Herr G.=R. Wöhrer erklärt, daß der festgesetzte Mehl¬ preis viel zu niedrig sei; die En gros=Preise seien in Wirklich¬ keit höher, als die hier festgesetzten Preise für den Detailverkauf. Herr G.=R. Wokral betont, die Aufgabe des Gemeinde¬ rates könne in dieser Angelegenheit nur darin bestehen, daß durch die Vorschläge des Gemeinderates für den Schutz der Kon¬ sumenten gesorgt werden solle. Die Gewerbegenossenschaften haben ja noch Gelegenheit, ihre Stellung unmittelbar bei der Statthalterei zu kennzeichnen, welche dann auf Grund des Ver¬ gleiches der Vorschläge von Gemeinden und Genossenschaften die endgültige Festsetzung von Maximalpreisen vornehmen wird. Gewiß darf der Gemeinderat auch nicht rücksichtslos über die Existenz der Gewerbetreibenden hinweggehen. Aufgabe des Gemeinderates ist es, für die gesamte Bevölkerung Schutz zu schaffen. Es wird sich vielleicht ganz von selbst noch die Not¬ wendigkeit ergeben, daß die Gemeinde durch eigene Beschaffung und Abgabe von einzelnen Artikeln Vorsorge treffen wird müssen Zunächst aber sollen einzelne Maximalpreise für die wich tigsten Artikel festgesetzt werden. Der Herr Redner empfiehlt, dem Vorschlage des Approvisionierungs=Ausschusses zuzustimmen. Herr Vizebürgermeister Paul Fendt gibt seiner Befürch¬ tung Ausdruck, daß über den in diesem Gegenstande heute zu fassenden Gemeinderatsbeschluß Mißverständnisse unter der Be¬ völkerung entstehen werden. Die Leute werden glauben, daß die Zissern, welche heute hier festgesetzt werden, gleich von den nächsten Tagen an als Verkaufspreise gelten, an welche die Kaufleute gebunden sind. Der Herr Redner schlägt deshalb die vertrauliche Behandlung dieses Gegenstandes vor. Der Herr Vorsitzende erwidert darauf, daß ein Antrag auf vertrauliche Behandlung wohl gleich zu Anfang gestellt werden hätte sollen; er wäre mit der Behandlung dieser Sache in einer vertraulichen Sitzung sehr einverstanden gewesen. Im übrigen werde in der Bevölkerung kein Mißverständnis Platz greifen, wenn in den Zeitungsberichten über die heutige Gemeinderatssitzung ausdrücklich betont wird, daß die vom Ge¬ meinderate festgesetzten Preise nur als Vorschläge für die Statthalterei gelten und daß dann erst die Statthalterei die Maximalpreise nach Anhörung der Genossenschaften endgültig bestimmen wird. Herr G.=R. Mitter behauptet, daß der vom Approvi¬ sionierungs=Ausschusse vorgeschlagene Preis für Kartoffel mit 16 Heller per Kilogramm viel zu hoch sei, und stellt den An¬ trag, den Preis für Kartoffel mit 12 Heller per Kilogramm festzusetzen. Hierauf wird unter gleichzeitiger Annahme des Abände¬ rungsantrages des Herrn G.=R. Mitter (Herabsetzung des Preises der Kartoffel von 16 Heller auf 12 Heller per Kilogramm) be¬ schlossen: Es sind die vom Approvisionierungs=Ausschusse aufge¬ stellten Maximalpreise der k. k. o.=ö. Statthalterei in Vorschlag zu bringen. Darauf bringt der Herr Referent G.=R. Bachmayr eine vom Präsidium des Magistrates Wien zugesandte Abschrift einer Petition, welche der Wiener Gemeinderat bezüglich der Herab¬ setzung der Zölle an die Regierung gerichtet hat, zur Verlesung. Der Herr Referent gibt bekannt, daß der Approvisionie¬ rungs=Ausschuß auf Grund dieser Zuschrift beschlossen habe, dem Gemeinderate diesbezüglich folgenden Antrag zu unter¬ breiten: Wegen der Kürze der Zeit wolle der Gemeinderat dieses Schreiben des Herrn Bürgermeisters von Wien zur Kenntnis nehmen und die Stadtgemeindevorstehung beauftragen, an die Regierung ein ähnliches Schreiben zur Absendung zu bringen, worin um Aufhebung, wenn diese nicht möglich, um Er¬ mäßigung der Einfuhrzölle und um bedeutende Herabsetzung der Eisenbahnfrachtsätze für die wichtigsten Lebensmittel (wie Getreide, Mehl, Vieh, Fleisch) für gemeinnützige Approvisionie¬ rungszwecke dringend ersucht werden solle.“ Beschluß nach Antrag des Approvisionierungs=Ausschusses. Nach der Erledigung der Tagesordnung regt Herr G.=R. Kirchberger an, wie in anderen Städten auch in Steyr eine Aktion zugunsten des „Roten Kreuzes“, bezw. zugunsten der einberufenen Reservisten und Landsturmmänner einzuleiten. Der Herr Vorsitzende entgegnet, daß in Steyr ohne¬ hin der Hilfsverein für das „Rote Kreuz“ besteht. Da sich niemand mehr zum Worte meldet, führt der Herr Vorsitzende zum Schlusse der Sitzung aus: „Meine sehr geehrten Herren! Eine schwere Zeit ist herein¬ gebrochen. Unsere Monarchie ist nach einem 48jährigen Frieden in einen Krieg verwickelt worden. Während dieser 48 Jahre ist es nur einigemale dazugekommen, kleine Aufstände zu dämpfen. Die fortwährenden Wühlereien des serbischen Nachbarstaates — besonders seit dem Jahre 1909 — haben zum Kriegszustande geführt. Durch die fortwährende Unsicherheit, welche durch diesen Staat hervorgerufen worden ist, sind nicht nur unsere Monarchie, sondern ganz Europa schwere Schädigungen im wirtschaftlichen Leben zugefügt worden Mit außerordentlicher, fast zu großer Geduld hat unser Staat dem Treiben zugesehen. Denn in der letzten Zeit sind die Zustände geradezu staatsgefährliche geworden. Es ist soweit gekommen, daß man vor Mordanschlägen nicht zurückgeschreckt hat; und diese sind nur zu gut gelungen. Die von unserem Staate überreichte Note hat Serbien in unbefriedigender Weise beantwortet. Es mußte zum Aeußersten geschritten werden: Die Monarchie hat an Serbien den Krieg erklärt. Noch sind nicht alle Korps einberufen; aber ich erwarte, daß, wenn der Ruf ergeht, die Söhne unserer deutschen Alpen¬ länder mit Begeisterung zu den Fahnen eilen und mit Helden¬ mnut kämpfen werden; sind doch unsere deutschen Alpenregimenter schon in so vielen Schlachten an der Spitze gestanden! Wir haben augenblicklich den Kriegsfall mit Serbien ge¬ geben. Wir wissen nicht, welche Verwicklungen uns vielleicht noch bevorstehen. Wir vertrauen nun auf die Weisheit Seiner Majestät des Kaisers und auf die Tüchtigkeit unserer Armee. Ich fordere die Herren auf, sich von den Sitzen zu er¬ heben und mit mir einzustimmen in den Ruf: Seine Majestät, unser erhabener Kaiser Franz Josef l. und die tapfere öster¬ reichische Armee leben hoch, hoch, hoch!“ (Der Gemeinderat erhebt sich von den Sitzen und stimmt in das dreifache Hoch begeistert ein.) Hierauf Schluß der Sitzung um 5 Uhr nachmittags.
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