Ratsprotokoll vom 26. Mai 1911

2 Da die Begünstigung der einfachen Mautgebühr nur den Bewohnern der Stadt Steyr zukommt und Herr Schopper als solcher also nicht zu betrachten ist, woran auch der Besitz eines im Stadtgebiete gelegenen Hauses nichts ändern kann, so stellt die I. Sektion den Antrag: Es wolle dem Ansuchen des Herrn Josef Schopper insolange keine Folge gegeben werden, als er einen Wohnsitz nicht in Steyr aufgeschlagen hat. Herr G.=R. Tribrunner kann sich mit dem Sektions¬ antrage nicht einverstanden erklären, weil selbst von Seite der Mauteinhebung auf eine Begünstigung der Mauteinhebung ge¬ raten wird und stelle er den Antrag, dem Bittsteller die Maut bei der Fahrt zum Bahnhofe zu erlassen. Der Herr Referent erwidert auf die Ausführungen des Herrn G.=R. Tribrunner, daß es richtig sei, daß in dem¬ komplizierten Mechanismus der Mauteinhebung eine gewisse Härte gegen Maurermeister Schopper liegt, von welcher er ihn selbst gerne befreit wissen möchte, aber man müsse sich an die bestehende Verordnung halten, weil sonst die Gefahr bestehe, wenn eine Ausnahme gemacht wird, daß auch andere Personen mit solchen Ansuchen herantreten würden und dadurch die Maut¬ einnahmen um ein Bedeutendes verringert werden würden. Bitt¬ steller betreibt sein Gewerbe in der Gemeinde St. Ulrich und be¬ zahlt daher auch eine geringere Umlage in Steyr, was ja die Sache wieder ausgleicht Bei der Abstimmung wird der Antrag des Herrn G.=R. Tribrunner abgelehnt und der Sektionsantrag mit Majorität angenommen! — Z. 11.656/11. 5. Zustimmung zur kostenfreien Abtrennung der auf den Parzellen 963/6 und 964/3 haftenden Grund¬ dienstbarkeit. Hierüber liegt folgender Sektionsantrag vor: Da nach erfolgter Grundtrennung die von der Firma Friepeß & Vornehm angekauften Parzellen. Nr. 963/6 und 964/3 von der gegenständlichen Servitut nicht berührt werden, stellt die 1. Sektion folgenden Antrag: Der löbliche Gemeinderat wolle in die kostenfreie Abtren¬ nung dieser beiden Parzellen aus dem Bestande des Stadlmayr¬ gutes in Steyr, Grundbuch Steyr, E.=Z. 970, einwilligen und den von dem Gesuchssteller vorgelegten Trennungskonsens ausstellen. Wird einstimmig angenommen. — Z. 11.756/11. Der Herr Vorsitzende ersucht den Referenten der III. Sektion das Referat zu erstatten, nachdem ein Dringlichkeits¬ antrag der II. Sektion erst nach Punkt 11 der III. Sektion ver¬ handelt werden kann. III. Sektion. Referent: Sektionsobmann Herr Gi=R. Josef Huber jun FI. Eingabe der Direktion der k. k. Staatsober¬ realschule in Steyr um Schaffung von Unterrichtslokalen und der hiezu nötigen Einrichtungen. Der Sektionsbericht hierüber lautet: Mit Zuschrift der Direktion der Staatsoberrealschule in Steyr vom 21. Jänner 1911, Z. 504, verlangt diese die Schaffung von neuen Schulräumen und empfiehlt hiefür die Auflassung der im 1. Stock des Exjesuitengebäudes befindlichen Wohnung des Oberlehrers der Volksschule und Herrichtung derselben, so¬ wie Umgestaltung noch einiger anderer Räume für Schulzwecke. In der Gemeinderatssitzung vom 24. Februar d. I wurde dem obigen Ansuchen entsprechend eine ähnliche Vorlage seitens der III. Sektion zur Beschlußfassung dem Gemeinderate unter¬ breitet, wegen Erwachsens zu hoher dauernder Kosten jedoch zur neuerlichen Behandlung der II. und III. Sektion rückverwiesen, als dessen Ergebnis über Anregung des Bausektions Obmannes ein Aufbau des Nordtraktes des Realschulgebäudes zur Unter¬ bringung des Physik=Lehrsaales und =Kabinetts beschlossen wurde. Die Einbringung dieses Sektionsantrages in der Gemeinde¬ ratssitzung vom 28. April unterblieb infolge eines kurz vorher angeregten Projektes der Schaffung von Schullokalitäten im Dachgeschoß des Hauptgebäudes, über welches unter Zuziehung von Fach= und Schulmännern eingehend kommissioniert und seitens des Bauamtes ein neuer Entwurf ausgearbeitet wurde. Ueber die beiden Projekte liegt nunmehr der Bericht des Bauamtes mit den Plänen und Anschlägen dem löblichen Ge¬ meinderate zur Einsichtnahme und Entscheidung vor und lautet dieser: Bericht. Für die Beschaffung der erforderlichen Schulräume in der k. k. Staatsoberrealschule wurden nach mehrmaligen kom¬ missionellen Erhebungen zwei Projekte ins Auge gefaßt, einem eingehenden Studium unterzogen und hiefür auch die Kosten¬ voranschläge ausgearbeitet. Projekt I. Aufbau eines dritten Stockwerkes auf den Nordtrakt an der Hofseite. Die Kosten der Bauarbeiten samt Einleitung der Gas¬ beleuchtung, der elektrischen Leitungen und der gesamten erfor¬ derlichen Einrichtung betragen 14.000 K. Die hier gewonnenen Lokale mit 3·60 m Zimmerhöhe im Lichten finden für den Physiksaal samt zugehörigen Kabinetten Verwendung, wodurch die im zweiten Stockwerke hiefür derzeit verwendeten Lokale frei werden und für die Unterbringung von Klassen ausreichen. Die neuen Lokale im dritten Stockwerke sind für den ge¬ planten Zweck besonders geeignet, weil sie an der Südseite liegen und vorzügliche Belichtung haben, sie sind durch die neue Stiegen¬ anlage mit dem zweiten Stockwerke bequem verbunden, es ent¬ fällt daher hier auch die Notwendigkeit einer eigenen Abort¬ anlage, weil die Aborte im zweiten Stocke nicht weit entfernt sind. Projekt II. Adaptierung des Dachbodens im Vorder¬ trakte der Oberrealschule und Einbau von Schulräumen. Die Kosten der Bauarbeiten betragen samt der Gasleitung und nötigen Einrichtung rund 26.500 K. Die Hauptschwierigkeit dieses Projektes besteht darin, die Schulräume gegen den Dachbodenraum nach den diesbezüglichen Vorschriften der Bauordnung für die Stadt Steyr feuersicher abzuschließen und ist die projektierte Isolierung mit Emulgit¬ Korksteinplatten eine sehr kostspielige; doch ist trotzdem eine gänz¬ liche feuersichere Abtrennung von der unmittelbar anschließen¬ den Dachkonstruktion nicht vollständig möglich; es ragen sogar Teile des Dachstuhles in die Zimmer und müssen ebenfalls in der Art umkleidet werden, da eine Entfernung derselben unzu¬ lässig ist. Auch die Dippelböden müssen mit Schließen an die Träme der Dachstuhlkonstruktion angehängt werden, um die darauf kommende hohe Anschüttung und zufällige Last zu tragen. Die Ventilation und Lüftung der Schulräume ebenda kann nur mittelst Ventilation indirekt durch den Gang erfolgen, weil die Dachglaslichten fest sind und bewegliche Lüftungsflügel wegen des Eindringens von Dach= und Schneewasser nicht verwendet werden können. Endlich müssen wegen der großen Entfernung von den Aborten im zweiten Stockwerke ebenda eingene Aborte und Pissoiranlagen beschafft und hergestellt werden, welche in gleicher Weise vom Dachgehölze isoliert sind und bedeutende Kosten wegen der schwierigen Ausführung erfordern. Stadtbauamt Steyr, am 19. Mai 1911. Peter, Baurat, m. p. Die III. Sektion erlaubt sich nun auf Grund ihrer eigenen Erhebungen und mit Bezug auf das vorliegende Gutachten des Bauamtes folgende Anträge zu stellen: Der löbliche Gemeinderat beschließe: 1. Entsprechend dem Ansuchen der Direktion der k. k. Staats¬ oberrealschule vom 21. Jänner 1911, Z. 504, um Schaffung neuer Schulräume, den Aufbau eines dritten Stockwerkes im Nordtrakt des Realschulgebäudes, weiters die Adaptierung mehrerer Lehrzimmer im zweiten Stockwerke, sowie die Anschaffung der erforderlichen zugehörigen. Einrichtungsgegenständen im maxi¬ malen Gesamtkostenbetrage von 15.000 K. 2. Infolge der Dringlichkeit dieser Bauausführung werde die III. Sektion mit der Ausschreibung und Vergebung der Bau¬ arbeiten beauftragt Herr G.=R. Wokral bemerkt, daß ihm die vorgeschlagene Lösung nicht als die günstigste erscheine, schon deshalb nicht, weil die Abortanlagen im selben Stockwerke nicht untergebracht werden können. Auch befürchte er, daß man mit diesem Zubaue nicht für die Dauer auskommen werde und die Gemeinde neuer¬ dings Flickarbeit machen müsse. Wenn wir uns die Schulver¬ hältnisse vor Augen halten, so stehen wir eigentlich vor der Not¬ wendigkeit der Errichtung einer Volksschule, und es wäre glück¬ licher, diese Frage mit der Erbauung einer neuen Volksschule zu verbinden. Würde ein Volksschulgebäude in Ennsdorf gebaut werden, so könnte ein Teil der Schüler von Steyrdorf in der Schule in Ennsdorf untergebracht werden, wodurch Lokale für die Oberrealschule frei werden würden. Er könne sich aus diesen Gründen dem Sektionsantrage nicht anschließen, er stelle dagegen den Antrag, daß die Bausektion wegen Errichtung einer neuen Volksschule in Beratung trete und dann dem Gemeinderate hierüber Vorschläge mache. Der Herr Referent erwidert, daß die Schaffung von Schullokalitäten, wie sie von der Direktion verlangt werden, höchst dringend sei, da diese Räume schon für das nächste Schul¬ jahr gefordert werden. Die Schaffung eines neuen Volksschul¬ gebäudes könne mit dem beantragten Aufbau der Realschule nicht in Verbindung gebracht werden. Man müßte die Volks¬ schule in Steyrdorf ganz auflassen, um die nötigen Räume für die Realschule aufzubringen. Es sei dies aber ganz undurch¬ ührbar. Der Antrag des Herrn G.=R. Wokral sei wohl sehr schön und könne vielleicht im nächsten Jahre spruchreif werden. Er bittet, den Sektionsantrag anzunehmen. Herr G.=R. Erb bemerkt, die Eingabe der Realschul¬ direktion um Schaffung von weiteren Unterrichtslokalitäten be¬ schäftige den Gemeinderat schon seit mehreren Monaten. Es war ganz vorsichtig, diese Frage, welche große Kosten verursacht, eingehend durchzustudieren. Seinerzeit baute man den zweiten Stock des Nordtraktes auf und schuf damit einige Lehrzimmer in der Erwartung, daß dieselben für die oberen Klassen, welche nur 10 bis 12 Schüler hatten, ausreichen würden. Hierin liegt der bedeutende Fehler, der gemacht wurde. Die Realschule hat aber eine große und erfreuliche Entwicklung genommen, die oberen Klassen sind stärker geworden und haben 20 und mehr Schüler erreicht. 20 Schüler in den damals geschaffenen Lokali¬ täten unterzubringen, ist nahezu unmöglich, nachdem ja so schon die Bänke bis an die Tafel reichen, und jene Schüler, welche in der Nähe des Ofens sitzen, fast gebraten werden. Das sind Zustände, welche gelöst werden müssen. Das physikalische Kabinett muß auch im September d. J. übersiedeln; die Uebersiedlung dieses Zimmers und Kabinetts ist jedoch keine leichte. Es sind empfindliche Apparate darunter, welche in feuchten Räumen nicht untergebracht werden können, da sonst selbe gänzlich ruiniert werden würden. Die Frage ist daher eine heikle ge¬ worden.

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