Ratsprotokoll vom 19. Juli 1915

4 Zwecke. Wir in Oesterreich sollen die letzten Maisreste teuer kaufen und verzehren, während man sich in Ungarn bereits an Weizenmehl und Kornbrot gütlich tue. Der Herr Redner komm darauf auf das Gerücht zu sprechen, daß man in Salzburg be¬ reits Knödelsemmeln erhalte, die von den Bäckern in Salzbur erzeugt werden. Er könne das nicht glauben; vielleicht stammt dieses Salzburger Knödelbrot aus Freilassing, aus dem naher Bayern. Auf jeden Fall ersuche er den Herrn Bürgermeister sich über diesen Gegenstand zu erkundigen. Wenn das Gerücht vahr wäre und wirklich Semmeln in Salzburg erzeugt würden, so wäre das eine ganz offenkundige Uebertretung der bestehenden Vorschriften, welche keineswegs zugebilligt werden könnte Ferner bespricht Redner die Abgabe von Weizenmehl und Weizenbrot an Kranke In Steyr herrsche diesfalls die größte Strenge, da nur auf Grund eines vorgelegten amtsärzt¬ lichen Zeugnisses Anweisungen auf den Bezug von Weißbrot iusgefolgt werden. Merkwürdigerweise wird andernorts wieder allzu große Nachsicht geübt. Er erlaube sich z. B. auf Wels zu ver weisen, wo alle Aerzte die Erlaubnis hatten, derartige ärztliche Zeugnisse auszustellen. Auf diese Art dürfte es zu verschiedenen Mißbräuchen gekommen sein und es sollen sich auf diese Art in Wels gegen 1800 Personen Weißgebäck verschafft haben. Derartige Ungleichheiten wirken natürlich auf die Bevölkerung aufreizend. Des weiteren spricht Herr Prof. Erb über die Butter¬ frage, welche in Steyr bekanntermaßen eine sehr leidige ist Dem Vermehmen nach soll in Sierning nicht einmal für die dortige Bevölkerung genügend Butter zu erhalten sein, weil das ort einquartierte Militär eben zu jeden Preise Eier, Butter . dgl. für sich kauft. Derartige Verhältnisse üben selbstverständ¬ lich ihren Rückschlag auf die Stadt Steyr aus, werden aber eitens der Regierung und seitens der Kriegsgetreideverkehrs¬ anstalt nicht berücksichtigt. Alle bisherigen Vorstellungen an den maßgebenden Stellen hatten keinen sichtlichen Erfolg. Begreiflicher¬ weise richtet sich dann der Mißmut der Steyrer Bevölkerung welche in die tatsächlichen Verhältnisse zu wenig eingeweiht ist anz ungerechtfertigt gegen die Gemeindevertretung und stellt die Stadtgemeinde=Vorstehung als Sündenbock in den schlechten Approvisionierungsverhältnissen hin. Der Stadtgemeinde=Vor tehung dürfe aber billigerweise kein Vorwurf gemacht werden a sie ihr Möglichstes tut, um die Stadt mit Lebensmitteln zu versorgen; leider wird sie von den maßgebenden Stellen bei ihren harten und eifrigen Bemühungen nicht in entsprechendem Maße unterstützt. Es wurden deshalb in der eben verlesenen Petition neuerdings die mißlichen Steyrer Approvisionierungs¬ erhältnisse den maßgebenden Stellen zur Kenntnis gebracht Sollte die Ueberreichung dieser Petition wieder keinen Erfolg haben, so rege er an, in einigen Wochen möge der Gemeinderat neuerdings eine Petition an die Regierung richten. Die tatsäch lichen Verhältnisse und die Stimmung der Bevölkerung seier derartige, daß sie nicht mehr allzulange zu ertragen seien. Um aber der Bevölkerung klar zu legen, daß die Stadtgemeinde Vorstehung an diesen mißlichen Approvisionierungsverhältnissen nicht schuldtragend ist, sondern daß sie ihr Bestes und Mög¬ ichstes leiste, stelle er den Antrag, daß sowohl der Wortlaut der Petition als der des Berichtes des Herrn Bürgermeisters der Be¬ völkerung in geeignet erscheinender Weise zur [Kenntnis gebracht werde Hierauf wird einstimmig beschlossen, die verlesene Petition ur Absendung an die in Betracht kommenden Ministerien un n die k. k. ob.=öst. Statthakterei zu bringen. Auch der Antrag des Herrn GR. Erb dahingehend, es möge die Petition und der Bericht des Herrn Bürgermeisters der Bevölkerung von Steyr in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht werden, wird ein¬ timmig angenommen. Darauf wird in die Erledigung der Tagesordnung ein¬ gegangen. I. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr GR. Doktor Karl Harant 1. Personalangelegenheiten. 2. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindever¬ bank Die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung werden in der vertraulichen Sitzung behandelt. 3. Nachträgliche Genehmigung des mit der Aktien¬ brauerei Steyr betreffend Benützung des Zufahrtsweges zur städt. Schotteranlage geschlossenen Vergleiches Der Herr Reserent führt aus: Im Zuge der Verhandlungen über den Ankauf der im Eigentum der Aktienbrauerei Steyr befindlichen Schlüsselhof¬ gründe durch die Stadtgemeinde wurde bei der am 19. Mai 1916 an Ort und Stelle abgehaltenen Besichtigungskommission zwischen den Vertretern der Stadtgemeinde und den Vertretern der ürgerl. Aktienbrauerei bezüglich des Fahrweges, Grundparzelle 1279 und 1280/I, Eigentum der bürgerl. Aktienbrauerei in Steyr, folgendes vereinbart: Der Stadtgemeinde Steyr wird das Fahrtrecht auf den janzen genannten Wegen grundbücherlich sichergestellt. Die Kosten für die künftige Erhaltung dieser Fahrwege werden durch die bürgerl. Aktienbrauerei und die Stadtgemeinde im Verhältnisse von 4 zu 6 getragen. Die Beistellung des Schotters, die Walzung desselben, die Kotreinigung u. dgl. erfolgt durch die Stadtgemeinde Steyr gegen jährliche Rechnungslegung und Zahlung der vereinbarten Beiträge Es soll also für die Stadtgemeinde ein Servitutsrecht auf dem der Aktienbrauerei gehörigen Grunde errichtet werden. Nach der Vortschrift des a. b. G. B. muß der Aufwand zur Erhal¬ ung der dienenden Sache in der Regel vom Berechtigten ge¬ ragen werden. Wenn aber die dienende Sache auch von dem Verpflichteten — in diesem Falle der Aktienbrauerei Steyr — benützt wird, so muß auch der Verpflichtete verhältnismäßig zu dem Aufwande beitragen. Tatsächlich wird dieser Fahrweg auc von der Aktienbrauerei benützt. Da das Aufteilungsverhältnis der Straßenerhaltungskosten von 4:6 der tatsächlichen Benützung der Fahrwege durch die Aktienbrauerei und die Stadtgemeinde m allgemeinen entsprechen dürfte, beantragt die Sektion, der öbl. Gemeinderat wolle der am 19. Mai 1915 abgeschlossenen Vereinbarung nachträglich die Genehmigung erteilen Beschluß nach Antrag. — Z. 16.338 1. Wahl von 4 Mitgliedern in den k. k. Stadtschul¬ rat Steyr für die Funktionsperiode 1915/18 Der Herr Referent führt aus: Laut Amtsberichtes erlischt im Herbste 1915 die gegen¬ värtige Funktionsperiode des k. k. Stadtschulrates Steyr. Nack § 20 des Gesetzes vom 21. Februar 1870, L. G. u. V. Bl. Nr. 9 hat in Städten mit eigenem Statute die Gemeindevertretung aus ihrer Mitte 4 Mitglieder des k. k. Stadtschulrates zu wählen. Bisher fungierten die Herren Vizebürgermeister Paul Fendt und die Gemeinderäte Franz Kirchberger, Josef Langoth und August Mitter als Mitglieder des k. k. Stadtschulrates Steyr. Da nun die 3 erstgenannten Herren zur Kriegsdienstleistung ingerückt sind, stellt die Sektion folgenden Antrag: „Der löbl. Gemeinderat wolle für die Periode 1915/18 die erren Bachmayr, Erb, Gründler und Mitter in den k. k. Stadt¬ chulrat Steyr entsenden. Beschluß nach Antrag. 5. Beschlußfassung wegen Eingehung zweier Ver¬ orgungsverträge Beim Amte wurde um die Aufnahme der in Steyr wohn¬ aften Geschwister Johann und Maria Kottek in das hiesige tädt. Armenverpflegshaus gegen Abtretung eines Betrages von 5000 K an den städtischen Armenfond angesucht. Auf Grund des Ergebnisses der über diesen Versorgungsantrag gepflogenen Erhebungen ist das Amt nicht in der Lage, dem Gemeinderat die Annahme dieser beiden Versorgungsanträge zu empfehlen. Die Sektion stellt folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat beschließe mit Rücksicht darauf daß der von den Gesuchstellern angebotene Betrag zur Deckung der Auslagen im Hinblicke auf das Alter der Gesuchsteller vor¬ aussichtlich nicht ausreicht und die Gesuchsteller nach Steyr nicht eimatszuständig sind, auf den gestellten Versorgungsantrag nich einzugehen, die Gesuchsteller vielmehr in ihre Heimatsgemeinde Wittingau bringen zu lassen. Z. 15.887. Beschluß nach Antrag. — II. Sektion. Referent: Sektionsobmann=Stellvertreter Herr GR. Heinrich Bachmayr. Stadtkasse=Tagebuchabschluß für die Monate 6. April und Mai 1915. Der Herr Referent bringt folgende Berichte der Stadt¬ Buchhaltung zum Vortrage Einnahmen u. Ausgaben der Stadtkasse Steyr Ausweis über die im Monate April 1915. Differenz 1914 1915 7 K X K Einnahmen im Mo¬ 75.305 15 tate April 88 03 34.593 09.899 Hiezu Kasserest vom 36.789 24 Vormonate 13.941 51 7.152 Gesamt = Einnahmen 38.515 91 3 im Monate April 78.535 54 117.051 Ausgaben im Monate 56.938 51 April 8 32 52.91 109.850 Kasserest für den Mo¬ 18.422 60 82 nat Ma 25.623 22 7.201 Seit Jahresbeginn is Ende April be¬ rugen: Die Gesamt =Ein¬ 211.599 44 86 nahmen 358.071 30 569.671 die Gesamt =Aus¬ 1230.02204 aben 332.448 0 08 562•470 Der Stadtbuchhalter: Jandaurek m. P.

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