Zusammenschluß der Städte und durch deren einmütigen Willens¬ ausdruck in den wichtigsten Fragen einen stärkeren Druck auf die Regierung auszuüben. Naturgemäß konnte bei dieser ersten, konstituierenden Sitzung noch keine positive praktische Arbeit ge¬ eistet werden; dies wird erst Sache des Ausschusses sein. In den weiteren Ausschuß wurden aus Oberösterreich Bürgermeister Dr. Dinghoser aus Linz, Bürgermeister Scholz aus Wels und ich gewählt. Selbstverständlich werde ich die Interessen der Stadt Steyr nach Möglichkeit vertreten und werde mir erlauben, über den Verlauf der Ausschußsitzungen dem Gemeinderate fallweise Bericht zu erstatten. Vorsprachen. Meine Anwesenheit in Wien habe ich auch dazu benützt im beim k k. Landesverteidigungsministerium neuerdings wegen Enthebung städt. Angestellter vom Landsturmdienste vorzusprechen. Es ist nunmehr gelungen, die Enthebung von 3 städt. Ange¬ stellten auf unbestimmte Zeit zu erwirken: 2 weiteren wurde die Enthebung bis 15. November d. J. verlängert. Außerdem bin ich in Wien mit der Frau Generaloberin des Ordens der barmherzigen Schwestern vom heil. Vinzenz von Paul in Unterhandlung getreten. Der Orden hat seine Zu timmung zu dem in der letzten Gemeinderatssitzung gefaßten Beschlusse gegeben und besteht nicht weiter auf dem Verlangen, daß auch die Holz= und Kohlenlieferung für das städt. Armen¬ verpflegshaus durch die Gemeinde erfolge Der Orden hat auch die Erklärung abgegeben, daß er die Pflege im neuen Kranken¬ ause übernehmen wird. An eine Vermehrung der Schwestern sei aber dermalen nicht zu denken, weil viel zu viele im Felde stehen Ferner habe ich an die k. k. Post= und Telegraphen=Direk¬ ion in Linz eine mit Zuschriften der hiesigen Wassenfabriks jesellschaft und des hiesigen k. u. k. Militärstationskommandos belegte Eingabe gerichtet, daß der bisher eingeführte Nacht¬ elephondienst in Steyr auch weiterhin erhalten bleibe und zwar nicht wie bisher mit Beihilfe von Interessentenbeiträgen, sondern nur auf Kosten des Staates. Die Post= und Telegraphen=Direk¬ tion hat mir mitgeteilt, daß sie mein Gesuch wärmstens befür wortet dem k. k. Handelsministerium zur Entscheidung vorlegen verde Versorgungsfragen Ferner gestatte ich mir einiges über die immer schwierige verdenden Versorgungsfragen dem Gemeinderate mitr uteilen. Die Mehlfrage ist eine sehr peinliche. Es ist eine be¬ annte Tatsache, daß bei den Mehlhändlern in Steyr fast ständig die Tafel „ausverkauft“ zu sehen ist. Nach dem aufgestellten Mehlverteilungsschlüssel sollte Steyr seiner Einwohnerzahl ent¬ sprechend 3·6 Waggon Mehl pro Woche zugewiesen erhalten. Durch tetes Drängen haben wir nun sogar öfter 4 Waggon und mehr zugewiesen erhalten. Es ist uns aber auch da das Mehl zu wenig eworden. Der Hauptgrund dieses Entganges dürfte der Mehl¬ bezug von auswärtiger Bevölkerung sein. Es ist festgestell vorden, daß an einem Tage bei einem hiesigen Mehlhändler llein 300 Kilogramm Mehl nach auswärts abgegeben worden ind. Um die Abgabe von Mehl nach auswärts hintanzuhalten, habe ich mich zu der Verfügung veranlaßt gesehen, den hiesigen Mehlhändlern die Abgabe von Mehl an auswärts wohnende Käufer zu verbieten Der Bezug von ausländischem Fleisch wird immer chwieriger. Der Preis des ausländischen Rindfleisches ist neuer¬ dings gestiegen, so daß er den Preis des hiesigen Fleisches bei¬ nahe schon erreicht hat. Ich bin aber trotzdem der Anschauung, daß die Stadtgemeinde das ausländische Rindfleisch weiterhin beziehen solle, da einerseits die Bevölkerung mit dem ausländischen Rindfleisch sehr zufrieden ist und andererseits durch jeden Waggon solchen ausländischen Fleisches 20 hiesige Rinder für spätere Zeit erhalten bleiben Ein Versuch, auch ausländisches Schweinefleisch iach Steyr kommen zu lassen, wurde im Keime dadurch erstickt aß die dänische Regierung ein Ausfuhrverbot für Schweine erließ Ferner wollte ich ungarische Hammel lebend nach Steyr kommen lassen. Die hiesigen Fleischhauer aber erklärten, aß ihnen der Bezugspreis zu teuer komme. Da nun die Stadt licht im Besitze eines Schlachthauses ist, wo die Schlachtung und dann der Verkauf dieser ungarischen Hammel in eigene Regie vorgenommen werden könnte, mußte dieser Versuch unter¬ leiben Ein Versuch mit ausländischer Butter hat sich nicht bewährt, da die Qualität derselben nicht zufriedenstellend ind der Preis trotzdem zu teuer war. Gestern wurde der Stadtgemeinde seitens der Kriegsgetreide¬ Da verkehrsfiliale Linz ein Anbot auf Tafelspeck gemacht. ich aber der Preis dieses Tafelspeckes höher gestellt hätte als er des hiesigen Speckes, wurde der Frage nicht näherge¬ treten Auch die Kartoffelfrage ist eine sehr drohend vor der Tür stehende. Seitens der Regierung ist ein Höchstpreis für Kartoffel mit 8 Heller pro Kilogramm für den Großhandel fest¬ esetzt worden. Da aber die Kartoffel bisher mit 14 und 5 Heller pro Kilogramm verkauft worden sind, so können seit der Festsetzung dieses niedrigen Höchstpreises die hiesigen Kauf¬ eute gar keine Kartoffel mehr erhalten. Aber auch die Bauern aus der Umgebung wollen keine Kartoffel mehr herein bringen venn ihnen der Kaufpreis im Kleinhandelsverkehre zu niedrig gestellt wird; sie erklären, in diesem Falle die Kartoffel lieber zu verfüttern. Es wird nun hoffentlich gelingen, aus Ungarn kartoffel zu einem annehmbaren Preise im großen zu beziehen; der Preis stellt sich auf 9 Heller pro Kilogramm ab ungarischer Station. Ich habe einen Probewaggon bereits bestellt Bezüglich der Versorgung der Stadt mit Wildpret abe ich mich mit der Herrschaft Lamberg in Verbindung ge¬ setzt und erhielt die Zusage, daß das gesamte Wild, soweit es nicht zur Versorgung der Gebirgsgegenden selbst dient, der Stadt Steyr zugeführt und hier zum Verkaufe gebracht werden vird. Allerdings leidet auch die Herrschaft Lamberg infolge nilitärischer Einberufungen an bedeutendem Personalmangel, o daß ein ausgiebiger Abschuß im Lambergschen Revier sehr weifelhaft ist. Ich werde mich auch noch mit den anderen umliegenden Jagdbesitzern und Jagdkonsortien in Verbindung etzen und zu erwirken trachten, daß möglichst viel Wild nach Steyr auf den Platz gebracht wird. Die Möglichkeit des Wild¬ ezuges bedeute ja doch eine große Erleichterung der Fleisch¬ versorgung Ein Anbot für ausländischen Reis habe ich dem Handelsgremium zur weiteren Durchführung in der hiesigen kaufmannschaft abgetreten. Wie ich bereits erfahren, interessiert ich die hiesige Kaufmannschaft für diese Frage und beab¬ ichtigt, eine größere Menge solchen Reises hieher kommen zu assen. In allen Versorgungsfragen hat sich der Mangel an ge¬ eigneten Lagerräumen sehr unangenehm fühlbar gemacht. Ich estatte mir daher die Anregung, auf dem Schlachthausgrunde, der zweifellos nicht zur Gänze durch das Schlachthaus bean¬ prucht wird und wo die Möglichkeit des Bahnanschlusses vor¬ handen sein wird, ein städtisches, öffentliches Lagerhaus zu errichten. Weiter habe ich mich mit der Herrschaft Lamberg auch vegen Holzbeschaffung in Verbindung gesetzt. Es wurde mir mitgeteilt, daß die Herrschaft Lamberg 3000 Kubikmete geschlägertes Holz auf ihren Lagerplätzen in der Raming und in Sand zur Abgabe an die Steyrer Bevölkerung zum Preise von 11 K per Festmeter bereit liegen habe, nur müßte die Stadtbevölkerung selbst für die Herbeischaffung des Holzes von den genannten Lagerplätzen sorgen. Ich habe mich deshalb sosor¬ in den Spediteur Flenkenthaller mit der Einladung gewenden ich mit den übrigen Frächtern der Stadt ins Einvernehmen zu eben, um zu ermöglichen, daß dieses Holz zu einem nicht alld¬ Johen Preise von den genannten Lagerplätzen in die Stadt ge¬

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2