2 K. k. Staatsbahn=Direktion Linz Z. 70|III am 17. Jänner 1913. 2 Betreff: Beschwerde wegen inzelner Uebelstände in der Station Steyr An di Stadtgemeinde = Vorstehung in Steyr. Die gefertigte Direktion beehrt sich, im Namen des k. k Eisenbahn=Ministeriums in Angelegenheit der Beschwerde wegen einzelner Uebelstände in der Station Steyr Ihnen folgendes mitzuteilen Das Aufnahmsgebäude entspricht an Größe, Zahl un Zweckmäßigkeit der vorhandenen Räumlichkeiten vollständig der Anforderungen einer großen Mittelstation. So sind getrennte Warteräume aller drei Klassen in aus¬ reichender Größe vorhanden, ferner ein Vestibüle mit über 70 ul Fläche, das als geradezu opulent bezeichnet werden muß Die Garderobe, sowie die Räume für Personen= und Ge päcksabfertigung haben bisher bei noch so gesteigertem Verkehr anläßlich Festlichkeiten und ähnlichen Gelegenheiten besondere Frequenz stets den an sie gestellten Anforderungen vollständig entsprocher Dasselbe kann von den Abortanlagen, deren Zustand ein ist, gesagt werden guter Für den Parteienverkehr ist also reichlich gesorgt. Aber auch die Bürolokalitäten sind ausreichend und müssen als der Verhältnissen entsprechend bezeichnet werden Das nach der Type der bestandenen Rudolfbahn mit be scheidener Fassade erbaute Aufnahmsgebäude wurde seit dessen Bestand durch den Anbau großer Warteräume bereits einmal erweiter Der dermalige Bauzustand desselben ist im allgemeinen ein guter, doch wird die Direktion, um die Spuren natürlicher Abnützung zu beseitigen, im laufenden Jahre das ganze Ge bäude einer gründlichen Renovierung unterziehen Auch das Gütermagazin hat seit seinem Bestande ein wesentliche Erweiterung erfahren und obwohl die Büroräum etwas knapp sind, so besteht doch die Dringlichkeit einer Ver größerung dermalen nicht. Für eine Erweiterung der Gleisanlage der Station hat sich bisher ein Bedürfnis nicht fühlbar gemacht. Zum Schlusse muß darauf hingewiesen werden, daß die Anlage in Steyr auch zu einer Zeit, als die Verkehsintensität infolge der Blüte der Eisenindustrie eine weit stärkere war al¬ gegenwärtig, allen Anforderungen vollkommen genügt hat Der k. k. Staatsbahn=Direktor: Messerklinger m. p. Der Sektionsbericht lautet Wenn es auch richtig ist, daß in dem dem Gemeinderate am 25. Oktober v. J. vorgelegenen Dringlichkeitsantrage di Uebelstände am Staatsbahnhofe in Steyr im Einzelnen ange führt wurden, so ist dies fragelos eben deshalb geschehen, un die Mangelhaftigkeit des ganzen Objektes zu kennzeichnen, wa sich auch aus dem an den Schluß des damaligen Antrages ge tellten Resums ergibt. Wenn daher die Erledigung der Staats bahn=Direktion vom 17. Jänner 1913 von einer Beschwerd wegen „einzelner Uebelstände“ spricht, so hat sie zweifellos die Eingabe der Stadtgemeinde=Vorstehung völlig mißverstanden oder überhaupt nicht verstanden Wie weit diese Erledigung am Ziele vorbeiführt, ergib sich dentlich auch daraus, daß des Begehrens im Dringlichkeits antrage und in der Eingabe der Stadtgemeinde=Vorstehung nach Besichtigung" und „Feststellung der Uebelstände“, also nac einer Erhebung an Ort und Stelle, mit keiner Silbe eine Er wähnung geschieht. Wenn sich die Erledigung darin gefällt, di gerügten Uebelstände einfach abzuleugnen, so steht umgekehrt die Sektion auf dem Standpunkte, daß alle diese Mängel reichlich vorhanden sind. Es wird diesfalls noch insbesondere auf dei Mangel eines Warteraumes am Ausgang aus dem Bahnho verwiesen, auf den Umstand, daß auch die Post im Freien zu manipulieren genötigt ist und schließlich auf die Verhältnisse am Frachtenbahnhofe aufmerksam gemach Die Sektion stellt daher folgenden Dringlichkeits antrag Der löbliche Gemeinderat beschließe, es sei an das k. k. Eisenbahn=Ministerium eine neuerliche Eingabe unter genauer Darstellung der bestehenden Uebelstände und unter neuerlichen Verlangen nach einer unter Zuziehung von Vertretern der Ge meinde und von Interessenten abzuhaltenden Kommission zu richten und in derselben die rascheste Abhilse zu verlangen. Herr G.=R. Langoth, als seinerzeitiger Antragsteller und Referent der Verkehrskommission, erklärt hiezu, daß man nicht wisse, ob man den Inhalt dieses Schreibens der Staats¬ bahn=Direktion als komisch nehmen oder ihn als Frozzelei auf¬ fassen solle. Wenn die Sache nicht so ernst wäre, so würde es eigentlich das Beste sein, den Antrag zu stellen, daß man darüber zur Tagesordnung übergehe. Nachdem aber die Sache wirklich von großer Wichtigkeit ist, so müsse man sich wohl damit ein¬ gehend beschäftigen Der seinerzeitige Antrag sei hauptsächlich darum gestellt worden, um die Staatsbahn=Direktion Linz darauf aufmerksan zu machen, daß in ihrem Bereiche eine Station existiert, die der an ihr gestellten Anforderungen nicht mehr standhalten kann Sonderbarerweise habe jedoch der Verfasser der Zuschrift der Staatsbahn=Direktion eine Ansicht von der Beschaffenheit von Bahnhofgebäuden, die nicht recht erklärlich ist. Aber am meisten zu rügen sei wohl der Umstand, daß die Staatsbahn=Direktion es nicht einmal der Mühe wert gefunden hat, jemanden zur Besichtigung der Bahnhofanlagen herüberzusenden, der sich mi¬ den Vertretern der Stadtgemeinde diesbezüglich in Verbindung gesetzt hätte. Man ist ganz einfach darüber hinweggegangen, und zwar auf Grund eines Berichtes, der nach freiem Gedächtniss gemacht wurde. Das ist eine direkte Beleidigung der Stadt, weil die Stadt Steyr von einer Bedeutung ist, über welch nicht so ohneweiters hinweggegangen werden könne. Er könn deshalb den Antrag der Sektion nur wärmstens befürworten. Herr G.=R. Wokral erklärt, daß ja doch im damaligen Antrage verlangt wurde, es mögen auf Grund einer kom¬ missionellen Besichtigung alle Mängel 2c., welche am hiesigen Bahnhofe herrschen, festgestellt und dann Abhilfe geschaffen werden. So erhalte man aber von der Staatsbahn=Direktion Linz die Erklärung, daß sich sowieso alles in guter Ordnung befinde. Man müsse deshalb die Frage aufstellen, wieso man dortorts zu einer solchen Antwort komme. Und da müsse man sich wohl sagen, daß eine derartige Antwort nur erfolgen konnte wenn jemand hier gewesen wäre und die Sache untersucht hätte und dann könnte man sich ja mit einem solchen Resultat in dem Sinne, wie die Zuschrift lautet, begnügen. Jedoch von dem kein Wort, denn in der Zuschrift ist nichts enthalten, was auf eine derartige Untersuchung hindeuten würde Redner ist auch der Auffassung, daß noch eine ganze Reih von Mißständen außer den bereits angeführten vorhanden seien So zum Beispiel habe er selbst gesehen, wie im Frachtenbahn hofe ein Waggon, welcher bei der Verladerampe gestanden ist plötzlich weggeschoben werden mußte, um damit ein Zug in die Station einfahren konnte, worauf der betreffende Waggon wieder zur Rampe zurückgeführt wurde. Das seien sicherlich Uebelständ die doch zumindestens der Staatsbahn=Direktion bekannt sein müssen. Nun erhalte man nichtsdestoweniger von derselben eine Antwort, welche als nichts anderes als eine Frozzelei aufzu assen ist und zwar insbesondere deshalb, weil, wenn das Bahn¬ hofgebäude noch so schön geweißigt ist, ja doch dadurch der anderen Uebelständen nicht im geringsten abgeholfen wird. Er stimme deshalb dem Antrag der Sektion vollständig zu, denn es gehe unter gar keinen Umständen an, daß man auf eine Eingabe eine derart wegwerfende Antwort gibt Herr Vizebürgermeister Paul Fendt ist mit den Aus¬ führungen der beiden Herren Vorredner vollständig einverstanden Er verweist noch bezüglich der Postmanipulation daraushin, daß auf allen Bahnhöfen von einiger Bedeutung die Postexpedition am rechten Flügel desselben sich befindet, während in Steyr dieselbe am linken Flügel untergebracht ist, was dort auch nicht gerade zu den Annehmlichkeiten gehöre. Außerdem ist daselbst in der Nähe noch eine Waschküche hingebaut worden, welche sehr im Wege steht, was auch für Fremde unzukömmlich sei. Redner bittet deshalb entschieden auch darauf hinzuwirken, daß die Post¬ xpedition auf den rechten Flügel des Bahnhofes verlegt und auch die Waschküche von dort entfernt werde, wodurch dann Raum für einen eventuellen Neubau geschaffen würde Herr G.=R. Erb bemerkt, daß ihm bekanntlich nach den seinerzeitigen Antrage der Sektion die Aufgabe zugefallen sei die Eingabe der Stadtgemeinde bei Sr. Exzellenz dem Herrn Eisenbahnminister zu vertreten und zu befürworten. Nun seie auffallend, daß es in dem ihm vom Eisenbahn=Ministerium vor einigen Tagen zugekommenen Antwortschreiben obenan richti heiße: Gegenstand: „Ansnchen des Gemeinderates der Stadt Steyr betreffend kommissioneller Besichtigung der Zustände der Stationsanlagen in Steyr“ während es in dem der Stadt¬ gemeinde zugekommenen Schreiben seitens der Staatsbahn¬ Direktion Linz heißt: „Betreffend Beschwerde wegen einzelne lebelstände in der Station Steyr.“ Hieraus sei zu entnehmen daß die Staatsbahn=Direktion in Linz absichtlich von der Ab¬ haltung einer kommissionellen Besichtigung nichts wissen will während das Eisenbahn=Ministerium ganz gut weiß, was die Stadtgemeinde verlangt. Das sei wohl verwerflich zu nennen was hier seitens der Staatsbahn=Direktion geschehen ist. Dieselbe tut, als ob sie die Eingabe der Stadt Steyr überhaupt nich erstanden hätte. Es wird daher notwendig sein, daß fortgesetz aufrecht erhalten wird, daß eine kommissionelle Besichtigung der Bahnhosanlagen in Steyr unbedingt notwendig ist, weil auch eine gewisse Voreingenommenheit bautechnischerseits seitens der Staatsbahn=Direktion vorherrscht. Man wisse ja von wem diese Antwort ausgehe und verzichte auch darauf, daß der betreffende Herr zur Erhebung der Uebelstände am hiesigen Bahnhofe er scheine, aber darauf werde man nicht verzichten, daß bautechnische Männer nach Steyr gesendet werden, welche ihr objektives Urteil über die hiesigen Zustände abgeben sollen Daß diese Uebelstände auch vorhanden sind, ist wohl nich abzuleugnen und wenn in der Zuschrift der Staatsbahn=Direktion trotzdem noch davon gesprochen wird, daß die geringen Spure der natürlichen Abnützung im Laufe des Jahres entfernt werden so könne dies wohl nur als eine Frozzelei aufgefaßt werden. Eine solche Beleidigung dürfe sich aber die Stadt Steyr nicht
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2