Ratsprotokoll vom 31. Dezember 1914

18. Verleihung der Jahresiuteressen aus der Leo¬ pold Pacher'schen Artillerie=Stiftung. Der Herr Referent führt aus: Aus der Leopold Pacher'schen Artillerie=Stiftung gelangen die Jahresinteressen per 105 K 20) an sechs arme Bürger der Stadt Steyr zu gleichen Teilen zur Verteilung. Zufolge Amts¬ berichtes ist nur ein einziges Bewerbungsgesuch seitens des Bürgers Leopold Welzebach eingelangt. Ueber Vorschlag des städt. Armenrates und in Annahme des bezüglichen Sektionsantrages wird beschlossen: „Aus der Leopold Pacher'schen Artillerie=Stiftung werde ein Interessenanteil per 17 K 54 h an den einzigen Bewerber Leopold Welzebach verliehen, die übrigen fünf Interessenanteile sind neu auszuschreiben.“ — Z. 32.282. 19. Verleihung der Jahresinteressen aus der Alois Zweithurn=Stiftung. Der Herr Referent teilt mit: Aus der Alois Zweithurn =Stiftung sind die Jahres¬ interessen per 18 K 50 h an acht Arme der Stadt Steyr zu gleichen Teilen zu verteilen. Vom städt. Armenrate werden fol¬ gende Bewerber vorgeschlagen: Diestlberger Franziska, Hinteregger Anna, Kefer Josefa, Raab Marie, Reitmayr Magdalena, Scheidl Karl, Tauschek Josefa, Traunfellner Rosa. Sektionsantrag: „Der löbliche Gemeinderat wolle den vom Armenrate vor¬ geschlagenen acht Bewerbern die Jahresinteressen aus der Alois Zweithurn=Stiftung zu gleichen Teilen zu verleihen.“ Beschluß nach Sektionsantrag. — Z. 41.236. 20. Vergebung der ausgeschriebenen zwei Fachschul¬ Stipendien. Der Herr Referent führt aus: Für das Schuljahr 1914/15 gelangen zwei Stipendien zu je 100 K, auszahlbar im Jänner 1915, an dürftige Schüler der k. k. Fachschule und Versuchsanstalt für Eisen= und Stahl¬ bearbeitung in Steyr zur Verleihung; bevorzugt sind in Steyr heimatberechtigte Bewerber. Um diese beiden ausgeschriebenen Stipendien haben sich 18 Schüler beworben, welche nach Mitteilung der k. k. Fach¬ schuldirektion alle vollständig mittellos sind und den Anforde¬ rungen der Anstalt bisher bestens entsprochen haben. Sektionsantrag: „Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Die von der Stadtgemeinde Steyr gestifteten Stipendien von je 100 K jährl. werden an die beiden nach Steyr zuständigen Bittsteller Johann Schaherl, Schüler des 1I. Jahrganges der k. k. Fachschule und Versuchsanstalt für Eisen= und Stahlbearbeitung in Steyr, und Anton Witon, Schüler des III. Jahrganges derselben Anstalt, verliehen. Beschluß nach Antrag. — Z. 44.542. 21. Ansuchen um Unterstützungen aus den In¬ teressen der bestandenen Gremialkrankenkasse. a) Josef Berger, Handelsangestellter, der im September dieses Jahres an Typhus erkrankte und infolgedessen lange Zeit arbeitsunfähig war, sucht um eine Krankenunterstützung aus der ehemaligen Gremialkrankenkasse an. Das Handelsgremium befürwortet dieses Ansuchen und beantragt die Auszahlung eines Unterstützungsbeitrages von 50 K an den Gesuchsteller. Sektionsantrag: „Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Ueber An¬ trag des Handelsgremiums Steyr werden dem Gesuchsteller Josef Berger 50 K als Krankenunterstützung verliehen.“ Beschluß nach Sektionsantrag. — Z. 38.724. b) Ferner sucht Herr Josef Schanofsky, 71 Jahre alt, ge¬ wesener Handelsmann und ehemaliges Mitglied der Gremial¬ krankenkasse, mit Rücksicht auf seine gänzliche Mittellosigkeit und Erwerbsunfähigkeit um eine laufende Unterstützung aus den Mitteln der ehemaligen Gremialkrankenkasse an. Seitens des Handelsgremiums Steyr wird das Ansuchen befürwortet und beantragt, dem Gesuchsteller einen halbjährigen Unterstützungs¬ beitrag per 120 K zu gewähren. Sektionsantrag: „Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Dem Gesuch¬ steller Josef Schanofsky werde aus den Zinsenerträgnissen der ehemaligen Gremialkrankenkasse ein Betrag von 120 K, zahlbar in 6 Monatsraten zu je 20 K, als Unterstützung gewährt.“ Beschluß nach Sektionsantrag. — Z. 38.611. Nach der Erledigung der Tagesordnung meldet sich nie¬ mand mehr zum Worte. Darauf beginnt der Herr Bürger meister: „Meine sehr geehrten Herren! Wir sind am letzten Tage des Jahres zum letztenmale hier versammelt. Wir schließen ein Jahr, wie die Weltgeschichte wohl noch keines gesehen hat. Heldenhaft ringen die beiden mitteleuropäischen Mächte gegen die von allen Seiten aufdrän¬ genden Feinde. Ein Krieg, der vielleicht der ungerechteste aller Kriege genannt zu werden verdient, ist entflammt. Die Gründe für den Ausbruch dieses Krieges waren nicht Bedrängungen von Nationalitäten oder Volksnotwendigkeiten, sondern der blaße Neid über die gesunde, aufstrebende Entwicklung der beiden Staaten hat ihn hervorgerufen. Wir hoffen, daß die helden¬ mütigen Truppen der beiden verbündeten Staaten obsiegen werden, zum Wohle der beiden Staaten und zum Wohle unseres deutschen Volkes. Der gegenwärtige Krieg hat, wie schon alle Kriege vorher, bereits große wirtschaftliche Schäden hervorgerufen. Wir können nit Freuden feststellen, daß diese Schäden in Steyr keine allzu¬ großen sind, im Gegenteile, durch die im vorigen Jahre in ge¬ wisser Vorahnung gefaßten Beschlüsse des Gemeinderates wurde es ermöglicht, hier ein Unternehmen entstehen zu lassen und Zustände zu schaffen, daß Steyr trotz der Kriegswirren eine aufstrebende Bewegung aufweist. Wohl nicht leicht in einer Stadt blühen die Gewerbe, sind alle Angestellten und Arbeiter so günstig beschäftigt wie hier. Ein glücklicher Ausblick dürfte sich auch nach Eintritt des Friedens für uns geben; denn ich glaube annehmen zu dürfen, daß das günstige Leben in Steyr durch Jahre andauern wird. Wir sehen dem Jahre 1915 mit dem Wunsche entgegen, daß dieses Jahr als Nachfolger des Jahres 1914, welches den Krieg gebracht hat, uns den Frieden bringen möge und mit ihm den Aufschwung der beiden verbündeten Staaten, des deutschen Volkes und auch das Blühen unserer lieben Stadt Steyr. In diesem Sinne gestatte ich mir, den Herren meine herzlichsten Neujahrswünsche zu entbieten.“ Darauf dankt Herr Vizebürgermeister Paul Fendt im Namen sämtlicher Herren Gemeinderäte dem Herrn Bürger¬ meister für dessen Bemühungen im abgelaufenen Jahre und entbietet ihm die besten Wünsche zum Neujahr 1915. Der Herr Bürgermeister dankt hiefür und regt an, den anläßlich der Mobilisierung eingerückten Herren Gemeinde¬ räten Wilhelm Denkmayr, Josef Langoth und Anton Sighart telegrappische Neujahrsgrüße zu übermitteln, womit sich alle Herren einverstanden erklären. Hierauf wird die öffentliche Sitzung geschlossen. In der darauffolgenden vertraulichen Sitzung werden die Punkte 1 und 2 der Tagesordnung behandelt. 1. Personalansuchen. Es wird beschlossen, für die Dauer der Abwesenheit des bei der Musterung als geeignet befundenen städt. Poliers Hans Thurner die Stadtpolierstelle provisorisch zu besetzen und mit der Besetzung die III. Sektion zu betrauen. Ferner wird die provisorische Bestellung einer Kanzlei¬ Hilfskraft für das städtische Krankenhaus beschlossen und mit der Besetzung die 1. Sektion betraut. Ueber Ansuchen des städtischen Polizei=Inspektorates werden fünf Reserve=Wachleute provisorisch bestellt. Schließlich wird dem städtischen Schuldiener an der Wehr¬ graben=Schule Karl Hofer das Reinigungspauschale um 200 K erhöht. 2. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindeverband. Gemäß § 2 des Gesetzes vom 5. Dezember 1896, R.=G.=Bl. Nr. 222, werden folgende Parteien in den Gemeindeverband der l. f. Stadt Steyr aufgenommen: Anton Berger samt Frau, Anton Dorn samt Frau, Josef Hirsch samt Frau, Heinrich Jungbecker, Johann Marik samt Frau, Josef Mitterndorfer, Johann Oehler samt Frau und ein Kind, Franz Reither samt Frau und 2 Kindern, Anton Sensen¬ berger samt Frau und 4 Kindern. Schluß der Sitzung um 4 Uhr nachmittags.

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