Ratsprotokoll vom 27. Oktober 1911

4 9. Eingabe des Lyzealvereines Steyr betreffend Bestellung eines Schuldieners. Dieser Punkt wird vertraulich behandelt. 10. Antrag des G.=R. Herrn Otto Dunkl betreffend den Bau der elektischen Bahn Linz—St. Florian—Steyr. Der Herr Referent verliest nochmals den in der Ge¬ meinderatssitzung am 22. September 1911 eingebrachten Antrag, dahin lautend, daß die Einfahrt der elektrischen Bahn nur durch Steyrdorf verlangt wird, und daß die Trasse über Wolfern¬ Gleink oder Dietach—Gleink gelegt werde. An diesen Antrag schließt sich eine Eingabe des Handels¬ gremiums Steyr, worin um Anschluß an die Staatsbahn er¬ sucht wird, und daß die ganze Linie Linz — Steyr in einem Zuge ausgebaut werde. Weiters liegt vor eine mit 70 Unterschriften versehene Eingabe, in welcher verlangt wird, daß die Trasse über Gleink, Posthof durch die Schlüsselhofgasse geführt werde, nachdem die¬ elbe für die Stadt Steyr die volkswirtschaftlich richtigste, aus¬ baufähigste und darum zukunftsreichste Variante sei. Hierauf verliest der Herr Referent den in der Sitzung am 18. Juni 1909 gefaßten Beschluß, welcher lautet: „Der Gemeinderat bewillige zum Baue der elektrischen Kleinbahn Ebelsberg — St. Florian — Steyr einen Betrag von 50.000 K unter der Bedingung, daß die Bahntrasse in der Stadt Steyr den Interessen der Bevölkerung der Stadt im all¬ gemeinen, aber insbesondere der Bevölkerung und der Geschäfts¬ welt von Steyrdorf dadurch entspreche, daß die Bahntrasse durch Steyrdorf, und zwar vom Wieserfeldplatze durch die Sierninger¬ straße und Kirchengasse zum Anschlusse an den Staatsbahnho geführt werde, insoferne diesem Projekte nicht berechtigte und unüberwindliche technische und finanzielle Hindernisse entgegen¬ stehen.“ Ein weiterer Beschluß, und zwar vom 30. Juli 1909: Der löbliche Gemeinderat wolle zur elektrischen Bahn Linz — Steyr weitere 50.000 K in Aktien zeichnen, unter der Voraussetzung, daß die Häuser in der Kirchengasse Nr. 1, 3, 5, 7 eingelöst und die Regulierung durchgeführt werde. Dieser Be¬ trag würde seine Deckung finden entweder in der Aufnahme eines Darlehens oder Verkauf vorhandener Wertpapiere oder Restringierung des Kassegebarungsfondes.“ Außerdem sei expreß folgendes Schreiben eingelangt: Wohllöblicher Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr! In völliger Uebereinstimmung mit der Stadtvertretung und dem vereinigten Lokalkomitee Steyr hat das ergebenst Ge¬ ertigte die sogenannte Rotenbrunnenlinie definitiv beschlossen, der Trassenrevision und der Stationskommission am 29. No¬ vember 1910 in Steyr vorgelegt und dieselbe im Detail ausge¬ arbeitet am 21. Mai 1911 dem Eisenbahnministerium zur bal digen Anordnung der politischen und Enteignungskommission übersendet. Wenn wir diese Kommission und die darauf folgende definitive Konzession bald erreichen wollen, worauf wir jetzt mit aller Kraft hinstreben, so müssen alle Sonderinteressen zurück¬ gestellt und volle Zustimmung zu unserer definitiv beschlossenen, offiziellen Linie hergestellt werden. Da wir bestrebt sind, den Ausbau St. Florian — Steyr größtmöglichst zu beschleunigen, ersuchen wir den wohllöblichen Gemeinderat, auf diese Vereinigung mit unserer Linie hinzu¬ wirken, wobei wir uns zu bemerken erlauben, daß eine Vereini¬ gung der Durchfahrt durch Steyrdorf mit der Gleinkerlinie technisch undurchführbar ist, und daß überhaupt die Durch¬ querung der Seitentäler zwischen Wolfern und Gleink nur mit Aufführung von Kunstbauten, Aufdämmungen, welche große Kosten erfordern, möglich wäre und das gefertigte Komitee die Gleinkerlinie ohnehin schon zur Behandlung dem Mi¬ nisterium vorgelegt hatte. aber von diesem zum Studium einer anderen Linie nach Steyr aufgefordert worden war. St. Florian, am 25. Oktober 1911. Komitee für Erbauung der elektrischen Bahn Linz—St. Florian— Steyr. And. Malzer m. p. Schriftführer. Der Herr Referent erörtert sodann den von der I. Sektion in der Bahnfrage eingenommenen Standpunkt und bringt die Anträge der Sektion zur Verlesung, welche lauten: Der Gemeinderat beschließe: Es sei von dem Aktions¬ komitee zur Erbauung einer elektrischen Bahn Linz — Sankt Steyr folgendes zu verlangen: Florian 1. Daß die Trasse entweder durch die Ortschaften Losen¬ steinleithen — Wolfern — Gleink oder Dietach — Gleink oder möglichst nahe an diese und nicht durch fast gar nicht bewohnte Gebiete geführt werde. 2. Daß die bindende Zusage gegeben wird, nur dann Zweiglinien der geplanten Bahn zu erbauen, wenn der Ge¬ meinderat der Stadt Steyr seine Zustimmung gegeben hat. 3. Daß der Bau der Strecke St. Florian—Steyr gleich¬ zeitig mit jenem der Strecke Linz—St. Florian ausgeführt werde. 4. Daß die Subventionen für den Bau der elektrischen Bahn Linz—St. Florian—Steyr für die ganze Strecke ent¬ sprechend und gleichmäßig aufgeteilt und verwendet werden. 5. Daß zu den Beratungen und Beschlüssen des Aktions¬ komitees auch die Vertreter des Interessentenkomitees und des Gemeinderates von Steyr eingeladen werden. Der Gemeinderat beschließe ferner: 1. Seinen Beschluß vom 18. Juni 1909 aufrecht zu erhalten. 2. Die Gemeinden Losensteinleithen und Gleink, die Spar¬ kasse in Steyr, das Eisenbahnministerium und den oberöster¬ reichischen Landesausschuß von den heute gefaßten Beschlüssen zu verständigen. 3. Die vorliegenden Eingaben zur Kenntnis zu nehmen und dem Aktionskomitee zu übermitteln. Herr G.=R. Fendt erhält das Wort und führt aus: Es ist heute nicht das erstemal, daß sich der Gemeinderat der Stadt Steyr mit der elektrischen Bahn Linz—Steyr befaßt nachdem ja schon der frühere Gemeinderat hierüber ebenfalls gesprochen hat. Wie sie heute gesehen haben, liegt ein Antrag des Herrn G.=R. Dunkl vor, ferner ein Antrag mit 50 Unterschriften, eine Eingabe vom Handelsgremium in Steyr und eine Zuschrift des Aktionskomitees Aus dem Inhalte der vier Zuschriften haben sie gehört, daß sich im allgemeinen die Anschauungen in der Bahnfrage nicht decken. Wir stehen in Steyr auf dem Standpunkte wie früher, denn es herrscht in dieser Bahnangelegenheit keine Einigkeit. Sehr geehrte Herren! Ich erlaube mir in dieser Bahn¬ angelegenheit etwas zurückzugreifen auf einen Zeitraum von 2½ Jahren, wieso eigentlich diese Frage aufgetaucht und wo dieses Projekt entstanden ist. Dasselbe ist nicht in Steyr ent¬ tanden, sondern in St. Florian, wo man sich mit Linzer Herren zusammengefunden und das Projekt entworfen hat, und ind die Herren sodann nach Steyr gekommen und haben mit dem Aktionskomitee im Kasino eine Versammlung abgehalten, welche gut besucht war und wo in großen Zügen das Projekt entworfen worden ist. Auf das hin hat sich sehr rasch in Steyr ein Privat¬ kommitee zusammengetan, obwohl es viel besser gewesen wäre, wenn der damalige Gemeinderat die Sache gleich selbst in die Hand genommen hätte. Dieses Komitee in Steyr hat mit dem Aktionskomitee Beschlüsse gefaßt. Die Stadt Steyr hat sich darum nicht gekümmert und so wurde in den Zeitungen die Nachricht kolportiert, daß die elektrische Bahn beim Stadlmayr oder bei der Artilleriekaserne stehen bleibe, das war so quasi eine Beleidigung für die anderen Stadtteile und darum hat sich sofort ein zweites Komitee gebildet, das Stadtkomitee, an dessen Spitze der damalige Gemeinderat Sommerhuber stand. Dieses Komitee hatte es sich zur Aufgabe gestellt, die sogenannte Schlüsselhofgasse=Trasse zu lanzieren währenddem die Herren von Steyrdorf die Interessen ihres Bezirkes ganz und gar ver¬ treten haben und sich mehr oder weniger dem Aktionskomitee angeschlossen haben, wo sie große Unterstützung fanden. Und o ist es jetzt Tatsache, daß das Aktionskomitee von der Schlüssel¬ hoftrasse nicht viel wissen will. Im allgemeinen sind die Ansichten in dieser Frage sehr verschieden gewesen. Das Stadtkomitee hat wieder Schiffbruch gelitten, nachdem in diesem Komitee selbst wieder neue Pro¬ gramme aufgetaucht sind. Es wurde vom Herrn Sommerhuber das sogenannte Schloßleitenprojekt vertreten und dadurch das andere Programm des Stadtkomitees wieder zur Seite geschoben, was dem Aktionskomitee wiederum gut gepaßt hat. Bei der Trassenkommissionssitzung ist aber dieses Schloßleitenprojekt wieder fallen gelassen worden; es hat geheißen, daß es nicht urchführbar ist, und so ist das Projekt durch Steyrdorf wieder das einzige gewesen. Außerdem ist bei dieser Trassenkommission eine Eingabe gemacht worden, und zwar mit vielen Unterschriften, in welcher verlangt wurde, daß die Trasse über Losensteinleithen Wolfern, Dietach, Gleink, mit der Einfahrt durch die Schlüssel¬ hofgasse, geführt werde. Dieses Projekt wurde dann auch von diesem einen Komitee in Aussicht genommen, die Gemeinden von Losensteinleithen, Wolfern, Gleink, haben auch diese Sache unterstützt, und zwar wurden hiefür 60.000—70.000 Kronen gezeichnet. So stellt sich jetzt eigentlich heraus, daß die drei Trassen auf zwei Probleme zusammengeschrumpft sind. Das sind das Projekt des Aktionskomitees und das durch die Schlüsselhofgasse mit der Trasse über Losensteinleithen, Wolfern, Gleink. Mittlerweile ist im Stadtkomitee soweit Stimmung gemacht worden, daß sich beide Steyrer Komitees vereint haben, so zwar, daß ein gemeinsames Komitee in Steyr zustande kam. Ich erachte es aber als einen sehr großen Fehler, daß das Stadt¬ komitee vollständig lahm gelegt worden ist in seinen Arbeiten Trotz dieses gemeinsamen Komitees sind dennoch wieder ver¬ schiedene Anträge und Anfragen 2c. eingelangt, die ganz anders lauten wie der Antrag des Herrn G.=R. Dunkl. Sehr geehrte Herren! Mir war es von allem Anfange an klar, daß die beste und günstigste Trasse die Schlüsselhoftrasse ist. Ich gehe auch von dem Standpunkte aus, daß derartige Eisenbahnangelegenheiten weitblickend behandelt werden und energische Standpunkte fallen gelassen werden müssen. Wenn man die Sache richtig auffasse, so ist die Schlüssel¬ hoftrasse die beste, weil die dichtbevölkertsten Gemeinden an dieser Trasse liegen, welche den Wochenmarkt in Steyr besuchen, sowie tatsächlich dort eine wohlhabende Bevölkerung vorhanden ist. Es wäre dies daher für Steyr im allgemeinen ein großer Nutzen, abgesehen noch von der schönen Trasse überhaupt, sowie dem idealschönen Punkt bei der Einfahrt in der Schlüsselhofgasse. Außerdem wäre diese Trasse ohne besondere Schwierigkeiten zu bauen. Nun ist man leider der Ansicht beim Aktionskomitee, es solle die Trasse von Wolfern an in einem weiten Bogen gegen

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