Ratsprotokoll vom 16. Oktober 1914

4 Von den durch die Herstellung dieses Kanals erwachsen¬ den Gesamtkosten trägt die Stadtgemeinde Steyr als solche den dritten Teil 2. Von den verbleibenden zwei Dritteilen der Gesamtkosten habe die Gemeinde=Vorstehung als Besitzerin der drei Häuser, Theater, Fronfeste und Bergschule, drei Fünftel, die beiden an¬ deren Interessenten je ein Fünftel zu tragen Die Hausanschlüsse zu dem neuen Kanal sind von den Hausbesitzern auf ihre eigenen Kosten herzustellen. Der Hauptkanal geht in das Gemeindeeigentum über und ist von der Gemeinde künftighin zu erhalten. Sektionsantrag Der löbl. Gemeinderat beschließe die Herstellung eines neuen Kanals auf dem Franz Josef=Platze nach Kostenvoran¬ schlag und Plan im Betrage von 3200 K, zu welchem die An¬ rainer K 853·33 nach Vereinbarung zu leisten haben. Mit der Ausschreibung und Durchführung wird die III. Sektion beauftragt Z. 33.391/13. Beschluß nach Sektionsantrag. — 16. Ansuchen um käufliche Ueberlassung eines Grundes in der Sierningerstraße. Der Herr Referent bringt zunächst ein Ansuchen zur Verlesung, in welchem der Gastwirt Herr R. Wipplinger, Sier¬ tingerstraße 158, mitteilt, daß er die an der Sierningerstraße an der linken Seite seiner Gasthausrealität befindlichen unschöner ölzernen Zubauten zu entfernen und durch neue, zweckentspre¬ hende zu ersetzen beabsichtigt und zu diesem Zwecke um käufliche Uleberlassung eines kleinen der Stadtgemeinde gehörigen Grund¬ streifens ansucht Das Stadtbauamt berichtet, daß gegen den beabsichtigter Umbau und gegen die käufliche Ueberlassung des Grundes nichts einzuwenden ist. Sektionsantrag: „Der löbl. Gemeinderat beschließe den Verkauf eines Grundes von 22½ Quadratklaftern aus der Parzelle Nr. 735 um den Preis von 450 K (d. i. 20 K pro 1 Quadratklafter) an Herrn Rudolf Wipplinger, Gastwirt bei der Maut in Aichet. Der Ver auf erfolgt nur unter der Bedingung des plangemäßen Um¬ baues des Hauses innerhalb eines Jahres. Die Kosten der grund¬ bücherlichen Uebertragung trägt der Käufer.“ Beschluß nach Sektionsantrag. — Z. 31.792. Der Herr Vorsitzende stellt fest, daß der Beschluß bei einer Anwesenheit von mehr als zwei Dritteilen der Gemeinde¬ ratsmitglieder gefaßt worden ist. IV. Sektion. Referent: Sektionsobmann=Stellvertreter Herr G.=R. Ludwig Binderberger 7. Ausuchen um eine Unterstützung aus den Ziusen der bestandenen Gremial=Krankenkasse. Der Herr Referent bringt das Ansuchen des Heinrich Tulzer zur Verlesung, welcher unter Anschluß eines ärztlichen Zeugnisses über eine mehr als 3monatliche Krankheit und Er werbsunfähigkeit um eine Unterstützung aus der bestandenen Gremial=Krankenkasse bittet. Das Handelsgremium Steyr, zum Antragstellung über dieses Ansuchen eingeladen, beantragt, dem Gesuchsteller eine Unterstützung von 100 K zu gewähren. Sektionsantrag „Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Dem Gesuch¬ steller Heinrich Tulzer wird über Vorschlag des Handelsgremiums ein Betrag von 100 K aus den Zinsen der bestandenen Gremial¬ Krankenkasse als Krankenunterstützung gewährt. Z. 22.272. Beschluß nach Sektionsantrag. — 18. Ansuchen um Ueberlassung eines Lehrzimmere Erteilung von Privatunterricht zur Der Herr Referent führt aus: Seitens mehrerer Eltern von Kindern, welche nunmehr in das schulpflichtige Alter getreten sind, ist eine Zuschrift an die Stadtgemeinde=Vorstehung eingelangt, in welcher um Ueber assung eines Schulraumes in der Knabenvolksschule am Michaeler platze an Wochentagen von 10—12 Uhr vormittags zum Zwecke der Erteilung von Privatunterricht für das Schuljahr 1914/15 angesucht wird. Begründet wird dieses Ansuchen damit, daß die überfüllten und unhygienischen Schulräume der Mädchenschule n der Berggasse leicht zu schweren und dauernden Gesundheits¬ chädigungen für die kleinen Kinder Anlaß geben können. Der Herr Referent weist darauf hin, daß bereits einmal der k. k. Stadtschulrat und auch die IV. Sektion des Gemeinde¬ rates den Standpunkt vertreten haben, daß die Benützung eines Lehrzimmers zu Privatschulzwecken aus prinzipiellen Erwägungen nicht zu bewilligen sei. Demzufolge stellt die Sektion folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen: Ueber Beschluß des k. k. Stadtschulrates Steyr werde dem vorliegenden Ansuchen uim Ueberlassung eines Lehrzimmers in der Knabenvolksschule am Michaelerplatze in Steyrdorf aus prinzipiellen Gründen eine Folge gegeben.“ Beschluß nach Sektionsantrag. — Z. 23.663. 9. Eingabe des k. k. Stadtschulrates Steyr weger Auszahlung des Quartiergeldes an die zur aktiven Militärdienstleistung einberufenen Aushilfslehrkräfte. der Herr Referent gibt bekannt, daß der k. k. Stadt¬ schulrat in seiner Sitzung vom 11. September d. J. den ein¬ helligen Beschluß gefaßt hat, an die Stadtgemeinde =Vorstehung Steyr das Ersuchen zu richten, den zur aktiven Militärdienst¬ leistung einberufenen Aushilfslehrkräften(d. s. die Herren Josef Langoth, Aushilfslehrer an der Knaben=Bürgerschule, und Franz Habersellner, Aushilfslehrer an der Knaben=Volksschul in Steyrdorf) das Quartiergeld auch während der Militärdienst. leistung weiter zu bezahlen. Sektionsantrag „Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, dem Ansuchen des k. k. Stadtschulrates Steyr stattzugeben und den beiden Herren Lehrern Josef Langoth und Franz Habersellner das Quartiergeld mit 40% des Gehaltes für die Dauer der Militär¬ ienstleistung zu bewilligen. Beschluß: Einstimmig nach Sektionsantrag. — Z. 31.503. Nach der Erledigung der Tagesordnung erstattet der Re¬ ferent des Approvisionierungs=Ausschusses, Hern .=R. Heinrich Bachmayr, einen ausführlichen Bericht über ie am 15. Oktober d. J. abgehaltenen Sitzung des Approvisio¬ nierungs = Ausschusses Er teilt mit, daß in der am 15. d. M. abgehaltenen Sitzung des Approvisionierungs=Ausschusses eingehend darüber beraten vorden sei, welche Maßnahmen zu den bereits getroffenen weiter zu treffen seien, um der fortwährend im Steigen begriffenen Lebensmittelteuerung wirksam entgegenzutreten. Zu Beginn der Sitzung habe der Herr Bürgermeister mitgeteilt, daß er außer einem an das Ministerats=Präsidium gerichteten Telegramm mit dem Ersuchen um Aufhebung der Zölle persönlich bei Sr. Ex¬ zellenz dem Herrn Statthalter in Linz wegen des schon fühl¬ aren Mangels an Mehl, Petroleum und Benzin vorgesprochen habe. Bezüglich des Mehls sei der Herr Statthalter der Meinung daß, so lange nicht ein Preistarif auf dem Rohprodukte, der körnerfrucht, liege, eine Preisregelung des Mehls schwer möglich i. Darauf habe der Herr Bürgermeister an einer vom städt. Markt¬ Inspektorate Steyr ausgearbeiteten Tabelle, in welcher die Preise der wichtigsten Lebensmittel im Juni und Oktober d. J. (also vor und nach der Mobilisierung) eingetragen waren, ziffermäßig das Steigen der Lebensmittelpreise nachgewiesen. In einer längeren Rede habe darauf Herr G.=R. Professor Erb ausgeführt, daß die Aufhebung der Zölle, weil zu spät veranlaßt, mehr oder weniger zweck= und erfolglos gewesen sei; ie Zölle hätten vor zwei oder drei Monaten aufgehoben werden ollen. Jetzt sei kein Staat vorhanden, aus dem wir Getreid inführen könnten; Rumänien z. B. habe sein ganzes Getreide in Dentschland abgegeben, daß eben gleich zu Kriegsbeginn den Einfuhrzoll aufgehoben hat. Gegen 100 ungarische Großagrarier haben eben die Auf¬ hebung des Zolles so lange zu verhindern verstanden, bis im luslande kein Getreide mehr vorhanden ist, so daß ihnen also vom Auslande her keine Konkurrenz mehr gemacht werden kann. Und nun wären diese ungarischen Großagrarier, weil ohne Kon¬ kurrenz vom Auslande her, nach der Aufhebung der Zölle erst recht im Stande, die Getreidepreise zu diktieren Leider sei die Stadt Steyr allein, ja sogar das Kriegs¬ ministerium selbst, zu schwach, um gegen diese wenigen Gro߬ agrarier in Ungarn vorzugehen; es sei unbedingt eine gemein¬ same großzügige Aktion notwendig, um einen Erfolg zu erreichen, und zwar müsse vor allem 1. bei der Regierung dahin gewirkt werden, daß Maximal¬ preise und der Verkaufszwang (unter Androhung empfindlicher Strafen im Weigerungsfalle) hinsichtlich der wichtigsten Artikel, wie Getreide, Mehl, Hülsenfrüchte für die Großhändler einge ührt werde 2. solle an den Bürgermeister der Reichshaupt= und Re¬ idenzstadt Wien mit der Bitte herangetreten werden, ehestens einen Städtetag, und zwar wenn möglich eine Tagung alle sterreichischen Städte überhaupt, wenn dies infolge Kriegszu¬ tandes nicht möglich sein sollte, wenigstens aller autonomer Städte einzuberufen, damit dort die Vertreter der verschiedenen Städte über die weiter einzuschlagenden Wege zur Einschränkung er Lebensmittelteuerung beraten können. Herr G.=R. Wokral habe ebenfalls des längeren die unhaltbaren Teuerungsverhältnisse besprochen und habe nament¬ ich darauf hingewiesen, daß es höchste Zeit sei, daß die Regie rung Maximalpreise und Verkaufszwang für die Großhändler einführe. Die Mißstimmung und die Unzufriedenheit der Be¬ völkerung über die immer mehr im Steigen begriffene Lebens¬ mittelteuerung sei bereits sehr groß und könnte mit der Zei rößere und bedenkliche Dimensionen annehmen. Insbesonder¬ solle auch bei der Regierung dahin gewirkt werden, daß bi¬

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