Ratsprotokoll vom 18. Juli 1912

nur prima Sorten um 20 k per Kilogramm im Preise erhöht werden sollen, während bei minderen Sorten kein Preisaufschlag stattfindet und bittet er, dies zur Kenntnis nehmen zu wollen. Die Errichtung von städtischen Kraut= und Kartoffelständen, wie Herr G.=R. Tribrunner den Wunsch geäußert hat, könne er nicht empfehlen, weil hiezu sowieso der hiesige Konsumverein da ei, welcher diese Lebensmittel eventuell noch billiger auf den Markt bringen kann, als es vielleicht der Stadtgemeinde mög¬ lich sein würde. Herr G.=R. Wokral erklärt, er sei wohl mit dem allge¬ meinen Teil der Anträge einverstanden gewesen, was jedoch den örtlichen Teil der Anträge betreffe, seien ihm diese zu wenig weitgehend und hätte er eine präzisere Fassung derselben ge¬ wünscht. Er sehe nicht ein, warum sich der Gemeinderat gegen¬ über den hiesigen Fleischhauern so rücksichtsvoll benehmen soll, daß man denselben noch zur Erhöhung der Fleischpreise bei den besseren Sorten den guten Willen zeigt, nachdem ja auch die Fleischhauer ganz rücksichtslos gegen die hiesige Bevölkerung vor¬ gehen. Man hätte gleich von allem Anfange an alle Schritte unternehmen sollen, um jede Fleischpreiserhöhung zu verhindern und dieselbe als ungerechtfertigt hinstellen sollen. Seiner Auf¬ fassung nach werde es sich auch nicht nur um eine Erhöhung von 20 k bei den prima Fleischsorten handeln, sondern es wird die Erhöhung eine allgemeine sein. Redner verweist weiters darauf, daß die Fleischpreiserhöhung bereits schon eine ander Wirkung gezeitigt habe in der Richtung hin, daß einzelne Wirte heute schon mit dem Mittagessen um 4 bis 8 Heller pro Portion, und zwar nicht gerade beim besten Fleisch hinaufgefahren sind, mit dem Hinweis darauf, daß das Fleisch auch teurer geworden ist. Dies zeige nur noch das Eine, daß die Erhöhung auf der einen Seite auch Erhöhungen auf der anderen Seite nach sich zieht. Und schon auf Grund der Aeußerung des Herrn Bezirks¬ tierarztes, daß die Erhöhung der Fleischpreise eine mehr will¬ kürliche als gerechtfertigte sei, solle man diese Erhöhung auf keine Weise bewilligen. Redner erwähnt weiters, daß die Fleischhauer die Be¬ völkerung auch brutal behandeln. Es sei ihm ein Fall bekannt, wonach ein Fleischhauer zu einer Kunde gesagt haben soll: „Wenn's euch nicht recht ist, so freßt's Ratten!“ Wenn man derartige Dinge zu hören bekommt, dann bedeute diese Erhöhung nichts anderes als ein Raubzug auf die Taschen der Bevölkerung. Bezüglich der willkürlichen Erhöhung der Fleischpreise ver¬ weist Redner auch auf den § 51 G.=O. nach welchem eine Fest¬ legung von Maximalpreisen stattfinden kann, und sei er der Ansicht, es solle zumindest den Fleischhauern gezeigt werden, daß der Gemeinderat gewillt ist, auf Grund dieses Paragraphes den Preiserhohungen einen Daumen entgegenzusetzen, selbst auf die Gefahr hin, daß gesagt werde, daß damit das Gewerbe zu¬ grunde gerichtet werde. Obwohl Redner kein Feind des Gewerbes sei, so müsse er denn doch offen heraussagen, daß für den Ge¬ meinderat die Interessen der 17.000 Einwohner mehr in Betracht kommen müssen, als die der 21 Fleischhauer. Er halte es daher für unbedingt notwendig, daß von diesem § 51 Gebrauch ge¬ macht wird und zwar sollen die Preise derart festgesetzt werden, wie sie zur Zeit vor der letzten Preissteigerung waren. Man müsse genau so rücksichtslos gegen die Fleischhauer vorgehen, wie diese gegen die Vevöllerung Redner erklärt weiters, daß zur Erbauung eines Schlacht¬ haufes in Steyr wohl noch ein weiter Weg sei und hätte er deshalb gewünscht, daß dieser Antrag in konkreterer Form ge¬ bracht worden wäre. Wenn auch mit der Erbanung eines Schlacht¬ hauses nach der Ansicht der Fleischhauer keine Verbilligung ““ Fleisches zusammenhänge, so könne man doch damit rechnen, daß dadurch einer Menge sanitärer Uebelstände abgeholfen wird denn einzelne Fleischbänke in Steyr befinden sich in einem seh¬ wenig appetitlichem Zustande. Auch glaube er, daß sich hiedurch auch die Regien für die Fleischhauer verringen würden¬ Bezüglich der Ausführungen des Herrn Vizebürgermesee“ Fendt über den hiesigen Konsumverein äußert sich Redner bahe daß sich die Mitglieder desselben nur aus der Wassenfabrils¬ Arbeiterschaft rekrütteren und macht er noch darauf aufmerssan“ daß man diesen Konsumverein vor einiger Zeit auf eine er¬ weiterte Basis stellen und denselben zu einem algemeinen Kon fumverein ausbilden wollte; ihm so die Möglichkeit einer besseren Ausgestaltung zu . Ledoch habe da eine ganze Reihe von Gewerbetreibenden bei der Waffenfabriks=Direkton Einpruch dagegen erhoben und so kam es nicht zur beabsichtigten Erweiterung des Konsumvereines. Die Folge davon ist natür¬ lich auch die, daß der Konsumverein nicht sämtliche Waren führen kann, die benötigt werden. schlachtetem Vieb R oner ist auch der Ansicht, daß die Einftahr von ge nicht den Konz“; enn man dies den Fleischhauern überläßt, genten, sondern wieder nur den Fleischhauern zum Vortelgereichen wid und meint er, doß eine derartie Einfuhr nur unte der ständigen Kontrolle und durch die Stadt¬ andid der ia un ion. on Uebrigen stimme er den Anträgen des Approvi¬ vonerunge=Auschusses zu. Der Herr Vorsitzende bemerkt hierauf, daß er nach dem Wunsche des Herrn G.=R. Tribrunner eine Kundmachung veröffentlichen werde, dahinlautend, daß jene Fleischhauer, welche trotz des Beschlusses der Genossenschaft Fleisch unter dem festge¬ setzten Preise verkaufen, nach der Gewerbeordnung nicht bestraft werden können. Weiters werde er sich beim Vorsteher der Fleisch¬ hauer=Genossenschaft erkundigen, ob eine Preiserhöhung um 20 k per Kilogramm nur beim Rindfleisch oder auch bei allen anderen Fleischsorten stattfindet, sowie er sich auch darüber informieren werde, ob am Schweinemarkt auch Fleisch in kleineren Stücken von 5 Kilogramm oder darüber verkauft werden könne. Er glaube jedoch, daß die dortigen Verkäufer nicht berechtigt sein werden, Fleisch auszuschrotten. Herr G.=R. Dantlgraber spricht sich für die Er¬ richtung einer sogenannten Freibank, in welcher Fleisch von not¬ geschlachtetem Vieh verkauft wird, aus, nachdem solche auch bereits an anderen Orten vielfach bestehen und wodurch auch die Mög¬ lichkeit geboten wäre, billigeres Fleisch zu bekommen. Redner erwähnt weiters, daß die Fleischhauer nicht nur den Preis des sogenannten Primafleisches erhöht haben, sondern daß das Fleisch heute schon ohne Unterschied der Qualität mit 20 h per Kilogramm teurer gezahlt werden müsse. Dagegen müsse energisch Stellung genommen werden. Auch sei in München das Fleisch trotz der großen Transport¬ kosten und des Zolles fast noch billiger wie in Steyr. Redner weist noch daraufhin, daß unlängst bei einem Falle für Ochsen 610 bis 615 Gulden von den hiesigen Fleischhauern geboten wurden, während ein bayrischer Ochsenhändler 660 Gulden da¬ für gezahlt hat, wozu derselbe noch Zoll und Fracht zu tragen habe. Und trotzdem sei das Fleisch in Bayern nicht teurer wie bei uns. Herr Vizebürgermeister Fendt erwidert auf die Be¬ merkung des Herrn Vorredners wegen Errichtung von Frei¬ bänken, daß sich der Approvisionierungs=Ausschuß bereits in der letzten Sitzung mit dieser Frage beschäftigt habe und sich auch mit der Ansicht trage, eine Freibank in Steyr entweder am Oel¬ berg oder später im Schlachthause zu errichten. Er bittet dies zur Kenntnis nehmen zu wollen. Referent Herr G.=R. Leopold Erb nimmt nochmals zu den von den Herren Vorrednern gemachten Aeußerungen Stellung. Er erklärt, er müsse ja ebenfalls dem beistimmen, daß man sich aus der Erklärung der Fleischhauer=Genossenschaft nicht klar werden könne, ob nur das Rindfleisch oder auch die anderen Fleischsorten um 20 k im Preise erhöht werden sollen und glaube er, daß in der Praxis gewöhnlich anders gehandelt wird. Hier werde jedenfalls eine genaue Erklärung der Fleischhauer¬ Genossenschaft am Platze sein. Was eine Vermehrung der Viehmärkte in Steyr anbe¬ lange, sei ja bereits schon einmal im Gemeinderate verhandelt worden und ist dieselbe der Bewilligung der k. k. Statthalterei unterworfen. Nur glaube er, daß diesbezüfllich vorerst beim Amtstierarzte die nötigen Erkundigungen eingezogen werden sollen. Was die Approvisionierung von weiteren Nahrungsmitteln betrifft, werde sich der Approvisionierungs=Ausschuß auch mit dieser Frage befassen. (Herr G.=R. Wokral verläßt infolge dringender Abreise den Sitzungssaal. Auch der § 51 der Gewerbeordnung habe den Approvi¬ sionierungs=Ausschuß in der letzten Sitzung lebhaft beschäftigt. Dieser Paragraph habe aber nur für das k. u. k. Militär Geltung, um bei Einquartierungen und Kriegsfällen übertriebenen Preis¬ teigerungen der Lebensmittel für das Militär hintanzuhalten. Es kann daher dieser Paragraph zur Festsetzung von Maximal¬ tarifen für Fleisch 2c. keine Anwendung finden und war es da¬ her unmöglich, diesen Paragraph in die Anträge aufzunehmen. Bezüglich Freibänke erklärt der Herr Referent, daß man eine solche Bank ja errrichten könne, nur glaube er, daß nicht immer Fleisch zum Verkaufe gebracht werden kann, weil zu venig Notschlachtungen erfolgen dürften, sowie auch wieder eine entsprechende Beschau eingeführt werden müßte. Wohl sehr zu bedenken gebe, daß in München das Fleisch trotz der großen Transportkosten und des Zolles nicht teurer zu stehen kommt als bei uns in Steyr. Redner habe nur noch den einen Wunsch, daß es durch gemeinsames Arbeiten aller Faktoren möglich werde, vor allem die Ermässigung der Fleischpreise zu erreichen, welche die Genossen¬ chaft der Fleischhauer bei sinkenden Viehpreisen versprochen hat. sowie, daß nicht alle Fleischsorten von der Preissteigerung be¬ troffen werden, wenn überhaupt die Preiserhöhung aufrecht er¬ halten bleiben sollte. Was unbedingt gefordert werden müsse, ist, daß die vorgenommene Preiserhöhung nicht für alle Zukunft aufrecht erhalten bleibe, sowie daß ein Preisrückgang gleichzeitig für alle Fleischsorten eintrete. Es wird sodann über die vom Approvisionierungs=Ausschuß gestellten 8 Punkte der örtlichen Anträge en bloe abgestimmt und dieselben einstimmig angenommen Hierauf Schluß der Sitzung um 5¼ Uhr abends.

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