5 tionalwahlrecht sind, dieses womöglich gründlich durchzuführen. Das Eine möchte ich nochmals besonders betonen, daß damit aufgeräumt werden soll, daß der IV. Wahlkörper wieder ein allgemeiner Wahlkörper bleibt. Wenn schon die Majorität imstande ist, sich in den ersten drei Wahlkörpern die Mandate zu sichern, so meine ich, daß es doch nicht recht angängig ist, daß sie sich auch im IV. Wahl¬ körper, mit Zuhilfenahme der Wahlberechtigten aus den anderen Wahlkörpern, einen neuerlichen Anteil sichert. Das wäre das reinste Pluralwahlrecht. Wir wünschen daher, daß der IV. Wahl¬ körper als ein reiner Wahlkörper erhalten bleiben möge. Herr G.=R. Erb: Meine sehr geehrten Herren! Ich erlaube mir ebenfalls einen kurzen Ueberblick über die gesamte Wahlreform zu geben. o muß ich mich vor allem dagegen aussprechen, daß mein sehr geehrter Vorredner Herr G.=R. Wokral sich ausgedrückt hat, alle Parteien hätten eine Aenderung der Gemeindewahlordnung haben wollen. Ich kann nicht umhin zu berichtigen, daß die Partei, welche die Einführung des selbständigen Frauenwahlrechtes vor allen anderen verlangt hat, die deutschnationale Partei war. Ich erinnere hiebei an jene Kämpfe, welche seinerzeit im Gemeinderate auszufechten waren, wegen des Frauenwahlrechtes und möchte Herrn G.=R. Nothhaft sagen, daß seine Partei, als ich gegen das Frauenvollmachtenwesen auftrat, gegen mich ge¬ kämpft hat, und daß noch vor sehr kurzer Zeit diese Partei eine andere Stellung in dieser Frage einnahm, und zwar erst mit jenem Tage, als sie sah, daß ihre befreundete Partei aus der Ratsstube entfernt war und die deutschnationale Partei als Mehrheit einzog. Dies muß hier zur Feststellung der Wahrheit festgelegt werden. Wir, die deutschnationale Partei, haben unter dem Drucke einer einseitigen rücksichtslosen Herrschaft in dieser Rats¬ stube, und zwar besonders in Bezug auf das Frauenvollmachten¬ wesen, sehr lange Zeit schwer gelitten. Die Partei des Herrn G.=R. Nothhaft hat doch bis zum letzten Augenblicke sehr treue Waffenbrüderschaft mit jenen Herren gehalten, welche mit einer Aenderung des Gemeindestatutes nicht einverstanden waren. Ich glaube nicht unbescheiden zu sein, wenn ich erkläre, daß wir es sind, welche die weitgehendsten Abänderungen im Gemeindestatute nicht bloß versprochen, sondern auch darnach ge¬ trachtet haben, dieselben so rasch als möglich zur Durchführung zu bringen. Meine verehrten Herren! Wie wenig wir bei dem, was wir hier vorschlagen, von Parteieinseitigkeit oder Parteiherrschaft ausgegangen sind, zeugt davon, daß wir in einem Zeitpunkt wo wir von Seite unserer gegnerischen Parteien als Allein¬ herrscher und ich in einem Blatte, das in Steyr erscheint, sogar als König von Steyr bezeichnet worden sind, darangingen, den Minderheiten eine gerechte Vertretung in der Ratsstube zu geben. Wir haben wohl hiefür in der Oeffentlichkeit von den betreffen¬ den Parteien keine Anerkennung, sondern nur ganz ungerecht viel Schimpf erleiden müssen. Umso angenehmer muß es mich und meine Parteifreunde berühren, daß die Herren Gemeinderäte Nothhaft und Wokral, wenn sie auch von ihrem Standpunkte aus eine Kritik an der Wahlreform geübt haben, doch anerkannt haben, daß wesentliche Verbesserungen durch uns eingeführt werden. Es ist meiner Ansicht nach immer am Platze, daß die Verdienste der Partei¬ gegner anerkannt werden, und das ist geschehen durch die Ver¬ treter der zwei gegnerischen Parteien und dies muß gegenüber der Oeffentlichkeit festgelegt werden. Herr G.=R. Nothhaft konnte es nicht unterlassen, seines seinerzeitigen Befristungsantrages Erwähnung zu tun. Ich möchte darauf verweisen, daß es bei allem Arbeitseifer, und wir sind sehr fleißig gewesen in der Rechtssektion, es nicht eher möglich war, im Gemeinderate endgiltig über die Wahlreform zu sprechen und Beschluß zu fassen, weil die Arbeit infolge der vielen Para¬ graphe keine leichte war und weil der zweite Abschnitt dieses Statutes ganz besondere Umgestaltungen notwendig machte. Wir haben zu Beginn der Verhandlungen geglaubt, die Einführung des selbständigen Frauenwahlrechtes und des Proportionalwahl¬ rechtes werde sich sehr leicht durchführen lassen; aber daß die Sache nicht so im Handumdrehen geht, weil verschiedene Um¬ stände zu berücksichtigen waren, sehen Sie aus der Kritik der heutigen Verhandlungen und den verschiedenartigsten Möglich¬ keiten, ein solches Wahlrecht einzuführen. Wir hätten auch um keinen Tag früher eine neue Wahlreform bekommen, weil es unmöglich ist, in vier Monaten damit fertig zu werden. Der Landtag hätte daher diesen Entwurf kaum mehr bekommen können, und wenn dies doch der Fall gewesen wäre, so wäre dieser nicht zur Sanktion gekommen. Seit dieser Zeit habe aber kein Landtag mehr stattgefunden. Also von einer Verzögerung zu sprechen, war hier nicht am Platze, und glaube ich überdies, daß es ziemlich gleich ist, ob ein so wichtiges Werk, wie dieses, um ein Jahr früher oder später fertig ist. Die Hauptsache ist, daß dieser Entwurf recht durchdacht ist; und in diesem Sinne ist die Arbeit geleistet worden und meine ich auch, daß dies unsere Partei mit großer Genugtuung erfüllen kann. Nun hat Herr G.=R. Nothhaft im Namen der Christlich¬ sozialen hier gesprochen. Nun, meine Herren, glaube ich, daß ich dies nur auf die christlichsoziale Partei in Steyr beziehen kann und nicht für ganz Oesterreich; denn, meine Herren, es ist eine Wahlreform von der christlichsozialen Partei für Nieder¬ österreich zu einer Zeit gemacht worden, wo diese Partei nock allmächtig war, in welcher alle diese scheinbaren Mängel, welche uns vom Herrn G.=R. Nothhaft vorgeworfen werden, in noch viel größerem Maßstabe enthalten sind. Ja, dieses christlich¬ soziale Statut ist also nach den Ausführungen des Herrn Ge¬ meinderates Nothhaft noch viel schlechter, denn diese christlich¬ soziale niederösterreichische Wahlordnung enthält nicht einmal das Proportionalwahlrecht. Auch für viele Orte in Oberösterreich enthält die christlichsoziale Wahlreform weder das allgemeine gleiche und direkte Wahlrecht im IV. Wahlkörper, noch die Pro¬ portionalwahl. Das Pluralwahlrecht im IV. Wahlkörper, welches ier so angegriffen wurde, ist also auch im Lande Niederöster¬ reich von der christlichsozialen Partei eingeführt worden und alle diese Sachen, welche Herr G.=R. Nothhaft angegriffen hat, hat seine eigene Partei erst vor zwei Jahren in Niederösterreich ein¬ geführt, und will sie in nahezu 450 Gemeinden Oberösterreichs äußerst schlecht aufrechterhalten! Deshalb muß auch die christlich¬ oziale Partei in den Augen des Herrn G.=R. Nothhaft sehr schlechte Gemeindewahlordnungen machen wollen und gemacht haben! In Wien ist den Frauen sogar kein Wahlrecht gegeben und kein Proportionalwahlrecht eingeführt, während wir den Frauen im Wahlrechte das Möglichste geben. Meine Herren, da müssen Sie erkennen, daß wir gegen¬ über den Wahlreformen der christlichsozialen Partei ein weitaus besseres, fortschrittlicheres und freieres Wahlrecht vorgelegt haben. Wir haben den Frauen das selbständige Wahlrecht gegeben, das Proportionalwahlrecht teilweise eingeführt, wir haben den § 26 des alten Statutes aufgehoben, den IV. Wahlkörper auf acht Mandate erhöht, auf vielen anderen Gebieten wesentliche Ver¬ besserungen eingeführt, so die Mandatsdauer auf sechs Jahre erhöht, für jede Partei freie Stimmzettel bereit gestellt u. s. w., u. s. w. Wer erinnert sich noch daran, welcher Kampf damals auszufechten war, um ämtliche Stimmzettel zu bekommen? Von uns bekommt jede Partei Stimnzettel, soviel sie verlangt. Weiters mußte vielfach um die Wählerlisten gebettelt werden und war es überhaupt eine Gnade, eine solche zu erhalten. Von uns be¬ kommen Sie Wählerlisten, so viel Sie haben wollen. Es wird daher in dieser Richtung gegenüber jeder Partei das größte Ent¬ gegenkommen bewiesen. Wir haben auch schon längst vor Jahren betont, daß die Wahlreform notwendig ist und haben auch darum gekämpft. Ich erlaube mir diesbezüglich auf einzelne Kritiken zurückzukommen. Vor allem möchte ich über die verlangte Verhältniswahl im 1. und II. Wahlkörper sprechen und da haben wir ein Vorbild an der Wahlordnung der Stadt Linz. Linz hat dermalen ein Ge¬ meindewahlrecht, mit welchem die Wählerschaft ohne Unterschied der Partei zufrieden ist. Linz hat im III. und IV. Wahlkörper die Verhältniswahl eingeführt. Was will die Verhältniswahl Eine Verhältniswahl will, daß jede der größeren Parteien in dem betreffenden Körper, in welchen gewählt werden soll, ver¬ treten sei. Die Verhältniswahl will durchaus nicht, daß in jedem Wahlkörper die betreffenden Wählerschaften vertreten sind. Denn dadurch, daß im IV. und III. Wahlkörper die Verhältniswahl eingeführt wird, soll es jeder größeren Partei ermöglicht sein, mit Sicherheit Mandate zu erringen. Das ist der Gedanke, welchen wir bei der Durchführung dieser neuen Wahlordnung verfolgt haben. Meine Herren! Gerade mit Rücksicht auf die Sozialdemo¬ kraten haben wir auch im III. Wahlkörper die Verhältniswahl eingeführt, damit das, was dieser Partei im IV. Wahlkörper weggenommen werden würde, ihr gleichsam im III. Wahlkörper rsetzt wird. Man hätte ja sonst, wie es auch in anderen Städten der Fall ist, nur im IV. Wahlkörper die Verhältniswahl ein¬ ühren können. Ich komme nun auf einen sehr gewaltigen Fortschritt in diesem Entwurfe. Das ist die Erhöhung der Mandate im IV. Wahl¬ körper von 4 auf 8 Mandate, und muß anerkannt werden, daß eine alte Ungerechtigkeit durch diese Neueinführung beseitigt ist. Ein weiterer Fortschritt ist im § 26, wo bei den im Lohn¬ verhältnisse stehenden Personen alte Ungerechtigkeiten in Bezug auf Vorenthaltung der Wahlberechtigung aufgehoben wurden. Dadurch wird eine bedeutende Vermehrung der Wahlberechtigten im III. Wahlkörper herbeigeführt. Was den Personaleinkommensteuerzensus für den III. Wahl¬ körper anbelangt, so möchte ich hier betonen, daß derselbe vom Herrn G.=R Nothhaft nicht berührt wurde. Und ich weiß warum. Weil der oberösterreichische Landtag in den Gemeindewahlord¬ nungen, die von der christlichsozialen Partei gemacht wurden, einen viel höheren Zensus, und zwar 20 K, vorschreibt. Wir agegen sind im Zensus auf 15 K 20 h zurückgegangen, wodurch viele Steuerzahler, welche früher nicht im III. Wahlkörper, sondern nur im IV. Wahlkörper wahlberechtigt waren, jetzt auch im ersteren wahlberechtigt sind. Hier muß festgehalten werden, was für ein Unterschied zwischen Personaleinkommensteuer und den anderen Steuern ist. Auf die erstere bezieht sich ja der Zensus. Die Personaleinkommensteuer ist nicht umlagepflichtig, daher bringt diese Steuer für die Gemeinde keine Einnahme, während die Erwerbsteuer, die Grundsteuer, die Hauszinssteuer, die Be¬ oldungssteuer und die Rentensteuer bekanntlich umlagepflichtige Steuern sind, warauf eine Last von 80% Gemeindeumlagen und 50% Landesumlagen, also zusammen eine Belastung von 130% gelegt ist. Wenn 10 K direkte Steuern vorgeschrieben ind, müssen mit der Landesumlage und Gemeindeumlage 23 K bezahlt werden. Infolgedessen ist die Hälfte einer Erwerbsteuer mehr als einer doppelt so hohen Personaleinkommensteuer gleich¬ nachten. Wer nur Personaleinkommensteuer bezahlt, hat keine Zuschläge zu entrichten. Infolgedessen ist der Zensus berechtigt. Die Vertretung der Wählerschafts=Minderheiten im Gemeinderate ist, wie schon erwähnt, dadurch gesichert, daß durch die Einführung des Pro¬ porzes im III. und IV. Wahlkörper selbe in bedeutend größerer Zahl als bisher vertreten sein werden. Das ist ein Entgegen¬ kommen der jetzigen Mehrheit im Gemeinderate, welches nicht unterschätzt werden sollte. Wenn aber im I. und II. Wahlkörper ebenfalls das Pro¬ portionalwahlrecht eingeführt würde, so wäre der Gemeinderat fortgesetzt der Gefahr einer Auflösung außerordentlich nahe. Der
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