7 Die unglückliche Anlage der Steyrtalbahn hat den Durch¬ zugsverkehr vom Steyrtale, sowie Sierning und Bad Hall durch Steyrdorf gänzlich lahm gelegt, so zwar, daß jedermann, der mit dieser Bahn in der als „Steyrdorf“, zum Hohne für diesen Stadtteil, benannten Station ankommt, direkt in den inneren Stadtteil gelangt, ohne auch nur einen Blick auf Steyrdorf zu werfen, welcher Stadtteil vorher durch Jahrhunderte passiert verden mußte. Nach den Auseinandersetzungen der Herren Vorredner kann ich mir nicht verwehren, den Schluß zu ziehen, daß dieser größte Stadtteil Steyrdorf von einer anderen Seite bedroht ist, um¬ gangen zu werden. Dieses, meine Herren, kann und darf nicht geschehen, denn Sie können sich nicht auf das Gewissen laden, mehr als die Hälfte der Bürger und Steuerzahler unserer Stadt unmöglich gemacht zu haben. Von den vereinigten Komitees sowie von der hiesigen Stadt¬ vertretung wurde der vom Aktionskomitee vorgelegten Trasse ugestimmt und bitte ich daher die Herren Vertreter unserer Stadt, einmütig auf diesem Projekte zu verharren, auf kein anderes einzugehen und dem Antrage der Sektion zuzustimmen. Herr G.=R. Nothhaft unterstützt den Antrag der Sektion. Herr G.=R. Wokral: Wenn die Frage des Bahnbaues für uns eine so schwierige Aufgabe ist, so ist sie es meiner Meinung nach deshalb, weil wir überhaupt zu spät zu dieser Frage Stellung genommen haben. Sicher ist das Eine, daß viel gestritten wurde über die Einfahrt und das Ende der Bahn, während man sich am wenigsten dafür interessiert hat, wie die Trasse außerhalb Steyrs geführt werde. Und darum wurde diese Frage zu einer so schweren Frage gemacht, daß der heutige Gemeinderat darunter zu leiden hat. Wenn das Aktionskomitee darauf hinweisen kann, daß die Trasse mit Zustimmung des Gemeinderates und der Interessenten der Stadt Steyr festgelegt worden ist und nur mehr die Ge¬ nehmigung des Ministeriums zu erwarten hat, so kann man sich heute nicht mehr dagegen aussprechen. Es handelt sich darum, ob die Stadtgemeinde Steyr an die damalige Zustimmung der Vertreter der Gemeinde dem Aktionskomitee gegenüber gebunden ist, wenn ja, dann haben die Diskussionen heute überhaupt keinen Zweck mehr, sind wir nicht daran gebunden, so können wir uns rücksichtslos in dieser Frage aussprechen. Ich bin der Ansicht, daß bindende Erklärungen von den Vertretern der Stadtgemeinde Steyr dem Aktionskomitee gegen¬ über nur dann abgegeben werden sollen, wenn sie vorher den Beschluß des Gemeinderates hierüber eingeholt haben. So ist aber die Sache schwierig. Aus dem Briefe des Schriftführers des Aktionskomitees haben wir entnommen, daß die Trasse bereits festgelegt ist, und daß niemand in der Welt das Aktionskomitee von dieser Trasse abbringen könne. Jetzt kommen wir und erklären plötzlich, wir sind damit nicht einverstanden. Wir verlangen jetzt statt den großen Bogen jegen Sierning die Führung der Trasse über Dietach—Gleink. Es ist nur die Frage, ob dies nicht schon zu spät ist. Herr G.=R. Erb hat angedeutet, daß hinter den Kulissen Fäden gesponnen werden. Wer klar sieht, wird sagen, daß wir dies zu spüren bekommen. Ich erkläre mich mit dem Sektionsantrage einverstanden, weil ich diese Lösung für die beste halte; nur fürchte ich, daß wir mit unseren Ansichten zu spät daran sind und die Zeit schon ver¬ paßt haben. Aber es könnte dieser Beschluß als Rechtsverwahrung gelten, daß die Interessen der Stadt Steyr geschützt werden. Es müßte aber noch in Erwägung gezogen werden, ob nicht durch die heutigen Beschlüsse die im Hintergrunde wirkende Kraft den Ausbau nach Steyr gänzlich zu hintertreiben versucht. Sicher ist, daß die Herren, welche als Macher der Bahn be¬ zeichnet werden, mehr Interesse an der Strecke St. Florian— Linz haben, als an der Strecke St. Florian—Steyr. Die Herren vom Aktionskomitee werden vielleicht auch sagen, wenn ihr immer etwas anderes plant, so können wir keine Rücksicht auf euch nehmen. Auch befürchte ich, daß viele Jahre vergehen, bis der Anschluß nach Steyr ausgeführt ist und dadurch kann das Hinter¬ land für uns verloren gehen, was dann aber nicht mehr zurück¬ zugewinnen ist. Ich habe mich auch deshalb zum Worte gemeldet, weil ich es für notwendig hielt, darauf hinzuweisen, daß durch die heu¬ tigen Beschlüsse neuerdings die Angelegenheit des Bahnbaues verschleppt wird und einige Jahre des Betriebes der Strecke Linz—St. Florian uns großen Schaden bringen kann. Ich bin der Ansicht, daß, bevor der Bahnbau durch neue Projekte ver¬ zögert werde, selbst die schlechtere Linie akzeptiert werden solle. Herr G.=R. Landsiedl: Ich möchte darauf hinweisen, daß wir nach den Er¬ fahrungen, die wir bezüglich der Bahn Linz — Steyr gemacht haben, Schlüsse und Folgen ziehen können. Wir sehen in diesem Ergebnis, daß wir dadurch, daß Linz die Führung in dieser Frage in die Hand genommen hat, in den Hinterhalt geraten sind. Hätten wir seinerzeit die Anregung gegeben, daß jene Stadt, welche das meiste Interesse an der Bahn hat, die Führung in die Hand nehmen solle, so hätten wir jene Rolle spielen können, die uns gebührt. Wenn die Anregung von uns ausgegangen wäre, so hätte von uns aus die Trasseführung entworfen werden können, so ist aber die Sache umgekehrt gegangen. Ich werde mir erlauben, in der nächsten Sitzung einen Antrag zwecks Zusammenstellung eines eigenen Komitees für Verkehrsangelegenheiten einzubringen, weil wir in Zukunft nicht mehr warten dürfen, bis von anderer Seite Bahnfragen in die Hand genommen werden. Ich habe im Jahre 1907 einen Entwurf für Steyrer Eisenbahnpolitik ausgearbeitet und in der Zeitung veröffentlicht, welcher als Grundlage für das Komitee gut dienen könnte. Auch nöchte ich darauf aufmerksam machen, daß die elektrische Bahn Linz — Steyr nur eine Nebenfrage für Steyr ist und nur dazu geeignet ist, die Blicke von jenen Linien abzuwenden, welche für Steyr wirklich von großem Nutzen sein könnten. Ich möchte noch bemerken, daß in einer Eingabe angespielt wurde, durch Ort zu fahren und so die Fortsetzung nach St. Peter zu finden. Ich möchte diefes Ansinnen jedoch entschieden zurückweisen, nach¬ dem ich es für nicht gut halte, diese Strecke schmalspurig zu bauen, nachdem erstens der Verkehr an den Hauptbahnen immer lebhafter ist und wir uns eine solche Hauptstrecke nicht durch eine schmalspurige Bahn verrammeln lassen dürfen. Was unsere jetzige Frage betrifft, sind wir bezüglich des Sektionsantrages einig und glaube ich, daß wir hierüber die Debatte schließen können, da wir auch dem gerechten Standpunkt der Vorstadt Steyrdorf nicht entgegentreten können. Herr G.=R. Fendt beantragt hierauf, daß über die An¬ träge der Sektion je einzeln abgestimmt werde Der Herr Vorsitzende bringt die Anträge der Sektion je einzeln zur Abstimmung und werden dieselben angenommen. Zu Punkt 5 stellt Herr G.=R. Erb den Zusatzantrag, daß Antrag 5 dahin ergänzt werde, daß es heißt: des Interessenten¬ komitees in Steyr und des Gemeinderates in Steyr. Herr G.=R. Wokral stellt den Antrag, daß neue Ver¬ treter aus dem Gemeinderate in das Aktionskomitee gewählt werden sollen, nachdem die bisherigen Vertreter dem Gemeinde¬ rate nicht mehr angehören. Herr G.=R. Oberngruber meint, daß für die neu¬ gewählten Herren auch Stellvertreter gewählt werden sollten Herr G.=R. Landsiedl bemerkt, daß auch das Gemeinde¬ tatut darauf hinweist, daß Vertreter der Stadtgemeinde aus dem jeweiligen Gemeinderate zu wählen sind. Herr G.=R. Erb schließt sich dem Antrage des Herrn G=R. Wolral an und glaubt, daß den bisherigen Vertretern der Stadtgemeinde Steyr für deren Bemühungen der Dank ausge¬ prochen werden solle. Gleichzeitig spreche er den Wunsch aus daß der Gemeinderat der Stadt Steyr von allen wichtigen Be¬ ratungen vom Aktionskomitee verständigt werde. Es ist ein Fehler gemacht worden, daß man bisher von den Interessenten¬ komiteesitzungen nichts gehört hat, daher wir immer übergangen worden sind. Hierauf wird der Antrag des Herrn G.=R. Wokral, neue Vertreter aus dem Gemeinderate in das Aktionskomitee zu wählen, angenommen. Herr G.=R. Sieghart beantragt, als Vertreter der Stadt Steyr in das Aktionskomitee den Herrn Bürgermeister und den Herrn Vize=Bürgermeister zu wählen. Herr G.=R. Aigner schlägt vor, den Herrn Bürgermeister und einen Herrn aus Steyrdorf zu wählen. Herr G.=R. Kirchberger wäre dafür, daß auch ein Herr aus der inneren Stadt gewählt werde. Herr G.=R. Wokral ist der Anschauung, daß Herr Bürgermeister und Herr Vize=Bürgermeister als Vertreter der Stadt Steyr im Aktionskomitee vollkommen genügen und glaubt, daß man von diesen separaten Delegationen absehen könne. Herr G.=R. Nothhaft schließt sich den Ausführungen des Herrn G.=R. Wokral an. Die Herren Gemeinderäte Kirchberger und Aigner ziehen hierauf ihre Anträge zurück. Hierauf wird über den Zusatzantrag des Herrn G.=R. Obern¬ gruber, für die Vertreter der Stadt Steyr auch Ersatzmänner zu wählen, abgestimmt; derselbe bleibt jedoch in der Minderheit. Der Antrag des Herrn G.=R. Sieghart wird hierauf an¬ genommen. Der Herr Bürgermeister dankt für das Vertrauen und erklärt, der Gemeinderat könne überzeugt sein, daß er im Vereine mit dem Herrn Vize=Bürgermeister die Interessen der Stadt Steyr in gewissenhafter Weise im Aktionskomitee vertreten werde. II. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. August Mitter. 11. Stadtkassejournalsabschluß pro September 1911. Die Stadtbuchhaltung berichtet hierüber: 1911 1910 Differenz K K K R Einnahmen im Mo¬ nate September 79.676 94 27.682 05 +51.994 89 Hiezu Kassarest vom Vormonate 31.975 90 72.957 40 40.981 50 Gesamt = Einnahmen im Monate Sept. 111.652 84 100.639 45 11.013 39 Ausgaben im Mo¬ nate September 70.754 07 43.922 30 26.831 77 Kassarest für den Monat Oktober 40.898 77 56.717 15 15.818 38 Seit Jahresbeginn bis Ende Sep¬ tember betrugen: die Gesamteinnahmen 691.879 80 689.836 2.043 80 die Gesamtausgaben. 650.981 03 633.118 85 +17.862 18
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