Ratsprotokoll vom 24. März 1911

4 18. Vorschlag des städtischen Armenrates wegen Verleihung der Jahresinteressen aus der Ludwig Werndl=Stiftung. Der Sektionsantrag lautet: Der löbl. Gemeinderat beschließe, die Jahreszinsen per 856 K aus der Ludwig Werndl=Stiftung zu je 107 K an nachfolgend genannte 8 Bittsteller zu verleihen: 1. Josefa Geistberger, 2. Julie Großauer, 3. Johann Leutgeb, 4. Rosa Karpf, 5. Franz Hörmann, 6. Josef Kimmer¬ storser, 7. Georg Mayrhofer, 8. Josefa Hofer. Wird einstimmig angenommn. — Z. 3834/11. 19. Vorschlag des städtischen Armenrates wegen Verleihung von Pfründen aus der Johann Haratzmüller¬ Stiftung. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl Gemeinderat wolle beschließen: Der Fortbezug von jährlich 400 K als Pfründe der Jo¬ hann Haratzmüller=Stiftung ist den nachgenannten Personen zu bewilligen: 1. Anton Freyhammer, 2. Karl Wittigschlager, 3. Elise Ratschüler, 4 Josefa Hölzl, 5. Johann Keller, 6. Anna Berger, 7. Marie Feldbaum, 8. Sofie Welzebach, 9. Franziska Schaffarik, 10. Julie Huber. Wird einstimmig angenommen. — Z. 32843/10. 20. Eingabe des Herrn Primarius Dr. Klotz um einen neuen Operationstisch für das St. Anna=Spital. Die Sektion stellt folgenden Antrag: Der löbl. Gemeinderat wolle beschließen, mit Rücksicht auf noch ungeklärte Verhältnisse in Bezug auf die Dringlichkeit der Anschaffung eines neuen Operationstisches ins alte Spital der¬ malen noch von einem sofortigen Ankaufe abzusehen Herr G.=R. Langoth stellt einen Gegenantrag auf einen zweiten Operationstisch mit Rücksicht auf die große Anzahl von Kranken und nachdem der Herr Primarius die Anschaffung eines neuen Operationstisches für dringend notwendig erklärt und sich die Kosten eines solchen nur auf 210 K belaufen Herr G.=R. Dantlgraber stellt die Anfrage, ob überhaupt für einen zweiten Operationstisch genügend Raum vorhanden sei, und glaubt, daß man sich jetzt keine solche Auslage machen soll, nachdem ja so ein neues Krankenhaus gebaut wird. Der Herr Vorsitzende erklärt, daß sich in dem dermaligen Operationssaal kein zweiter Operationstisch aufstellen lasse. Der Herr G.=R. Dantlgraber zieht seinen Antrag zurück und schließt sich dem Sektionsantrag an. Bei der Abstimmung bleibt der Antrag des Herrn G=R. Langoth in der Minorität und wird der Sektionsantrag mit Majorität angenommen. — Z. 25.335/10. 21. Eingaben der beiden Bürgerschul=Direktionen um Erhöhung des Lehrmittelpauschales. Der Sektionsantrag hierüber lautet: Der löbl. Gemeinderat beschließe: Es seien den beiden hiesigen Bürgerschulen für dieses Jahr ein außerordentlicher Lehrmittelbeitrag von je 40 K zu bewilligen, jedoch die vor¬ liegenden Gesuche bis zur Aufstellung des Jahres=Voranschlages (Präliminare) zurückzustellen Wird einstimmig angenommen. — Z 8157/11. Z 8158/11. Herr Bürgermeister Franz Lang hält nun folgende Abschiedsrede: Bevor ich die heutige öffentliche Sitzung — die letzte, die ich zu leiten die Ehre habe — schließe, muß ich vor allem den aus dem Gemeinderate der Stadt Steyr ausscheidenden Herren Gemeinderäten den Dank der Stadt Steyr für ihre verdienst¬ volle Mühewaltung aussprechen. Herr Josef Tureck hat durch 27, Herr Ferdinand Reitter durch 18, Herr Otto Schönauer durch 15, Herr Rudolf Sommerhuber durch 9, Herr Peter Steinhuber durch 4 und Herr Ludwig Reisinger durch 3 Jahre im Gemeinde¬ rate gewirkt. Sie alle haben in dieser Zeit ihr Wissen und ihre praktische Erfahrung in den Dienst der Stadt Steyr gestellt und ich durch ihre uneigennützige und ersprießliche Tätigkeit im Interesse der Stadt den Dank und die Anerkennung ihrer Mit¬ bürger verdient, den ich ihnen hiemit zum Ausdrucke bringe, weil ich überzeugt bin, daß sich der versammelte Gemeinderat dieser Dankeskundgebung anschließen wird. Der löbliche Gemeinderat wird es mir auch gestatten müssen, heute über meine Tätigkeit im Gemeinderate der Stadt Steyr wenige Worte sagen zu dürfen. m Jahre 1888 durch das Vertrauen meiner Mitbürger in den Gemeinderat gewählt, blicke ich auf eine dreiundzwanzig¬ jährige Tätigkeit in dieser Körperschaft zurück, die sehr reich an Arbeit und Mühen, jedoch arm an augenfälligen, blendenden Erfolgen war. Die Erklärung für dieses auffallende Mißver¬ hältnis ist nicht schwer zu finden. In diese Zeit meiner Tätigkeit ist nämlich die Einführung der progressiven Personaleinkommensteuer gefallen, die bekanntlich frei von jeder Gemeindeumlage bleiben muß. Dadurch ist es gekommen, daß viele wohlhabende Gemeindemitglieder von der direkten Beitragsleistung zu den Gemeindeerfordernissen ausge¬ nommen sind. Die Regierung hat den Gemeinden Entschädigungen für diese namhafte Verringerung ihrer Einnahmen in Aussicht ge¬ tellt, dieselben jedoch bis heute nicht gegeben, wodurch die finanzielle Lage aller Gemeinden, insbesondere aber der größeren Städte ganz bedeutend verschlechtert worden ist. Die Ueberzeugung, daß die Gewerbetreibenden und die Hausbesitzer der Stadt Steyr durch ihre Beitragsleistung zu den Kosten des Stadthaushaltes schon bis zur Grenze der Möglichkeit belastet sind, hat es der Verwaltung der Stadt Steyr schon seit einer langen Reihe von Jahren zur strengsten Pflicht gemacht, eine weitere Belastung dieser Kreise hintanzuhalten. Wenn somit manche Wünsche der Bevölkerung nicht be¬ riedigt werden konnten, so trug hieran nicht der Mangel an Ver¬ tändnis oder an Entgegenkommen schuld, sondern die Einsicht, daß von dem vielen Wünschenswerten zuerst das mit den vor¬ handenen Mitteln durchführbare Notwendige ausgeführt und besorgt werden müsse. Auch hiebei mußte mit äußerster Sparsamkeit vorgegangen werden, um mit den zur Verfügung stehenden Mitteln möglichst viel zu erreichen. Tatsächlich konnte das Notwendige bisher auch besorgt werden, ja, es kann dem abtretenden Gemeinderate zur Befriedigung gereichen, wenn ich hier mitteile, daß seine sparsame und haushälterische Gebarung mit den Gemeindemitteln den Erfolg hatte, daß das reine Ge¬ meindevermögen von .883.783 K im Jahre 1899 auf .1584.840 „ im Jahre 1910 also um . 101057 K gewachsen ist. Das Gesamtvermögen, einschließlich der Fonde und Stif¬ tungen, hat in dem gleichen Zeitraume eine Erhöhung um 1,627.852 K erfahren. Entgegen wiederholt aufgestellten Behauptungen befinden ich die städtischen Finanzen in voller Ordnung und ich glaube, daß eine solche Geschäftsführung bei gerechter und vorurteils¬ reier Beurteilung gewiß nur Anerkennung verdient, weil sie einen großen Erfolg beinhaltet. Was mich allein betrifft, so habe ich immer und bei jeder mir übertragenen Funktion stets nur das Beste meiner geliebten Vaterstadt im Auge gehabt. Als mich im Jahre 1907 der Gemeinderat zum Bürger¬ meister wählte, habe ich bei dem Antritte meines Amtes ver¬ sprochen, dasselbe mit vollster Objektivität und strenger Gewissen¬ haftigkeit zu führen und mich hiebei nur von dem Interesse der Stadt Steyr leiten zu lassen. Diesem Versprechen glaube ich voll und ganz nachgekommen zu sein. Ich habe meine ganze Zeit den Gemeindegeschäften gewidmet, war bestrebt, jeden Zweig derselben genau kennen zu lernen, um überall überwachend und führend dort einzugreifen, wo ich es für notwendig hielt. Als meine ersten Pflichten hatte ich stets im Auge, die Ordnung im Stadthaushalte zu erhalten und das Ansehen der Stadt zu wahren. In allen Amtssachen ließ ich mich nur von dem Bestreben leiten, den bestehenden Vorschriften Geltung zu verschaffen und von denselben Voreingenommenheit und Parteiinteresse ferne zu halten. Bei allen die Interessen der Stadt berührenden Fragen habe ich mit voller Kraft und regstem Eifer dahin gearbeitet, ie zum Wohle der Stadt vorzubereiten oder zu losen. Ich er¬ innere an die Frage des Baues eines neuen Gerichtsgebäudes, der Unterbringung der Post, an die Zuweisung der Einjährig¬ Freiwilligenschule der Artilleriebrigade und andere mehr, die alle anzuführen, zu weit gehen würde. Ein besonderes Versprechen habe ich bei meinem Amts¬ antritte bezüglich der Förderung des Baues eines neuen Spitales in Steyr gemacht. In dieser Hinsicht habe ich die große Freude und Genugtuung, berichten zu können, daß der Krankenhaus¬ baufond in der Zeit meiner Amtsführung als Bürgermeister Dank des nie erkaltenden Wohltätigkeitssinnes der Bewohner der Stadt um rund 450.000 K gewachsen ist und eine Höhe erreicht hat, die die Kosten des Baues zu decken vermag. Ueberdies ist ein nach übereinstimmendem Urteil aller Sachverständigen besonders günstig gelegener Bauplatz erworben, das Bauprojekt gewählt und Vorsorge getroffen, daß die Detail¬ pläne für den Bau in kürzester Zeit vorgelegt werden können. Es drängt mich, allen jenen, durch deren Edelsinn und Opferwilligkeit es möglich gemacht wurde, diese für Steyr so wichtige Angelegenheit ganz über Erwarten schnell in so günstige Bahnen zu leiten, den wärmsten und verbindlichsten Dank aus¬ zusprechen und daran die Hoffnung zu knüpfen, daß auch der ür die innere Einrichtung des neuen Spitales noch nötige Betrag möglichst bald dem Fonde zufließen möge, eine Hoffnung, die bei dem bekannten Gemeinsinn der Bewohner unserer Stadt und ihrer Menschenfreundlichkeit gewiß in kurzer Zeit sich er¬ füllen wird. Wenn aber mein Wirken für die Stadt Steyr nicht ohne Erfolg geblieben ist, so habe ich dies in erster Linie der treuen und opferwilligen Mithilfe der Mitglieder des Gemeinderates, darunter insbesondere auch meines geehrten Stellvertreters, des Herrn Vizebürgermeisters Leopold Köstler zu danken, weshalb ich die Herren nochmals und von dieser Stelle aus bitte, meinen aufrichtigen Dank für die wesentliche und wertvolle Unterstützung entgegenzunehmen, die sie mir jedezeit haben zuteil werden lassen Den gleichen Dank sage ich auch der städtischen Beamten¬ schaft, die mir mit gewohnter Pflichttreue zur Seite gestanden ist. Dank sage ich auch den k. k. Behörden, die mir stets ent¬ gegesgekommen sind, und den Vertretern der Presse für ihre loyale Haltung. Und so scheide ich von Ihnen mit dem Bewußtsein treu erfüllter Pflicht und unter Ausdruck meiner aufrichtigen und warmen Wünsche für das künftige Emporblühen unserer schönen Stadt und für das leibliche und wirtschaftliche Wohl ihrer hoch¬ geschätzten Bewohner.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2