Ratsprotokoll vom 27. Oktober 1911

5 Sierning hin nach Steyr geführt werden, in ein Gebiet, welches für uns sogar gefährlich werden kann. Die Trasse würde einen großen Bogen gegen die Paschallingerleiten machen und über Kegelpriel in Steyr einfahren. Ich mache nochmals darauf auf¬ merksam, daß diese Trasse für Steyr ganz gewiß gefährlich werden kann. Die Herren im Aktionskomitee sind sehr kluge Eisenbahnpolitiker, die sind nicht zum erstenmale in Beratungen über Eisenbahnprojekte, und gilt es daher für unsere Stadt, ganz besondere Vorsicht walten zu lassen. Es ist mir sehr angenehm, daß ich in dieser Angelegenheit das Wort ergreifen konnte und will ich nur nochmals erwähnen, daß derartige Projekte sehr gefährlich werden können. Das ist es auch, warum ich und die vielen Herren, die sich unterschrieben haben, für den Trassenbau durch Ort eingetreten sind. Meiner Anschauung nach ist jede andere Trasse für Steyr eine ungünstige, und ist jetzt die Sache soweit verpfuscht, daß der jetzige Ge¬ meinderat sich sehr schwer tut, für die Ort=Variante einzutreten. Ich und viele stehen auf dem Standpunkte, vor verfehlten Bahn¬ projekten zu warnen, daß uns später nicht ein Vorwurf gemacht werde, wenn tatsächlich (und in Steyr war dies ja schon der Fall) so etwas zutreffe. Die Verantwortung fällt dann auf die¬ jenigen Herren, welche daran mitgearbeitet haben, daß das Schlüsselhofprojekt nicht durchgeführt worden ist. Herr G.=R. Dunkl: Nachdem ich in der letzten Sitzung des Gemeinderates einen Antrag in dieser Angelegenheit eingebracht habe, so will ich zu diesem Punkte ebenfalls das Wort ergreifen. Es war seinerzeit in verschiedenen Tagesblättern durch Blümelhuber angeregt worden, die Trasse durch die Schlüssel¬ hofgasse zu führen, und nachdem die Einigkeit des Aktionskomitees mit dem Gemeinderate bestand und ausgesprochen wurde, daß die Einfahrt nur durch Steyrdorf in Vorschlag gebracht werden müsse und man zu dieser Einigkeit gelangt war, versucht man durch unberufene Schritte und durch Zeitungspolemiken in letzter Zeit Uneinigkeit in diese Angelegenheit zu bringen, was die Sache gewiß nicht verbessern kann. Die Stadtgemeinde Steyr hat 50.000 K für den Fall gezeichnet, daß die Bahn durch Steyrdorf geführt werde. Es wäre nicht gut, dies zu ändern, nachdem die Aktienzeichnungen ausreichen müssen und es schon aus juristischen Gründen nicht angeht, Gemeinderatsbeschlüsse umzuwerfen, ein anderes Jahr wieder nichts zu zeichnen oder im dritten Jahre den Bahnbau ganz fallen zu lassen. Das Aktionskomitee muß in dieser Sache wissen, wie es eigentlich daran ist. Man müsse bei der Einigkeit bleiben, die Abmachungen, welche bestanden haben, aufrecht er¬ halten und der Polemik die Spitze brechen. Deshalb habe ich auch den vorliegenden Antrag gestellt. Leider ist die Einigkeit, welche bestanden hat, wieder ge¬ stört worden. Es haben sich verschiedene Gruppen gebildet, die n ihren Eingaben wieder neue Trassen vorgeschlagen haben. Auf jeden Fall müsse man sich in irgend einer Weise entscheiden. Es sind zwei Wirtschaftsparteien: Steyrdorf und die innere Stadt. Im seinerzeitigen Aktionskomitee war schon der Wider¬ spruch der Parteien zu sehen, indem das Aktionskomitee der Stadt vorschlug, die Bahn durch die Schlüsselhofgasse hereinzu¬ führen. Nachdem man gesehen, daß dieses Projekt Widerspruch findet, weil man damit Steyrdorf oben umfahren hätte, hat man ein anderes Projekt vorgeschlagen, mit welchem man Steyr¬ dorf unten umfahren wollte. Man wollte bei der Schloßleiten vorüberfahren und dabei hat man Steyrdorf ganz ausschalten wollen. Jedoch sind die Vertreter der Stadt Steyr soweit zur Einsicht gekommen, daß es nicht angeht, Steyrdorf zu schädigen, ansonsten Steyrdorf das Gleiche passieren könnte, wie schon ein¬ mal. Es ist in der ganzen Debatte auseinander zu halten zwischen zwei Punkten: 1. Die Erschließung des Hinterlandes. In der Erschließung des Hinterlandes müssen wir vor allem gemeinsame Sache machen, damit dasselbe gut erschlossen werde und der Stadt Steyr einen großen Nutzen bringe. 2. Die Einfahrt in Steyrdorf. Ich erlaube mir zu bemerken, daß Steyrdorf die größte Einwohnerzahl der Vorstädte hat und auch den größten Teil an Umlagen zahlt. Würde nun Steyrdorf in dieser Bahnangelegenheit noch¬ mals übergangen werden, so würde dies eine geschäftliche Krise und somit einen großen Ausfall an Umlagen für die Stadt Steyr zur Folge haben, wofür auch kein Ersatz mehr gefunden werden könnte. Wenn angeführt wird, daß das Projekt durch die Schlüssel¬ hofgasse so vorteilhaft wäre, so ist dies auch leicht zu widerlegen, nachdem die Kosten für die Trasse durch Steyrdorf auch nicht größer als wie im Ort sein werden. Außerdem seien auch die neugebauten Häuser im Ort, welche die Aussicht verwehren. Von einer Aussicht zu reden bei einer Fahrt, welche nur eine halbe Minute dauere, sei überhaupt lächerlich. Wenn dann am Michaelerplatze eine Haltestelle ist, so hat der Passagier erst 20 bis 30 Minuten zu gehen, bis er an das Ende Steyrdorfs ge¬ langt, wenn er dort geschäftlich zu tun hat und wenn der Herr Blümelhuber und der Verein für Heimatschutz die Kirchengasse und die Badgasse für Altertümer schätzen, so sollen sie alles daransetzen, die Endstation in Steyrdorf aufzuführen und den Fremden sagen: „durch die Badgasse müßt ihr gehen.“ (Heiter¬ keit.) Also ich glaube, über kurz oder lang genügend erklärt zu haben, daß der richtige Weg durch Steyrdorf sei und erhoffe ich in diesem Sinne ihre Unterstützung zu finden. Herr G.=R. Erb: Sehr geehrte Herren! Sie haben den Standpunkt der Sektion gehört und erlaube ich mir, auf diese allgemeine Frage der Bahn zurückzukommen. Vor allem muß die ganze Angelegenheit vom Gesichts¬ punkte der gesamten Stadt Steyr betrachtet und in Erwägung gezogen werden, wie die einzelnen Stadtteile geschädigt werden, oder welchen Nutzen sie daraus ziehen können. Vor allem müssen wir in einem Kampfe einig sein, das ist in dem Kampfe, der Stadt Steyr den größten Vorteil in dieser Bahnangelegenheit zuzuführen und von diesem Stand¬ punkte aus müssen wir die Sache in erster Linie betrachten. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft jener Kämpfe, welche sich im oberösterreichischen Landtage in dieser Angelegenheit ab¬ gespielt haben, zwischen jenen, welche Steyr und dessen Hinterland, und jenen, welche Linz und St. Florian zu berücksichtigen haben. Es spinnen sich hinter den Kulissen Fäden, über die wir nicht ganz klar sind, was damit beabsichtigt ist. Wir können nichts beweisen, aber vermuten, das Linz und St. Florian ohne Rücksicht auf das Steyrer Hinterland für sich selbst in erster Linie sorgt. Wir können dies weder den Linzern noch den Sankt Florianern „verdenken, aber diese können es auch uns nicht ver¬ denken, wenn wir für Steyr Sorge tragen und der Befürchtung Raum geben und dies offen zutage legen, daß diese Trasse in einem zu großen Bogen gegen Sierning zu geführt wird. Selbst Herr G.=R. Fendt hat bereits ausgeführt, daß diese Trasse direkt zu einer Gefahr für Steyr werden kann, und daß diese Trasse nicht jenen Nutzen für Steyr bedeutet, welcher von dieser Bahn verlangt werden kann; denn der Bogen weicht an der inneren Seite den eigentlich bevölkerten Orten, auf welche Steyr das Haupt¬ gewicht zu legen hat, Wolfern, Dietach und Gleink, unverhältnis¬ mäßig weit aus und geht somit durch fast unbewohnte Gegenden. Wir hätten in Steyr das größte Interesse daran, daß wir Hofkirchen, Dietach, Losensteinleithen heranbekommen, nachdem diese Gebiete keine Bahn besitzen und welche wir durch die Nähe St. Florians gewiß zu einem Teile verlieren würden. Es ist von großer Bedeutung, zu wissen, daß die Bahn, welche sich der Steyrtalbahn so weit nähert, durch Gegenden führt, welche durch die Steyrtalbahn zum Teile bereits mit Steyr verbunden sind. Wenn auch in einem Briefe kompetenterseits festgelegt ist, daß an eine Aenderung der Trasse nicht zu denken ist, sondern daß das Projekt, welches den großen Bogen macht, selbst durch das beste Projekt nicht einmal mehr ausgeschaltet werden kann, so haben wir im Gemeinderate doch die Verpflichtung, für die nachkommende Generation unsere diesbezüglichen Willensäuße¬ rungen und unseren Sorgen Ausdruck zu geben, damit es nicht eitens der Nachkommenschaft heiße, unsere Vorfahren haben nicht zu wirtschaften verstanden. Es soll daher vom Gemeinde¬ rate einstimmig angenommen werden, daß die Bahntrasse mehr ostwärts an die Ortschaften Dietach, Gleink verlegt werde. Umso mehr sind wir verpflichtet, mit allem Nachdruck eine andere Führung der Bahntrasse im Hinterlande zu verlangen, als ein Brief vorliegt vom Schriftführer Hochwürden Pater Malzer, welcher lautet: St. Florian, am 21./X. 1911. Euer Hochwohlgeboren! Da Euer Hochwohlgeboren versprochen haben, als Abge¬ ordneter von Steyr sich um unsere Brücken= und Bahnange¬ legenheit bei den entsprechenden Ministerien intensiv anzunehmen, habe ich Ihnen zur gefälligen Orientierung den Bericht über unsere neuerliche Konferenz beigelegt. Zum gleichen Zwecke habe ich auch den Herren Abgeordneten von Linz Dr. u. Bürger¬ meister Dinghofer und den Abgeordneten unseres Wahlbezirkes Kreilmeir diesen Bericht zugesendet. Ihnen möchte ich speziell und insbesonders noch dazu den Ausbau bis Steyr aus Herz legen und erlaube mir zu diesem Zwecke auf Folgendes hinzuweisen. Sollte der Ausbau bis Steyr, den wir alle ohne Aus¬ nahme dringend zu behandeln suchen, in einem Zuge ge schehen, so muß vor allem einmal Einigkeit in Steyr hinsichtlich der Einfahrtslinie erreicht werden. Das vereinigte Komitee in Steyr hat uns diese Linie als definitiv beschlossen angezeigt, das Aktionskomitee hat dieselbe einstimmig angenommen und auch bereits im Detail projektiert und dem Ministerium am 24. Mai vorgelegt und niemand in der Welt wird uns von diesem Be¬ schlusse abbringen können. Durch das Entgegenarbeiten von ge¬ wisser Seite ist ohnehin schon viel Zeit verloren worden. Der Herr Hofrat im Eisenbahnministerium hat neulich eine Bemer¬ kung gemacht, die hinsichtlich der Erlangung der Konzession bis Steyr sehr ungünstig lautete und es würden die Herren im Eisenbahnministerium es sehr wohlgefällig betrachten, wenn sich die verschiedenen Parteien in Steyr hinsichtlich der Einfahrtslinie fortwährend bekämpfen und die Behandlung unseres eingesandten Projektes immer und immer hinausschieben. Soviel ist gewiß — wir haben es aus dem Munde des Ministerialrates selbst gehört — daß die politische Begehung von Florian bis Steyr vor dem Frühjahre 1912 nicht stattfinden wird, obwohl, wie gesagt, wir das Detailprojekt behufs Bewilligung dieser Be¬ gehung schon am 24. Mai eingereicht haben. Ich zeichne in ausgezeichneter Hochachtung ergebenster And. Malzer m. p. Wir sehen daher, wie die Sache beim Aktionskomitee steht, trotzdem würde ich jenen Punkt des Sektionsantrages, der sich mit einer besseren Trasse beschäftigt, zur Annahme auf das Aller¬ wärmste empfehlen.

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