Ratsprotokoll vom 27. Oktober 1911

Rats-Protokoll über die ordentliche Zitzung des Gemeinderates der k. k. l. f. Stadt Steyr am Freitag den 27. Oktober 1911. Tages=Ordnung: Mitteilungen. I. Sektion. (Sektionssitzung am Montag, den 23. Ok¬ tober, 2 Uhr nachmittags.) 1. (Vertraulich.) Personalien. 2. (Vertraulich.) Besetzung der Taborturmwächterstelle. 3. (Vertraulich.) Ansuchen um Aufnahme in den Gemeinde¬ verband und um Bürgerrechtsverleihung. 4. Ersatzwahl von zwei Vertrauensmännern gemäß § 199 P.=St.=G. 5. Ansuchen des Karl Lumpi aus Wels um die Protokol¬ lierung eines Platzes am Jahrmarktplatze. 6. Bewilligung der Kosten der durch die Rekonstruktion des Telephonnetzes in Steyr notwendig gewordenen gänzlichen Um¬ änderung der Nachtverbindungsleitung. 7. Eingabe des uniform. bewaffn. Bürgerkorps der Stadt Steyr um Bewilligung eines Quartiergeldes für den Kapellmeister. 8. Ansuchen des Vereines der Beamten, Lehrer und Pen¬ sionisten in Steyr um Durchführung der vom Herrn G.=R. Land¬ siedl in der letzten Sitzung gemachten Anregungen zur Milde¬ rung der Teuerung. 9. Eingabe des Lyzealvereines Steyr betreffend Bestellung eines Schuldieners. 10. Antrag des G.=R. Herrn Otto Dunkl betreffend den Bau der elektrischen Bahn Linz—St. Florian—Steyr. II. Sektion. (Sektionssitzung am Donnerstag, den 26. Oktober, 4 Uhr nachmittags.) 11. Stadtkassejournalabschluß pro September 1911. 12. Eingabe der Firma Werndl in Unterhimmel um Herabsetzung des für das zweite Halbjahr 1911 vorgeschriebenen Mautpauschales. 13. Subventionsansuchen. III. Sektion. (Sektionssitzung Dienstag, den 24. Oktober, 3 Uhr nachmittags.) 14. Beschlußfassung wegen einer Grundabtretung zum Zwecke eines Zubaues an das Haus Nr. 8, Ortsquai. 15. Ansuchen der Firma Wurmfeld um die Bewilligung zur Benützung eines öffentlichen Grundes für die unterirdische Trausmissionsführung. 16. Eingabe mehrerer Interessenten um Auswechslung der schadhaften Holzrohre in Eisenrohre der Wasserleitung in Steyrdorf. 17. Tiefbohrungen am Plattnergute zum Zwecke der Wasserbeschaffung IV. Sektion. (Sektionssitzung am Mittwoch, den 25. Ok¬ tober, 3 Uhr nachmittags.) 18. Ansuchen des Steyrer Fechtklubs um Ueberlassung des Türnsaales im Bürgerschulgebäude. 19. Ansuchen des Fachlehrers Franz Sager um Ueber¬ lassung eines Lehrzimmers der Knabenbürgerschule zur Abhal¬ tung eines Privat=Stenographiekurses. 20. Ansuchen der Genossenschaft der Schuhmacher um Ueberlassung des Zeichensaales im Bürgerschulgebäude zur Ab¬ haltung eines Fachkurses. 21. Ansuchen der gewerblichen Fortbildungsschule in Steyr um Ueberlassung der zum Unterrichte erforderlichen Lokalitäten. 22. Ansuchen um Ueberlassung des Zeichensaales der Bürgerschule zur Ausbildung zum Porträt= und Aktzeichnen. 23. Ansuchen des Vereines für Jugendspiele und Körper¬ pflege um Ueberlassung des Turnsaales in der Bürgerschule. 24. Gesuch des Josef Fuchs um eine Unterstützung aus der bestandenen Gremial=Krankenkasse. 25. Verleihung der Jahresinteressen aus der Theresia Vogl=Stiftung. 26. Verleihung der Jahresinteressen aus der Pacher'schen Artillerie=Korps=Stiftung. 27. Ansuchen der Direktion der Mädchenbürgerschule um Erhöhung des Bücherpauschales. 28. Ansuchen der Leitung der Mädchenvolksschule in der Berggasse um Erhöhung des Handarbeitsmaterialpauschales. 29. Mitteilung des k. k. Stadtschulrates Steyr betreffend Errichtung einer vierten Bürgerschulklasse. Gegenwärtig: Vorsitzender: Herr Bürgermeister Gustav Stalzer. Vor¬ sitzender=Stellvertreter: Herr Vize=Bürgermeister Julius Gschaider. Die Herren Gemeinderäte: Franz Aigner, Ludwig Binderberger, Wilhelm Denkmayr, Otto Dunkl, Leopold Erb, Paul Fendt, Leopold Haller, Josef Huber jun., Franz Kattner, Franz Kirch¬ berger, Anton Kurz, Friedrich Landsiedl, August Mitter, Franz Nothhaft, Karl Oberngruber, Viktor Ortler, Franz Schwertfelner, Anton Sighart, Franz Tribrunner, Karl Wöhrer, Josef Wokral. Ferner sind anwesend: Herr Stadtrat Franz Gall und als Schriftführer städtischer Diurnist Gustav Wania. Entschuldigt abwesend sind die Herren Gemeinderäte: Gottlieb Dantlgraber, Dr. Karl Harant jun., Franz Lang, Josef Langoth und Emil Stephan. Der Herr Vorsitzende begrüßt die Herren Gemeinderäte, konstatiert die Beschlußfähigkeit des Gemeinderates und erklärt die Sitzung um 3 Uhr nachmittags für eröffnet. Zu Verifikatoren dieses Protokolles werden die Herren Ge¬ meinderäte Friedrich Landsiedl und August Mitter gewählt. Der Vorsitzende teilt mit, daß Herr G.=R. Josef Langoth durch das Ableben seiner Frau einen schmerzlichen Ver¬ lust erlitten hat. Er fühle sich dazu gedrängt, demselben das herzlichste Beileid über diesen herben Verlust auszusprechen und bitte die Herren Gemeinderäte, sich zum Zeichen des Einver¬ ständnisses von den Sitzen erheben zu wollen. (Geschieht.) Der Herr Bürgermeister ersucht sodann den Herrn G.=R. Leopold Erb über den stattgefundenen Fleisch= und Städte¬ tag zu referieren. Herr G.=R. Erb: Der Gemeinderat der Stadt Steyr hat seinerzeit den Beschluß gefaßt, zum Fleisch= und Städtetag in Wien über Einladung der betreffenden Tagung Vertreter zu entsenden. In Ausführung dieses Beschlusses habe ich mit Herrn Vize=Bürgermeister den Fleischtag und mit Herrn Bürgermeister den Städtetag besucht und erlaube ich mir, mich darüber in Anbetracht der heutigen langen Tagesordnung mit meinem Be¬ richte kurz zu fassen. Der Fleischtag, welcher in Wien am 5. d. M. statt¬ gesunden hat, war von einer größeren Anzahl von Städtever¬ tretern, Korporationen und Abgeordneten besucht. Der Fleischtag hat sich in erster Linie damit befaßt, wie die großen und kleinen Städte mit Fleisch zu versorgen wären und wie eine Verbilli¬ gung des Fleisches und Viehes eintreten könnte. Ich kann jedoch auf alle diese Reden, die hierüber gehalten wurden, nicht weiter eingehen, denn dies würde zu weit führen, nachdem an diesem Fleischtag nicht weniger als 15 Vertreter gesprochen haben. Man könne daher daraus entnehmen, daß bei diesem Fleischtag leb¬ hafte Debatten geführt wurden. Wir haben uns auch in Steyr schon öfters mit der Teue¬ rungsfrage lebhaft beschäftigt und wurden diesbezüglich auch öfters Versammlungen abgehalten. Ich will auch darauf hinweisen, daß an diesem Fleischtag ein interessantes Referat des Universitätsprofessors Tändler er¬ tattet wurde, welcher Volkswirtschaft behandelte und welcher er¬ klärte, wenn es so fortgehe, so wird in absehbarer Zeit die letzte Kuh vor dem Rathause in Wien ausgestellt werden, weil eine Wirtschaft herrscht, welche zu einer steten Verminderung des Viehstandes führt, und ist es erwiesen, daß von 1900 bis 1910 der Rinderstand in Oesterreich um mehr als 300.000 Stück ab¬ genommen hat, das ist das sicherste Zeichen, daß die Rindvieh¬ zucht nicht auf der Höhe steht. Ich will die Ursachen jedoch nicht weiter ausführen und will nur noch erwähnen, daß das Wild durch Staatsgesetze geschützt wird, während die Viehzucht keine olchen Schutzgesetze hat. Es kann nicht gleichgiltig sein, daß beim Stechen der Kälber kein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Tier gemacht wird, was beim Wild jedoch der Fall ist. Der Fleischtag hat diese Verhältnisse genau erwogen und wurden diese Bedenklichkeiten von manchem Redner als „Raub¬ wirtschaft der Viehzucht" bezeichnet, welches wir vom städtischen

2 Gesichtspunkte aus lebhaft bedauern müssen. Die Abnahme um 300.000 Rinder ist der sprechendste Beweis, daß auf diese Art und Weise nicht mehr vorgegangen werden könne, denn sonst steht der Staat in Bezug auf Rindviehzucht in kürzester Zeit vor einer Katastrophe. Dies soll hier nur als das hervorragendste Beispiel angeführt werden. Dagegen sei es nicht zu verschweigen, daß sich der Schweinestand in den letzten 10 Jahren um eine Million vermehrt hat. Der Fleischtag hat folgende Resolution gefaßt: „Die am 5. Oktober in der Volkshalle versammelten Ver¬ treter aller bürgerlichen Stände Oesterreichs, des Gewerbes, der Industrie, des Handels, der Angestellten und der Hausfrauen, geben der Rechtsüberzeugung Ausdruck, daß Einfuhrverbote für Vieh und Fleisch in Oesterreich wie in Ungarn nur aus veterinären Bedenken zulässig sind Die Einfuhrbewilligung für die genannten Produkte darf daher von keiner der beiden Regierungen verweigert werden, wenn sie unter den bereits gegenwärtig vorgeschriebenen rigorosen Kontrollmaßregeln vor sich geht. Eine Kontingentierung der Einfuhr insbesondere ist mit veterinärpolizeilichen Rücksichten in keiner Weise zu begründen und widerspricht dem Gesetze In dieser Erwägung fordern wir daher, daß die Einfuhr überseeischen Fleisches gestattet werde, unbeschadet der Erhöhung des aus Serbien und eventuell aus anderen Balkanstaaten ein¬ zuführenden Fleischkontingents; ebenso fordern wir die Einfuhr lebenden Viehes für Schlacht=, Einstell= und Aufzuchtzwecke, endlich Suspendierung der Verzehrungssteuer für die Zeit der Notlage. Die Versammlung ersucht alle Abgeordneten, welche städtische Interessen zu vertreten haben, ohne Unterschied der Parteistellung, für diese Forderung unbedingt einzustehen und sich durch keinerlei politische Rücksichten von der Erreichung dieses Zieles abhalten zu lassen.“ Diese Resolution wurde einstimmig angenommen. Herr G.=R. Erb: Alljährlich findet jetzt ein Statutarstädtetag, das heißt eine Beratung der Vertretung jener Städte, welche ein eigenes Statut haben, statt. Diese Beratungen sind sehr in¬ teressant, aber auch außerordentlich notwendig, damit die In¬ teressen der Städte entsprechend vertreten werden. Ich habe mir bei der Beratung, die von allen autonomen Städten, mit Aus¬ nahme einiger tschechischer Städte (insgesamt waren 29 Statutar¬ städte vertreten), beschickt war, erlaubt, ausführlich über die Teuerung, insbesonders über die Fleischteuerung zu sprechen. Ich will jedoch hierüber nicht weiter berichten, sondern mich au die Anträge beschränken, welche von den verschiedenen Städte¬ abordnungen eingebracht worden sind. Die Tagung dauerte von 10 Uhr vormittags, mit Ausnahme einer kleinen Mittagspause, bis ½8 Uhr abends und hatte folgende Tagesordnung: Tagesordnung für den am 20. Oktober 1911 stattfinden¬ den 8. österreichischen Städtetag. 1. Bekämpfung der Lebens¬ mittelteuerung. Referent: Stadtrat Josef Rain (Wien). 2. Ge¬ setzentwurf, betreffend die Verhütung und Bekämpfung übertrag¬ barer Krankheiten. Referent: Stadtrat Dr. Moritz Franz Haas (Wien). 3. Die Wohnungsfürsorge. Referent: Vize=Bürgermeister Franz Hoß (Wien). 4. Die Sanierung der Gemeindefinanzen Troppau). Hierauf verliest Herr G.=R. Erb die eingebrachten An¬ träge, und zwar: „Der österreichische Städtetag spricht die Ueberzeugung aus, daß die gegenwärtige Teuerung einen solchen Umfang an¬ genommen hat, daß die Grundpfeiler des Staates, der Arbeiter¬ und Mittelstand, in der Existenz bedroht und die Grundlagen der modernen Kultur auf das schwerste erschüttert werden. Der Städtetag erklärt weiters, daß die Gemeinden dieser mit der Wirtschaft des ganzen Staates im Zusammenhange tehenden Teuerung ohnmächtig gegenüberstehen, und daß es nur in der Macht des Staates liegen kann, hier Abhilfe zu schaffen. Herr G.=R. Erb: Gestatten Sie, verehrte Herren, zu diesem Absatze nur einige Worte. Der Staat trachtet, die Schuld, die er auf sich selbst geladen, daß er sich den ungarischen Machtgebietern be¬ züglich argentinischen Fleisches durch mehrere Ministerien hin¬ durch unterworfen hat, von sich abzuwälzen. Es wäre nicht schwer, die Aeußerung derjenigen Herren, welche sich hinter dem Ministerium verschanzen, daß sie argentinisches Fleisch nicht hereinbringen können, zu widerlegen. Es ist nicht der geringste Anhaltspunkt vorhanden, daß argentinisches Fleisch nicht herein¬ gebracht werden könnte! Wir sind nichts anderem unterlegen, als dem Diktate der ungarischen Großgrundbesitzer. Außerdem kommt noch dazu der Staat mit der Aeußerung: die Gemeinden sollen sich selber helfen. Ja, was sollen wir machen, das Volk wird ausgebeutet und kann von seinen spärlichen Einnahmen nichts hergeben, oder sollen wir Vieh und sonstige Lebensmittel einkaufen und dann mit Verlust verkaufen? Wir haben ja in dieser Frage überhaupt keinen Einfluß, daß mehr Vieh in Oester¬ reich produziert wird. Es erklärt daher der Städtetag, hier keine Linderung zur Abhilfe der Teuerung zu finden. Im Antrage heißt es weiter: „Von diesen Erwägungen ausgehend, richtet der Städtetag an die k. k. Regierung die dringende Mahnung, ungesäumt mit den erforderlichen ernsten, einen praktischen Erfolg verbürgenden und durchgreifenden Maßnahmen vorzugehen, die sich hauptsäch¬ lich in folgenden Bahnen zu bewegen hätten.“ Bevor ich Punkt 1 der Anträge verlese, will ich vorher noch bemerken, daß es uns nicht im Traume einfällt, die Land¬ wirtschaft zu schädigen. Wir Städter sehen die Landwirtschaft als etwas ganz besonderes an und hat dies ja auch die Abstim¬ mung im Abgeordnetenhause bewiesen. Nur dort, wo es unbe dingt notwendig ist, Fleisch einzuführen, möge von der anderen Seite nicht entgegengetreten werden. Herr G.=R. Erb verliest hierauf Punkt 1. Hebung der Landwirtschaft in jedem Belange. Förderung der Bildung von Organisationen der landwirt¬ schaftlichen Kreise behufs Erleichterung des Betriebes und Ab¬ satzes (insbesondere bezüglich der Vieh= und Milchverwertung). Einwirkung auf die Landwirtschaft im Sinne einer An¬ passung an die Bedürfnisse des Konsums. 2. Abschaffung des Blankoterminhandels überhaupt und insbesondere des Getreideterminhandels in Ungarn. 3. Schaffung eines staatlichen Besitzes an Kohlen= und Petroleumgruben in solchem Ausmaße, daß ihm auf die Bildung der Preise ein Einfluß zusteht, weiters Einleitung der Monopoli¬ sierung des Kohlenbergbaues und der Petroleumgewinnung und Reformierung des Berggesetzes. 4. Bekämpfung der Uebergriffe der Kartelle durch Erlassung eines Kartellgesetzes und zeitweise Suspension der Zölle 5. Beseitigung der Hochschutzzölle für Agrarprodukte. 6. Zulassung und Förderung der Einfuhr — insbesondere von Fleisch — aus dem Auslande in jenen Fällen, in denen die heimische Produktion dem Bedarfe nicht genügen kann und auf erwiesene Tatsachen gegründete sanitäts= und veterinärpolizeiliche Bedenken nicht vorliegen. 7. Regelung der Milchkontrolle. Erlassung einer Milch¬ verkehrsordnung.“ Zum nächsten Punkt, das ist Punkt 8, will ich voraus¬ schicken, daß wir in diesem Punkte (nämlich wir Vertreter der Landstädte) gegenüber der Reichshauptstadt Wien in einen Wider¬ spruch gekommen sind und habe ich mir erlaubt, im Interesse der Landstädte, zu denen auch Steyr gehört, das Wort zu er¬ greifen. Im Punkt 8 ist beantragt worden, die Einführung von Tarifsätzen ohne Rücksicht auf die Entfer¬ nung, insbesondere für Milch — Milchporto Schon im Teuerungsausschusse wurde von den Vertretern der Stadt Wien ein solcher Antrag gestellt. Dieser Antrag würde nichts anderes bedeuten, als daß die Tarife für Milch in Zu¬ kunft gleich hoch sind! Das würde für uns in Steyr und andere Städte eine große Gefahr bedeuten und besteht diese Gefahr darin, daß die Versorgung der Städte mit Milch und Butter direkt gefährdet wäre. Wir hätten dann darunter zu eiden, daß ein großer Teil der Produkte aufgekauft und direkt nach Wien gesendet werde, und wenn hiezu noch der Transport o ermäßigt sein würde, daß Milch wie andere Gegenstände nach Wien geliefert werden könnte, würden wir das schwer büßen müssen und zu spüren bekommen, daß die beste Milch nach Wien geliefert wird, während man in den Landstädten schlechte Milch zu teuren Preisen kaufen müßte. Ich mußte mich daher gegen diesen Punkt entschieden wenden, wir wurden aber mit geringer Minderheit niedergestimmt, weil auch Vertreter der größeren Städte für diese Transportermäßigung gestimmt haben. Diese Transportermäßigung kommt jedoch gewöhnlich nicht den Kon¬ umenten, sondern den Zwischenhändlern zugute. Es lautet hierach Punkt 8: „Ermäßigung der Eisenbahntarife für Lebensmittel (Ein¬ führung von Tarifsätzen ohne Rücksicht auf die Entfernung, ins¬ besondere für Milch — Milchporto), Regelung des Eisenbahn¬ verkehres unter Beistellung genügender und geeigneter Trans¬ portmittel (Beistellung von Sammel= und Kühlwaggons, Be¬ förderung von Lebensmitteln mit Personenzügen, Beschleunigung der Transporte, Einführung von Milchzügen, Verbesserung der Stationseinrichtungen). Verehrte Herren! Es wäre interessant, Ihnen über die verschiedenen Reden bezüglich der Bekämpfung der Lebensmittel¬ teuerung ausführlich Mitteilung zukommen zu lassen. Ich habe edoch im Gemeinderate schon darüber gesprochen und möchte deshalb diesen Punkt mit der Meinung schließen, daß wir Ver¬ treter der Stadt Steyr darnach getrachtet haben, unser eigenes Interesse auf dem Städtetage gegenüber anderen Interessen auf das Energischeste zu vertreten. Zur Ergänzung in dieser Frage will ich noch einen Zusatz¬ antrag, welcher von der Stadtgemeinde Graz eingebracht wurde, zur Verlesung bringen: „Der österreichische Städtetag gibt im Zusammenhange damit seiner Ueberzeugung dahin Ausdruck, daß die Regelung des Viehverkehres zwischen den im Reichsrate vertretenen König¬ reichen und Ländern und dem Zollauslande, soferne dieser Ver¬ kehr ohne Berührung der Länder der hl. ungarischen Krone statt¬ indet, verfassungsrechtlich jeder Einflußnahme seitens der ungari¬ chen Regierung entzogen ist, und daß daher die Weiterbewilli¬ jung der Einfuhr überseeischen, insbesondere argentinischen Fleisches, hinsichtlich dessen erwiesenermaßen auch veterinärpolizei¬ liche Bedenken nicht bestehen, keinem wie immer gearteten Hinder¬ nisse unterliegt, somit von der k. k. Regierung unverweilt aus¬ zusprechen wäre. Ein weiterer Gegenstand (Punkt 4 der Tagesordnung) ist die Sanierung der Gemeindefinanzen. Sehr geehrte Herren! Sie wissen ja alle, daß es mit unseren Gemeindefinanzen nicht besonders gut bestellt ist und ist es uns doch ein, wenn auch schwacher Trost, daß es anderen Städten auch nicht viel besser geht. Sie wissen, daß der Staat den Statutarstädten verschiedene Agenden zugeworfen hat. Für diese Agenden gibt der Staat gar nichts. Bei dieser Tagung hat der Magistratsdirektor Grüner aus Troppau ein Referat erstattet, in welchem er insbesonders

3 darauf hinwies, daß bis jetzt alle von den Städten in dieser Beziehung gestellten Forderungen zu einem Resultate nicht ge¬ führt haben, weshalb er es für notwendig erachtet, daß diese Forderungen nunmehr in energischer Weise vorgebracht werden. Von ihm wurde folgender Antrag gestellt: „Der Städtetag gibt seinem Bedauern und Befremden Ausdruck, daß die Regierung seinen oftmaligen Eingaben, in denen die Finanznot der Städte dargestellt und Vorschläge be¬ treffs dauernder staatlicher Hilfsmaßnahmen hiegegen gemacht wurden, bisher vollständig unbeachtet ließ. Der Städtetag hält es für eine Pflicht der Regierung und gesetzgebenden Körper, und erwartet von denselben, daß sie endlich der sich immer be¬ denklicher gestalteten Finanzlage der Gemeinden und in sonder¬ heit der Städte ihre vollste Aufmerksamkeit zuwenden, die vom Städtetag gemachten Vorschläge zur dauernden Gesundung der Städtefinanzen in ernste Erwägung ziehen und jene gesetzlichen bezw. verordnungswegigen Maßnahmen einleiten, welche eine dauernde Gesundung der Finanzwirtschaft der Städte gewährleisten. Der ständige Ausschuß wird ersucht, in diesem Sinne an die Regierung und das Abgeordnetenhaus Eingaben zu richten und die städtischen Reichsratsabgeordneten aufzufordern, daß sie nach Kräften im Sinne der vorstehenden Mahnung wirken. Der ständige Ausschuß wird ferner ersucht, auch mit anderen Städtevereinigungen dahin ein Einvernehmen herbei¬ zuführen, daß dieselben gleiche Schritte unternehmen wie der Oesterreichische Städtetag. Aus der sich hierüber entwickelnden Debatte, an welcher sich außer den Referenten die Herren Dr. Jäger aus Linz, Dr. Plochy aus Graz, Dr. Ringelhan aus Reichenberg, Doktor Femma aus Zuaim, Dr. Kraft aus Bozen, G.=R. Schranke aus Pettau und Bürgermeister=Stellvertreter Habisch aus Graz be¬ teiligten, war zu ersehen, daß sich die Vertreter der Städte der großen Wichtigkeit des Verhandlungsgegenstandes bewußt sind. Der Referentenantrag wurde deshalb auch mit dem nach¬ folgenden, von mir gestellten Zusatzantrag angenommen: „Der ständige Ausschuß wird ersucht, rechtzeitig vor der Beratung der Finanzresorm bei den beteiligten Ministerien durch eine Abordnung vorzusprechen, um eine finanzielle Ent¬ lastung der autonomen Städte zu erreichen.“ Der Antrag des Herrn Dr. Plochl: „Der Städtetag erklärt die Regelung der Gemeindefinanzen als eine unerläßliche Voraussetzung für eine werktätige Mithilfe der Statutargemeinden bei der Lösung der hochwichtigen Frage der Bekämpfung der Lebensmittelteuerung, der Förderung und Ausgestaltung der Assanierungseinrichtungen unter Durchführung einer rationellen Wohnungspolitik“ fand ebenso Annahme wie der Antrag Dr. Ringelhahn: „Die Vereinigung der Städtevertreter wird ersucht, die Forderungen der Städte in Form von Gesetzentwürfen im Ab¬ geordnetenhause einzubringen und dafür Sorge zu tragen, daß dieselben schleunigst der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zugeführt werden.“ Weiters wurde verhandelt über Punkt 2: Gesetzentwurf betreffend Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten. Herr G.=R. Erb: Das ist ein Kapitel, welches große Schwierigkeiten auf¬ weist, die Kompetenz der Staatsverwaltung und Gemeindever¬ waltung muß scharf umschrieben werden, weil es sich um Be¬ zahlungen und Entschädigungen handelt, für welche die Ge¬ meinde aufzukommen hat. Es ist vom Herrenhause ein Gesetz¬ entwurf herausgegeben worden, mit welchem wir zufrieden sein können und nach welchem der Staat die Kosten der Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten übernimmt. Es ist deshalb auch Pflicht aller Städte, in diesem Sinne mitzu¬ wirken, um deren Bewohner vor der Uebertragung ansteckender Krankheiten zu schützen. Die Resolution hierüber lautet: „Der österreichische Städtetag begrüßt die Einbringung des Gesetzentwurfes betr. die Verhütung und Bekämpfung über¬ tragbarer Krankheiten aufs wärmste, gibt der Erwartung Aus¬ druck, daß das hohe Abgeordnetenhaus ehestens in die Beratung dieses für die Sanitätsverwaltungen der städtischen Gemeinwesen so überaus wertvollen und dringend notwendigen Gesetzentwurfes eingehen wird, und schließt sich der von der Gemeinde Wien am 2. Mai 1911 eingebrachten Petition vollinhaltlich an. Ein weiterer Punkt (3) ist die Wohnungsfürsorge, ein Punkt, welcher insbesonders für die Stadt Wien, wo eine furchtbare Wohnungsnot herrscht, von großem Wert ist. Für uns in Steyr ist dies von keiner besonders großen Wichtigkeit und wäre dies einmal der Fall, so müße der Gemeinderat der Stadt Steyr ebenfalls dieser Frage näherrücken. Für uns ist wohl nur Leitsatz 8 der bezüglichen Resolution von Wert, welcher lautet: Durchgreifende Reform der Gebäudesteuergesetzgebung, vorerst Erwirkung einer weitgehenden Steuerbefreiung für Kleinwohnhausbauten.“ Der Städtetag befaßt sich mit sehr wichtigen Agenden, und ist es gut, wenn die Vertreter der Städte teilnehmen, denn man könne eine ganze Menge auf diesen Städtetagen lernen. Ich erlaube mir jetzt mit meinem Berichte zu schließen und 7 bemerke noch, daß ich auf Verlangen gerne bereit bin, in dieser Sache Aufklärung zu geben, sei es hier, sei es auf andere Weise. Der Herr Vorsitzende spricht sodann dem Herrn G.=R. Erb für seine klaren und sachlichen Mitteilungen den Dank aus. Mitteilungen. Der Herr Vorsitzende läßt hierauf durch Herrn Stadtrat Franz Gall folgende Mitteilungen erstatten: 1. Die Gesellschaft der Musikfreunde in Steyr spricht den Dank aus für die pro 1911/12 bewilligte Subvention von 200 K. — Zur Kenntnis. — Z. 24.498/11. 2. Die Bürgerliche Aktienbrauerei in Steyr dankt für die ihr zuerkannte Berechtigung zur Führung des Stadtwappens im Geschäftsverkehre. — Zur Kenntnis. — Z. 24.419/11. 3. Das Stadtkassenamt berichtet über die am Herbstjahr¬ markte 1911 eigehobenen Platzgebühren, wonach dieselben 1594 K 99 h betragen, das ist gegenüber dem Vorjahre eine Mehreinnahme von 26 K 39 h. Zur Kenntnis. — Z. 26.915/11. Der Herr Vorsitzende geht sodann zur Erledigung der Tagesordnung über. I. Sektion. Referent: Herr Vize=Bürgermeister Julius Gschaider. I. Personalien. 2. Besetzung der Taborturmwächterstelle. 3. Ansuchen um Aufnahme in den Gemeindever¬ band und um Bürgerrechtsverleihung. Diese Punkte werden vertraulich behandelt. 4. Ersatzwahl von zwei Vertrauensmännern gemäß § 199. P.=St=G. Nachdem die bisherigen vom Gemeinderate der Stadt Steyr gewählten Vertrauensmänner für die Bildung des Ver¬ eichnisses über die vermutlich Personaleinkommensteuerpflichtigen, das sind die Herren Gottlieb Bruckschweiger und Anton Jäger von Waldau, gestorben sind, werden über Antrag der Sektion die Herren Heinrich Bachmayr und Franz Kirchberger neu ge¬ wählt. — Z. 21.614 11. 5. Ansuchen des Karl Lumpi aus Wels um die Protokollierung eines Platzes am Jahrmarktplatze. Diesem Ansuchen wird über Antrag der Sektion keine Folge gegeben. — Z. 24.505/11. 6. Bewilligung der Kosten der durch die Rekon¬ struktion des Telephonnetzes in Stehr notwendig ge¬ wordenen gänzlichen Umänderung der Nachtverbindungs¬ leitung. Die Sektion stellt hierüber folgenden Antrag: Der Gemeinderat beschließe, die Kosten für die Rekon¬ struktion der Telephonanschlüsse im Betrage von 2869 K 63 h nachträglich zu bewilligen. Herr G.=R. Tribrunner macht darauf aufmerksam, daß bei der damaligen Baukommission, wo es sich um die Kabel¬ legung gehandelt hat, im Beisein der Vertreter der k. k. Post¬ und Telegraphen=Direktion von den Vertretern der Stadtgemeinde erklärt worden ist, daß, da die zur Umänderung der Nachtver¬ bindungsleitung notwendige Benützung der Straßen und Plätze dem Postärar unentgeltlich zugestanden wurde, von der Stadt auch erwartet werde, daß die Erhaltung der Nachtverbindungen durch das Postärar veranlaßt werde, was dahin zu verstehen war, daß die Kosten hiefür vom Aerar getragen werden. Dieses Ansuchen der Gemeindevertreter muß auch im diesbezüglichen Protokolle enthalten sein. Es ist daher die Stadtgemeinde Steyr nicht verpflichtet, den ganzen Kostenbetrag hiefür zu zahlen. Herr G.=R Kirchberger äußert sich dahin, daß jetzt die ganze Sache eigentlich eine ganz andere Richtung bekommen habe. Er glaube daher, daß es am besten sei, wenn dieser Punkt zurückgestellt und vorerst genaue Informationen hierüber einge¬ holt werden würden. Herr G.=R. Erb stellt hierauf den Antrag, den ganzen Akt nochmals der III. Sektion zur genauen Erhebung der Sach¬ age zu übergeben, welche dann dem Gemeinderate Bericht er¬ statten solle, wie die damalige Baukommission verlaufen ist und wie das bezügliche Protokoll lautet. — Wird angenommen. 7. Eingabe des uniformierten bewaffneten Bürger¬ korps der Stadt Steyr um Bewilligung eines Quartier¬ geldes für den Kapellmeister. Die Sektion beantragt: Der Gemeinderat beschließe, dem uniformierten bewaffneten Bürgerkorps zur Beschaffung einer Wohnung für den jeweiligen Kapellmeister ein Quartiergeld von jährlich 400 K, zahlbar in vierteljährigen, an den Zinsterminen fälligen Raten, zu bewilligen. Herr G.=R. Aigner unterstützt den Antrag der Sektion. Herr G.=R. Wokral stellt die Anfrage, ob die Stadt¬ gemeinde Steyr verpflichtet ist, dem jeweiligen Kapellmeister des Bürgerkorps ein Quartiergeld auszuzahlen Der Referent erwidert, daß dies nur eine freiwillige Zusage ist Der Antrag der Sektion gelangt hierauf zur einstimmigen Annahme. — Z. 24.984/11. 8. Ansuchen des Vereines der Beamten, Lehrer und Pensionisten in Steyr um Durchführung der vom Herrn G.=R. Friedrich Landsiedl in der letzten Sitzung gemachten Anregungen zur Milderung der Teuerung. Ueber Antrag der Sektion wird dieses Ansuchen dem Approvisionierungsausschusse zur weiteren Behandlung über¬ weisen. — Z. 26.342/11.

4 9. Eingabe des Lyzealvereines Steyr betreffend Bestellung eines Schuldieners. Dieser Punkt wird vertraulich behandelt. 10. Antrag des G.=R. Herrn Otto Dunkl betreffend den Bau der elektischen Bahn Linz—St. Florian—Steyr. Der Herr Referent verliest nochmals den in der Ge¬ meinderatssitzung am 22. September 1911 eingebrachten Antrag, dahin lautend, daß die Einfahrt der elektrischen Bahn nur durch Steyrdorf verlangt wird, und daß die Trasse über Wolfern¬ Gleink oder Dietach—Gleink gelegt werde. An diesen Antrag schließt sich eine Eingabe des Handels¬ gremiums Steyr, worin um Anschluß an die Staatsbahn er¬ sucht wird, und daß die ganze Linie Linz — Steyr in einem Zuge ausgebaut werde. Weiters liegt vor eine mit 70 Unterschriften versehene Eingabe, in welcher verlangt wird, daß die Trasse über Gleink, Posthof durch die Schlüsselhofgasse geführt werde, nachdem die¬ elbe für die Stadt Steyr die volkswirtschaftlich richtigste, aus¬ baufähigste und darum zukunftsreichste Variante sei. Hierauf verliest der Herr Referent den in der Sitzung am 18. Juni 1909 gefaßten Beschluß, welcher lautet: „Der Gemeinderat bewillige zum Baue der elektrischen Kleinbahn Ebelsberg — St. Florian — Steyr einen Betrag von 50.000 K unter der Bedingung, daß die Bahntrasse in der Stadt Steyr den Interessen der Bevölkerung der Stadt im all¬ gemeinen, aber insbesondere der Bevölkerung und der Geschäfts¬ welt von Steyrdorf dadurch entspreche, daß die Bahntrasse durch Steyrdorf, und zwar vom Wieserfeldplatze durch die Sierninger¬ straße und Kirchengasse zum Anschlusse an den Staatsbahnho geführt werde, insoferne diesem Projekte nicht berechtigte und unüberwindliche technische und finanzielle Hindernisse entgegen¬ stehen.“ Ein weiterer Beschluß, und zwar vom 30. Juli 1909: Der löbliche Gemeinderat wolle zur elektrischen Bahn Linz — Steyr weitere 50.000 K in Aktien zeichnen, unter der Voraussetzung, daß die Häuser in der Kirchengasse Nr. 1, 3, 5, 7 eingelöst und die Regulierung durchgeführt werde. Dieser Be¬ trag würde seine Deckung finden entweder in der Aufnahme eines Darlehens oder Verkauf vorhandener Wertpapiere oder Restringierung des Kassegebarungsfondes.“ Außerdem sei expreß folgendes Schreiben eingelangt: Wohllöblicher Gemeinderat der l. f. Stadt Steyr! In völliger Uebereinstimmung mit der Stadtvertretung und dem vereinigten Lokalkomitee Steyr hat das ergebenst Ge¬ ertigte die sogenannte Rotenbrunnenlinie definitiv beschlossen, der Trassenrevision und der Stationskommission am 29. No¬ vember 1910 in Steyr vorgelegt und dieselbe im Detail ausge¬ arbeitet am 21. Mai 1911 dem Eisenbahnministerium zur bal digen Anordnung der politischen und Enteignungskommission übersendet. Wenn wir diese Kommission und die darauf folgende definitive Konzession bald erreichen wollen, worauf wir jetzt mit aller Kraft hinstreben, so müssen alle Sonderinteressen zurück¬ gestellt und volle Zustimmung zu unserer definitiv beschlossenen, offiziellen Linie hergestellt werden. Da wir bestrebt sind, den Ausbau St. Florian — Steyr größtmöglichst zu beschleunigen, ersuchen wir den wohllöblichen Gemeinderat, auf diese Vereinigung mit unserer Linie hinzu¬ wirken, wobei wir uns zu bemerken erlauben, daß eine Vereini¬ gung der Durchfahrt durch Steyrdorf mit der Gleinkerlinie technisch undurchführbar ist, und daß überhaupt die Durch¬ querung der Seitentäler zwischen Wolfern und Gleink nur mit Aufführung von Kunstbauten, Aufdämmungen, welche große Kosten erfordern, möglich wäre und das gefertigte Komitee die Gleinkerlinie ohnehin schon zur Behandlung dem Mi¬ nisterium vorgelegt hatte. aber von diesem zum Studium einer anderen Linie nach Steyr aufgefordert worden war. St. Florian, am 25. Oktober 1911. Komitee für Erbauung der elektrischen Bahn Linz—St. Florian— Steyr. And. Malzer m. p. Schriftführer. Der Herr Referent erörtert sodann den von der I. Sektion in der Bahnfrage eingenommenen Standpunkt und bringt die Anträge der Sektion zur Verlesung, welche lauten: Der Gemeinderat beschließe: Es sei von dem Aktions¬ komitee zur Erbauung einer elektrischen Bahn Linz — Sankt Steyr folgendes zu verlangen: Florian 1. Daß die Trasse entweder durch die Ortschaften Losen¬ steinleithen — Wolfern — Gleink oder Dietach — Gleink oder möglichst nahe an diese und nicht durch fast gar nicht bewohnte Gebiete geführt werde. 2. Daß die bindende Zusage gegeben wird, nur dann Zweiglinien der geplanten Bahn zu erbauen, wenn der Ge¬ meinderat der Stadt Steyr seine Zustimmung gegeben hat. 3. Daß der Bau der Strecke St. Florian—Steyr gleich¬ zeitig mit jenem der Strecke Linz—St. Florian ausgeführt werde. 4. Daß die Subventionen für den Bau der elektrischen Bahn Linz—St. Florian—Steyr für die ganze Strecke ent¬ sprechend und gleichmäßig aufgeteilt und verwendet werden. 5. Daß zu den Beratungen und Beschlüssen des Aktions¬ komitees auch die Vertreter des Interessentenkomitees und des Gemeinderates von Steyr eingeladen werden. Der Gemeinderat beschließe ferner: 1. Seinen Beschluß vom 18. Juni 1909 aufrecht zu erhalten. 2. Die Gemeinden Losensteinleithen und Gleink, die Spar¬ kasse in Steyr, das Eisenbahnministerium und den oberöster¬ reichischen Landesausschuß von den heute gefaßten Beschlüssen zu verständigen. 3. Die vorliegenden Eingaben zur Kenntnis zu nehmen und dem Aktionskomitee zu übermitteln. Herr G.=R. Fendt erhält das Wort und führt aus: Es ist heute nicht das erstemal, daß sich der Gemeinderat der Stadt Steyr mit der elektrischen Bahn Linz—Steyr befaßt nachdem ja schon der frühere Gemeinderat hierüber ebenfalls gesprochen hat. Wie sie heute gesehen haben, liegt ein Antrag des Herrn G.=R. Dunkl vor, ferner ein Antrag mit 50 Unterschriften, eine Eingabe vom Handelsgremium in Steyr und eine Zuschrift des Aktionskomitees Aus dem Inhalte der vier Zuschriften haben sie gehört, daß sich im allgemeinen die Anschauungen in der Bahnfrage nicht decken. Wir stehen in Steyr auf dem Standpunkte wie früher, denn es herrscht in dieser Bahnangelegenheit keine Einigkeit. Sehr geehrte Herren! Ich erlaube mir in dieser Bahn¬ angelegenheit etwas zurückzugreifen auf einen Zeitraum von 2½ Jahren, wieso eigentlich diese Frage aufgetaucht und wo dieses Projekt entstanden ist. Dasselbe ist nicht in Steyr ent¬ tanden, sondern in St. Florian, wo man sich mit Linzer Herren zusammengefunden und das Projekt entworfen hat, und ind die Herren sodann nach Steyr gekommen und haben mit dem Aktionskomitee im Kasino eine Versammlung abgehalten, welche gut besucht war und wo in großen Zügen das Projekt entworfen worden ist. Auf das hin hat sich sehr rasch in Steyr ein Privat¬ kommitee zusammengetan, obwohl es viel besser gewesen wäre, wenn der damalige Gemeinderat die Sache gleich selbst in die Hand genommen hätte. Dieses Komitee in Steyr hat mit dem Aktionskomitee Beschlüsse gefaßt. Die Stadt Steyr hat sich darum nicht gekümmert und so wurde in den Zeitungen die Nachricht kolportiert, daß die elektrische Bahn beim Stadlmayr oder bei der Artilleriekaserne stehen bleibe, das war so quasi eine Beleidigung für die anderen Stadtteile und darum hat sich sofort ein zweites Komitee gebildet, das Stadtkomitee, an dessen Spitze der damalige Gemeinderat Sommerhuber stand. Dieses Komitee hatte es sich zur Aufgabe gestellt, die sogenannte Schlüsselhofgasse=Trasse zu lanzieren währenddem die Herren von Steyrdorf die Interessen ihres Bezirkes ganz und gar ver¬ treten haben und sich mehr oder weniger dem Aktionskomitee angeschlossen haben, wo sie große Unterstützung fanden. Und o ist es jetzt Tatsache, daß das Aktionskomitee von der Schlüssel¬ hoftrasse nicht viel wissen will. Im allgemeinen sind die Ansichten in dieser Frage sehr verschieden gewesen. Das Stadtkomitee hat wieder Schiffbruch gelitten, nachdem in diesem Komitee selbst wieder neue Pro¬ gramme aufgetaucht sind. Es wurde vom Herrn Sommerhuber das sogenannte Schloßleitenprojekt vertreten und dadurch das andere Programm des Stadtkomitees wieder zur Seite geschoben, was dem Aktionskomitee wiederum gut gepaßt hat. Bei der Trassenkommissionssitzung ist aber dieses Schloßleitenprojekt wieder fallen gelassen worden; es hat geheißen, daß es nicht urchführbar ist, und so ist das Projekt durch Steyrdorf wieder das einzige gewesen. Außerdem ist bei dieser Trassenkommission eine Eingabe gemacht worden, und zwar mit vielen Unterschriften, in welcher verlangt wurde, daß die Trasse über Losensteinleithen Wolfern, Dietach, Gleink, mit der Einfahrt durch die Schlüssel¬ hofgasse, geführt werde. Dieses Projekt wurde dann auch von diesem einen Komitee in Aussicht genommen, die Gemeinden von Losensteinleithen, Wolfern, Gleink, haben auch diese Sache unterstützt, und zwar wurden hiefür 60.000—70.000 Kronen gezeichnet. So stellt sich jetzt eigentlich heraus, daß die drei Trassen auf zwei Probleme zusammengeschrumpft sind. Das sind das Projekt des Aktionskomitees und das durch die Schlüsselhofgasse mit der Trasse über Losensteinleithen, Wolfern, Gleink. Mittlerweile ist im Stadtkomitee soweit Stimmung gemacht worden, daß sich beide Steyrer Komitees vereint haben, so zwar, daß ein gemeinsames Komitee in Steyr zustande kam. Ich erachte es aber als einen sehr großen Fehler, daß das Stadt¬ komitee vollständig lahm gelegt worden ist in seinen Arbeiten Trotz dieses gemeinsamen Komitees sind dennoch wieder ver¬ schiedene Anträge und Anfragen 2c. eingelangt, die ganz anders lauten wie der Antrag des Herrn G.=R. Dunkl. Sehr geehrte Herren! Mir war es von allem Anfange an klar, daß die beste und günstigste Trasse die Schlüsselhoftrasse ist. Ich gehe auch von dem Standpunkte aus, daß derartige Eisenbahnangelegenheiten weitblickend behandelt werden und energische Standpunkte fallen gelassen werden müssen. Wenn man die Sache richtig auffasse, so ist die Schlüssel¬ hoftrasse die beste, weil die dichtbevölkertsten Gemeinden an dieser Trasse liegen, welche den Wochenmarkt in Steyr besuchen, sowie tatsächlich dort eine wohlhabende Bevölkerung vorhanden ist. Es wäre dies daher für Steyr im allgemeinen ein großer Nutzen, abgesehen noch von der schönen Trasse überhaupt, sowie dem idealschönen Punkt bei der Einfahrt in der Schlüsselhofgasse. Außerdem wäre diese Trasse ohne besondere Schwierigkeiten zu bauen. Nun ist man leider der Ansicht beim Aktionskomitee, es solle die Trasse von Wolfern an in einem weiten Bogen gegen

5 Sierning hin nach Steyr geführt werden, in ein Gebiet, welches für uns sogar gefährlich werden kann. Die Trasse würde einen großen Bogen gegen die Paschallingerleiten machen und über Kegelpriel in Steyr einfahren. Ich mache nochmals darauf auf¬ merksam, daß diese Trasse für Steyr ganz gewiß gefährlich werden kann. Die Herren im Aktionskomitee sind sehr kluge Eisenbahnpolitiker, die sind nicht zum erstenmale in Beratungen über Eisenbahnprojekte, und gilt es daher für unsere Stadt, ganz besondere Vorsicht walten zu lassen. Es ist mir sehr angenehm, daß ich in dieser Angelegenheit das Wort ergreifen konnte und will ich nur nochmals erwähnen, daß derartige Projekte sehr gefährlich werden können. Das ist es auch, warum ich und die vielen Herren, die sich unterschrieben haben, für den Trassenbau durch Ort eingetreten sind. Meiner Anschauung nach ist jede andere Trasse für Steyr eine ungünstige, und ist jetzt die Sache soweit verpfuscht, daß der jetzige Ge¬ meinderat sich sehr schwer tut, für die Ort=Variante einzutreten. Ich und viele stehen auf dem Standpunkte, vor verfehlten Bahn¬ projekten zu warnen, daß uns später nicht ein Vorwurf gemacht werde, wenn tatsächlich (und in Steyr war dies ja schon der Fall) so etwas zutreffe. Die Verantwortung fällt dann auf die¬ jenigen Herren, welche daran mitgearbeitet haben, daß das Schlüsselhofprojekt nicht durchgeführt worden ist. Herr G.=R. Dunkl: Nachdem ich in der letzten Sitzung des Gemeinderates einen Antrag in dieser Angelegenheit eingebracht habe, so will ich zu diesem Punkte ebenfalls das Wort ergreifen. Es war seinerzeit in verschiedenen Tagesblättern durch Blümelhuber angeregt worden, die Trasse durch die Schlüssel¬ hofgasse zu führen, und nachdem die Einigkeit des Aktionskomitees mit dem Gemeinderate bestand und ausgesprochen wurde, daß die Einfahrt nur durch Steyrdorf in Vorschlag gebracht werden müsse und man zu dieser Einigkeit gelangt war, versucht man durch unberufene Schritte und durch Zeitungspolemiken in letzter Zeit Uneinigkeit in diese Angelegenheit zu bringen, was die Sache gewiß nicht verbessern kann. Die Stadtgemeinde Steyr hat 50.000 K für den Fall gezeichnet, daß die Bahn durch Steyrdorf geführt werde. Es wäre nicht gut, dies zu ändern, nachdem die Aktienzeichnungen ausreichen müssen und es schon aus juristischen Gründen nicht angeht, Gemeinderatsbeschlüsse umzuwerfen, ein anderes Jahr wieder nichts zu zeichnen oder im dritten Jahre den Bahnbau ganz fallen zu lassen. Das Aktionskomitee muß in dieser Sache wissen, wie es eigentlich daran ist. Man müsse bei der Einigkeit bleiben, die Abmachungen, welche bestanden haben, aufrecht er¬ halten und der Polemik die Spitze brechen. Deshalb habe ich auch den vorliegenden Antrag gestellt. Leider ist die Einigkeit, welche bestanden hat, wieder ge¬ stört worden. Es haben sich verschiedene Gruppen gebildet, die n ihren Eingaben wieder neue Trassen vorgeschlagen haben. Auf jeden Fall müsse man sich in irgend einer Weise entscheiden. Es sind zwei Wirtschaftsparteien: Steyrdorf und die innere Stadt. Im seinerzeitigen Aktionskomitee war schon der Wider¬ spruch der Parteien zu sehen, indem das Aktionskomitee der Stadt vorschlug, die Bahn durch die Schlüsselhofgasse hereinzu¬ führen. Nachdem man gesehen, daß dieses Projekt Widerspruch findet, weil man damit Steyrdorf oben umfahren hätte, hat man ein anderes Projekt vorgeschlagen, mit welchem man Steyr¬ dorf unten umfahren wollte. Man wollte bei der Schloßleiten vorüberfahren und dabei hat man Steyrdorf ganz ausschalten wollen. Jedoch sind die Vertreter der Stadt Steyr soweit zur Einsicht gekommen, daß es nicht angeht, Steyrdorf zu schädigen, ansonsten Steyrdorf das Gleiche passieren könnte, wie schon ein¬ mal. Es ist in der ganzen Debatte auseinander zu halten zwischen zwei Punkten: 1. Die Erschließung des Hinterlandes. In der Erschließung des Hinterlandes müssen wir vor allem gemeinsame Sache machen, damit dasselbe gut erschlossen werde und der Stadt Steyr einen großen Nutzen bringe. 2. Die Einfahrt in Steyrdorf. Ich erlaube mir zu bemerken, daß Steyrdorf die größte Einwohnerzahl der Vorstädte hat und auch den größten Teil an Umlagen zahlt. Würde nun Steyrdorf in dieser Bahnangelegenheit noch¬ mals übergangen werden, so würde dies eine geschäftliche Krise und somit einen großen Ausfall an Umlagen für die Stadt Steyr zur Folge haben, wofür auch kein Ersatz mehr gefunden werden könnte. Wenn angeführt wird, daß das Projekt durch die Schlüssel¬ hofgasse so vorteilhaft wäre, so ist dies auch leicht zu widerlegen, nachdem die Kosten für die Trasse durch Steyrdorf auch nicht größer als wie im Ort sein werden. Außerdem seien auch die neugebauten Häuser im Ort, welche die Aussicht verwehren. Von einer Aussicht zu reden bei einer Fahrt, welche nur eine halbe Minute dauere, sei überhaupt lächerlich. Wenn dann am Michaelerplatze eine Haltestelle ist, so hat der Passagier erst 20 bis 30 Minuten zu gehen, bis er an das Ende Steyrdorfs ge¬ langt, wenn er dort geschäftlich zu tun hat und wenn der Herr Blümelhuber und der Verein für Heimatschutz die Kirchengasse und die Badgasse für Altertümer schätzen, so sollen sie alles daransetzen, die Endstation in Steyrdorf aufzuführen und den Fremden sagen: „durch die Badgasse müßt ihr gehen.“ (Heiter¬ keit.) Also ich glaube, über kurz oder lang genügend erklärt zu haben, daß der richtige Weg durch Steyrdorf sei und erhoffe ich in diesem Sinne ihre Unterstützung zu finden. Herr G.=R. Erb: Sehr geehrte Herren! Sie haben den Standpunkt der Sektion gehört und erlaube ich mir, auf diese allgemeine Frage der Bahn zurückzukommen. Vor allem muß die ganze Angelegenheit vom Gesichts¬ punkte der gesamten Stadt Steyr betrachtet und in Erwägung gezogen werden, wie die einzelnen Stadtteile geschädigt werden, oder welchen Nutzen sie daraus ziehen können. Vor allem müssen wir in einem Kampfe einig sein, das ist in dem Kampfe, der Stadt Steyr den größten Vorteil in dieser Bahnangelegenheit zuzuführen und von diesem Stand¬ punkte aus müssen wir die Sache in erster Linie betrachten. Ich erinnere mich noch sehr lebhaft jener Kämpfe, welche sich im oberösterreichischen Landtage in dieser Angelegenheit ab¬ gespielt haben, zwischen jenen, welche Steyr und dessen Hinterland, und jenen, welche Linz und St. Florian zu berücksichtigen haben. Es spinnen sich hinter den Kulissen Fäden, über die wir nicht ganz klar sind, was damit beabsichtigt ist. Wir können nichts beweisen, aber vermuten, das Linz und St. Florian ohne Rücksicht auf das Steyrer Hinterland für sich selbst in erster Linie sorgt. Wir können dies weder den Linzern noch den Sankt Florianern „verdenken, aber diese können es auch uns nicht ver¬ denken, wenn wir für Steyr Sorge tragen und der Befürchtung Raum geben und dies offen zutage legen, daß diese Trasse in einem zu großen Bogen gegen Sierning zu geführt wird. Selbst Herr G.=R. Fendt hat bereits ausgeführt, daß diese Trasse direkt zu einer Gefahr für Steyr werden kann, und daß diese Trasse nicht jenen Nutzen für Steyr bedeutet, welcher von dieser Bahn verlangt werden kann; denn der Bogen weicht an der inneren Seite den eigentlich bevölkerten Orten, auf welche Steyr das Haupt¬ gewicht zu legen hat, Wolfern, Dietach und Gleink, unverhältnis¬ mäßig weit aus und geht somit durch fast unbewohnte Gegenden. Wir hätten in Steyr das größte Interesse daran, daß wir Hofkirchen, Dietach, Losensteinleithen heranbekommen, nachdem diese Gebiete keine Bahn besitzen und welche wir durch die Nähe St. Florians gewiß zu einem Teile verlieren würden. Es ist von großer Bedeutung, zu wissen, daß die Bahn, welche sich der Steyrtalbahn so weit nähert, durch Gegenden führt, welche durch die Steyrtalbahn zum Teile bereits mit Steyr verbunden sind. Wenn auch in einem Briefe kompetenterseits festgelegt ist, daß an eine Aenderung der Trasse nicht zu denken ist, sondern daß das Projekt, welches den großen Bogen macht, selbst durch das beste Projekt nicht einmal mehr ausgeschaltet werden kann, so haben wir im Gemeinderate doch die Verpflichtung, für die nachkommende Generation unsere diesbezüglichen Willensäuße¬ rungen und unseren Sorgen Ausdruck zu geben, damit es nicht eitens der Nachkommenschaft heiße, unsere Vorfahren haben nicht zu wirtschaften verstanden. Es soll daher vom Gemeinde¬ rate einstimmig angenommen werden, daß die Bahntrasse mehr ostwärts an die Ortschaften Dietach, Gleink verlegt werde. Umso mehr sind wir verpflichtet, mit allem Nachdruck eine andere Führung der Bahntrasse im Hinterlande zu verlangen, als ein Brief vorliegt vom Schriftführer Hochwürden Pater Malzer, welcher lautet: St. Florian, am 21./X. 1911. Euer Hochwohlgeboren! Da Euer Hochwohlgeboren versprochen haben, als Abge¬ ordneter von Steyr sich um unsere Brücken= und Bahnange¬ legenheit bei den entsprechenden Ministerien intensiv anzunehmen, habe ich Ihnen zur gefälligen Orientierung den Bericht über unsere neuerliche Konferenz beigelegt. Zum gleichen Zwecke habe ich auch den Herren Abgeordneten von Linz Dr. u. Bürger¬ meister Dinghofer und den Abgeordneten unseres Wahlbezirkes Kreilmeir diesen Bericht zugesendet. Ihnen möchte ich speziell und insbesonders noch dazu den Ausbau bis Steyr aus Herz legen und erlaube mir zu diesem Zwecke auf Folgendes hinzuweisen. Sollte der Ausbau bis Steyr, den wir alle ohne Aus¬ nahme dringend zu behandeln suchen, in einem Zuge ge schehen, so muß vor allem einmal Einigkeit in Steyr hinsichtlich der Einfahrtslinie erreicht werden. Das vereinigte Komitee in Steyr hat uns diese Linie als definitiv beschlossen angezeigt, das Aktionskomitee hat dieselbe einstimmig angenommen und auch bereits im Detail projektiert und dem Ministerium am 24. Mai vorgelegt und niemand in der Welt wird uns von diesem Be¬ schlusse abbringen können. Durch das Entgegenarbeiten von ge¬ wisser Seite ist ohnehin schon viel Zeit verloren worden. Der Herr Hofrat im Eisenbahnministerium hat neulich eine Bemer¬ kung gemacht, die hinsichtlich der Erlangung der Konzession bis Steyr sehr ungünstig lautete und es würden die Herren im Eisenbahnministerium es sehr wohlgefällig betrachten, wenn sich die verschiedenen Parteien in Steyr hinsichtlich der Einfahrtslinie fortwährend bekämpfen und die Behandlung unseres eingesandten Projektes immer und immer hinausschieben. Soviel ist gewiß — wir haben es aus dem Munde des Ministerialrates selbst gehört — daß die politische Begehung von Florian bis Steyr vor dem Frühjahre 1912 nicht stattfinden wird, obwohl, wie gesagt, wir das Detailprojekt behufs Bewilligung dieser Be¬ gehung schon am 24. Mai eingereicht haben. Ich zeichne in ausgezeichneter Hochachtung ergebenster And. Malzer m. p. Wir sehen daher, wie die Sache beim Aktionskomitee steht, trotzdem würde ich jenen Punkt des Sektionsantrages, der sich mit einer besseren Trasse beschäftigt, zur Annahme auf das Aller¬ wärmste empfehlen.

6 Verehrte Herren! Der Kampf im Landtage, dem ich bei¬ gewohnt habe, hat sich aber nicht um diese Trasse, sondern um die Zeit der Fertigstellung gehandelt. Im Sektionsbericht wurde ein Punkt aufgenommen, welcher verlangt, daß die Subventionen der bedeutendsten Körperschaften entsprechend auf die ganze Strecke aufgeteilt werden. Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, daß der Landtag 216.000 K als Subvention gezeichnet hat, daß aber nach dem vorgelegten Bericht der letzten Landtagssession von den 216.000 K 175.000 K für die Strecke Ebelsberg — St. Florian verwendet werden. Es bleibt daher für die Strecke St. Florian — Steyr nur ein Betrag von 46.000 K übrig. Nun wurde von einer staatlichen Subvention gesprochen. Eine staatliche Subvention bekommen wir aber aus dem Grunde nicht, weil dieselbe bereits in der Ebelsberger Brücke darinnen steckt, die der Staat baut. Man wird sagen, daß es gleichgiltig sei, ob wir in früherer oder späterer Zeit die Strecke St. Florian — Steyr bekommen. Das kann uns nicht gleichgiltig sein, denn je länger wir keine Bahn St. Florian — Steyr haben, desto mehr verlausen sich die Leute nach Linz zu und werden daher von Steyr abgezogen und gewöhnen sie auch dorthin, deshalb verlangt die Sektion, daß die Bahn gleichzeitig ausgebaut werde. Dies wird wohl schwer zu erreichen sein, und zwar aus zwei Gründen. 1. Weil jene Herren, welche als Macher der Bahn be¬ eichnet werden können, ihr Hauptinteresse darauf legen, daß t. Florian und sein Gebiet nach Linz komme, weil sie die Stärkeren seien und weil sie zusammenstehen, um die Linzer In teressen zuerst zu vertreten und erst in zweiter Linie für die In¬ teressen der Strecke St. Florian — Steyr eintreten und weil unsere finanzielle Mithilfe gegenüber den anderen Faktoren eine ziemlich schwache ist. Wir können uur als Vertreter mit Wucht ür die Interessen Steyrs eintreten, aber nicht auf große Summen, die für diese Bahnen gezeichnet werden, hinweisen. Wir dürfen nicht vergessen, daß der Gemeinderat den Be¬ schluß gefaßt hat, den Betrag von 100.000 K für diese Bahn zu zeichnen, das aber ein Betrag von 50.000 K, welcher sich auf die Kirchengasse bezieht, nicht ausgezahlt zu werden braucht, weil dieses Projekt an technischen Schwierigkeiten gescheitert ist, so daß auch die zweiten 50.000 K mehr oder weniger in Frage gestellt werden. Bei einem Projekte, welches 2,500.000 K kostet, sind 50.000 K der Gemeinde nicht ausschlaggebend. Nichtsdestoweniger müssen wir unsere Stimme entsprechend erheben, weil wir in Bezug auf die Subvention der Stadt Steyr für diese Bahn, auch die Steyrer Sparkasse=Subvention ins Treffen führen können. Was die Gefahr betrifft, daß durch irgend eine Stellung¬ nahme eine Verzögerung eintreten kann, so teile ich diese Meinung, laube aber auch, daß an einen raschen Ausbau der Bahn über¬ haupt noch nicht zu denken ist. Nun will ich auf die Einfahrt in Steyr zurückkommen. Meine Herren! Ich begreife es vollständig und jeder wird mir beipflichten, daß die Vorstadt Steyrdorf sich energisch in dieser Frage einsetzt, um keine Schädigung zu erfahren. Es handelt sich viel weniger um Vorteile, sondern um die Hintanhaltung bedrohlicher Nachteile für Steyrdorf. „Ein ge¬ branntes Kind fürchtet das Feuer.“ Steyrdorf ist schon sehr oft gebrannt worden. Wir hätten gewünscht, daß die Energie, welche Steyrdorf zur Vertretung ihrer Interessen heute aufbringt, schon in früherer Zeit aufgebracht hätte, als die Steyrtalbahn gebaut wurde; dort wäre diese Energie noch mehr am Platze gewesen, als die Endstation der Steyrtalbahn „Steyrdorf“ in die Vor¬ stadt Voglsang verlegt wurde und dadurch ein großer Teil der Landbevölkerung der Vorstadt Steyrdorf entzogen wurde. Die Geschäftsleute in Steyrdorf werden ein Lied singen können, wie viel sie verloren haben. Wenn Steyrdorf nochmals vor die Frage gestellt wird, wie sie sich zur Einfahrt verhält, so ist es vollständig begreiflich, daß die Einfahrt dieser Bahn von ihrem Standpunkte aus durch Steyrdorf gehen soll. Das ist ein lokales Interesse von weit¬ tragender Bedeutung und ich stehe nicht an, zu sagen, das ich den Herren Vertretern von Steyrdorf vollständig recht gebe. Nun drängt sich die Frage auf und um darüber klar zu werden, wie wirkt die Bahn auf die Stadt als solche und wie wäre sie für das Gemeinwesen der Stadt am Besten? Abgesehen von den Kosten der Trasse, ist nicht zu zweifeln daß die schönste Linienführung durch das Ort wäre, nachdem die Verbauung der Aussicht ausgeschlossen ist und weil die Ansicht der Stadt von dort aus die schönste ist. Es handelt sich aber weder um die schöne Aussicht noch um die Linienführung, sonderr um den Kostenpreis. Es wird gesagt, daß diese Linie bedeutend teurer sei, als wie die anderen Linien, und daß dieser Stadtteil, den sie durchfährt, keinen Nutzen hat, weil in der Schlüsselhof¬ gasse keine Geschäftsleute sind. Es hat auch der Standpunkt der Herren aus der Stadt seine Berechtigung, das ist zweifellos. Ich möchte aber zu be¬ denken geben, daß die Herren der inneren Stadt einen Bahnhof in Ennsdorf und außerdem einen Bahnhof für die Stadt, näm¬ lich den Steyrtalbahnhof, haben. Es ist daher klar und gerechtfertigt, daß die große Vor¬ tadt Steyrdorf in dieser Bahnangelegenheit nicht geschädigt sein will und deshalb einen Bahnhof verlangt. (Bravoruse. Ich meine, daß vom Standpunkte des Gerechtigkeitsgefühles aus, ohne Rücksicht auf andere Bedenken, der Gemeinderat bei einem seinerzeit gefaßten Beschlusse, für Steyrdorf einzutreten, verbleiben solle, aber eine Weiterführung dieser Bahn an den Staatsbahnhof sei aus technischen und finanziellen Gründen aus¬ geschlossen, weil das Aktionskomitee für dieses Projekt keinen Heller hergibt und die Stadtgemeinde Steyr nicht im Stande ist, die Mittel für den Anschluß an die Staatsbahn aufzubringen. Ich bin der Meinung, wir können nicht mehr anders, als diesem Projekte zuzustimmen, daß die Bahn irgendwo in Steyr¬ dorf endigt, und zwar von dem Standpunkte aus, daß bereits im Landtage von Seite des gemeinsamen Aktionskomitees er¬ klärt wurde, das Projekt des Haltens und Durchfahrens in Steyrdorf sei von der Stadt Steyr angenommen worden. Wir können deshalb nicht nochmals mit neuen Projekten an den Landtag herantreten. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß, wenn Steyr sich nicht auf ein Projekt einigt, sich die Herren vom Aktionskomitee mit ihrem Projekte noch weiter westlich wenden und Steyr ganz ohne Bahn lassen. Es wäre auch möglich, daß von Linz aus eine Verbindung zwischen St. Florian und Enns angestrebt werden würde, wo¬ durch das Hinterland der Stadt Steyr noch mehr entzogen würde. Diese Gefahr ist vorhanden und dieser müssen wir ent¬ schieden entgegentreten und darauf bezieht sich auch der weitere Antrag der Sektion, welcher lautet, daß Seitenlinien nur mit Zustimmung der Stadt Steyr gebaut werden sollen. Meine Herren! Sie fühlen gewiß auch, was dieser Antrag bedeutet und wohin er zielt. Es soll die Stadtgemeinde Steyr dagegen geschützt werden, daß durch irgend welche Ausbildung neuer Linien Steyr noch¬ mals in jene Gefahr und Lage kommt, in der sie sich jetzt feitens der Staatsbahn befindet, und daß wir nicht nochmals im Kreise umfahren werden, daher bitte ich, auch diesen Zusatzantrag an¬ unehmen. Wir wissen, daß sich in dieser Bahnangelegenheit Wider¬ sprüche entwickelt haben; dies ist aber bei allen derartigen Fragen der Fall; schließlich muß sich aber doch eine Meinung heraus¬ bilden und diese Meinung ist in den Beschlüssen der Rechts ektion so ziemlich klar ausgedrückt. Außerdem wird das Aktions¬ komitee von allen Eingaben, welche in dieser Frage einlangen, verständigt. Ich möchte noch auf den letzten Beschluß des Landtages verweisen, wo auf Antrag des Eisenbahnreferenten Baumgartner beschlossen wurde: „Den für die Bahn Linz — St. Florian — Steyr bereits bewilligten, in Stammaktien der zu bildenden Gesellschaft zu refundierenden Betrag hinsichtlich des Betrages von 175.000 K zum Baue der Linie Linz — St. Florian dagegen flüssig zu machen, daß das Komitee dem Landesausschusse den Nachweis der Sicherstellung des Umbaues der Ebels¬ berger Brücke liefert und 2. die bindende Erklärung abgibt, daß mit Rücksicht auf die bereits erfolgte Lösung der Einfahrtsfrage in Steyr nach Sicherstellung der von der Stadt Steyr und den Interessenten in Aussicht gestellten Beträge per 200.000 K nach Erhalt der weiteren Aktienzeichnungen von 100.000 K an den so¬ ortigen Ausbau der ganzen Strecke Linz — Steyr in einem Zuge geschritten werde. Hier liegt ein wunder Punkt. Die 200.000 K hat Steyr nicht beisammen, weil ein Großteil der Interessenten ihre Bei¬ träge nicht einzahlt. Es werden noch 100.000 K verlangt, die aufzubringen wohl sehr schwierig sein wird. Der dritte Punkt des Beschlusses, um welchen wir sehr schwer gekämpft haben, und erst nach mehrfachen Zurückweisungen errungen wurde, lautet: „3. der Landtag spricht den Wunsch aus, daß die Projekts¬ arbeiten für die Strecke St. Florian — Steyr ohne Unter¬ brechung und nachdrücklichst fortgesetzt werden. Gleichzeitig fordert der Landtag die k. k. Regierung auf, sowohl den Umbau der Ebelsberger Brücke auf Grund der anläßlich des geplanten Bahnbaues in Aussicht gestellten Subvention raschestens in Angriff zu nehmen, als auch die Projekts¬ arbeiten für den Bahnbau Linz—(Ebelsberg)—St. Florian— Steyr möglichst wohlwollend zu fördern.“ Im Eisenbahnministerium ist man der Meinung, daß gleich¬ zeitig ein Bau der Strecken Linz—St. Florian und St. Florian— Steyr nicht wird erfolgen können. Das Eisenbahnministerium steht vor allem auf dem Standpunkte des Aktionskomitees und es wird des Nachdruckes aller Kreise, die daran interessiert sind, bedürfen, um zu erreichen, daß rechtzeitig die Bahn St. Florian— Steyr ausgebaut werde. Es wird vielleicht doch trotz kategorischen Imperativs mög¬ lich sein, das reicher bewohnte Hinterland zu bekommen, als die andere Strecke und wenn wir dies erreichen, dann ist jenes Ziel errungen worden, welches in der großen Versammlung gesteckt worden ist und welches beifälligst begrüßt wurde. Es ist eine Ausrede, wenn das Aktionskomitee meint, daß man nicht durch Steyrdorf hereinfahren könne. Die Herren in Steyrdorf sollen sich nur energisch in ihrem Interesse für die Strecke Wolfern — Gleink verwenden, damit dieselbe zur Aus¬ führung gelange. Vielleicht wird es möglich sein, die Einigung zu erzielen, um die wichtigste Frage der Trassenführung zur Lösung zu bringen. Herr G.=R. Mitter: Es beschäftigt uns in diesem Raume eine Sache, die in ähnlichen Fällen von unseren Vorfahren beraten wurde, nämlich die Bahnfrage, und zwar diesesmal die elektrische Bahn Linz—Steyr. Zu wiederholtem Male haben sich die Vertreter unserer Stadt durch Egoismus in ihren Beratungen leiten lassen und das Endresultat war, daß in ersterem Falle die ganze Stadt und in den weiteren Fällen die größere Hälfte der Stadt, das ist Steyrdorf, dadurch immensen Schaden gelitten hat.

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