Ratsprotokoll vom 18. Dezember 1914

2 Uebertrag 22400 K b) sonstige Ausgaben: 1200 Brandschaden=Versicherung für städt. Gebände Brandschaden=Versicherung für die Artillerie= und Jägerkaserne 100 „ an den Theater=Direktor für Beleuchtung und Beitra Beheizung des Theaters 2400 Durchlaufender Wohnzins des Hausmeisters der Zins¬ 160 häuser am Franz=Josef=Plat 21260 Summe Zur Post „Arbeiterwohnhaus“ fragt Herr GR. Wokral an, wvieso es komme, daß für das Arbeiterwohnhaus in der Haratzmüller¬ straße, das kaum erst steht, schon 800 K für Gebäudeerhaltung m Präliminare eingestellt sind. Er finde, daß das Arbeiter wohnhaus viel zu teuer zu stehen komme. Ferner bedauere er sehr, daß er die gedruckte Vorlage der beantragten Voranschläge für das Jahr 1915 erst kaum 48 Stun¬ den vor der Präliminarsitzung zugestellt erhalten habe. Es sei in diesem kurzen Zeitraum unmöglich, sich die ganze Vorlage gründlich durchzusehen und zu überlegen Weiter erlaube er sich gleich zu bemerken, daß die Beratung des Voranschlages viel rascher vor sich gehen könnte, wenn gleick in der gedruckten Vorlage selbst bei den wichtigeren und gegen¬ über dem Vorjahre stark differierenden Posten kurze aufklärende Bemerkungen enthalten wären oder wenn wenigstens gleich bein Vortrage dieser Posten der Herr Referent einige erläuternde Bemerkungen dazugeben würde; es würde dadurch das fort währende Anfragen wegfallen Herr GR. Kirchberger erwidert, daß die für Erhaltung des Arbeiterwohnhauses eingestellten 800 K höchstwahrscheinlich nicht werden gebraucht werden; sie seien vorsichtsweise in das Präli¬ minar eingestellt worden, falls sich irgendeine Reparatur bei der Wasserleitung oder den Aborten notwendig erweisen sollte Im übrigen werde er dem Wunsche des Herrn GR. Wokral Rechnung tragen und in Hinkunft bei den einzelnen Posten be¬ deutendere Veränderungen gleich beim Vortrage aufzuklären suchen. m Anschlusse an die Post „Arbeiterwohnhaus“ komm Herr GR. Wokral auf das Thema Bodenpolitik und Wohnungsfürsorge in Steyr zu sprechen und führt aus: In der letzteren Zeit ist es wiederholt vorgekommen, daß Arbeiter, obwohl sie in Steyr gut verdient hätten, nicht hier in Steyr bleiben konnten, weil sie keine Wohnung für sich unb ihre Familie auftreiben konnten. Es wäre sicherlich Aufgabe der Gemeinde, sich rationeller mit Bodenpolitik (Ankauf von Grund¬ stücken) und Wohnungsfürsorge (Bau von Wohnhäusern) zu be¬ fassen, als dies bisher der Fall war. Je mehr Boden die Ge¬ meinde hat, desto weniger wird die Stadt Wohnungsnot auf¬ zuweisen haben. Herr GR. Prof. Erb erklärt, daß Herr GR. Wokral be züglich der Bodenpolitik in der Theorie vollständig recht habe: eider ist aber rationelle Bodenpolitik, die Erwerbung von Grund nd Boden, durch die Gemeinde in Steyr ziemlich unmöglich. Es ist fast kein Grund und Boden in der Stadt mehr zu er¬ verben und nahezu unerschwinglich im Preise. Was gemacht werden konnte, ist bisher geschehen und wird weiter geschehen. Leider ist eben die Bodenpolitik in Steyr durch viele Jahr zehnte hindurch vollständig vernachlässigt worden. Man hat die schönsten Plätze in der Stadt sinnlos verbauen lassen. Er er¬ nnere z. B. an das ehemalige Seidlfeld, an die ausge¬ dehnten Gründe zwischen dem Franz Josefsplatze, Steyrfluß und Teufelsbach, welche keineswegs in entsprechender Weise verbaut worden sind. Ferner erlaube er sich auf den Grundankauf für den Bau der städtischen Jägerkaserne hinzuweisen; man hätte damals statt einer teilweisen Grunderwerbung den ganzen Schlüsselhof ankaufen sollen, der damals billig zu haben gewesen wäre. Man hatte eben damals leider überhaupt kein Verständnis ür die Wichtigkeit der Bodenpolitik für die Gemeinden. Steyr st darin im großen Nachteile gegenüber Linz Die Gemeinde Linz hat eben rechtzeitig und billig ausge¬ dehnte Gründe angekauft; dort ist natürlich der Bau von Wohn¬ und die Schaffung von Wohnungen unvergleichlich äusern leichter Bezüglich der Wohnungsfürsorge könne er aber mit dem Herrn GR. Wokral nicht übereinstimmen. Herr GR. Erb führt des näheren aus In keiner Stadt Oesterreichs ist die Lösung der Wohnungs¬ fürsorge so außerordentlich schwierig wie in Steyr, und zwat infolge der außerordentlich wechselnden Bewohnerzahl und der wechselnden Arbeits= und Verdienstverhältnisse in der Oesterr. Wassenfabrik in Steyr Es hat in Steyr Zeiten gegeben, wo sieben= oder acht¬ hundert Wohnungen leer gestanden sind und wenn heute nod tausend Wohnungen mehr in Steyr vorhanden wären, so wärer ie auch noch besetzt. Diese stets wechselnden wirtschaftlichen Ver hältnisse und die schwankenden Bevölkerungsziffern — es gat in der Waffenfabrik abwechselnd Arbeiterstände von unter eintausend bis über zehntausend Beschäftigte — gestatten es der Gemeinde wohl nicht, besonders hohe Investitionen für Ar¬ beiterwohnhäuser vorzunehmen Nach seiner Meinung sei der hier in Betracht kommende und berufene Faktor die Oesterr. Wassenfabriksgesellschaft selbst velche in erster Linie verpflichtet sei, Wohnungen für ihre Ar¬ beiter zu schaffen Er erlaube sich auf die Firma Krupp in Berndorf und auf die Fabrik Reithoffer in Garsten zu verweisen, welche be¬ reits beträchtliche Summen zur Wohnungsfürsorge für ihre Ar¬ beiterschaft ausgegeben hat Von der Gemeinde aber könne man unmöglich ver¬ angen, daß sie allein unter den geschilderten Verhältnissen in der jetzigen Zeit der Wohnungsnot abhilft. Die Gemeinde hat ihren guten Willen durch den Bau des Arbeiterwohnhauses in der Haratzmüllerstraße gezeigt; die Ge¬ neinde sucht die Gemeindeangestellten in ihren eigenen Häusern interzubringen; kurz sie tut ihr möglichstes bezüglich Wohnungs¬ irsorge Daß bestqualifizierte Arbeiter mit Höchstverdiensten Steyr vieder verlassen müssen, weil sie hier keine Wohnungen be¬ kommen, ist gewiß ein beklagenswerter Zustand Die Stadtgemeinde allein ist aber ganz und gar außer¬ stande, dieser Wohnungsnot auch nur annähernd zu steuern. Denn, wenn auch die Stadtgemeinde neuerdings ein zweites Ar¬ beiterwohnhaus bauen wollte, so würden da mit einem Kosten¬ aufwande von über 100.000 K vielleicht 30 neue Wohnungen geschaffen werden, womit ja der jetzigen Wohnungsnot gar nicht abgeholfen würde Herr GR. Wokral erwidert, daß er den Ausführungen des Herrn Vorredners bezüglich der Bodenpolitik zustimme; es olle auch den heutigen Gemeinderat nicht der geringste Vor wurf treffen. Mit den Ausführungen des Herrn Vorredners be¬ üglich der Wohnungsfürsorge könne er sich aber sowohl vom Parteistandpunkte als auch aus praktischen Gründen nicht einver¬ standen erklären Die sozialdemokratische Partei stehe auf dem Standpunkte, daß der Arbeitnehmer nicht beim Arbeitgeber wohnen solle. Mit em Arbeitsaustritte wird der Arbeiter auch obdachlos. Aber uch aus praktischen Gründen sei er mit der Wohnungsfürsorge durch die Waffenfabrik nicht einverstanden; er erlaube sich auf die neuen Fabrikswohnhäuser zu verweisen, in denen eine 14tägige Kündigungsfrist für die Vermietung der Wohnungen besteht. Bei dieser kurzen Kündigungsfrist läuft der Mieter — zumal ei der gegenwärtigen Wohnungsnot — Gefahr, keine andere Wohnung so rasch zu finden und abdachlos zu werden. Vielleicht vird es doch noch möglich sein, daß die Stadtgemeinde im Jahre 915 mit dem Bau eines zweiten Arbeiterwohnhauses beginnen könne err GR. Prof. Erb entgegnet noch kurz, daß er wohl daß die sozialdemokratische Partei das Wohnen der Ar¬ wisse beim Arbeitsgeber infolge des dadurch entstehenden schär¬ beiter eren Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber perhorresziere; er glaube aber, daß die Wohnungs¬ rage eine ganz allgemeine Frage sei, welche nicht vom Partei tandpunkte zu lösen ist. Und da muß man wohl sagen, daß in rster Linie ein Industrieunternehmen moralisch verpflichtet ist, für seine Angestellten Wohnungen zu schaffen. Darauf fährt der Herr Referent fort vorzutragen: Steuern und Umlagen: Ver Gebühren=Aequivalent für das unbeweglich 1500 K nögen 2800 „ Grund= und Hauszinssteuer Rentensteuer 000 Landes= und Gemeinde=Umlage 1500 „ Steuer und Umlagen für die Exerzierplätze 300 K Summe Verwaltungs=Auslagen: Funktionsgebühr des Bürgermeisters und der beiden 8400 K Bürgermeister=Stellvertreter 70400 „ Bezüge der 19 aktiven städtischen Beamten 10093 Bezüge der 9 städtischen Hilfsbeamten 8918 „ Bezüge der 5 städtischen Amtsdiener 600 „ Kosten der Amtskleidung 2180 „ Bezüge des Stadtpoliers 46502 Pensionen und Gnadengaben * ** 1000 „ lusgaben für Wahlen ** 200 „ Ausgaben für gerichtliche Vertretung für Gebührei Theater, für Interventionen in und Vereins=Versammlungen, Belohnungen 2800 „ Reisekosten und Vor Assentierungs=, Militärbequartierungs¬ 1000 „ pannsfuhrkosten Jorti Druckpapiere, Bücher, Zeitungen und Kanzlei¬ 8000 „ Requisiten Beheizung, Einrichtung Beleuchtung, Reinigung, 7400 „ der Amtszimmer 1000 „ Für voraussichtliche Erhöhungen * ** Summe . 1714832. teilt der Herr Re¬ Zu Post „Gebühren=Aequivalent“ erent mit, daß bezüglich der Erhöhung der Funktiousgebühr des Bürgermeisters gemäß § 13 der Geschäftsordung von der I. Sektion in der nächsten Gemeinderatssitzung ein eigener An¬ rag gestellt und die nähere Begründung hiefür vorgebracht werden wird Herr GR. Dantlgraber erklärt, er sehe sehr gut ein daß der Bürgermeister viel mit Arbeit belastet ist und daß die dem Bürgermeister seinerzeit bewilligte Funktionsgebühr von 1600 fl. mit den ganzen heutigen Verhältnissen nicht mehr recht

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