Ratsprotokoll vom 22. September 1911

Nach Schluß der Tagesordnung ergreift Herr G.=R. Fendt das Wort. Er ersucht den Herrn Vizebürgermeister, nachdem die Stadtgemeinde Großaktionär bei der Steyrtalbahn ist, bei deren Direktion vorstellig zu werden, daß im Interesse der Bevölke¬ rung eine bessere Beleuchtung in den Waggons eingeführt werde; die derzeitige Petroleumbeleuchtung ist veraltert und verrußt, und sei es daher auch nahezu unmöglich, die Mitreisenden zu erkennen. Außerdem verursache dieselbe einen üblen Geruch. Mit Rücksicht auf den Anschluß in Klaus und in Unter¬ rohr an die Hauptbahn sei es im Interesse des Fremdenver¬ kehres von höchster Wichtigkeit, daß diesen Uebelständen abge¬ holfen werde, und zwar rege er die gewiß nicht kostspielige Ein¬ führung von elektrischen Lampen mit kleinen Akkumulatoren oder Azetylenlaternen an, was vom reisenden Publikum gewiß dankbarst begrüßt werden würde. Der Herr Vorsitzende erwidert, er werde in diesem Sinne an die Direktion der Steyrtalbahn herantreten. Herr G.=R. Landsiedl bemerkt, er habe noch eine An¬ regung vorzubringen, welche ebenfalls in der nächsten Sitzung des Approvisionierungs=Ausschusses behandelt werden könnte. Wie bekannt sei, habe er sich bereits im Rahmen des Be¬ amtenvereines in Anbetracht der herrschenden Teuerung bemüht. einmal in der Woche Seefische aus der Nord= und Ostsee zu be¬ sorgen. Die Seefische, deren Preis sich sehr billig stelle, seien bei der jetzigen Teuerung unzweifelhaft ganz besonders in Berück¬ sichtigung zu ziehen. Die Erfahrungen, die er gesammelt, haben gezeigt, daß es sehr leicht wäre, an einem Tage der Woche See¬ sische dem Publikum zugänglich zu machen. Es wäre daher wünschenswert, wenn die Stadtgemeinde so wie einen Butter= und Eier=Verkaufsstand an einem Donners¬ tag, auch einen Verkaufsstand für Seefische, und zwar einmal in der Woche an einem Freitag, errichten würde. Es wäre da¬ durch leicht möglich, der Bevölkerung etwas Billiges und zu¬ gleich Gutes zu bieten, was bei der jetzigen Fleischteuerung ge¬ wiß freudigst begrüßt werden würde Der Transport dieser Fische ginge von der Ostsee über Bremen oder Kiel auch sehr schnell vonstatten und könnten dieselben leicht Donnerstag hier sein und Donnerstag abends oder Freitag zum Verkaufe gelangen. Wenn Redner nun heute die Sache zur Sprache bringe, so ist dies auf eine Zuschrift hin, die ihm zugekommen sei, und welche darauf aufmerksam macht, daß der „Deutsche Seefischerei¬ Verein“ den Gemeinden und deutschen Städten auf Wunsch einen Kochlehrer entsendet, welcher den Hausfrauen in der Zu¬ bereitung der Seesische Unterricht erteilt. Er sei der Ansicht, daß die Stadtgemeinde Steyr ebenfalls einen solchen Kochlehrer herkommen lassen solle, und zwar könnte diese Schule in den Souterrainräumen der Industriehalle, dort wo früher die Koch¬ kurse stattgefunden haben, untergebracht werden. Die Bedeckung der Kosten für die Entsendung eines solchen Kochlehrers und für die sonstigen Auslagen könnte dann leicht durch kleine Bei¬ träge der Kursteilnehmerinnen hereingebracht werden. Redner bemerkt, wenn die Seefische bis jetzt noch nicht jene Verbreitung unter der Bevölkerung gefunden haben, so liege dies darin, daß ein großer Teil der Hausfrauen in die Art der Zubereitung derselben nicht eingeweiht ist. Der Seefisch sei be¬ deutend schmackhafter als der Flußfisch. Weiters glaube er, daß man die Frau, welche sich allein in Steyr mit dem Fischverkauf beschäftigt, gegen eine entsprechende Bezahlung zum Verkaufe heranziehen soll, jedoch müsse der Stand unbedingt im Besitze der Stadtgemeinde bleiben, damit die Stadtgemeinde selbst die Preise festsetzen könne, um so der Be¬ völkerung billiges Fleisch an die Hand zu geben. Er ersuche des¬ halb den Herrn Vorsitzenden, auch diese Angelegenheit in der Sitzung des Approvisionierungs=Ausschusses zur Sprache zu bringen. Der Herr Vorsitzende erwidert, er werde sich in der Sitzung in diesem Sinne äußern. Herr G.=R. Huber äußert sich zu den Ausführungen des Herrn G.=R. Fendt, daß manche Waggons der k. k. Staats¬ bahn oft noch miserabler beleuchtet seien, als bei der Steyrtal¬ bahn. Er glaube jedoch, daß dies keine besonders wichtige Sache sei. Er halte es dagegen für viel wichtiger, wenn an die Direktion der Steyrtalbahn herangetreten werde, dieselbe möge bei der k. k. Staatsbahndirektion ansuchen, daß auch der Fahrplan der Steyrtalbahn auf den Fahrplänen der Staatsbahn verzeichnet werde. Redner weist darauf hin, daß die Steyrtalbahn die Strecke Agonitz—Klaus aus eigenen Mitteln ausgebaut habe, somit den Anschluß an die Hauptbahn erreicht hat und daher auch in die Fahrpläne der Staatsbahn eingereiht werden könnte. Er glaube, daß eine solche Eingabe gewiß von der Staatsbahndirektion nicht abschlägig beschieden werden wird und bittet er den Herrn Vorsitzenden, die diesbezüglichen Schritte unternehmen zu wollen. Der Herr Vorsitzende meint, daß eine derartige Ein¬ gabe keinen Erfolg haben werde. Herr G.=R. Mitter äußert sich dahin, daß auch oft die Anschlußstationen in den Fahrplänen aufgenommen werden, wenn die betreffende Lokalbahn rechtzeitig ihren Fahrplan der k. k. Staatsbahndirektion einsendet. Er habe jedoch gehört, daß die Direktion der Steyrtalbahn ihren Fahrplan immer erst 4 bis 6 Wochen später vorlegt, wenn die Staatsbahndirektion bereits ihre Fahrpläne beendet hat. Herr G.=R. Huber bemerkt, er könne der Aeußerung des Herrn Vorsitzenden nicht beistimmen. Er glaube auch, daß die Staatsbahndirektion gewiß nicht so engherzig ist und sich nicht um die Steyrtalbahn kümmern wird, denn dies würde ge¬ radezu schädigend auf diese wirken. Wenn, wie Herr G.=R. Mitter sich geäußert hat, even¬ tuell die Anschlußstationen der Steyrtalbahn in den Fahrplänen der Staatsbahnen vermerkt werden würden, wäre dies ja auch begrüßenswert. Herr G.=R. Erb hält dafür, daß man an die Steyrtal¬ bahn wegen einer solchen Eingabe an die Staatsbahn heran¬ treten könne. Jedoch glaube er, daß sich eine rechtzeitige Vorlage eines Fahrplanes an die k. k. Staatsbahn seitens der Steyrtal¬ bahndirektion schwer durchführen lasse, nachdem sich die Steyr¬ talbahn nach den Fahrzeiten der Staatsbahn richten müsse und omit die Direktion der Steyrtalbahn ihren Fahrplan erst nach Erscheinen der Fahrpläne der k. k. Staatsbahnen ausarbeiten könne, somit eine rechtzeitige Einsendung der Fahrpläne an die Staatsbahndirektion unmöglich ist. Dagegen sei es von viel größerer Wichtigkeit, wenn der „Wimmer = Fahrplan“, welcher in tausenden von Exemplaren aufliegt und das wichtigste Nachschlagebuch ist, diese Anschlüsse enthalte. Dieselben seien wohl teilweise vorhanden, jedoch nicht genau verzeichnet. Diesbezüglich lassen auch die Fahrpläne der Staatsbahn teilweise zu wünschen übrig. Redner sei der Meinung, wenn man sich schon mit solchen Fragen beschäftige, müsse man diese Sache vorerst gründlich studieren und dann zugleich mit der Steyrtalbahndirektion eine Eingabe an die Staatsbahndirektion machen. Der Herr Vorsitzende meint, daß einige Herren Gemeinderäte vorerst bei der k. k. Staatsbahndirektion vor¬ stellig werden und dann diese Angelegenheit ausgearbeitet werden solle. Herr G.=R. Erb hält dies nicht für notwendig, nachdem er glaube, daß eine Eingabe allein auch genügen werde. Hierauf Schluß der öffentlichen Sitzung um 4 Uhr 30 Min. nachmittags. Der Vorsitzende: Druck von G. Bruckschweiger in Steyr. 11 10

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