Ratsprotokoll vom 30. Juni 1911

Nach eingezogenen Erkundigungen soll diese neue Leitung nach Steyrdorf an die vom löblichen Gemeinderate mit Beschluß vom 28. September 1909 eigens für die an Wasser¬ not leidende Vorstadt Ort geschaffene Wasserleitung am linken Brückenkopf angeschlossen werden. Die Durchführung dieses Projektes halten die Gefertigten für unmöglich und be¬ gründen dies wie folgt: 1. Leiden die höher gelegenen Zapfstellen infolge geringen Rohrdurchmessers und zu kleinen und zu niederen Rerservoirs an den Nachteilen geringen Wasserdruckes so daß Ort ja heute schon zu gewissen Stunden mit dem alten Wasser¬ mangel zu kämpfen hat. Das Füllen eines Wasserwagens in Zwischenbrücken genügt, daß wir zu dieser Zeit keinen Tropfen Wasser erhalten. Ein gleichzeitig in Betrieb befindlicher Bade¬ ofen kommt in Gefahr zu explodieren und Schaden an Gesund¬ heit und Eigentum anzurichten. 2. Mehrere Hausbesitzer in Ort haben, auf die Veröffent¬ lichung des erwähnten Gemeinderatsbeschlusses bauend, die Ein¬ leitung in sämtlichen Stockwerken durchführen lassen und mußten die Enttäuschung erleben, daß das Wasser überhaupt nur bis ins Parterre stieg und erlitten empfindlichen Schaden an Ein¬ leitungskosten. Heute stünden sie vor der Möglichkeit, daß das Wasser auch im Parterre zu rinnen aufhört. 3. Für Feuersgefahr hat Ort einen einzigen Hydranten, der Wasser ohne Druck liefert! 4. Der Einwurf, der gemacht werden könnte, daß die Be¬ wohner von Ort eben zu wenig Wasser beziehen, ist nicht stich¬ hältig, weil ja das enge Rohr und das nicht entsprechende Re¬ servoir nicht mehr Wasser zu liefern ver mögen und mit diesen Mitteln der nötige höhere Wasserdruck nicht erreicht werden kann. Wir gefertigten Hausbesitzer als Wasserbezugsnehmer stellen sonach an den löblichen Gemeinderat, welcher mit Sitzungs¬ beschluß vom 12. November 1909 erklärt hat, daß er für die Wasserversorgung der Vorstadt Ort Sorge zu tragen habe, die höfliche Bitte, dem eingangs erwähnten Ansuchen im Hinblicke auf die gedachten Wasserverhältnisse und auf die nach dem Re¬ gulativ den Bezugsnehmern zustehenden Rechte keine Folge zu geben, damit eine weitere Schädigung der Gefertigten ausgeschlossen sei. Steyr, am 27. Juni 1911. Im Namen sämtlicher Wasserbezugsberechtigten der Vorstadt Ort. Folgen die Unterschriften.) Auf Grund dieser schwerwiegenden Einwendungen, welche nach eingeholter Information den Tatsachen entsprechen, konnte sich die Sektion dermalen nicht entschließen, die Bewilligung der Verlängerung der Leitung in der geplanten Ausführung vom Gemeinderate zu fordern. Es bestünde in diesem Falle die Ge¬ fahr, daß die Wasserzuleitungsverhältnisse in der Vorstadt Ort noch mehr verschlechtert würden, während andererseits diese Mängel auch in der Steyrdorfleitung zutage treten würden, wodurch trotz Aufwendung der hohen Kosten von 4000 K, zu welchen auch die Interessenten beizusteuern gehabt hätten, etwas unbefriedigendes geschaffen worden wäre. Die Uebelstände liegen nicht im Mangel der zur Verfügung stehenden Wassermenge, sondern in der niederen Lage und den kleinen Dimensionen des Reservoirs bei der Bergschule und in den Röhren, wodurch bei stärkerer Entnahme von Wasser in den tiefer gelegenen Punkten ungünstige Druck= und Steigungsver¬ hältnisse entstehen. Die Sektion findet, daß die Weiterverfolgung dieser An¬ gelegenheit eine notwendige ist und schlägt daher dem löblichen Gemeinderate folgenden Beschluß vor: Um dem Ansuchen der Hausbesitzer in der Kirchengasse und Sierningerstraße um Lieferung von Trinkwasser aus der städtischen Leitung in einwandfreier Weise entsprechen zu können, wird das Bauamt beauftragt, neue bessere Vorschläge zu machen, insbesonders aber die ganze Wasserförderung und Leitungsfrage in einer ausführlichen Weise planmäßig mit Niveau= und Wasser¬ vermessungen, Konsumentenerhebung, Kosten= und Rentabilitäts¬ berechnung durchzuarbeiten und der Sektion zur Beratung und Berichterstattung an den Gemeinderat vorzulegen. Wird einstimmig angenommen. — Z. 14.146/11. V. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr G.=R. Josef Langoth. 16. Vorschlag wegen Vergebung zweier Wolfgang Pfesserl'schen Stipendien. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Für die Ver¬ leihung der zwei erledigten Wolfgang Pfefferl'schen Stipendien werden der hohen k. k. Statthalterei folgende Bewerber vorge¬ schlagen: Josef Gerl, Schüler der 7. Klasse des k. k. Staats¬ gymnasiums in Linz, Karl Leichtfried, Schüler der 3. Klasse des bischöflichen Gymnasiums Petrinum in Urfahr. Der Mitpräsentant Graf Oldofredi hat zu diesem Vor¬ schlag seine Zustimmung gegeben Der Gemeinderat erklärt sich mit der Kumulierung mehrerer Stipendien, welche in diesen Fällen eintritt, einverstanden. Herr G.=R. Kirchberger erklärt, daß er ein Gegner der Kumulierung von Stipendien sei, denn es würde gewiß auch noch viele unterstützungsbedürftige Bewerber geben, die noch kein Stipendium haben. Der Herr Referent erwidert, daß man jetzt diesen Vorschlag der Sektion nicht mehr abändern könne, nachdem diese Stiftung in der „Linzer Zeitung“ ausgeschrieben wurde und auf Grund dieser die Parteien das Recht zum Bezuge hatten. Jedoch laube er, daß man auf die Anregung des Herrn G.=R. Kirch¬ berger eingehen könne. Nachdem in Steyr kein Gymnasium be¬ steht und dieses Stipendium aber für Steyr geschaffen wurde, so glaube er, daß man den Stiftbrief dahin abändern lassen könnte, daß dieses Stipendium auch für Steyrer Realschüler zugänglich wäre. Der Herr Vorsitzende bemerkt, daß dies unzulässig sei. Herr G=R. Kirchberger erklärt, daß er nur eine dies¬ bezügliche Aeußerung gemacht, aber keinen Antrag gestellt habe Herr G.=R. Huber stellt an den Herrn Referenten die Anfrage, ob das erste Stipendium, welches die vorher genannten Bewerber bereits besitzen, zurückziehbar ist, denn wenn dies der Fall wäre, hätte die Kumulation von diesen Stipendien über¬ haupt keinen Sinn. Der Herr Referent erwidert, daß dies nicht recht gehe, aber es könnte beigesetzt werden, daß dieses Stipendium verliehen wird, wenn der Bewerber das erste Stipendium, welches er bereits besitzt, wieder zurückgibt Herr G.=R. Nothhaft tritt für eine Kumulierung dieser Stipendien auf Grund der Bedürftigkeit der beiden Be¬ verber ein. Hierauf wird der Sektionsantrag mit Majorität ange¬ nommen. — Z. 3415/1I. 17. Vergebung der Interessen aus der Emil Gschaider=Stiftung. Die Sektion beantragt hierüber: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Dem Ver¬ teilungsvorschlag der Direktion der k. k. Staatsoberrealschule be¬ treffend die Teilbeträge per 380 K aus der Emil Gschaider¬ Stiftung an die 51 vorgeschlagenen Schüler wird zugestimmt. Betreffend die Abänderung der Verteilung an beide in Betracht kommenden Anstalten wird der Herr Bürgermeister er¬ sucht, in dieser Frage sich mit den beiden Direktionen ins Ein¬ vernehmen zu setzen und in einer der nächsten Gemeinderats¬ sitzungen behufs Beschlußfassung zu berichten. Der weitere Antrag der Sektion lautet: Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Der Direktion der Fachschule und Versuchsanstalt werden 260 K aus der Emil Gschaider=Stiftung zur Verteilung von Beträgen von 10 bis 25 K an die vorgeschlagenen 16 Schüler übermittelt. Gleichzeitig wird die Direktion ersucht, künftighin den ge¬ nauen Verteilungsvorschlag und sämtliche Gesuche dem Gemeinde¬ rate vorzulegen Der Herr Referent glaubt, daß die Realschule in Bezug auf Schülerzahl gegenüber der Fachschule bei der Beteilung aus dieser Stiftung nicht gut abschneide. Jedoch könne man jetzt keine andere Verteilung mehr vornehmen, nachdem die beiden Direk¬ tionen bereits über die Verteilung dieser Stiftung verfügt haben. Die beiden Sektionsanträge werden sodann einstimmig an¬ genommen. — Z 14.232/11 und Z. 14.580/11. 18. Vergebung einer Simon Zachhuber=Pfründe. Der Sektionsantrag lautet Der löbliche Gemeinderat wolle beschließen: Eine erledigte Simon Zachhuber=Pfründe von monatlich 14 K sei über Vor¬ chlag des löblichen Armenrates Steyr dem Petenten Alois Wieser, Stadtträger, Oelberggasse Nr. 1, zu verleihen. Wird einstimmig angenommen. — Z. 14.712/11. Nach Abwicklung der Tagesordnung tritt Herr G=R. Kattner für eine Bedachung des bei der Direktionsstraße be¬ findlichen Waschfloßes ein. Der Herr Vorsitzende verspricht, daß er sich in dieser Angelegenhekt mit der III. Sektion ins Einvernehmen setzen werde. Herr G=R. Huber teilt mit, daß von Seite der Hoch¬ schulen und technischen Schulen von den Schülern verlangt wird daß sich dieselben während der Ferienzeit Kurse unterziehen. Er glaube, daß es nicht ungünstig sei, an eine Gewerbeschule eine Zuschrift zu richten, daß die Stadtgemeinde bereit wäre, einen Schüler kostenlos ins Bauamt als Praktikanten aufzunehmen und glaube er, daß man diesem Herrn einen Gefallen erweisen werde, nachdem jetzt vielfach Zeugnisse mit nebenbei praktischer Betäti¬ gung gefordert werden. Es sei ihm auch bekannt, daß viel mehr derlei Bewerber sind, als Gelegenheit geboten ist, weil es viele Aemter u. dgl. ab¬ lehnen, den Wünschen der Schulen entgegenzukommen Er ersucht den Herrn Bürgermeister, sich im Bauamte zu erkundigen, ob die Aufnahme eines solchen Praktikanten für die Ferienzeit möglich sei. Der Herr Bürgermeister erwidert, daß er hierüber mit dem Bauamte in Unterredung treten werde. Hierauf Schluß der öffentlichen Sitzung um ¾5 Uhr nachmittags. Der Vorsitzende: Statze Die Verifikatoren: Der Schriftführer

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